Photo of the week: Ominous

Ominous

 
„Ahnungs­voll, bedroh­lich, bedenk­lich“ – so über­setzt leo.org „omi­nous“, was mir spon­tan als Titel für die­ses Foto ein­fiel. Eigent­lich sind Bäu­me (auch abge­stor­be­ne), Mon­de und der tief­blaue Som­mer­abend­him­mel nichts, was bedroh­lich oder bedenk­lich sein soll­te. Zusam­men wirkt es dann viel­leicht doch so; jeden­falls dann, wenn die mensch­li­che Eigen­schaft, sich Zusam­men­hän­ge und Geschich­ten aus­zu­den­ken, zuschlägt. 

Die Reproduktion der Geschlechterdifferenz im Lego-Club

Mei­ne Toch­ter ist der­zeit sehr an Lego inter­es­siert. Des­we­gen ärgert es mich ziem­lich, dass Lego seit eini­ger Zeit ange­fan­gen hat, „Mäd­chen­rei­hen“ auf­zu­le­gen. Das Pro­blem sind nicht die Schlös­ser, Schön­heits­sa­lons oder rosa­far­be­ne Lego­stei­ne, son­dern die Tat­sa­che, dass ein weit­ge­hend geschlechts­neu­tra­les Spiel­zeug jetzt ent­lang des Rosa-Oliv­grün-Gra­bens ver­mar­ke­tet wird (und nach und nach immer stär­ker ent­spre­chend aus­ge­formt wird). 

Z. baut aus Lego-Stei­nen Häu­ser, Raum­schif­fe, Ali­ens, Schif­fe und Fahr­zeu­ge. Vor eini­gen Tagen haben wir ihren 7,5ten Geburts­tag gefei­ert (7,5, weil der eigent­li­che Geburts­tag zwi­schen Weih­nach­ten und Neu­jahr liegt, und es sich da so schlecht fei­ern lässt). Auf Z.s Wunsch­zet­tel stand auch Lego. Das habe ich diver­sen Eltern gesagt, ich habe auch gesagt, dass Z. an Pira­ten und Raum­schif­fen inter­es­siert sei. 

Bekom­men hat sie eine Kut­sche und ein rosa­far­be­nes Cabrio aus der Mäd­chen­se­rie (und ein klei­nes Raum­schiff von den Groß­el­tern). Mit allen drei Geschen­ken war sie durch­aus zufrie­den. Kut­sche und Cabrio wur­den bereit­wil­lig mit den vor­han­de­nen Bau­stei­nen (unter ande­rem ursprüng­lich mal mir gehört haben­den Raum­schiff­tei­len) kom­bi­niert, die Samm­lung der Lego­fi­gu­ren um Köni­gin (aus der Kut­sche) und Cabrio­fah­re­rin ergänzt. Lässt sich ja zum Glück wei­ter alles zusammenstecken.

Von einem ande­ren Hort­kind hat Z. davon gehört, dass es einen „Lego-Club“ gibt. Weil Lego für sie gera­de wich­tig ist, will Z. da unbe­dingt dabei sein. Letzt­lich ist das ein Kun­den­bin­dungs­sche­ma der Fir­ma Lego – Kin­der erhal­ten mehr­mals im Jahr kos­ten­los eine Zeit­schrift, in der für neue Lego-Model­le gewor­den wird und eige­ne Bau­ten von Kin­dern prä­sen­tiert werden. 

Heu­te haben wir – oben abge­bil­det – eine Anmel­de­kar­te dafür gefun­den. Die mich ein biss­chen rat­los macht, denn das Heft die­ses „Lego-Clubs“ erscheint in drei Fas­sung. „Juni­or“ für Kin­der bis sechs (ver­mut­lich geschlechts­neu­tral gedacht), „Maxi“ für Kin­der ab 7 Jah­ren – und „Mäd­chen“. Auf der Anmel­de­kar­te lässt sich nicht ankreu­zen, wel­ches Heft zuge­schickt wer­den soll, dafür gibt es aber das Feld „Jun­ge“ / „Mäd­chen“ und das Geburts­da­tum. Ich ver­mu­te, dass ab einem Alter von sie­ben Jah­ren dann von Lego fein säu­ber­lich dif­fe­ren­ziert wird – Jungs krie­gen das nicht als geschlechts­spe­zi­fisch aus­ge­wie­se­ne „Lego-Club Maxi-Heft“ (Män­ner haben ja bekannt­lich kein Geschlecht), Mäd­chen selbst­ver­ständ­lich das „Mädchen“-Heft.

Z. wür­de, nach­dem wir uns beim Abend­essen dar­über unter­hal­ten haben, letzt­lich ger­ne bei­de Hef­te haben. Mal schau­en, viel­leicht müs­sen wir ein biss­chen trick­sen – mit zwei Wohn­adres­sen und etwas Fle­xi­bi­li­tät beim Vor­na­men lässt sich das mög­li­cher­wei­se arran­gie­ren. Toll fin­de ich die Not­wen­dig­keit, eine männ­li­che Iden­ti­tät vor­zu­täu­schen, um den Nor­mal­ka­ta­log zu bekom­men, jedoch defi­ni­tiv nicht. 

War­um blog­ge ich das? Weil mich ärgert, wie aus Plas­tik­bau­stei­nen und Figu­ren heu­te schnell ein Antrieb für die Auf­recht­erhal­tung und Stär­kung von Geschlech­ter­dif­fe­renz wird. „Sie erhal­ten auto­ma­tisch die pas­sen­de Aus­ga­be.“ Nein, danke!

P.S.: Ste­phan Cle­mens hat mich noch auf die­ses Video hin­ge­wie­sen, in dem die Geschlechts­se­gre­ga­ti­on in der Lego-Welt in den letz­ten Jahr­zehn­ten sehr schön aus­ein­an­der­ge­nom­men wird (eng­lisch, dt. Unter­ti­tel einschaltbar).

Vertraute Technik und die Verschlüsselung

Black key

Ein Strang in der – durch die von Edward Snow­den auf­ge­deck­te per­ma­nen­te Über­wa­chung der Netz­kom­mu­ni­ka­ti­on durch die NSA und ande­re Geheim­diens­te aus­ge­lös­ten – Debat­te dreht sich dar­um, war­um ver­füg­ba­re Kryp­to­gra­phie-Tools nicht ein­ge­setzt werden. 

map hat dazu eini­ges erhel­len­des geschrie­ben, unter dem Titel „Wir haben ver­sagt“. Kern­the­se: Kryp­to­tech­no­lo­gie – also etwa das Ver­schlüs­seln von eMails – wird des­we­gen nicht ein­ge­setzt, weil es kei­ne ein­fa­chen Ober­flä­chen und Tools dafür gibt. Gepaart mit der Arro­ganz der tech­no­lo­gi­schen Eli­te. map ver­gleicht die­se – uns? – mit der „Outer Par­ty“ in Orwells 1984:

Wir machen doch immer so ger­ne Neun­zehn­vier­und­acht­zig­ver­glei­che: Wir sind die Outer Par­ty. Und die Pro­les gehen uns am Arsch vor­bei. Die­se DAUs, die iPho­nes und Face­book benut­zen. Die ihre Daten an US-ame­ri­ka­ni­sche Ser­ver schi­cken. Die Gmail oder GMX benut­zen, statt ihre Mail selbst zu hos­ten. Unse­ren Ekel ver­ber­gen wir hin­ter zyni­schen Rat­schlä­gen. Mit TOR zu sur­fen ist objek­tiv von eine „funk­tio­nal kaput­ten“ Dros­se­lung nicht zu unter­schei­den. Wir haben kein Gefühl mehr für Men­schen die mit die­sen grau­en Kis­ten nur ein biss­chen mit ihren Freun­den reden und rum­sur­fen wol­len, statt ihre kom­plet­te Frei­zeit dar­in zu ver­sen­ken. Nicht mit GNU/Linux hand­ver­schlüs­selt? Ätschbätschselberschuld. 

„Ver­trau­te Tech­nik und die Ver­schlüs­se­lung“ weiterlesen

Photo of the week: Panorama III

Panorama III

 
Ich ver­brin­ge ja grö­ße­re Tei­le mei­ner Zeit in Zügen und an ande­ren Orten. Umso mehr freut es mich dann, wie­der hier zu sein. Hier ist Frei­burg, hier ist aber dann vor allem auch mein Stadt­teil. Das Rie­sel­feld – da hat die Stadt­pla­nung gut funk­tio­niert und ein „Dorf in der Stadt“ geschaf­fen – hat sei­nen eige­nen Cha­rak­ter, sei­ne eige­ne Iden­ti­tät. Das ist nicht nur der Stadt­teil selbst mit den (sozi­al durch­misch­ten, z.T. räum­lich nach Milieus getrenn­ten) Bewoh­ne­rIn­nen, mit der Archi­tek­tur und der sons­ti­gen Infra­struk­tur – Läden, mit dem Glas­haus ein kom­mu­na­les Zen­trum, Schu­len, Kin­der­gär­ten, … – son­dern es ist eben auch die Natur rings her­um. Das heu­ti­ge Natur­schutz­ge­biet, in dem u.a. die­ses Foto ent­stan­den ist (hier noch ein paar mehr davon), die klei­nen Wäl­der links und rechts vom Stadt­teil, aber auch die Sicht auf Schön­berg, Schau­ins­land und Schwarz­wald – all das gehört zu „hier“ und „wir“ dazu. 

Empowerment statt Angst – eine erste Einschätzung zur grünen Plakatkampagne für die Bundestagswahl 2013

Heu­te mor­gen wur­den die Pla­ka­te für die grü­ne Kam­pa­gne zur Bun­des­tags­wahl 2013 vor­ge­stellt. Mir gefal­len sie gut, auch wenn’s natür­lich eini­ges her­um­zu­krit­teln gäbe (da feh­len The­men, vie­les bleibt unkon­kret, da geht’s dann doch auch um Schön­heits­idea­le und Hete­ro­nor­ma­ti­vi­tät, man­ches Wort­spiel ist arg an den Haa­ren herbeigezogen …). 

Aber, was ich wich­tig fin­de, und was so ein biss­chen das The­ma der dies­jäh­ri­gen grü­nen Kam­pa­gne zu wer­den scheint, das wird von die­sen Pla­ka­ten ganz mas­siv getra­gen: Empower­ment. Am augen­fäl­ligs­ten ist das „Und du?“, das in die­sem Wahl­kampf unser Par­tei­lo­go ersetzt. Da steckt eine gan­ze ande­re Bot­schaft drin als im kol­lek­ti­vis­ti­schen „Das Wir ent­schei­det“ der SPD. Wir spre­chen dich, lie­be Wäh­le­rin, dich, lie­ben Wäh­ler, ganz indi­vi­du­ell an, und fra­gen, wie du bestimm­te Din­ge siehst. 

Und dahin­ter steht ja noch mehr – dahin­ter steht, des­we­gen Empower­ment, eben auch die Auf­for­de­rung, selbst aktiv zu wer­den. Was machst du eigent­lich? Der Mit­glie­der­ent­scheid und die Wahl der Spit­zen­kan­di­da­tin­nen durch die Basis passt dazu. Visu­ell wird das durch „nor­ma­le Men­schen“ auf den Pla­ka­ten getra­gen. Men­schen wie du*, dei­ne Kin­der, dei­ne Eltern oder Großeltern. 

Die­sen Ton der Kam­pa­gne fin­de ich gut, weil es eben nicht das „Wir regeln das schon“-Versprechen ist, son­dern ein ziem­lich ehr­li­ches Dia­log­an­ge­bot. Und weil zwar erns­te The­men ange­spro­chen wer­den – unbe­zahl­ba­re Mie­ten, pre­kä­re Löh­ne, Schul­den­ber­ge, glo­ba­le Unge­rech­tig­keit, usw. – aber die Ant­wort weder eine Angst­kam­pa­gne ist (Bot­schaft: „Wenn du uns nicht wählst, wird alles schlim­mer“, ich den­ke da an die schwarz-weiß-roten Pla­ka­te der LINKEN), noch eine SPDCDU-Kam­pa­gne a la „Mit uns wird alles gut, Kreuz her, fer­tig“, son­dern Men­schen ange­spro­chen wer­den. „Und du?“ heißt auch: Ohne dich schaf­fen wir das nicht, die­se gro­ßen Pro­ble­me zu lösen. 

Mutig fin­de ich den weit­ge­hen­den Ver­zicht auf Logo und Par­tei­na­me auf den Pla­ka­ten. Das „Und du?“-Symbol ent­hält eine klei­ne Son­nen­blu­me, auf den Pla­ka­ten sind the­men­be­zo­ge­ne URLs mit „gruene.de“ abge­druckt, aber auf den ers­ten Blick tritt die Par­tei in den Hin­ter­grund. Auch das trifft eine Stim­mung, glau­be ich – und führt, hof­fe ich, letzt­lich doch zu Wahlentscheidungen. 

Mutig fin­de ich auch, dass wir – und das ist momen­tan mein Lieb­lings­pla­kat – offen­siv das The­ma Frei­heit auf­neh­men. Angriff auf die FDP, und kla­re Abgren­zung zur SPD. Das ist auch eine Aus­sa­ge zu Bür­ger­rech­ten, letzt­lich auch zur Netz­po­li­tik. Ich bin froh, in einer Par­tei zu sein, die es meis­tens gut schafft, Geschlos­sen­heit und das Ein­tre­ten für Mei­nungs­frei­heit und indi­vi­du­el­le Ideen zu verbinden. 

Um die Fra­ge „Wir freu­en uns auf den Wahl­kampf – und du?“ zu beant­wor­ten: Ja, mit die­ser Kam­pa­gne freue ich mich auf den Wahl­kampf. Und wenn wir es nicht schaf­fen, an die Regie­rung zu kom­men, dann ist das doch zumin­dest eine mas­sen­haft pla­ka­tier­te Ein­la­dung, bei uns mit­zu­ma­chen. Gut so!

* Ziel­grup­pen­be­zo­gen auf die grü­nen Hauptwählerinnengruppen.

War­um blog­ge ich das? Um mei­ne ers­te Reak­ti­on auf die Kam­pa­gne und ein paar bei Twit­ter andis­ku­tier­te Ideen loszuwerden.