Photo of the week: Vitra, Weil am Rhein

Vitra, Weil am Rhein - V

 
Vor zwei Wochen haben wir die Aus­stel­lung „Hel­lo, robot.“ im Vitra Design Muse­um in Weil am Rhein besucht. Läuft noch bis 5. März 2023, mein Fazit ist aller­dings durch­mischt. Im Kern stammt die Aus­stel­lung aus dem Jahr 2017. Und auch wenn eini­ges wohl über­ar­bei­tet wur­de, sind fünf Jah­re mit Blick auf das hier weit gefass­te The­men­feld Robo­ter, AI, Digi­ta­li­sie­rung unse­rer Welt doch eine ziem­lich lan­ge Zeit. Ins­be­son­de­re die Machi­ne Lear­ning / Lar­ge Lan­guage Model-Ent­wick­lun­gen der letz­ten Mona­te feh­len weitgehend. 

Das The­men­feld der Aus­stel­lung reicht von der Dar­stel­lung von Robo­tern in Lite­ra­tur und Kunst über Kunst­pro­jek­te, die sich mit z.B. Droh­nen, der Visua­li­sie­rung von unsicht­ba­ren Wel­len oder mit immersi­ven (aug­men­ted rea­li­ty) Zukunfts­vor­stel­lun­gen befas­sen, bis hin zu aus­ge­stell­ten Indus­trie­ro­bo­tern, Pro­to­ty­pen (Bos­ton Dyna­mic ist auch ver­tre­ten) und Werk­stü­cken. Da wird’s dann aller­dings auch ein biss­chen lang­wei­lig: es gibt inter­ak­ti­ve Sta­tio­nen, ein gro­ßer Teil der Aus­stel­lung ist jedoch sta­tisch. Bes­ten­falls läuft neben dem als Design­ge­gen­stand posi­tio­nier­ten Robo­ter ein Video auf einem Bild­schirm, das die­sen in Akti­on zeigt. Aber viel­leicht muss das in einem Design-Muse­um so sein: im Vor­der­grund steht nicht Inter­ak­ti­on (wie etwa in einem Sci­ence Cen­ter), und auch nicht der durch Infor­ma­tik oder sozi­al­wis­sen­schaft­li­che Debat­ten ver­mit­tel­te Zugang (ich den­ke da ans ZKM), son­dern die Fra­ge danach, was es für gestal­te­te Lebens­wel­ten bedeu­tet, wenn dort Robo­ter mitmischen.

Hübsch gestal­tet ist das alles ja, und die Vitra-Archi­tek­tur selbst bei grau­em Nie­sel­wet­ter nett anzu­se­hen. Wenn Weil jetzt noch eine Fuß­gän­ger­zo­ne hät­te [1], statt einen Bahn­hofs­vor­platz mit sonn­tags geschlos­se­nen Cafes … 

Ein paar mehr Fotos in die­sem Album bei Flickr.

[1] Wur­de gera­de in einem Bür­ger­ent­scheid abgelehnt.

Experimenteller Technikoptimismus

Street art computer

Die Zukunft vor­her­zu­sa­gen, ist noto­risch schwie­rig. Den­noch wird es – die Geschich­te des Retro­fu­tu­ris­mus eben­so wie der apo­ka­lyp­ti­schen War­nun­gen zeugt davon – immer wie­der ver­sucht. Judith Hor­chert, Mat­thi­as Kremp und Chris Stö­cker ver­su­chen es heu­te auf Spie­gel Online mit einem Stück zu Fünf Tech­no­lo­gien, die unse­ren All­tag ver­än­dern wer­den.

Mit etwas tech­nik­so­zio­lo­gi­schem Bauch­ge­fühl aus­ge­stat­tet füh­le ich mich hier zum Wider­spruch ange­sta­chelt. Ich hal­te es für unwahr­schein­lich, dass sich die fünf von Spie­gel Online beschrie­be­nen digi­ta­len Tech­no­lo­gien in den nächs­ten sagen wir mal fünf Jah­ren weit in den gesell­schaft­li­chen All­tag hin­ein ver­brei­ten wer­den. Zu oft sind genau in die­sen Berei­chen schon Revo­lu­tio­nen aus­ge­ru­fen wor­den. Und trotz der Ver­wei­se auf das Moo­re­sche Gesetz, auf stei­gen­de Rechen­power, Durch­brü­che in Robo­tik und neu­ro­na­len Netz­wer­ken hal­te ich es für unwahr­schein­lich, dass es bei all die­sen fünf Tech­no­lo­gien nicht nur zu tech­ni­schen Durch­brü­chen kommt (Pro­to­ty­pen gibt es), son­dern auch gesell­schaft­lich durch­set­zungs­fä­hi­ge Anwen­dungs­mo­del­le gefun­den wer­den. Das Video­te­le­fon oder die Leucht­stoff­röh­re lie­fern hier inter­es­san­te Beispiele.

Aber viel­leicht ist das auch nur mein zuneh­men­der Kon­ser­va­ti­vis­mus – schließ­lich habe ich die für die Offen­heit für neue Tech­no­lo­gien magi­sche Gren­ze von 30 Jah­ren schon län­ger über­schrit­ten. Kurz­um: Wer recht hat, wird sich in den nächs­ten Jah­ren zei­gen. Des­we­gen habe ich eine Rei­he von lee­ren Erin­ne­rungs­ar­ti­keln ange­legt, die Word­Press im Abstand von jeweils einem Jahr auto­ma­tisch pos­ten wird – mit der Auf­for­de­rung, mal nach­zu­schau­en, wie es um die Durch­set­zung der jewei­li­gen Tech­no­lo­gien bestellt ist.

Und weil nicht klar ist, ob es den SpOn-Arti­kel dann noch geben wird, lis­te ich die Pro­gno­sen von Hor­chert et al. hier noch ein­mal auf:

  1. Robo­tik: „Künf­tig aber dürf­ten Maschi­nen, die schein­bar auto­nom einem oder gleich meh­re­ren Zwe­cken die­nen, sich zuneh­mend in unse­rem All­tag breit­ma­chen. Als schwei­gen­de Hel­fer in Kran­ken­häu­sern, als Lager­ar­bei­ter im Couch­tisch-For­mat oder als Ein­park­hel­fer. Vom Staub­sauger, Fens­ter­put­zer, über Lie­fer­droh­nen bis hin zu huma­no­iden Maschi­nen wie Bax­ter, die in Fabrik­be­trie­ben diver­se Auf­ga­ben übernehmen.“
  2. Selbst­fah­ren­des Auto: „Dass man sich in sechs bis acht Jah­ren per App ein Taxi ohne Fah­rer wird bestel­len kön­nen, darf als sicher gel­ten. Und auf Lkw-Rast­plät­zen an Auto­bah­nen könn­te es mit­tel­fris­tig merk­lich lee­rer werden.“
  3. Vir­tu­el­le Rea­li­tät: „Schon in weni­gen Jah­ren wird man im Zug oder im Flug­zeug Men­schen mit VR-Gerät am Kopf statt mit Lap­top oder Tablet als Film­ab­spie­ler antref­fen. Und es wer­den Unter­hal­tungs­for­ma­te ent­ste­hen, die wir uns noch gar nicht vor­stel­len können.“
  4. Auto­ma­ti­sche Über­set­zung on the fly: „Schon bald dürf­te es nor­mal sein, dass Tou­ris­ten in Japan, Spa­ni­en oder Kroa­ti­en ein­fach die Sät­ze in ihre Smart­phones spre­chen, die sie sagen möch­ten. Das Han­dy über­setzt die Ant­wor­ten dann ebenfalls.“
  5. Künst­li­che Intel­li­genz: „Die digi­ta­le Lebens­welt der Zukunft braucht noch ein Betriebs­sys­tem. Die­se Auf­ga­be wird aller Wahr­schein­lich­keit nach die Tech­no­lo­gie über­neh­men, die man heu­te Künst­li­che Intel­li­genz (KI) nennt. In eini­gen Jah­ren wird man ver­mut­lich nur noch ‚Com­pu­ter‘ oder ‚Tele­fon‘ zu ihr sagen.“

Soweit die Pro­gno­sen. Am 14. Febru­ar 2016 wer­de ich dann zum ers­ten Mal nach­schau­en, was jeweils der Stand die­ser Tech­no­lo­gien ist. Ich bin gespannt.

War­um blog­ge ich das? Als klei­nes Expe­ri­ment zum The­ma Lang­zeit­blog­gen und Techniksoziologie.

Kurz: Marsroboter-Vergesellschaftung (Update)

Wie wich­tig und neu die Nach­richt ist, dass es auf dem Eis tat­säch­lich Was­ser­eis gibt (und wohl mal mehr flüs­si­ges Was­ser gab), tat­säch­lich ist, mögen ande­re beur­tei­len. Eben­so die Fra­ge, ob es bei „Mars was habi­ta­ble“ um den zukünf­ti­gen Orga­ni­sa­ti­ons­be­stand der NASA, um eine Legi­ti­mie­rung für teu­re Raum­fahrt­pro­jek­te oder um den Plan B der Mensch­heit geht. Ich woll­te nur drauf hin­wei­sen, dass der Phoe­nix Mars Lan­der nicht nur eine Web­site hat, son­dern auch twit­tert. Und zwar, das macht die Sache inter­es­sant, in der Fik­ti­on einer ers­ten Per­son Sin­gu­lar, als in der Ich-Form. Da heißt es dann z.B.

Heard about the recent news reports imply­ing I may have found Mar­ti­an life. Tho­se reports are incor­rect.
10:06 PM August 02, 2008 from web 

Oder:

@bradinvegas My goal is to deter­mi­ne if Mars may have been habi­ta­ble. There’s lots of data to ana­ly­ze on that, and no clear ans­wer yet.
7 Minu­ten ago from web in rep­ly to bradinvegas 

Natür­lich wer­den die­se Ein­trä­ge nicht vom Phoe­nix Lan­der geschrie­ben, son­dern von irgend­je­mand aus dem Team, der/die für Wis­sen­schafts­kom­mu­ni­ka­ti­on zustän­dig ist. In der gewähl­ten Form tra­gen sie aber defi­ni­tiv dazu bei, der Lan­der zu ver­nied­li­chen und zu anthro­po­mor­phi­sie­ren (was ja auch mit den bei­den Rovern schon gut gelun­gen ist). Inter­es­san­ter Effekt – hier kann die ESA noch ler­nen. Und ein gutes The­ma für eine tech­nik­so­zio­lo­gi­sche Arbeit wäre die­se Rhe­to­rik auch.

Update: (10.11.2008) Nach fünf Mona­ten ist jetzt der Kon­takt zu Phoe­nix ver­lo­ren gegan­gen – und auch dies wur­de der Welt im Stil einer per­sön­li­chen Abschieds­nach­richt mitgeteilt.