Über die letzten zwei Jahre hinweg habe ich immer mal wieder diese Seite des Tales fotografiert, in dem Günterstal liegt. Ein Grund dafür ist, dass ich noch immer fasziniert davon bin, wie unterschiedlich die Landschaft je nach Jahreszeit aussieht. Ein ganz anderer, recht profaner Grund ist die Lage der Straßenbahnhaltestelle Wiesenweg – an der ich in den letzten Monaten recht oft auf eine Straßenbahn gewartet habe, und die einem die Möglichkeit gibt, während des Wartens die mitgenommene Kamera aus der Tasche zu ziehen und solche Fotos zu machen.
Logokritik
Bündnis 90/Die Grünen haben ab sofort ein neues Logo (warum auch immer). Erster Baucheindruck: verbesserungsbedürftig, nicht wirklich überzeugend.
So sieht’s aus:
Mein Eindruck: Ziemlich eckig und statisch für eine organische und dynamische Partei. Die Kästchenaufteilung heißt auch, dass sich die Sonnenblume einfach abknipsen lässt ((wobei das laut Designlayoutfaden strengstens verboten ist)). Die Schrift sieht aus, als wären die „e„s angeknabbert. Der Farbverlauf im linken Kasten von gelb zu grün sieht nach „PraktikantIn hat mit Effekten rumgespielt aus“.
Aus meiner Sicht war das größte Problem mit dem alten Logo die Unhandlichkeit – im Vergleich zu „SPD“, „CDU“ oder „FDP“ nahm es einfach immer viel Raum ein, was z.B. bei Fernsehgrafiken oder Wahlumfragenbebilderungen ein Problem dargestellt hat. Ansonsten war das alte Logo klar, einprägsam und eingeführt und hat durch die typischen Farben viel zur Wiedererkennbarkeit und zum Transport der Kernbotschaft „Umweltkompetenz“ beigetragen.
Das größte Problem mit dem neuen Logo: es ändert am größten Problem mit dem alten Logo nichts. Immer noch handelt es sich um eine ausufernde Logolandschaft, nicht um ein kurzes, eindeutiges Symbol. Vor der Fusion Grüne – Bündnis 90 hat die Sonnenblume alleine gereicht. Ein gutes Logo würde diesen Grad von Einprägsamkeit erreichen. Also: das neue ist nicht knapper, reduzierter, einfacher, sondern einfach nur anders kompliziert, und sieht noch dazu nicht schön aus. Und was ich mir noch überhaupt nicht vorstellen kann: wie soll das ganze in Anwendungen aussehen, bei denen nur rein einfarbig gedruckt werden kann, ohne Graustufen oder Farbabstufungen – z.B. auf Luftballons? Kasten Kasten Strich?
Nebeneffekte: sämtliches altes Wahlkampfmaterial kann (a) weggeworfen werden oder (b) trotz andersweitiger Bitten wiederverwendet werden, und führt dann zu neuer Unübersichtlichkeit.
Offiziell wird das neue Logo übrigens wie folgt begründet:
Es drückt symbolhaft die Weiterentwicklung der Grünen Partei auch in der Frage des Erscheinungsbildes aus. Dabei wurden die traditionellen und jüngeren Elemente von Bündnis 90/Die Grünen noch besser miteinander vereint und modernisiert.
Die wichtigsten Charkateristika des neuen Logos:
* Aufgeräumt: Das Logo besteht aus drei klar gegliederten Bereichen: Sonnenblume, Parteiname und Fundament, die immer gemeinsam abgebildet werden. Durch die Zwischenräume wird das Logo immer eingebettet in seinen Hintergrund und damit Teil dessen.
* Die Sonnenblume: Sie steht europaweit für die Grüne Bewegung, ist unverwechselbar, organisch und klar.
* Das blaue Fundament: Es bildet die grafische Basis des Logos und stützt das Gesamtwerk. Dabei greift es die Farbe blau auf, als grafisches Fundament, das für den Zusammenschluss zwischen „Bündnis 90“ und den „GRÜNEN“ steht.
* Die Schrift: Die klare und sachliche Schrift vermittelt Direkt- und Offenheit. Durch die nachträgliche Bearbeitung ist sie einzigartig und unverwechselbar.
Meine vier Spiegelstriche wären dagegen: langweilig – Sonnenblume nur noch Hintergrund – das blaue Fundament steht schief (Balken nur rechts) – 80er-Jahre-Computerprogramme wurden mit ganz ähnlichen modernen und innovativen Schriften beworben. Schade – wird Zeit, die Werbeagentur zu wechseln!
Altes aus Xanga, Teil XIV (und Schluss)
Friday, August 13, 2004
Google goes Olympia …
… und scheint diesmal griechische GöttInnen beim sportlichen Wettkampf zu zeigen.
Thursday, August 12, 2004
taz heute in konsequenter kleinschreibung – rechtschreibreform und regelwut
meine eigenen erfahrungen mit texten, die konsequent klein geschrieben sind, beruhen mehr oder weniger nur auf überschriften, einleitungstexten und dem einen oder anderen plakat für den u‑asta freiburg, dass in – irgendwie an links-70er-traditionen erinnernder – kleinschreibung erschienen ist.
die taz geht heute einen schritt weiter (der link unten zum perlentaucher faßt zusammen) und erscheint komplett in gemäßigter kleinschreibung. das heißt, sie schreibt nur eigennamen und satzanfänge groß, alles andere klein. auf den ersten blick sehr gewöhnungsbedürftig; es dauert eine zeit, bis sich der gewohnte lesefluss einstellt – dann aber durchaus angenehm.
> perlentaucher.de (12.08.2004)
am schönsten allerdings finde ich an der heutigen taz nicht das kleinschreib-experiment (auch wenn’s eine nette volte gegen springer und spiegel ist), sondern das essay von reinhard kahl zum zivilisatorischen gewinn durch die rechtschreibreformunsicherheiten: statt sich permanent an regeln halten zu müssen, sind diese damit ein stück weit aufgeweicht und entverselbstständlicht worden. hier kann ich kahl nur zustimmen: regelwut tut selten gut!
> reinhard kahl: die list der rechtschreibreform
Monday, May 10, 2004
Der Grafiker hinter Googles Grafiken
Irgendwo auf den Google-Seiten gefunden: Computer artist doodles oodles of ‚Google’s
Friday, April 23, 2004
Google-Galerie
Schön ausgeführte Frühlingslandschaft mit Fisch zum Earth-Day 2004:
earthday04.gif (GIF-Grafik, 276x139 Pixel)
Sunday, March 28, 2004
Weapons of Mass Destruction endlich gefunden …
… siehe diese Friedensdemo in den USA:
Wednesday, March 17, 2004
Frühling in Freiburg heißt Sommer
Irgendwie erscheint die Stadt wie verändert, kaum dass die warme Jahreszeit angebrochen ist. Das sprichwörtliche südländlische Flair wird angeschaltet, Fenster werden aufgerissen, die Eiscafes haben wieder auf (Schokoorangezimt!). Und alle Welt rennt im T‑Shirt herum und sitzt im Straßencafe. Noch abends um sechs hat es jetzt 27°C: eine Stadt erwacht aus dem Winterschlaf.
Altes aus Xanga, Teil XIII
Wednesday, March 17, 2004
Letzte Filme
Eigentlich ließe sich zu Lost in Translation eine ganze Menge schreiben – über die Absurdität, die damit verbunden ist, über das unwirklich popbunte Japan, über culture shocks und dergleichen. Auch über den schon etwas älteren Film Tuvalu könnte hier was geschrieben werden – neulichs zum ersten Mal gesehen (auf DVD), und festgestellt, dass die Mischung aus alternden Jugendstilgebäuden, obskuren Ostblockländern und farbverfremdeter Slapstickhaftigkeit durchaus überzeugt.
Aber um diese beiden Filme soll es jetzt nicht gehen. Statt dessen ein paar Worte zur norwegisch-schwedischen Ko-Produktion Kitchen Stories: ein Film mit einem traurigen Ende, und zwei Ebenen, die beide durchaus anschaubar sind. Und schöne Bilder seltsamer Automobile in verschneiter Landschaft gibt es auch. Die eine Ebene ist ein Film über allein lebende Männer (diesseits und jenseits der norwegisch-schwedischen Grenze, im Beobachterstuhl und davor) und ihre Unfähigkeit zur Kommunikation. Die andere Ebene ist ein Film über den Sozialwissenschaftsbetrieb der 1950er Jahre: Positivismus a la carte, der genialische Wissenschaftler zählt noch was, und Forschung heißt: genau nach Plan beobachten, aber keinesfalls mit den Forschungsobjekten kommunizieren! Was natürlich nicht funktioniert, insbesondere dann nicht, wenn schwedische, auch schon etwas ältere Jungforscher mit ihren eigenen Problemen ältere norwegische Junggesellen in deren Küchen beobachten sollen. Der Sinn seltsamer Handlungen erschließt sich erst durch Nachfrage, und lange bleibt es nicht bei der sterilen Forschungssituation. Wenn ein Film die Absurdität (das Absurde scheint eine Spezialität der letzten paar Filme zu sein, die ich so angeschaut habe) eines positivistisch-objektivistischen Forschungsprogramms (im Dienste der Rationalisierung des Alltags) darstellt, dann dieser. Und trotz traurigem Ende: die alltägliche Irrationalität gewinnt am Schluss, und das ist gut so.
Saturday, February 14, 2004
Google goes Valentine
Tuesday, February 03, 2004
Fraktale bei Google
http://www.google.de/images?q=julia+fractals
Sunday, February 01, 2004
Bei der US-SuperBowl nicht zu sehen – aber hier
Die Internet-Politik-Initiative MoveOn.org, bekannt geworden durch Graswurzel-Aktionen gegen den Irakkrieg, mischt sich auch in den amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf ein. Mit einem unter CreativeCommons lizenzierten Anti-Bush-Werbespot. Leider weigert sich der Sender CBS, den zu zeigen – obwohl MoveOn dafür zahlen will, und obwohl andere politische Werbung, etwa von Bush selbst, durchaus läuft. Der Spot läuft nun bei CNN – und ist zusammen mit einigen anderen Ergebnissen des MoveOn-Anti-Bush-Werbungs-Wettbewerbs auch hier zu sehen:
Thursday, January 15, 2004
Google on Mars
Altes aus Xanga, Teil XI
Wednesday, October 22, 2003
Sammelfilmkritik
Huh, leider gar nicht so einfach, so ein Weblog aktuell zu halten. Eigentlich würde ich hier & jetzt gerne noch was über Whale Rider (Ethnoökokitsch, gefiel mir einigermaßen gut), einen indischen Film namens Waves sowie über Herrn Lehmann (Genau so waren die 80er Jahre in Berlin, ich – Jahrgang 1975 – bin mir da ganz sicher!) schreiben, komme aber grade nicht dazu. Also bemerke ich einfach nur, dass ich neulichs (ist auch schon wieder fast zwei Wochen her) im Rahmen von body.city im fast menschenleeren Haus der Kulturen der Welt in Berlin Reason, Debate and a Story von Ritwik Ghatak angeschaut habe: ein bengalischer Schwarzweiss-Film aus dem Jahr 1974, mit ziemlich verwackelten englischen Untertiteln. Body.city schreibt dazu:
In seinem Film porträtiert sich Ghatak selbst als den trinkenden und ausgelaugten Intellektuellen Neelkantha. Er unternimmt eine Art Schelmenreise durch Bengal, um sich mit seiner von ihm getrennt lebenden Frau zu versöhnen. Der Regisseur flicht unterschiedliche Stile und Bilder ineinander. Seine Palette reicht von der vulgären Kalenderkunst über kitschige Liebesfilme und einen abstrakten modernen Totentanz bis hin zum Liedgut der Baul.
Warum ich das erwähne? Weil – neben der inhaltlichen Ebene – tatsächlich vor allem einige Stilelemente spannend waren: die hier „Totentanz“ genannte abstrakten Zwischenblenden, Großaufnahmen, durchchoreographierte Verfolgungsjagden und Schießereien im Wald, sowie in großformatige Landschaftsbilder gleitende Liebesszenen. Ziemlich viel davon lässt sich auch in neueren Bollywood-Filmen finden. Und das finde ich durchaus erwähnenswert.
Sunday, July 13, 2003
Miscellaneous
Jede Menge Arbeit, deswegen wenig Zeit für Einträge hier, zum Ausgleich deswegen drei auf einmal: Dieses Wochenende habe ich in Karlsruhe verbracht, und zwar vor allem deswegen, weil ich auf dem Linuxtag am Samstag den vom Netzwerk Neue Medien e.V. organisierten Initiativen-Infostand betreut habe, d.h. ca. 300 Leuten einen Flyer mit kurzen Texten zu verschiedenen netzpolitischen Initiativen in die Hand gedrückt, die eine oder andere Frage beantwortet und auch ein bißchen diskutiert. War nett, und interessant, wie verschieden die Reaktionen des von Sun/IBM/HP-MitarbeiterInnen bis hin zum klassischen Geek-Coder reichenden Publikums waren. Und ganz abgesehen davon war es ganz eindrucksvoll, den Wirtschaftsfaktor „Open Source“ mal plastisch vor Augen zu sehen.
Da schon mal in Karlsruhe, und da Angie auch Zeit hatte, haben wir den Abend dann dazu genutzt, ins Kino zu gehen und uns VERSCHWENDE deine JUGEND angeschaut. 1980er Jahre, viele Reminiszenen an meine jüngste Vergangenheit (von den Eissorten bis zum Datenträger der Zukunft, der CD), eine schicke CGA-Pixel-Schrift für die Beschriftungen, nette Musik, und eine bemitleidenswerte, weil vollkommen überforderte Hauptfigur. Unterhaltung, bringt einen aber immerhin dazu, nochmal darüber nachzudenken, was NDW denn jetzt eigentlich wirklich war, wieviel einem selbst davon mit 10 bis 15 Jahren bewusst gewesen und geworden ist, und wie Trends und Moden so funktionieren.
Karlsruhe stand auch am Sonntag noch, da gab’s dann science + fiction im ZKM. Auch wenn der Name erstmal anderes vermuten lässt, geht’s bei science + fiction nur am Rande um Science Fiction, hauptsächlich aber um das Wechselspiel zwischen Science/Wissenschaft auf der einen und Fiction/Kunst/Gesellschaft/Diskursivität auf der anderen Seite. Und das in einem ziemlich spannenden Ausstellungskonzept, gesponsort und ins Leben gerufen von der Volkswagenstiftung. Auf den ersten Blick sieht die Ausstellung winzig aus (vgl. Austellungskonzept): drei, vier größere Installationen, ein paar Virtrinen, ein paar seltsame orangene Formen mit Telefonmuscheln dran. Aber trotzdem waren zwei Stunden fast zu knapp, um sich damit zu beschäftigen. Im Untertitel der Ausstellungen geht’s um Nanotech und kulturelle Globalisierung – dazwischen liegen vor allem Neurowissenschaften, Fullerene und die Zukunftsforschung. Besonders eindrucksvoll fand ich eigentlich fast alles, nennen möchte ich die WildCard-Installation von Dellbrügge und de Moll, bei der auf großen herausziehbaren Karten Statements von KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen zu Themen der Zukunft verarbeitet wurden. Wissenschaft und Kunst gehen hier fließend ineianander über. Der spiegelnde Ethnoexpeditionsbus von Christoph Keller war mir dagegen etwas zu sophisticated begründet, Lacan muss nicht sein. Die fließenden Übergänge zwischen Kunst und Wissenschaft waren auch sehr schön zu sehen in der Wandprojektion von handschriftlichen Skizzen und Notizen zu wissenschaftlichen und künstlerischen Projekten. Wäre eine eigene Arbeit wert, sich damit zu beschäftigen! Rundherum Vitrinen – plakatives Ausstellungsstück oben in der Vitrine, z.B. Joda aus Star Wars oder auch ein eingelegtes Gehirn – aus dem Vitrinenschrank rausziehbar dann spannende Erläuterungsschubladen. Nettes Interface! Was gibt’s noch: zum Beispiel die Links und Essays zum theoretischen Hintergrund der Ausstellung. Hat mir gefallen, schönes Konzept, und auch die Wechselwirkungen zwischen Wissenschaft und gesellschaftlichen Diskursen (ob Science Fiction, Kunst oder Feullieton) sind etwas, was ich sicherlich weiter im Auge behalten werde. Die Ausstellung science + fiction läuft noch bis zum 17.08. in Karlsruhe und wandert dann weiter.
Und Bücher gibt’s übrigens auch zu science + fiction: den Ausstellungskatalog mit Interviews mit den beteiligten KünstlerInnen, und die Essays.
P.S.: Und ganz zum Schluss noch der Hinweis auf einen kweiteren kürzlich angesehenen Film: Bollywood/Hollywood von Deepa Mehta werden Klischees aus indischem und amerikanischem Film gut durchmixt und geraten zu meiner Meinung nach sehr humorvoll gewordenen Mischung, die aber wahrscheinlich nicht bei jeder und jedem auf Anklang stößt. Jedenfalls gab’s einige schlechte Kritiken, von wegen einfallslos etc. – ich hab eher Selbstironie und ein ziemlich gelungenes Spiel mit Stereotypen gefunden, das zu einem sicherlich überdrehten, für Sommernächte aber wundervoll geeigneten Film geworden ist.
Tuesday, June 17, 2003
Google-Kunst
Google hat seine Logo zur Abwechslung mal im Stil von MC Escher gestaltet – und verlinkt auf die Bildersuche, die allen Copyrightfragen zum trotz recht erfolgreich ist.
> escher.gif (GIF-Grafik, 276x110 Pixel)
Tuesday, June 10, 2003
Menschen zu Pixeln?
In Barcelona fotografiert Spencer Tunick 7.000 nackte Menschen auf öffentlichen Plätzen (siehe Spiegel-Artikel unten). Allerdings frage ich mich, ob das ganze nicht vielleicht noch ein Stück eindrucksvoller gewesen wäre, wenn – dank Computerunterstützung ist sowas heute ja relativ einfach möglich – nicht amorphe Menschenmengen fotografiert worden wären, sondern Bilder? 7000 Leute sind rechteckig angeordnet immerhin 70 x 100 Pixel, und wenn Handydisplays mit sowas klarkommen, warum dann nicht auch Künstler? Auf diesem Pixelraster hätten dann mit Haut- bzw. Haarfarbe Figuren angeordnet werden können – z.B. die Wörter LOVE und HATE. Oder vielleicht sogar (hier würde es schon etwas kniffliger) Graustufenbilder. Menschen zu Pixeln?
> Fotokunst: „Barcelona legt die Kleider ab“ – Panorama – SPIEGEL ONLINE
Sunday, May 25, 2003
Matrix zwei
Einer der im in der letzten Zeit im Vorfeld sicherlich mit am meisten gehypte Film ist sicherlich der zweite Teil der Matrix-Trilogie, Matrix Reloaded. Und eigentlich macht es fast keinen Sinn, noch eine weitere Besprechung dazu zu schreiben, weil so gut wie jede Kulturseite jeder Zeitung das schon getan hat. Sich den allgemein doch eher zwiespältig ausgefallenen Bewertungen anzuschließen, fällt nicht schwer: guter Actionfilm, aber dafür zu viel Philosophie, schlechte Fortsetzung, seltsame Wendung, eigentlich nur eine Masche, um Videospiele und Merchandise zu verkaufen. Usw. usf.
Deswegen hier nur ein paar höchst subjektiv gefärbte Eindrücke aus der Doppelvorstellung Matrix + Matrix Reloaded im Friedrichsbau. Volles Haus, gute Stimmung, bei Matrix eins waren mir einige der grausameren Szenen gar nicht mehr in Erinnerung gewesen. Dafür fällt mir jetzt auch der potentiell systemkritische Charakter auf: der Film lässt sich nicht nur radikalkonstruktivistisch als Metapher auf unsere eingeschränkte Wahrnehmung der Wirklichkeit lesen, sondern auch sozialkonstruktivistisch als Metapher auf den unsichtbaren Käfig aus Normen und Institutionen, den wir nicht wahrnehmen können, weil wir darin aufgewachsen sind.
Der Film endet, kurze Pause, die Möglichkeit, noch mal etwas frische Luft zu schnappen. Draußen sieht alles unwirklich aus, die visuelle und musikalische Geschwindigkeit des Films steckt einem in den Gliedern. Dann Teil II: Der Vorspann sieht professioneller, glatter aus, damit aber auch weniger authentisch. In den letzten paar Jahren scheinen Computerbuchstaben große Fortschritte gemacht zu haben. Schade eigentlich. Die Unix-Befehle sind aber dafür gleich geblieben. Unklarheit darüber, wann in der Handlungszeit Teil II einsetzt. Wochen oder Jahre nach dem ersten Teil? Aus den rebellischen Outcast-Cyberpunks sind jedenfalls kaum noch rebellische (oder wenn, dann in dem Sinne, in dem sich Cpt. Picard der ersten Direktive widersetzt) Teile der Starfleet, pardon, Zion-Flotte geworden. Soldaten, eingebunden in die Chain of Command. Die Nebukadnezar ist nur eines von vielen Schiffen (war das nicht ursprünglich mal ein Hovercraft, sehen Hovercrafts nicht eigentlich ganz anders aus?). Die optisch eindrucksvollste Szene: eine sehr realistische Darstellung der Matrix, pardon, des visualisierten, imersiven Cyberspace a la Gibson ist die „Gate Virtual Operator“; im weiß der Zukunftsvision aus 2001 werden per interaktiver imersiver Groupware Landepläne wie Bauklötze verschoben. Der Büroarbeitsplatz der Zukunft?
Wir sind in Zion angekommen: was alles in eine stark auf Technik basierende unterirdische Stadt rein passt, ist schon erstaunlich. Die Geometrie bleibt unklar und der Sternenhimmel besteht aus Scheinwerfern. Abgesehen von der God-is-a-DJ-Ansprache von Morpheus gefällt die sich anschließende Tanz-und-Sexeinlage durchaus. Ob es Absicht ist, jeweils so irgendwo im ersten Drittel der Filme aktuelle Musik unterzubringen? An der Stelle lässt sich vielleicht auch anmerken, dass das Produktplacement leider auch dazu geführt hat, das klassisch-stilbildende Nokia in schwarz durch irgendwelchen Outdoorhandys zu ersetzen.
Liebesgeschichtenkitsch, Der-aufrichtige-wahre-Überzeugte-setzt-sich-politisch-durch-Kitsch, zurück in die Matrix. Neo-ist-Superman-Kitsch (aber erst nach der Prügelei), mit Dank an den Comicverlag im Abspann. Eigentlich könnten Trinity und Neo in dem Film auch gleichstarke Figuren verkörpern; symmetrisch genug angelegt (Wiederbelebung!) ist die Rolle ja. Aber sie bleibt sein Sidekick, der wahre echte Auserwählte ist er. Oder dann doch nicht.
Die zweite eindrucksvoll in Erinnerung gebliebene Szene ist nicht die Autoverfolgungsjagd (wieso soviel Physik in einem Computersystem?), sondern die Begegnung zwischen Neo und dem Architekten: zwei progammatische Agenten treffen sich, und – die einzig große Leistung des Filmes – alles, was wir über Neo wussten, verändert seine Bedeutung. Outcast, Hacker, Retter der Menschheit? Von wegen – das System denkt in größeren Zusammenhängen und Zeiteinheiten und schafft sich regelmäßig seine eigene Opposition, um den aus hygienisch-mathematischen Gründen notwendigen Reboot einzuleiten, samt Keimzelle für die nächste Revolution. Unerfindlicherweise kommen gewisse hormonelle Ungleichgewichtszustände dazwischen, und der Zuschauer bleibt bis in den Herbst alleine mit der Frage, ob dass den nun wirklich die richtige Tür gewesen ist.
Prognosen für Matrix III: Wenn’s schlecht läuft, noch mehr Aktion, noch weniger Sinn hinter den Philosophielektionen, ein wundersamer Wandel des Musikstils fürs erste Drittel und ein Mensch und Mensch gewordene Maschine (Smith als Virus) beglückendes Happy End. Oder noch schlimmer: alles nur ein böser Traum oder (eXistenz) nur ein Computerspiel. Wenn’s gut läuft, kommt in der Synthese alles anders, Cyborgisierung, Machtkämpfe in der Matrix und Machtkämpfe in Zion, die zu neuen Allianzen führen. Die Entscheidungen sind längst gefallen.