Wie angekündigt, hier nun noch der Blick auf die Bücher, die ich im November und Dezember gelesen habe.
„Science Fiction und Fantasy im November und Dezember 2024, Teil II“ weiterlesen
Das Blog von Till Westermayer * 2002
Wie angekündigt, hier nun noch der Blick auf die Bücher, die ich im November und Dezember gelesen habe.
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Ich fange mit dem an, was ich nicht gelesen, sondern angeschaut habe – weiter Star Trek: Enterprise (von dem ich nach wie vor, auch in Staffel 4, durchaus angetan bin), zur Erheiterung die ersten paar Folgen der 2. Staffel Star Trek: Lower Decks, und diverse Filme. Insbesondere die beiden neueren Pixar-Werke Coco und Soul fand ich sehr gelungen.
Jetzt aber zu den Büchern.
„Im Sommer 2021 gelesen“ weiterlesen
Im Mai hatte ich ja von der Nine-Realms-Serie („The Cerulean Queen“) berichtet. Die ist immer noch empfehlenswert. Den Sommer über habe ich daneben noch das eine oder andere weitere Genre-Buch gelesen (und nebenbei Serien wie She-Ra oder Kipo and The Age of Wonderbeasts geschaut, aber darum soll es jetzt nicht gehen). Im Einzelnen waren dies dann doch mehr Bücher als gedacht, nämlich:
Bisher nicht angefangen habe ich Sarah Pinsker, A Song for a New Day (2019), obwohl das von vielen Seiten empfohlen wurde und seit einiger Zeit auf meinem E‑Book-Lesegerät liegt – schlicht und einfach deshalb, weil mir ein Buch über eine Pandemie in einer Pandemie zu lesen zu nahe ist.
Um die Zukunft und die Vergangenheit – so weit sie als Science Fiction bzw. als Fantasy imaginiert werden – findet derzeit, von der größeren Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, ein Kulturkampf statt. Unbemerkt, aber nicht unwichtig, denn wo anders als in diesem Genre entsteht das kollektive Imaginäre? Ein heiß diskutiertes Symptom für diesen Kulturkampf sind die vor wenigen Tagen bekanntgegebenen Hugo-Nominierungen. Um das zu verstehen, ist allerdings etwas Hintergrund notwendig.
Lange war Fantasy für mich entweder J.R.R. Tolkien (den ich gerne gelesen habe), Ursula K. Le Guin (hier: Earthsee, die ich gerne gelesen habe), Terry Pratchett (den ich gerne gelesen habe, weil er ein Fantasy-Setting nur als Setting für angewandte Philosophie brauchte) oder aber Tolkien-Kopien von Holbeinetc. (die ich nicht gelesen habe). Und die „Unendliche Geschichte“ von Michael Ende, die aber eher Phantasie als Fantasy war. (Na gut, gute Kinder- und Jugendbücher mit Fantasy-Hintergrund würden mir noch einige einfallen). Jedenfalls war ich lange überzeugt davon, dass Fantasy nicht so meines ist. Und dann gibt es noch – auch sehr lesbar – eine ganze Reihe von Autoren und Autorinnen, die Magie in zeitgenössische Szenarien (z.B. in Kriminalromane) einbauen. Aber das ist dann nicht mehr „High Fantasy“.
Erst in jüngerer Zeit habe ich dann entdeckt, dass High Fantasy mehr und anders sein kann. G.R.R. Martins Bücher mit ihren grauschattierten Intrigen haben dazu einiges beigetragen. Und auch Brandon Sandersons „Mistborn“-Bücher habe ich aus ähnlichen Gründen regelrecht verschlungen. Mit dem Zyklus rund um die „dunkle Sonne“ von Gene Wolfe bin ich dagegen nicht so richtig warm geworden.
Das alles aber nur als Vorrede, um auf Katherine Addisons The Goblin Emperor hinzuweisen. Addison ist ein Pseudonym der Autorin Sarah Monette; dass The Goblin Emperor unter Pseudonym erschienen ist, hat wohl vor allem vertragstechnische Gründe.
Das Buch hat zunächst mal alles, was zu High Fantasy dazugehört – Elfen und Kobolde, eine feudale Herrschaftsstruktur mit Königen und Prinzessinen, verwunschene Landschaften und alte Fehden. Bei genauerem Hinsehen befindet sich das Elfenkönigreich aber in einer historischen Umbruchphase, die mit „Aufklärung“ sicherlich nicht falsch beschrieben ist. Geschlechterverhältnisse (dürfen Frauen auf Universitäten gehen?) und das Gildensystem – etwa die Uhrmacher – werden in Frage gestellt, es gibt eine Art Parlament, und die Technik macht große Fortschritte. So werden Luftschiffe verwendet – und der Absturz eines solches ist dann auch der Auslöser der im Buch erzählten Geschichte. Der Kaiser des Elfenlandes und seine Thronfolger waren an Bord, was dazu führt, dass der in die ländliche Peripherie verstoßene, gerade erwachsene und eigentlich vergessene Maia die Thronfolge antritt und Kaiser wird.
Maia ist kein reinrassiger Elf, seine früh gestorbene Mutter war eine Koboldin. Er ist nicht am Hof aufgewachsen und hat weder die damit verbundene umfassende Bildung genossen noch Einblick in die vielfältigen Intrigen und politischen Hinterhalte, die es an einem Hof so gibt. Maia ist gutmütig, ein bisschen naiv – und jetzt der mächtigste Mann im Elfenland.
Das 2014 erschienene Buch ist ein bisschen Coming-of-Age, und ein bisschen eine Parabel darüber, wie wenig Macht mit scheinbar mächtigen Positionen verbunden ist, und welche Kompromisse getroffen werden müssen, um in einem hochpolitischen Umfeld politisch am Leben zu bleiben – und trotzdem die eine oder andere Veränderung anzustoßen. Das fand ich wiederum sehr realistisch. Die eine oder andere Stelle erinnerte mich regelrecht an die Erfahrungen, die Grün-Rot in Baden-Württemberg so machen musste.
Insgesamt jedenfalls sehr empfehlenswert, egal, ob um der Intrigen und der Politik willen gelesen, oder weil die Welt, die Katherine Addison hier aufbaut, eine sehr liebevoll und detailreich gestaltete Alternative zu den üblichen High-Fantasy-Klischees darstellt. Und das geht auch mit sehr viel weniger Blutvergießen als bei Tolkien, Martin oder Sanderson.
Der Anfang des Buches steht online zur Verfügung – aber Vorsicht; wer sich in Maias Weg zum Thron hinein liest, möchte auch wissen, wie es weitergeht. Eine Fortsetzung ist übrigens – auch das anders als bei vielen anderen Werken in diesem Umfeld – nicht geplant.