Ich habe meinen Geburtstag in diesem Jahr in Gather Town gefeiert. Das ist kein realer Ort, sondern eine Karte – oder, anders gesagt: eine Mischung aus Zoom und Stardew Valley. Pandemiebedingt also keine Feier mit gemeinsamen Essen, mit Umarmungen, aber doch mit Interaktionen, wenn auch auf datenschutzrechtlich womöglich zweifelhaftem Terrain (ehrlich gesagt: keine Ahnung, welche Server Gather Town nutzt).
Der Clou an Gather Town ist die Einführung von Räumlichkeit in die Videokonferenz. Damit werden kommunikative Praktiken abrufbar, wie sich in einer Gruppe zu einem Gespräch zusammenzustellen, oder von Grüppchen zu Grüppchen zu wechseln.
Technisch wird das dadurch gelöst, dass alle, die da sind, doppelt vorhanden sind: einmal als Videobild und einmal als Avatar, der begrenzt gestaltbar ist. Video und Audio sind nur zu sehen bzw. zu hören, wenn die mit den üblichen Computerspieltasten bewegbaren Avatare nahe genug beieinander stehen – sonst werden Bild und Ton durchsichtig und verschwinden irgendwann ganz. Das kommt im Ergebnis der Situation an einem „echten“ Ort schon recht nahe und wirkt um einiges natürlicher als eine Videokonferenz im leeren Raum. Parallel kann auch gechattet werden.
Zudem gibt es die Möglichkeit, „private spaces“ zu kennzeichnen, also Orte, an denen nur diejenigen, die sich dort aufhalten, füreinander hör- und sichtbar sind – im Beispiel meiner Geburtstagsfeier etwa eine Sofaecke oder diverse Tische.
Zur spatialen Interaktion mit Menschen kommt die Interaktion mit Objekten hinzu. Prinzipiell lässt sich alles, was eine Website hat, einbetten. Von Haus aus stellt Gather Town zum Beispiel Bildschirme und Projektoren bereit, auf denen sich Videos abspielen lassen, auch zeitgesteuert (und schon ist die von Youtube oder Vimeo gelieferte Musik für die Lounge da, die alle hören können, die sich dort aufhalten), zudem gibt es Whiteboards, gemeinsam bearbeitbare Dokumente und diverse Spiele (Tetris, Montagsmaler, …).
Die Räume selbst sind in einem zu Gather gehörenden Editor frei gestaltbar; Vorlagen gibt es nicht nur für das Setting einer Party, sondern auch Konferenzräume (mit Vortragssaal und Kaffeepausen-Foyer), Klassenzimmer oder eine verwunschende Mondscheinnacht mit Schwanensee. Der Hintergrund ist dann mit dekorativen wie interaktiven Objekten sowie Spezialfeldern (z.B. als Portal in einen anderen Raum oder als Redepult, bei dem alle die Redner:in hören, egal, wo sie sich befinden) kombinierbar und liefert so ein großes Maß an Flexibilität. Monster und computergesteuerte Spielfiguren gibt es hingegen keine, das hatten diverse Teenager in meinem Haushalt beklagt.
Ich habe mich jedenfalls gefreut, Leute aus Berlin, Bonn, Saarbrücken, Stuttgart und München gleichzeitig treffen zu können. Das wäre bei einem „echten“ Treffen gar nicht so einfach gewesen.
Gather Town findet unter der URL https://gather.town statt und ist bis zu einer Nutzung von 25 Personen kostenfrei, danach kostest es je nach Featurewünschen ab 2$ pro Person für einen Achtstundenblock. Am besten läuft Gather auf PCs mit Webcam und Mikrofon im Browser (wobei wir da auch zweimal technische Probleme hatten). Es gibt auch eine mobile Version, die jedoch bisher nur simple Bewegungen kann und den Bug hat, dass laufende Videos die Steuerung überdecken.