Photo of the week: Albert-Ludwigs-University, KG III (detail)

Albert-Ludwigs-University, KG III (detail)

 
Ges­tern war ich ja anläss­lich der Fei­er zum 50-jäh­ri­gen Bestehen des Frei­bur­ger Insti­tuts für Sozio­lo­gie seit lan­gem mal wie­der an der Uni. Da ist auch die­ses Bild ent­stan­den, das nicht die Sozio­lo­gie zeigt. Aber dafür vie­le, vie­le Bücher; eine der Insti­tuts­bi­blio­the­ken im Kol­le­gi­en­ge­bäu­de III. Die jetzt als Sym­bol­bild her­hal­ten muss, weil ich nicht am KG IV vor­bei­ge­kom­men bin.

Der inter­es­sant gestal­te­te Fest­akt (zum Nach­le­sen auch als Buch Fünf­zig Jah­re Insti­tut für Sozio­lo­gie Frei­burg (jos fritz Ver­lag)), aber auch die Gesprä­che mit doch ganz schön vie­len Sozio­lo­gIn­nen am Abend wecken bei mir ja schon so eine gewis­se Nost­al­gie nach wis­sen­schaft­li­cher Tätig­keit. Hin­ter neo­go­ti­schen Mau­ern schein­ba­re All­täg­lich­kei­ten über­den­ken, bis dar­aus Theo­rie wird … aber das ist ja nur die eine Sei­te der Medail­le, und das, was ich als parl. Bera­ter in Stutt­gart so tue, gefällt mir durch­aus. Ist halt nur kei­ne Wis­sen­schaft. (Die ande­re Sei­te der Medail­le hat – auch das wur­de in den Gesprä­chen sehr deut­lich – viel mit pre­kä­ren Bedin­gun­gen, Selbst­aus­beu­tung, Unsi­cher­heit, Stress, Unver­ein­bar­keit und engen Kar­rie­re­fil­tern zu tun. Mal ganz abge­se­hen davon, dass Sozio­lo­gie eben auch Daten­er­fas­sung, Tran­skrip­ti­on, Sta­tis­tik, usw. ist …). 

Anlässlich des Todes von Hermann Schwengel

Das Insti­tut für Sozio­lo­gie der Uni­ver­si­tät Frei­burg woll­te die­sen Frei­tag sein fünf­zig­jäh­ri­ges Bestehen fei­ern. Ob es dazu kommt, steht in den Ster­nen.* Einen wer­de ich dort jeden­falls nicht tref­fen, und das macht mich sehr trau­rig. Heu­te Abend erreich­te mich die Nach­richt, dass Her­mann Schwen­gel kurz nach Ein­tritt in den Ruhe­stand, nach kur­zer, schwe­rer Krank­heit, gestor­ben ist.

Das Frei­bur­ger Insti­tut für Sozio­lo­gie ist ein sehr klei­nes Insti­tut. Als ich dort stu­diert habe, in der zwei­ten Hälf­te der 1990er Jah­re, gab es drei Pro­fes­su­ren, mit rotie­ren­der Insti­tuts­ge­schäfts­füh­rung. Ent­spre­chend ging es dort recht fami­li­är zu. (Und, wenn dem für Frei­tag ange­kün­dig­ten Fest­vor­trag zu glau­ben ist, auch pro­vin­zi­ell – gleich­zei­tig gab es immer eine Ach­se Ber­lin – Frei­burg. Aber das ist eine ande­re Geschichte.)

Zu der Zeit, als ich stu­diert habe, war das Stu­di­um so orga­ni­siert, dass die gro­ßen Ein­füh­rungs­vor­le­sun­gen von den Pro­fes­so­ren (anfangs waren es nur Män­ner) gehal­ten wur­den. Jede und jeder hat­te also min­des­tens ein­mal mit Her­mann Schwen­gel zu tun. Im zwei­ten Semes­ter, bei mir war es 1996, der Titel der Vor­le­sung war „Euro­päi­sche Sozi­al­struk­tur und glo­ba­ler Wan­del“. Aber eigent­lich ging es dar­um, dass Schwen­gel sei­ne Gegen­warts­dia­gno­se aus­brei­te­te. Das war ziem­lich kom­pli­ziert, und er nahm dabei wenig Rück­sicht auf didak­ti­sche Fines­sen. Inso­fern hat­te die Vor­le­sung einen gewis­sen Ruf unter uns Studierenden. 

Gelernt habe ich trotz­dem eini­ges über die lan­gen Wel­len der Glo­ba­li­sie­rung, über Ungleich­zei­tig­kei­ten von lang­sa­mer und schnel­ler Glo­ba­li­sie­rung in unter­schied­li­chen Hand­lungs­fel­dern (Ratio­na­li­sie­rung und Indi­vi­dua­li­sie­rung, bei­spiels­wei­se), und auch über die nicht ganz ein­fa­che Kunst der sozio­lo­gi­schen Zeit­dia­gno­se. Spä­ter habe ich dann auch noch ein ver­tie­fen­des Semi­nar bei Schwen­gel besucht, auch da ging es um Glo­ba­li­sie­rungs­phä­no­me­ne; ich ver­bin­de damit auch die Erin­ne­rung an eine gro­ße Neu­gier­de dar­über, was in der Welt alles geschieht. 

Ich habe viel von Schwen­gel gelernt. Das betrifft nicht nur die Inhal­te der Sozio­lo­gie, son­dern auch die „Hin­ter­büh­ne“ des aka­de­mi­schen Betriebs. Ich war eine Zeit lang Hiwi und Tutor bei ihm, nach dem gro­ßen Drei­län­der-Sozio­lo­gie-Kon­gress, den er nach Frei­burg hol­te. Auf die­ser Hin­ter­büh­ne, im Büro mit dem gro­ßen Sofa, auf dem sich meist Papie­re sta­pel­ten (eine Ord­nung, die kein Hiwi bezwin­gen konn­te), habe ich ihn als groß­her­zi­gen und umtrie­bi­gen Sozi­al­de­mo­kra­ten ken­nen­ge­lernt. (Auch das im übri­gen an einer im Kern immer noch tief kon­ser­va­ti­ven Uni­ver­si­tät fast schon eine Pro­vo­ka­ti­on). Wie Sozio­lo­gie gemacht wird, aber eben­so, wie die ver­schie­de­nen Ehren­äm­ter (etwa die Grund­wer­te­kom­mis­si­on der SPD), Netz­wer­ke und das Hoch­schul­funk­tio­nen kaum Zeit und Raum dafür las­sen, ordent­lich zu for­schen. Und wie trotz­dem Neu­es gedacht und zu Papier gebracht wird. 

Was ich ganz beson­ders an Schwen­gel geschätzt habe, war sein Anspruch, sei­ne Sozio­lo­gie auch in die Tat umzu­set­zen. Poli­tisch betrifft das die Unter­schei­dung zwi­schen euro­päi­schen und ame­ri­ka­ni­schen Ent­wick­lungs­pfa­den, die nicht nur Dia­gno­se­tool war, son­dern etwas, aus dem er Kon­se­quen­zen gezo­gen hat. Im „Klei­nen“ vor Ort war es lokal­po­li­ti­sche Ein­mi­schung, die Ein­rich­tung der Glo­bal Stu­dies, aber auch sein Aus­spruch „Wenn wir das nicht kön­nen, wer soll es dann machen“, als es etwa um Inte­gra­ti­ons­maß­nah­men am Insti­tut ging, der mir in Erin­ne­rung geblie­ben ist. 

Auch wenn ich in den letz­ten Jah­ren kei­nen Kon­takt mehr zu ihm hat­te, kann ich nicht anders, als mir Her­mann Schwen­gel als einen Men­schen vor­zu­stel­len, der für den Ruhe­stand noch vol­ler Plä­ne war. Die­se wird er jetzt nicht mehr ver­wirk­li­chen kön­nen. Und auch das macht mich traurig.

* Die Fei­er zum 50-jäh­ri­gen Bestehen fand ges­tern statt; Prof. Ulrich Bröck­ling und das Insti­tut haben – mei­ne ich – damit die rich­ti­ge Ent­schei­dung getrof­fen und in der Gestal­tung des Fest­akts eine respekt­vol­le Mischung aus Geden­ken und Fei­er gefun­den. (13.12.2014)

Photo of the week: u‑asta-Alumnitreffen II

u-asta-Alumnitreffen II

 
Die bei­den jun­gen Her­ren hier auf dem Bild haben gemein­sam: Sie haben sich genau wie ich irgend­wann mal im Frei­bur­ger u‑asta enga­giert. Vor zwei Wochen, am 1. Juni 2013, wur­de nun das Ende des u‑asta gefei­ert. Ein fröh­li­cher Anlass, den nach dem u‑asta ist vor der Ver­fass­ten Stu­die­ren­den­schaft. In Frei­burg hat sich hier das Neue Misch­mo­dell durch­ge­setzt, das ähn­lich wir­re Dia­gram­me zu pro­du­zie­ren in der Lage ist wie das Bünd­nis für u‑asta und Fach­schaf­ten. Die gan­zen Reden hat der u‑asta net­ter­wei­se doku­men­tiert (auch zum Anhö­ren), und vie­le Leu­te, mit denen ich seit Mit­te der 1990er Hoch­schul­po­li­tik gemacht habe, habe ich auch wie­der­ge­trof­fen. War schön!

Mehr Fotos von der u‑as­ta-Abschieds­ga­la gibt es auf Flickr. (Ach ja: Bericht der Badi­schen Zei­tung dazu). Und hier hat­te ich was zum 30-jäh­ri­gen u‑as­ta-Jubi­liäum 2010 gebloggt, und da zum Ende vom U.

Das Ende vom U

Seit dem 11.07.2012 ist das baden-würt­tem­ber­gi­sche Gesetz zur Wie­der­ein­füh­rung der Ver­fass­ten Stu­die­ren­den­schaft in Kraft. Ein Gesetz, das bei RCDS und LHG auf ätzen­de Kri­tik gesto­ßen ist, von der Lan­desas­ten­kon­fe­renz dage­gen kri­tisch begrüßt wur­de (also eigent­lich fin­den sie’s schon toll, aber es gibt jede Men­ge Detail­re­ge­lun­gen, die auf Kri­tik sto­ßen). Ich will jetzt an die­ser Stel­le gar nicht auf die Pros und Con­tras der baden-würt­tem­ber­gi­schen Lösung ein­ge­hen – viel­leicht mit Aus­nah­me der Fest­stel­lung, dass eine Beson­der­heit des hie­si­gen Geset­zes sicher­lich die Tat­sa­che ist, dass die Stu­die­ren­den vor Ort auf­ge­for­dert sind, sich für jeweils ihre Hoch­schu­le die pas­sen­de „Orga­ni­sa­ti­ons­sat­zung“ aus­zu­den­ken. Das kann das klas­si­sche Modell aus Stu­die­ren­den­par­la­ment und AStA sein, es kann aber auch ein ganz anders gela­ger­tes Modell sein. 

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Kurz: Promovierende mit Kind zwischen den Kategorien

BüroMei­ne Part­ne­rin und ich sind der­zeit bei­de Pro­mo­ti­ons­stu­die­ren­de. Das hat ver­schie­de­ne Vor- und Nach­tei­le, um die es hier aber gar nicht gehen soll. Ein Pro­blem die­ses Sta­tus ist mir heu­te mor­gen schmerz­lich bewusst gewor­den. Wir sind näm­lich (schon län­ger) auf der Suche nach einem Kita-Platz für Ras­mus. Eigent­lich hät­ten wir ger­ne schon längst einen – Ras­mus ist gera­de ein Jahr als gewor­den – aber da wir ihn nicht vor­ge­burt­lich schon auf War­te­lis­ten set­zen las­sen haben, zieht sich das alles hin. 

Aber zum Sta­tus­pro­blem: die Uni Frei­burg hat eine eige­ne Kita (soweit ja mal gut). Die ist voll, wir ste­hen auf der War­te­lis­te, haben aber wenig Hoff­nung, einen Kita-Platz zu ergat­tern, weil die Plät­ze dort in der Rei­hen­fol­ge „wiss. Mit­ar­bei­te­rin­nen“*, „wiss. Mit­ar­bei­ter“, „Pro­mo­vie­ren­de“ ver­ge­ben wer­den, wie ich heu­te mor­gen erfah­ren habe.** Das Stu­den­ten­werk betreibt auch Kin­der­ta­ges­stät­ten. Dort ist die Rei­hen­fol­ge „Stu­die­ren­de im Erst­stu­di­um“ und erst danach „Pro­mo­vie­ren­de etc.“. Macht bei­des aus sich her­aus Sinn – zusam­men führt es dazu, dass die Chan­ce, als pro­mo­vie­ren­de Eltern ohne Beschäf­tig­ten­sta­tus einen Kita-Platz an der Uni zu krie­gen, ziem­lich klein sind. Was – „aka­de­mi­sche Rush­hour“ hin und „fami­li­en­freund­li­che Uni“ her – ziem­lich blöd ist.

* Neben­bei ein schö­nes Bei­spiel für Rei­fi­zie­rungs­pro­ble­me: aus der gegen­wär­ti­gen geschlechts­spe­zi­fi­schen Arbeits­ver­tei­lung her­aus erscheint es durch­aus sinn­voll, Kita-Plät­ze bevor­zugt an die Kin­der von Wis­sen­schaft­le­rin­nen zu geben – gleich­zei­tig ver­stärkt die­se Rei­hen­fol­ge aber die gesell­schaft­li­che Annah­me, dass Wis­sen­schaft­ler einen gerin­ge­ren Bedarf an Kin­der­be­treu­ung haben, weil ja im Zwei­fels­fall die Frau ein­sprin­gen kann.

** Damit das nicht in den fal­schen Hals gerät: der Mit­ar­bei­ter, der mich dar­über infor­miert hat, war sehr freund­lich und hat­te durch­aus Ein­sicht in die sich dar­aus erge­ben­den Pro­ble­me (und nann­te auch eini­ge Alter­na­ti­ven außer­halb der Uni) – das struk­tu­rel­le Pro­blem besteht trotz­dem weiter.