Die städtische Kita hier im Rieselfeld macht ziemlich coole Sachen. Zum Beispiel gibt es einmal im Jahr ein Kunstprojekt (zusammen mit Bagage), genauer gesagt, eine Projektwoche, wo mit den Kindern Kunst produziert wird, die dann in einem Fest (zur Vernisage) endet. Dieses Mal waren Blumen das Thema, letztes Jahr waren es Farben. Was dabei an Kunst im Gartenatelier entsteht, ist erstaunlich (ebenso wie einige der Dinge, die im ganz normalen Kindergartenalltag mit nach Hause gebracht werden).
Kurz: Heute mal ohne materielle Identität
Mir ist gestern mein Geldbeutel abhanden gekommen. Entweder ist er mir im Zug aus der Tasche gerutscht, oder er wurde mir geklaut. Bisher ist er jedenfalls nicht wieder aufgetaucht, und dementsprechend hatte ich gestern einigen Ärger damit, diverse Karten sperren zu lassen, und werde noch einige Zeit damit verbringen, Ersatzkarten zu beschaffen. Geld war glücklicherweise nur wenig im Geldbeutel, insofern hält sich der materielle Verlust in Grenzen.
Neben Ärger ist sowas aber auch für absurde Erfahrungen gut. Etwa im Hinblick auf die alte Frage „Wer bin ich – und wie weise ich das nach, wenn alles, womit ich meine Identität beweisen könnte, im verloren gegangenen Geldbeutel ist?“. Das war dann selbst bei der „Fahrpreisnacherhebung“ – ich musste irgendwie wieder von Stuttgart nach Freiburg kommen, ein Ersatzdokument für die Bahncard 100 kann nicht einfach mal eben am Schalter ausgestellt werden, und nicht alle Zugbegleiterinnen sind so kulant, einen nach Erklärung der Situation einfach fahr- und ausweislos fahren zu lassen – ein längeres Problem. Letztlich spuckte das Gerät der Schaffnerin einen Zettel aus, auf dem ich bestätigte, ich zu sein, und der dann als Grundlage dafür diente, mir einen erhöhten Fahrpreis in Rechnung stellen zu können, den ich letztlich bis auf eine Bearbeitungsgebühr nicht zahlen muss.
Oder dieses Gefühl, an diversen Geschäften vorbeizukommen, bis auf 50 Cent, die sich irgendwie in die Tasche verirrt hatten, kein Geld dabei zu haben, sich also noch nicht einmal eine Butterbrezel kaufen zu können – aber gleichzeitig ein Smartphone in der Hand zu halten, mit dem ich sofort und auf der Stelle eine größere Anschaffung hätte tätigen können. Für einen Moment habe ich überlegt, ob ich einen Pizzaservice mit Online-Lastschrifteinzugsverfahren suchen sollte.
Und das ambivalente Gefühl, dass einem in so einer Situation deutlich wird, wie einfach social engineering als Hackmethode sein muss: an diversen Hotlines musste ich mich telefonisch ausweisen (auch, weil ich teilweise die Kartennummern nicht hatte). Dazu reichte dann der Name und die Kenntnis über ein paar persönliche Daten, die aber wiederum recht einfach zugänglich sind. In meiner Situation gestern fand ich das hilfreich, und ich kann mir auch schlecht vorstellen, wie eine Bürokratie anders damit umgehen soll, wenn es doch diesen Spielraum braucht – aber das Tor stünde auch anderen offen.
Photo of the week: Evening summer storm III
Stürmische Tage hier im Blog – neulich nölte ich noch über auf niedrigem Niveau dahin dümpelnde Zugriffszahlen herum, und dann kommt ein kontroverser Gastbeitrag und bricht alle Zugriffsrekorde. So kann’s gehen.
Das Foto oben ist übrigens schon gut einen Monat alt (ich komme gerade mit dem Hochladen nicht wirklich hinterher) – aber wettermäßig könnte es auch aus diesen Tagen sein. Ganz so finster sieht der Himmel noch nicht aus, kann ja noch kommen. Verlässlich ist das jedenfalls nicht, was das Wetter derzeit so macht.
Kurz: Rauchverbot an ÖPNV-Haltestellen?
Eine Meldung aus dem Tagesspiegel, der durchaus schon ein Hauch von Sommerloch anhaftet, informiert darüber, dass die Berliner CDU sich für rauchfreie Bus- und Straßenbahnhaltestellen einsetzt. Ich finde das erstaunlicherweise sinnvoll. Erstaunlicherweise, weil ich mich noch gut dran erinnern kann, dass ich – immer schon Nichtraucher – einer von ganz wenigen in unserem grünen Kreisverband war, die das Rauchverbot in Kneipen und Gaststätten vor einigen Jahren eher skeptisch beäugt haben. Wegen Freiheit, und so.
In den paar Jahren hat sich einiges getan: Züge, Bahnhöfe (weitgehend) und der Innenbereich von Gaststätten ist rauchfrei. Die Normalität hat sich verändert. Umso mehr fällt der Zigarettenqualm in Außenbereichen oder eben an Bus- und Straßenbahnhaltestellen unangenehm auf. Egal, ob mit Kindern oder ohne – rauchfreie öffentliche Räume habe ich als echte Verbesserung der Lebensqualität schätzen gelernt. Und aus der Perspektive heraus spricht viel dafür, das auch auf Wartebereiche auszudehnen. Zum Zeitüberbrücken gibt es ja Smartphones.
Und die Freiheit? Finde ich an diesem Punkt inzwischen gar nicht mehr so einfach.
P.S.: Die durchaus intensive Debatte dieses Beitrags bei Twitter und Facebook führt letztlich zu der Frage, ob Passivrauchen im öffentlichen Raum unter freiem Himmel eine hinzunehmende, nur subjektiv störende, oder eine beeinträchtigende, also tatsächlich schädliche, Belästigung ist. Womit die Debatte in den Raum von ExpertInnen und Gegen-ExpertInnen verschoben wird. Es sei denn, wissenschaftliche Evidenz wird nicht als einziges Kriterium für die Legitimität gesellschaftlich ausgehandelter Freiheitseinschränkungen/Freiheitsgewinne gesehen.
Zum Andenken an Lieselotte Reuter
Heute ist meine Großmutter Lieselotte Reuter gestorben. Einen Monat vor ihrem 89. Geburtstag. Meine Kinder haben damit keine noch lebenden Urgroßeltern mehr. Ein Generationenbruch.
Der Tod kam nicht unerwartet. Und der Abschied war ein langsamer. Demenz. Solange mein Großvater noch lebte, ein gemeinsamer Kampf gegen die zunehmende „Tüdeligkeit“, ein gegenseitiges Stützen. Danach ein Umzug aus dem hohen Norden in den tiefen Süden, häusliche Pflege, und viel Kraft, die meine Eltern, vor allem wohl meine Mutter, darin hinein gesteckt haben. Als das nicht mehr ging, noch ein letztes Mal ein Umzug – ein Platz in einer Demenz-WG, der WEGE in Emmendingen. Ein Altern in Normalität, soweit das möglich ist, wenn jemand aufhört zu reden, das Gedächtnis verliert, sich nur noch nonverbal äußert. Aber immerhin: Meine Großmutter konnte die letzte Phase des Alters weiterhin in einem sozialen Gefüge verbringen, nicht als anonymer Fall. Wieviel sie davon wusste, mag ich nicht beurteilen. Aber Geborgenheit, soziale Wärme – das hat durchaus noch einmal eine Wirkung entfaltet.
Ich weiß nicht, ob meine Großmutter in ihren letzten Lebensjahren glücklich war. Soweit es die Umstände zugelassen haben, glaube ich, war das so. Aber wer weiß das schon, wenn jemand nach und nach entschwindet.


