Vorgestern war es draußen nebelig, jetzt ist es grau und nass. Februarwetter halt, mit der Hoffnung darauf, dass es demnächst Frühling wird. Zeit, sich erkältet ins Bett zu kuscheln und zu lesen.
Kurz: Wer es glaubt, …
Kommunikation ist etwas ziemlich zerbrechliches. Das macht den verführerischen Reiz der Kommunikationsguerilla aus. Und kennzeichnet das Risiko, das mit Kommunikationsguerilla-Aktionen einhergeht. Satire überzeichnet. Kommunikationsguerilla legt falsche Fährten, und wartet darauf, dass andere diesen folgen, bis nicht mehr so ganz klar ist, was nun eigentlich stimmt, was erlogen ist, und was vielleicht stimmen könnte. Kommunikationsguerilla ist großartige und, wenn sie funktioniert, durchaus gefährliche Metakritik am Mediensystem inkl. PR und seiner Wirklichkeitskonstruktion (und Luther Blissetts bahnbrechendes Werk dazu ist unbedingt zu empfehlen …).
Aktuell findet ein Akt der Kommunikationsguerilla statt. Dass rechte Strukturen von staatlich bezahlten V‑Leuten leben, ist bekannt. In den letzten Tagen verbreiteten sich Gerüchte, dass eine wohl organisierte und staatlich finanzierte „Antifa e.V.“ für Proteste gegen Pegida und Co. verantwortlich ist. Inkl. Twitter-Account, der diese Gerüchte aus rechten Foren gerne bestätigt. Die taz setzte dem jetzt die Krone auf – mit einer nicht als „Wahrheit“ gekennzeichneten angeblichen Reportage über die gut bezahlten Antifa‑e.V.-DemonstrantInnen.
Dieser Text wird jetzt von einigen geglaubt. Rechte ziehen ihn als Beleg für ihr „Wissen“ heran. Andere fragen sich, ob bezahlte Proteste nicht Demos delegitimieren. Wer bis zur letzten Zeile liest, erkennt, dass ein „P. Flasterstein“ zitiert wird – starker Hinweis auf das Erfundensein des Textes. Der rechte Kopp-Verlag glaubt, dass die nicht gekennzeichnete Veröffentlichung von Satire ein Hinweis auf interne Grabenkämpfe in der taz ist. Meine Timeline auf Twitter streitet darüber, ob diese Art der Satire gelungen oder gefährlich ist, ein Filter für Gutgläubige oder ein Metakommentar zur „Lügenpresse“. Das ist Kommunikationsguerilla in all ihren schrillen Grautönen.
P.S. Natürlich vergibt die Antifa e.V. auch großzügige Stipendien, insbesondere für engagierte Studierende der Sozialwissenschaften.
Lesezeichen: „Among Others“ und anderes
In den letzten Wochen habe ich ziemlich viel gelesen; auch die Weihnachtszeit etc. haben das ihre dazu beigetragen, dass ich Zeit dazu gefunden habe. Dazu gehörten unter anderem William Gibsons neuer Roman The Peripheral (teilweise recht spannend, aber irgendwie nicht ganz so großartig, wie ich das erwartet hätte), Ken MacLeods Descent (Ufos ins Schottland, oder vielleicht auch nicht), Ben Aaronvitchs Foxglove Summer (mit englischen Elfen und Einhörnern) und Ursula K. Le Guins über ihr ganzes Werk zurückschauende Kurzgeschichtensammlung The Unreal & The Real (die mir noch einmal sehr deutlich gemacht hat, warum ich LeGuin für eine herausragende Schriftstellerin halte, und ihren Stil sehr mag). Außerdem kamen mehrere tausend Seiten Peter F. Hamilton dazu, den ich bisher verpasst hatte. Andy Weirs The Martian – klassische harte Science Fiction mit einem Schuss MacGyver – musste ich an einem Stück lesen.
Der eigentliche Anlass für diesen Blogeintrag ist aber Jo Waltons Among Others, das Ende der 1970er Jahre in Wales und Südengland spielende geheime Tagebuch eines Teenagers, das bereits Anfang 2011 erschienen ist.
Morween, nach einem Unfall verkrüppelt, wird auf ein Internat geschickt. Sie ist klug und beobachtet sich selbst und ihre Umwelt ziemlich genau. Die klassische Außenseitergeschichte. Walton verwebt geschickt zwei Erzählstränge ineinander. Die Coming-of-Age-Geschichte eines Mädchens aus unübersichtlichen Familienverhältnissen, die vor ihrer Mutter weggelaufen ist, und Halt und Freundschaft findet im Science-Fiction- und Fantasy-Kanon der 1970er Jahre, und eine Geschichte über Magie, Feen und die Mutter als böse gewordende Hexe.
Photo of the week: Birthday flower I
So, jetzt habe ich es hinter mir – seit ein paar Tagen bin ich 40. Sehr gefreut habe ich mich über jede Menge Glückwünsche, und Geschenke gab’s auch ein paar. Größer feiern werde ich jedoch erst im Mai, weil das Wetter da möglicherweise angenehmer ist.
Pünktlich zum Geburtstag blüht auch die Orchidee, die ich – meine ich – vor zwei Jahren geschenkt bekommen habe. Freut mich!
(Nicht so schön: Das Display meiner Canon EOS 40D, mit der u.a. dieses Bild (schon vor ein paar Tagen) aufgenommen wurde, hat heute einen Wackelkontakt bekommen; ich habe noch einen funktionsfähigen Body einer Canon EOS 300D, der fürs erste für weitere Fotos herhalten muss. Allerdings ist das schon eine Umstellung – nach einigen Monaten mit der (gebraucht gekauften) EOS 40D erscheint mir die 300D winzig klein, seltsam leicht, und braucht ewig, um ein Bild zu verarbeiten. So ist das mit der Gewöhnung an neue Technik.)
Nun, wie ist das so mit 40? Bisher fühlt es sich auch nicht großartig anders an als mit 39 oder mit 37. Und das, obwohl ich gebürtiger Schwabe bin, und Schwaben ja angeblich mit 40 vernünftig werden sollen. Aber natürlich ist so ein runder Geburtstag Anlass, sich Gedanken zu machen, was jetzt noch kommt, was mensch sich vornehmen könnte, welche Ziele erreicht wurden und welche inzwischen unerreichbar scheinen. Mal sehen, vielleicht schreibe ich nochmal was dazu. Oder auch nicht.
Politik im Netz – was geht?
Letzten Samstag fand die Jahrestagung der Heinrich-Böll-Stiftung Baden-Württemberg statt, die diese freundlicherweise dem Thema „Politik im Netz – Wie das Internet politische Kommunikation und Kultur verändert“ gewidmet hatte. Im Folgenden also ein paar Streiflichter aus der Konferenz. Das Publikum wirkte übrigens sehr viel weniger nerdig, als das Thema es hätte vermuten lassen.



