Kurz: Vollzeitnahe Teilzeit ist möglich. Aber wir müssen auch über Geld reden

Der­zeit fin­det ja die Befra­gung von Allens­bach zu Fami­li­en­mo­del­len recht viel Auf­merk­sam­keit. Ein Befund dabei zeigt, dass recht vie­le Fami­li­en nach wie vor (männ­li­che) Voll­zeit + (weib­li­che) Teil­zeit bzw. stun­den­wei­se Tätig­keit leben. Dabei wür­den vie­le Müt­ter ten­den­zi­ell ger­ne mehr Zeit mit Erwerbs­ar­beit ver­brin­gen, vie­le Väter „eigent­lich“ lie­ber voll­zeit­na­he Teil­zeit, also 25–30 Stun­den pro Woche, als Voll­zeit arbei­ten. Die­ser Befund ist nicht neu, auch als ich mich vor eini­gen Jah­ren an der Uni wis­sen­schaft­lich mit Geschlech­ter­ver­hält­nis­sen und Arbeit beschäf­tig­te, war das schon Stand des Wis­sens. Und auch mei­ne eige­ne Erhe­bung* zu den Lan­des­fors­ten Rhein­land-Pfalz zeig­te ein ganz ähn­li­ches Bild des Aus­ein­an­der­klaf­fens von Wunsch­ar­beits­zeit und Ver­trags­ar­beits­zeit. (Bei der Gele­gen­heit: inkl. Fami­li­en­ar­beit liegt die durch­schnitt­li­che wöchent­li­che Arbeits­zeit von Müt­tern in Deutsch­land heu­te deut­lich höher als die nach sel­bem Maß­stab gemes­se­ne Arbeits­zeit von Vätern).

Dass (voll­zeit­na­he) Teil­zeit ein gutes Modell für Erwerbs­ar­beit dar­stellt, die einem/einer noch Raum für ande­res lässt – Kin­der und Sor­ge­ar­beit, Frei­zeit, Erho­lung, aber auch für ehren­amt­li­che Poli­tik – passt zu mei­nen eige­nen Erfah­run­gen. An der Uni hat­te ich meist die übli­chen „hal­ben“ Stel­len, jetzt in der Land­tags­frak­ti­on war es mir wich­tig, unter­halb der 100% Erwerbs­ar­beit zu blei­ben. Bis vor kur­zem waren dies bei mir 70%, inzwi­schen sind es, mit einer Aus­wei­tung mei­ner Tätig­keits­fel­der, 80%. Das passt zu dem, was Arbeits­wis­sen­schaft­le­rIn­nen als „sozia­bel“ bezeich­nen, also eine (inhalt­lich durch­aus aus­fül­len­de) Erwerbs­ar­beit, die gleich­wohl Raum lässt für ein geleb­tes ega­li­tä­res Ver­tei­len von Fami­li­en­ar­beit und für sons­ti­ge pri­va­te und poli­ti­sche Inter­es­sen. Ich bin damit sehr zufrieden.

Wer über Teil­zeit spricht, muss aller­dings – und das dürf­te ein Fak­tor sein, der das kon­ser­va­ti­ve Fami­li­en­mo­dell stützt – auch über Geld reden (und eigent­lich auch über Kar­rie­re­chan­cen). Mit aka­de­mi­schen E13- oder E14-Stel­len (Tarif­ta­bel­le West, brut­to, 100%) ist voll­zeit­na­he Teil­zeit aus­kömm­lich. Ähn­lich dürf­te es bei halb­wegs qua­li­fi­zier­ten Tätig­kei­ten in der frei­en Wirt­schaft aus­se­hen. Aber ein sich über die Lebens­zeit bis zur dann eben­falls nied­ri­ger aus­fal­len­den Ren­te auf­sum­mie­ren­des Minus im Fami­li­en­ein­kom­men im Ver­gleich zu Voll­zeit arbei­ten­den Kol­le­gIn­nen bleibt. Und das ist selbst bei E13+ im Lebens­stan­dard spür­bar. Dass es deut­lich unter­halb die­ser Tari­fe schwie­rig wird, von Teil­zeit zu leben, heißt, dass The­men wie Arbeits­zeit­ver­kür­zung mit Lohn­aus­gleich auf den Tisch müs­sen – wenn nicht gleich die Grundeinkommensdebatte.

* Vgl. etwa Blum, S./Westermayer, T. (2010): Arbeits­zeit und Geschlecht im Reform­pro­zess einer Lan­des­forst­ver­wal­tung. WSI-Mit­tei­lun­gen Jg. 63, 1: 34–41.

Warum Click-Aktivismus etwas ändern kann

Eine ers­te gro­ße Wel­le von poli­tisch moti­vier­ten Pro­fil­bild­än­de­run­gen bei Face­book fand – mit tech­ni­scher Unter­stüt­zung durch den Kon­zern – im Som­mer 2015 anläss­lich eines weg­wei­sen­den Urteils des Supre­me Court zur gleich­ge­schlecht­li­chen Ehe (Ober­ge­fell v. Hod­ges) statt. Der fol­gen­de Text ist als Kom­men­tar dazu entstanden.

2015rainbowFace­book-Ava­tare in Regen­bo­gen­far­ben – und schon bricht eine Debat­te dar­über aus, ob das a. nur eine kon­for­mis­ti­sche Mode­wel­le, b. poli­ti­sches Enga­ge­ment oder c. ein fie­ser Trick Face­books ist, um an noch mehr Daten zu kom­men. (Lesen­wer­ter Hin­ter­grund auch zu c. und dazu, wie­so Face­book plötz­lich ein Tool anbie­tet, um das eige­ne Pro­fil­bild für „cele­bra­te pri­de“ in einen Regen­bo­gen zu tau­chen, fin­det sich hier). Und dann gibt es noch die Debat­te d. dar­um, ob die Ehe für alle in den USA über­haupt – auch aus pro­gres­si­ver Sicht – das rich­ti­ge Ziel ist, und ob ein damit ver­bun­de­nes Fär­ben der Pro­fil­bil­der nicht letzt­lich das fal­sche feiert.

Natür­lich ist es „Click­ti­vism“, wenn jede/r durch ein paar Maus­klicks das Pro­fil­bild ein­fär­ben kann, um damit eine Hal­tung aus­zu­drü­cken. Ich bin trotz­dem über­zeugt davon, dass die­se Form des Akti­vis­mus nicht unter­schätzt wer­den soll­te. Auch das Demons­trie­ren auf der Stra­ße, die Teil­nah­me an einem CSD oder das Tra­gen eines Anti-AKW-Auf­kle­bers auf der Akten­ta­sche sind nicht mehr – und nicht weni­ger – als sym­bo­li­sche Hand­lun­gen. Und wer eine Unter­schrif­ten­lis­te unter­zeich­net, mög­li­cher­wei­se sogar noch anonym, tut eben­falls etwas, ohne viel zu tun. So scheint es zumindest.

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Photo of the week: Summer evening flowers

Summer evening flowers

 
Glück­wunsch in die USA, wo der Supre­me Court heu­te die Ehe für alle durch­ge­setzt hat! (Das Bild war das nächs­te zu einem Regen­bo­gen aus Blu­men, das ich gra­de zur Hand hatte …)

Ich bin gespannt, was Karls­ru­he wann tut. Und ob wir dann, im über­nächs­ten Schritt, über die Abschaf­fung der Ehe reden kön­nen. In rela­ted notes: Sci­ence Fic­tion ist kei­ne pro­gnos­ti­sche Lite­ra­tur, trotz­dem inter­es­sant zu sehen, wel­che Ele­men­te gesell­schaft­li­chen Fort­schritts, die in der SF-Lite­ra­tur seit den 1970er Jah­ren ins Jahr 2000 fol­gen­de pro­ji­ziert wor­den sind, nun tat­säch­lich umge­setzt wer­den. Und wel­che – gesell­schaft­li­chen wie tech­ni­schen Ele­men­te – nicht. Und wor­an das lie­gen mag.

Und noch­mal ganz was ande­res: Bei eini­gen der Blu­men oben weiß ich, um was es sich han­delt – bei ande­ren wür­de ich es ger­ne wis­sen. Wer Tipps dazu hat, ger­ne her damit. 

(Zur Iden­ti­fi­ka­ti­on:

1 – 2 Mohn – 3 Johan­nis­kraut? – 4 Margueritte
5 – 6 Acker­win­de – 7 – 8 Borretsch
9 – 10 – 11 Taub­nes­sel – 12 Blutweiderich)

Bundesjugendspiele, oder: Gesellschaft als Wettkampf

Mini ski

Über den Sinn und Unsinn von Online-Petio­nen lie­ße sich lan­ge strei­ten. Manch­mal hel­fen sie zumin­dest, ein The­ma auf die Agen­da zu set­zen. Bei­spiel: die vor eini­gen Tagen im Netz – und dann auch in den Medi­en – auf­ge­schla­ge­ne Peti­ti­on zur Abschaf­fung der Bun­des­ju­gend­spie­le. Die „Spie­le“ gibt es übri­gens seit 1951, den Vor­läu­fer seit 1920.

„Bun­des­ju­gend­spie­le, oder: Gesell­schaft als Wett­kampf“ weiterlesen