Bei genauerem Hinsehen, besonders am Morgen oder Abend, oder am Meer, ist klar: Der Himmel sieht nicht einfach blau aus, sondern fängt „unten“ hell an und wird nach „oben“ hin dunkler. Warum das so ist, erklären weder der Wikipedia-Artikel zu Dämmerung noch der zu Himmel (planetär) wirklich zufriedenstellend. Falls es also kundige Menschen gibt, die dazu mehr sagen können – gerne!
Kurz: Studienwerk wird 25
Das Studienwerk der Heinrich-Böll-Stiftung, also die Einrichtung in der grün-nahen Parteienstiftung, die für die Vergabe von Stipendien zuständig ist, wird 25 Jahre, und feiert das heute abend in Berlin. Das ist mir dann doch zu weit weg, auch weil ich mit meinen Wochenenden (Kinder!) eher sparsamer umgehen will und muss. Aus Anlass des Jubiläums ist zudem eine Verbleibstudie erschienen, in der geschaut wird, was aus den von der Stiftung geförderten Studierenden und Promovierenden geworden ist. Gut 40 Prozent der rund 3000 Alumni der Böll-Stiftung haben sich an der Befragung beteiligt, und auch wenn’s eher statistisch als biographisch ist, ist das Ergebnis durchaus interessant.
Ich selbst war 1999 bis 2001 Stipendiat der Stiftung, also eher in der Endphase meines Studiums – es dauerte etwas, bis mir die Möglichkeit eines Stipendiums überhaupt bewusst wurde. Neben dem durchaus willkommenen „Büchergeld“ habe ich aus der Förderung durch die Böll-Stiftung vor allem diverse Seminare und längere Sommertreffen in Erinnerung, also die sogenannte „ideele Förderung“. Dabei habe ich nicht nur inhaltlich einiges gelernt (über Wasser als ökologisches Thema, aber auch über Antirassismus, Geschlechterbilder und Kunst), sondern erinnere mich auch an spannende Gespräche mit MitstipendiatInnen. Denn wo sind schon dutzende neugierige, offene und engagierte Menschen anzutreffen, wenn nicht auf einem Campus der Böll-Stiftung? (Dazu beigetragen haben dürfte auch die Förderpolitik, die bewusst auf einen Frauenanteil von 2/3 der Geförderten und auf einen hohen Anteil an StipendiatInnen „mit Migrationshintergrund“ abzielte). Und, um mit Mythen aufzuräumen: zumindest zu meiner Zeit waren die Geförderten definitiv nicht identisch mit dem Kadernachwuchs der Partei. Klar, eine Nähe zu grünen Werten sollte da sein – aber das Parteibuch war kein Förderkriterium. Auch hier gibt es, nach allem, was so zu hören ist – ebenso wie bei der Auswahl – durchaus Unterschiede zwischen „Böll“ und den anderen parteinahen Stiftungen.
Mir hat das Stipendium also auf jeden Fall was gebracht: eine Horizontöffnung. Ich kenne einige andere StipendiatInnen, und vermute, dass ich mit dieser Einschätzung nicht der einzige bin. Und nicht nur deswegen gratuliere ich dem Studienwerk herzlich zum 25. und hoffe, dass noch viele weitere Menschen von dieser Förderung profitieren dürfen.
Photo of the week: Evening cloud reflection
Manchmal überzeugt auch eher funktionale Architektur ästhetisch – zum Beispiel dann, wenn sich die letzten Reste des Sonnenuntergangs in der Front des Glashauses spiegeln. Oder wenn die Betonfront der Maria-Magdalena-Kirche hier im Rieselfeld an eine Klippe gemahnt, in der einzelne Höhlen von Feuer beleuchtet sind.
Der Fünf-Prozent-Hebel
Mit der Fünf-Prozent-Hürde ist das so eine Sache. Derzeit gibt es eine ganze Reihe von Landtagswahlumfragen in den verschiedenen Bundesländern, in denen zwei oder sogar drei Parteien bei fünf Prozent liegen. Am Beispiel der jüngsten Baden-Württemberg-Umfrage lässt sich die Hebelwirkung der Fünf-Prozent-Hürde gut darstellen.
Vorneweg: Ich bin auch nach den neusten Zahlen ziemlich zuversichtlich, dass wir im März 2016 eine Fortsetzung von Grün-Rot hinkriegen. Landesregierung und Ministerpräsident haben hohe Zustimmungswerte, der CDU-Kandidat zieht nicht – und wenn wir es schaffen, bis zum Wahltag zu vermitteln, dass es notwendig ist, die lokalen KandidatInnen von Grünen (oder zur Not der SPD) zu wählen, um Baden-Württemberg weiter zu modernisieren, dann klappt es auch.
Aber jetzt zu den aktuellen Zahlen:
CDU – 39 Prozent
GRÜNE – 26 Prozent
SPD – 17 Prozent
FDP – 5 Prozent
AFD – 5 Prozent
LINKE – 4 Prozent
CDU und FDP kämen demnach auf 44 Prozent, GRÜNE und SPD auf 43 Prozent. Koalitionen mit der AFD sind hoffentlich ausgeschlossen. Realistisch wäre also eine der beiden lagerübergreifenden Koalitionen.
Wenn die AFD nicht bei 5,0 Prozent, sondern bei 4,95 Prozent liegt, sieht es ganz anders aus – dann hätte Schwarz-Gelb vermutlich eine knappe Mehrheit (je nachdem, wie sich Prozente in Sitze umrechnen, aber das ist eine andere Frage).
Andersherum: AFD bei 5,0 Prozent, FDP bei 4,95 Prozent. Grün-Rot läge zwar vor der CDU, hätte aber keine Mehrheit – siehe oben.
AFD und FDP beide bei 4,95 Prozent – und eine Veränderung von nur 0,1 Prozentpunkten führt plötzlich zu einer klaren grün-roten Mehrheit im Landtag.
Dieses Rechenspiel ließe sich unter Einbeziehung der LINKEN beliebig fortsetzen.
Was ich sagen will: solange es eine Fünf-Prozent-Hürde gibt, reichen ganz wenige Prozentpunkte aus, um die Mehrheitsbildung fundamental zu verändern. Je niedriger diese Hürde wäre, desto geringer würde diese Hebelwirkung ausfallen.
Mit Blick auf den weiteren Modernisierungsbedarf in Baden-Württemberg kann die Fünf-Prozent-Hürde sich als hilfreiches Instrument entpuppen. Besser und ehrlicher wäre eine grün-rote Mehrheit, die nicht von derartigen Unwägbarkeiten abhängt. Und dafür müssen wir GRÜNE, aber auch die SPD, bis zum Wahltag noch ein bisschen zulegen. Ich bin zuversichtlich, dass wir das hinkriegen.
Warum blogge ich das? Weil es am 13. März 2016 auf jede Stimme ankommen wird.
Smarte Parteien? Um welches Problem geht es eigentlich?
In den Revelation-Space-Büchern des Science-Fiction-Autors Alastair Reynolds tauchen am Rande die „Demarchists“ auf – eine Gruppe von Menschen, die das Ideal direkter Demokratie verwirklicht haben: Ein Implantat im Kopf legt jedem und jeder ständig Entscheidungen zur Abstimmung vor. Demographie und Demokratie gehen ineinander über, der Wille des Volkes ist die ständig aktualisierte Summe des Willens der Einzelnen. Deliberation findet dagegen, soweit das dieser Fiktion zu entnehmen ist, eher nicht statt. Aber, einem Science-Fiction-Buch ist das angemessen, eigentlich erfahren wir auch nur etwas über das „Tool“ und wenig darüber, wie die Praktiken, Prozesse und Verfahren aussehen, die diese auf die Spitze getriebene Form direkter Demokratie so mit sich bringt.
Vielleicht ist es dieser Fokus auf die „Tools“, der mich bei einigen aktuellen Debatten an diese Bücher denken ließ. Auch nach dem weitgehenden Scheitern der – soweit das aus Außenperspektive festzustellen ist – sehr stark „tool“-zentrierten Liquid-Democracy-Debatten der Piratenpartei bleibt der Ruf nach der „Smart Party“ (Schober et al. 2015) virulent. Fast drängt sich der Eindruck auf, dass verzweifelt am Glauben daran festgehalten wird, dass dieser Netzwerktechnik doch ein demokratisches Heilsversprechen zu entlocken sein muss. Jedenfalls wird nach wie vor darüber gesprochen, dass Parteien besser, schöner, effizienter und beteiligungsorientierter werden könnten, wenn sie denn nur die richtige Technik einsetzten. Bisher haben diese Ansätze den Realitätstest nicht bestanden. Das liegt – behaupte ich – nicht am fehlenden Willen der Parteien, sondern schlicht daran, dass die glitzernden „Tools“ und die zu lösenden Probleme nicht zueinander passen.
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