Über den Metablocker bin ich auf das Blog zur Landtagswahl des Südkuriers gestoßen. Neben der Redaktion der Zeitung bloggen dort Boris Palmer (Grüne), Birgit Homburger (FDP) und Willi Stächele (CDU). Genauer gesagt, Boris und die FDP-Frau liefern sich eine Art Duell. Der Rest ist eher langweilig.
LTW2006: Mein Lieblingsplakat
So, der Landtagswahlkampf 2006 in Baden-Württemberg geht jetzt richtig los (nochmal kurz durch Fasching unterbrochen). Es ließe sich jetzt viel dazu sagen, warum das Programm der Grünen dazu deutlich besser ist als der erste Entwurf, es ließe sich aber auch viel dazu sagen, wieviel (Überzeugungs-)Arbeit es einige Leute vor allem aus den Hochschulgruppen gekostet hat, einige wichtige Aussagen zur Hochschulpolitik dort unterzubringen – und dazu, wie dann durch ein dummes redaktionelles Versehen einer der wichtigsten Sätze fast wieder rausgeflogen wäre. Oder dazu, dass ein paar wenige Stimmen leider dazu geführt haben, dass die Studiengebührenposition nicht ganz so fortschrittlich ist, wie sie es sein könnte.
Aber das Programm ist fertig, in fünf Wochen ist klar, wie der neue Landtag aussieht, und bis dahin ist Wahlkampf. Deswegen möchte ich hier nicht auf die Schwierigkeiten innerparteilicher Demokratie eingehen, sondern lieber nochmal unterstreichen, dass im Programm ziemlich viele kluge Dinge stehen, dass CDU und SPD sich inzwischen bei einigen Themen (Stichwort bei der SPD: Atomkraft!, bei der CDU: Kinderland) nicht mehr anders zu helfen wissen, als grüne Ideen und Kampagnen zu kopieren, und dass die Plakate ganz pasabel geworden sind. Mein Lieblingsplakat aus der aktuellen Wahlkampfserie ist nebenan zu sehen.
Müßig, über schwarz-grün zu diskutieren
Ich finde es müßig, sich die Köpfe über schwarz-grün in Baden-Württemberg heiß zu reden, auch wenn viele daran gerade großen Spass haben. Und zwar nicht nur aus inhaltlichen Gründen (mit denen klappt das nicht), sondern vor allem auch deswegen, weil ich überzeugt davon bin, dass Wahlergebnisse, die schwarz-grün überhaupt rechnerisch denkbar machen, sehr selten sind. Jedenfalls dann, wenn Linkspartei und REPs beide nicht in den Landtag einziehen. Diese Überzeugung habe ich nicht einfach so, sondern ich habe mir mal angeschaut, wie groß die Chancen für eine solche Konstallation eigentlich sind:
> http://www.westermayer.de/till/uni/2005-schwarz-gruen.pdf
Fazit: rot-grün ist wahrscheinlicher als schwarz-grün, und wenn wir Grüne uns in Baden-Württemberg für eine Gestaltungsperspektive stark machen wollen, dann geht das eher darüber, Mehrheiten gegen die CDU zu organisieren, als darüber, sich als Zweitpartner für Ausnahmesituationen anzudienen.
Werbewirkungsforschung
Jetzt, wo die Wahl vorbei ist, kann ich’s ja sagen. Ich hab mich mit meiner Erststimme gar nicht leicht getan. Zweitstimme grün, das war von vorneherein klar, schließlich bin ich Mitglied dieser Partei und habe mich aktiv am Wahlkampf beteiligt. Aber was mache ich mit meiner Erststimme? Zur Aus-Wahl standen neben Indiskutablem wie den KandidatInnen von NPD, FDP und CDU in Freiburg drei Menschen: der bekennende und bekannte Linke Michel Moos – unsere Kandidatin, Kerstin Andreae – und Gernot Erler von der SPD. Mit Listenplatz 3 gut abgesichert, hat Kerstin frühzeitig dazu aufgerufen, taktisch zu wählen: wir wählen Gernot Erler mit (und verhindern so ein CDU-Überhangmandat), und dafür macht vielleicht die eine SPDlerin oder der andere SPDler sein zweites Kreuz bei uns. Nur: macht es, das drohende Ende von rot-grün vor Augen, Sinn, Gernot Erler von der SPD zu wählen? Wäre es nicht vielleicht ein gutes Zeichen für die innerparteilichen Auseinandersetzungen um den zukünftigen Kurs der Partei, wenn ein integrer Linker wie Moos ein achtbares Erststimmenergebnis in Freiburg einfährt? Oder doch lieber wie bisher grün pur wählen – schließlich sind wir die grüne Hochburg, da wäre ein Direktmandat doch auch mal was schönes?
Ich habe dann letztlich den Herrn Erler gewählt, trotz Großekoalitionsgefahr und allgemeiner Abneigung gegen vieles in der SPD (und Ärger darüber, dass es der SPD niemals einfallen würde, sich dazu herabzulassen, den eigenen Leuten gut zuzureden, was grüne Zweitstimmen angeht). An dieser Entscheidung ist nebenstehendes Flugblatt schuld, das am Samstag in unserem Briefkasten lag: Wer noch kurz vor der Wahl pseudoauthentische Briefe ohne Sinn und Verstand verteilen lässt (und so in letzter Minute um jede Stimme buhlt, sei das Argument noch so sehr an den Haaren herbeigezogen) und noch dazu an jedem Laternenmast zwischen Freiburg und Günterstal das eigene Porträt aufhängen lässt, darf einfach nicht mit Erfolg belohnt werden. Und wenn dazu grüne Stimmen gegen die CDU notwendig sind, dann muss halt diesmal rot-grün gewählt werden.
Was ich dann gemacht habe und was funktioniert hat. Und jetzt bin ich gespannt: denn auf unserer Wahlparty hat der Herr Erler nicht nur der Kerstin für die grüne Unterstützung gedankt, sondern auch verkündet, dass er keinstenfalls für eine große Koalition stimmen werde. Ob er dazu steht?
Die letzten Stunden vor der Wahl …
… werden noch mal richtig spannend, und finden durchaus auch im Internet statt.
Nicht nur, dass SPD, CDU und Linkspartei Anzeigen z.B. bei Spiegel-Online geschaltet haben (teilweise stehen alle gleichzeitig auf einer Seite, besonders lustig dann das nebeneinander von SPD und CDU, beide in orange, die CDU, weil sie glaubt, dass das neuerdings ihre Farbe sei, die SPD, weil sie auf Seltsamkeiten der CDU hinweisen will), auch die politischen Aktivitäten werden noch einmal hochgefahren.
Z.B. verteilen die Grünen einen Brief von Joschka Fischer an alle WählerInnen und werben dafür, dass sie in den letzten 24 Stunden vor der Wahl permanent online sein werden, um Fragen zu beantworten. Außerdem gibt es ein etwas seltsam-humoriges 3‑Minuten-Spiel (ich kann mir schon denken, wer sich das ausgedacht hat). Über den Tonfall des Wahlkampfs gäbe es einiges zu mäkeln – aber das nach der Wahl, bis dahin zählen die Inhalte und jede Stimme.
Multiple Wahlwerbung inkl. Mimikry bei Spiegel online
Siehe zum Thema Wahlwerbung auch: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,374850,00.html