Photo of the week: Switzerland – VIII (switching trains in Brig)

Switzerland - VIII (switching trains in Brig)

 
Über Ostern war ich spon­tan in Flo­renz. Nach­träg­lich habe ich dann fest­ge­stellt, dass das nicht unbe­dingt die aller­bes­te Rei­se­zeit ist, weil Ostern in Ita­li­en natür­lich ein wich­ti­ges Fest ist, und eini­ge Muse­en und natür­lich die Kir­chen zu hat­ten. Dafür habe ich die eini­ge Jahr­hun­der­te alte Tra­di­ti­on mit­be­kom­men, vor dem Dom einen Wagen mit Feu­er­werk in Brand zu set­zen. Aber davon spä­ter mehr.

Heu­te ist erst mal ein Foto der Anrei­se zu sehen. Ich bin mit dem Zug gefah­ren (Frei­burg – Basel SBB – Mila­no – Firen­ze); das hat auch soweit ganz gut geklappt. In Basel war ich bewusst mit viel Puf­fer, den ich genutzt habe, um noch ein­mal durch die Stadt bis zum Rhein und zurück zu lau­fen. Der gebuch­te EC von Basel nach Mai­land fiel – wohl wegen der Unwet­ter ein paar Tage vor­her – aus, das war aber dank SBB über­haupt kein Pro­blem – es gab einen Ersatz­zug von Basel bis Brig, dort war­te­te dann im Schnee der EC nach Mai­land (sie­he Foto). Aller­dings war die Kom­mu­ni­ka­ti­on der SBB auch nicht ganz opti­mal. Der Zug stand zwar am Bahn­steig und fuhr dann auch von Basel bis Brig, im Sys­tem war er aber als „Aus­fall“ gekenn­zeich­net. Nun denn, ich bin gut hin­ge­kom­men. Und konn­te mich dar­an freu­en, dass die SBB an jedem Bahn­hof plan­mä­ßig eini­ge Minu­ten stand, ins­ge­samt nicht all­zu­schnell fuhr und in der Sum­me damit extrem pünkt­lich war.

Auf der Hin- wie auf der Rück­fahrt ver­ur­sach­te Mai­land und die ita­lie­ni­sche Bahn aller­dings Schweiß­aus­brü­che. Auf­grund von sich hin­zie­hen­den Grenz­kon­trol­len in Domo­dos­s­a­la dau­er­te es auf der Hin­fahrt ewig, bis wir dort wie­der los­fuh­ren, ent­spre­chend bau­te sich die Ver­spä­tung auf, so dass ich mei­nen Anschluss in Mai­land schon davon­fah­ren ahn­te und nach euro­päi­schen Pas­sa­gier­rech­ten gog­gel­te – hat dann dank groß­zü­gi­ger Umstei­ge­zeit doch noch geklappt. Auf der Rück­fahrt (Firen­ze – Mila­no – Zürich – Frei­burg) war es noch ärger – da sah alles gut aus, bis das knall­ro­te ICE-Äqui­va­lent aus Flo­renz dann auf der eigent­lich mit 250 bis 300 km/h befah­re­nen Stre­cke plötz­lich anfing zu bum­meln und dann ste­hen­blieb, um ande­re Züge vor­zu­las­sen. Die 20 Minu­ten Umstei­ge­zeit schmol­zen so auf zwei Minu­ten zusam­men – um ein­mal quer über den unüber­sicht­li­chen Mai­län­der Bahn­hof zu sprin­ten (dank mit­fah­ren­der Schweizer*innen wuss­te ich immer­hin, auf wel­ches Gleis ich muss­te). Am Gleis ankom­men, stell­te sich her­aus, dass der vor­de­re Zug­teil ver­schlos­sen war und wir als inzwi­schen schon grö­ße­re Sprint-Grup­pe bis zur Mit­te des Bahn­steigs ren­nen muss­ten, um über­haupt in den Zug zu kom­men. Dank Geduld des Zugs­per­so­nals und hek­ti­schen Anfeue­rungs­ru­fen der Bahnsteigbeamt*innen gelang das dann auch, ich war aber ganz schön außer Atmen … (und bei wei­tem nicht der ein­zi­ge aus dem ers­ten Zug, der die­sen Anschluss errei­chen wollte).

Davon abge­se­hen hat das mit der Anrei­se per Bahn gut geklappt. Auf­grund der Kurz­fris­tig­keit ver­mut­lich etwas teu­rer als mit län­ge­rer Pla­nung, da bin ich aber selbst dran schuld. (Und den Aus­schlag dafür, über­haupt die­se Rei­se­ziel ins Auge zu fas­sen, hat einer­seits das Flo­renz-Buch von Ada Pal­mer gege­ben, ande­rer­seits die Tat­sa­che, dass die Rhein­tal­bahn von Frei­burg Rich­tung Nor­den die gan­zen Oster­fe­ri­en über gesperrt war, so dass der Weg in den Süden nahe lag). 

Die ers­ten Fotos gibt es hier; wei­te­re fol­gen (wie immer: viel zu viel fotografiert …).

Kurz: Auch in der Schweiz ist die Zeit nicht reif für das BGE

Rund eine*r von fünf Abstim­men­den in der Schweiz hat der Initia­ti­ve für ein Grund­ein­kom­men zuge­stimmt. Die not­wen­di­ge Mehr­heit wur­de also deut­lich ver­fehlt. (In Basel-Stadt stim­men sogar 36 Pro­zent für das bedin­gungs­lo­se Grund­ein­kom­men, in ein­zel­nen Züri­cher Stimm­be­zir­ken wur­den die 50 Pro­zent erreicht). 

Dass die Grund­ein­kom­mens­ab­stim­mung ver­lo­ren geht, war zu erwar­ten. Trotz­dem fin­de ich die Volks­ab­stim­mung und auch das Ergeb­nis ermu­ti­gend, weil damit doch eini­ges an Bewe­gung in die Debat­te um das bedin­gungs­lo­se Grund­ein­kom­men gekom­men ist – Medi­en­be­rich­te auch in den gro­ßen bun­des­deut­schen Zei­tun­gen, Online­por­ta­len und Fern­seh­sen­dern, bei­spiels­wei­se. Und das Ergeb­nis trifft auch mei­ne Stim­mungs­la­ge ganz gut: Eigent­lich wäre ein bedin­gungs­lo­ses Grund­ein­kom­men – bei rich­ti­ger Aus­ge­stal­tung – eine sinn­vol­le Wei­ter­ent­wick­lung eines frei­heit­li­chen Sozi­al­staats, gera­de in Zei­ten, in denen Wirt­schafts­wachs­tum mit sei­nen Umwelt­ef­fek­ten nicht unpro­ble­ma­tisch ist, in denen über einen erwei­ter­ten Arbeits­be­griff dis­ku­tiert wird, der Care-Arbeit, Ehren­amt und poli­ti­sche Betä­ti­gung mit in den Blick nimmt, in denen Pro­duk­ti­vi­tät zuneh­mend von Arbeit ent­kop­pelt ist, es mög­li­cher­wei­se – Stich­wort: Auto­ma­ti­sie­rung, KI, Robo­ter – bald sehr viel weni­ger Arbeits­plät­ze gibt, erst recht kei­ne lebens­lan­gen, unbe­fris­te­ten, gut bezahl­ten Voll­zeit­ar­beits­plät­ze, und in denen die gesell­schaft­li­che Ungleich­heit wächst. 

Trotz­dem habe ich das Gefühl, dass wir noch nicht ganz so weit sind, von heu­te auf mor­gen ein sol­ches Instru­ment ein­zu­füh­ren. Neben der Finan­zie­rungs­fra­ge und den mei­ner Mei­nung nach immer noch unge­klär­ten volks­wirt­schaft­li­chen Effek­ten habe ich vor allem den Ein­druck, dass, gera­de wenn sozi­al­de­mo­kra­ti­sche oder protestantisch(-calvinistische) Tra­di­ti­ons­li­ni­en her­an­ge­zo­gen wer­den, doch bei sehr vie­len Men­schen noch immer das tief ver­wur­zel­te Gefühl da ist, dass, wer nicht (gegen Geld) arbei­tet, auch kei­ne gesell­schaft­li­che Teil­ha­be ver­dient habe. Wer nicht arbei­tet, soll auch nicht essen. Zur heu­ti­gen Lage der Welt passt das nicht wirk­lich. Aber solan­ge sol­che Wider­stän­de breit in der Bevöl­ke­rung ver­an­kert sind, wird es mit der Umset­zung eines bedin­gungs­lo­sen Grund­ein­kom­mens erst­mal nichts. Umso wich­ti­ger ist die Wei­ter­ent­wick­lung der Debat­te (die ja nicht wirk­lich neu ist). Und so rech­net auch in der Schweiz die Mehr­heit der Abstim­men­den damit, in eini­gen Jah­ren erneut über das Grund­ein­kom­men abzu­stim­men. Dann viel­leicht schon mit einem Ergeb­nis, das näher an die 50 Pro­zent heranreicht.

P.S. (7.6.2016): Die­se Umfra­ge zur Stim­mung in Deutsch­land passt ganz gut dazu.

Kurz: Direkte Demokratie, Mehrheit und Konsens

Die Schweiz hat gera­de mit knapp über 50 Pro­zent in einer Volks­ab­stim­mung beschlos­sen, die Frei­zü­gig­keit auf­zu­kün­di­gen. Ich will das jetzt gar nicht im Detail beur­tei­len oder ana­ly­sie­ren (West­schweiz und gro­ße Städ­te vs. deutsch­spra­chi­ges Land?, sie­he auch die­se Gra­fi­ken), fin­de aber, dass es durch­aus loh­nen wür­de, die Abstim­mung – die ja nicht die ers­te ist, die ten­den­zi­ell reak­tio­när aus­ge­gan­gen ist – zum Anlass zu neh­men, um über direk­te Demo­kra­tie nach­zu­den­ken. Dabei fal­len mir ins­be­son­de­re zwei Din­ge ins Auge.

Zum einen lässt sich auch hier fest­stel­len, dass die Bevöl­ke­rung häu­fig noch weni­ger pro­gres­siv ist als die Mehr­heit in gewähl­ten Par­la­men­ten. Das ist zwar einer­seits solan­ge nett, solan­ge pri­mär reprä­sen­ta­tiv­de­mo­kra­tisch ent­schie­den wird, weist aber ande­rer­seits auch dar­auf hin, dass sowas wie Auf­klä­rung wei­ter­hin not­wen­dig ist. Jeden­falls dann, wenn mensch an gesell­schaft­li­chen Fort­schritt glaubt: Poli­ti­sche Bil­dung als Auf­trag der öffent­lich-recht­li­chen Medi­en bei­spiels­wei­se – müss­te erns­ter genom­men werden.

Zum ande­ren gibt es ein tie­fer­lie­gen­des Pro­blem: Eine knap­pe Mehr­heit ist kei­ne gute Basis, um dar­auf gro­ße Ver­än­de­run­gen auf­zu­bau­en. Das betrifft bei­spiels­wei­se die Durch­setz­bar­keit grün-roter Poli­tik in Baden-Würt­tem­berg – wenn wir hier die bei­den Par­tei­pro­gram­me in Rein­form umset­zen wür­den, ohne Rück­sicht auf die Bevöl­ke­rung ins­ge­samt, wären wir schnell weg. Poli­tik muss oft gegen Wider­stän­de erkämpft wer­den, darf aber nicht zu einer Sisy­pho­sauf­ga­be wer­den, die dann schnell die bes­ten Vor­sät­ze zer­reibt. Auch bei direk­ter Demo­kra­tie wird die Herr­schaft der Mehr­heit schwie­rig, wenn die Mehr­heit nur eine knap­pe ist, und das Abstim­mungs­the­ma pola­ri­siert. Prak­tisch heißt das: alles, was in Rich­tung grund­le­gen­der Ver­än­de­run­gen geht, egal ob über Ver­fas­sung, Min­der­hei­ten­rech­te oder inter­na­tio­na­le Ver­trä­ge, müss­te auch in Volks­ab­stim­mun­gen eine grö­ße­re Mehr­heit als 50 Pro­zent erhal­ten, um wirk­sam zu wer­den, eine Zwei­drit­tel­mehr­heit etwa. Anders­her­um hie­ße das, dass eine grö­ße­re Min­der­heit (ein Drit­tel der Bevöl­ke­rung) eine Art Veto­recht bekommt. Ob sich dann noch etwas bewegt, ob das nicht auch mit Blick auf pro­gessi­ve Anlie­gen alles blo­ckiert, weiß ich nicht – es wäre aber ein Schutz davor, dass knap­pe Mehr­hei­ten in Volks­ab­stim­mun­gen Din­ge durch­set­zen, die kein Kon­sens in einem Land sind.

Opa Linus und der Atommüll

Swiss nuclear idyll

Der BUND Regio­nal­ver­band Süd­li­cher Ober­rhein und die Schwei­zer Initia­ti­ve Nie Wie­der Atom­kraft­wer­ke haben heu­te gemein­sam einen offe­nen Brief an die baden-würt­tem­ber­gi­sche Umwelt­mi­nis­te­rin Tan­ja Gön­ner (CDU) geschrie­ben. Oder anders gesagt: sie zum Atom­müll-Müh­le­spiel auf­ge­for­dert und schon mal eine schö­ne Zwick­müh­le vorbereitet.

Im Mit­tel­punkt steht dabei der Opa­li­nus­ton. Das ist wohl eine ton­hal­ti­ge Gesteins­for­ma­ti­on, die in Süd­deutsch­land und in der Schweiz vor­kommt, dort jeweils eine Mäch­tig­keit von etwa 100m hat und sich über­haupt nicht bzw. beson­ders gut für die End­la­ge­rung von Atom­müll eignet. 

In der Schweiz geht es dabei um den mög­li­chen End­la­ger­stand­ort Ben­ken, gegen den es auch aus dem grenz­na­hen deut­schen Bereich hef­ti­ge Pro­tes­te gibt, in Deutsch­land natür­lich um die Fra­ge, ob – wenn die schon lan­ge dis­ku­tier­te Untaug­lich­keit des Salz­stocks in Gor­le­ben sich auch CDU-Poli­ti­ke­rIn­nen offen­ba­ren soll­te – wo und wie ein neu­er End­la­ger­stand­ort gesucht wer­den könn­te. Da war ja kürz­lich auch mal wie­der Baden-Würt­tem­berg im Gespräch.

Im offe­nen Brief von BUND und NWA wird Tan­ja Gön­ner wie folgt zitiert:

„Nach einer Bewer­tung des Lan­des­am­tes für Geo­lo­gie sei­en jedoch die Bedin­gun­gen in Baden-Würt­tem­berg gegen­über ande­ren Ton­vor­kom­men ungüns­tig. So wer­de von den Exper­ten des Lan­des­am­tes die gerin­ge Mächtigkeit/Dicke des Gesteins sowie die die Ton­schich­ten umge­ben­den Grund­was­ser­lei­ter als Hin­der­nis ange­se­hen. ‚Soll­te sich Gor­le­ben im wei­te­ren Erkun­dungs­ver­fah­ren als nicht geeig­net her­aus­stel­len, ist ein neu­er Such­lauf not­wen­dig. Dann könn­ten neben ande­ren Stand­or­ten im Salz auch sol­che im Ton­ge­stein in Betracht kom­men. Baden-Würt­tem­berg käme dabei wegen der bereits bekann­ten kri­ti­schen Vor­aus­set­zun­gen nicht ernst­haft in Betracht‘, stellt Gön­ner klar.“ 

In der Schweiz gilt die sel­be Gesteins­for­ma­ti­on dage­gen als gut geeig­net. Axel May­er vom BUND und sein schwei­zer Kol­le­ge Beat Jans sind nun logi­scher­wei­se ver­wirrt, was gilt, und fra­gen daher bei der Minis­te­rin nach,

  • Wenn Tone mit einer gerin­gen Mäch­tig­keit geeig­net sind, Atom­müll zu lagern, dann müss­ten doch auch die Tone in Bay­ern und Baden-Würt­tem­berg für ein End­la­ger in Fra­ge kommen?
  • Wenn dün­ne Ton­schich­ten tat­säch­lich abso­lut unge­eig­net sind, dann müss­ten Bay­ern und Baden-Würt­tem­berg doch mit Vehe­menz gegen die Atom­müll­plä­ne der Schweiz vorgehen?
  • Gibt es einen geo­lo­gi­schen oder einen poli­ti­schen Unter­schied zwi­schen dem Opa­li­nus­ton in der Schweiz und dem Opa­li­nus­ton in Süddeutschland?

Ich fin­de, dass das sehr gute Fra­gen sind – weil sie an einem ganz kon­kre­ten Bei­spiel deut­lich machen, wie poli­tisch die natur­wis­sen­schaft­li­che (Nicht-)Eignung von bestimm­ten End­la­ger­stand­or­ten tat­säch­lich ist. Es geht in der Tat nicht nur um geo­lo­gisch-natur­wis­sen­schaft­li­che Para­me­ter; ein­mal ganz unab­hän­gig von der Fra­ge, ob es aus sozi­al­wis­sen­schaft­li­cher Sicht über­haupt so etwas wie einen geeig­ne­ten End­la­ger­stand­ort geben könn­te – und was zu tun ist, wenn das nicht der Fall ist.

War­um blog­ge ich das? Weil ich es schön fin­de, wie hier über Ban­de mit Gesteins­for­ma­tio­nen gespielt wird.