Zeit des Virus, Update XIV

FreiVac, 15.01.2022

Die Omi­kron-Wel­le, die sich im Dezem­ber andeu­te­te, ist jetzt auch bei uns ange­kom­men. Die Inzi­denz für Frei­burg liegt inzwi­schen bei 700, auch die bun­des­wei­ten Wer­te stei­gen schnell an. Gleich­zei­tig macht sich eine gewis­se Wurs­tig­keit breit, auch des­we­gen, weil Omi­kron wohl tat­säch­lich ten­den­zi­ell zu weni­ger Kran­ken­haus­ein­wei­sun­gen und Todes­fäl­len – in einer mitt­ler­wei­len recht gut geimpf­ten und teil­wei­se auch geboos­ter­ten Bevöl­ke­rung – führt. Es geht jetzt eher dar­um, wie Exit-Optio­nen aus der Pan­de­mie­be­kämp­fung aus­se­hen, und an wel­cher Stel­le die­se ein­set­zen sollen.

Ich kann ratio­nal nach­voll­zie­hen, war­um das so ist, und dass wir wohl tat­säch­lich an dem Punkt sind, an dem es um „mit dem Virus leben“ geht – und zwar so, dass schwe­re Erkran­kun­gen ver­mie­den wer­den, also durch Imp­fun­gen. Glück­lich bin ich damit nicht, auch des­we­gen nicht, weil damit der Kurs, mög­lichst vie­le Infek­tio­nen zu ver­hin­dern, auf­ge­ge­ben wird. Ob die­se Stra­te­gie rich­tig ist, oder ob das dras­ti­sche Vor­ge­hen eini­ger asia­ti­scher Staa­ten mit har­ten Lock­downs schon bei weni­gen Fäl­len erfolg­rei­cher ist, wird sich im Nach­hin­ein zeigen. 

Dass es hier einen Kurs­wech­sel gibt, lässt sich aus den ergrif­fe­nen oder nicht ergrif­fe­nen Maß­nah­men ablei­ten – kein Distanz­un­ter­richt, kein Lock­down, kei­ne Qua­ran­tä­ne für Geboos­ter­te. So rich­tig ordent­lich kom­mu­ni­ziert wird das jedoch nicht. Wie ich über­haupt mit der aktu­el­len poli­ti­schen Kom­mu­ni­ka­ti­on zur Pan­de­mie eher unzu­frie­den bin. Das fängt dabei an, dass zwar mas­sen­wei­se per Zei­tungs­an­zei­ge fürs Imp­fen gewor­ben wird, aber kei­ne per­sön­li­chen Adres­sie­rung erfolgt, wie das eini­ge ande­re Län­der gemacht haben. Und es endet nicht beim par­tei­po­li­ti­schen Gezer­re um die mit Blick auf die Omi­kron-Wel­le viel zu spä­te Impf­pflicht. Ich ver­mis­se hier die angeb­lich bei Bun­des­kanz­ler Scholz zu bestel­len­de Füh­rung – ein „macht mal, wir gucken mal, und klar bin ich dafür, dass es eine Impf­pflicht gibt“ hilft nicht wirklich.

Not­wen­dig wäre eine bes­se­re Kom­mu­ni­ka­ti­on gera­de des­we­gen, weil inzwi­schen unan­ge­mel­de­te Ver­samm­lun­gen von Corona-Leugner:innen, Neo­na­zis und Impf-Gegner:innen nahe­zu täg­lich statt­fin­den, und weil die­se Mischung mit Demos auf die Stra­ße geht und ver­sucht, die Dis­kurs­ho­heit zu errin­gen. Eine beein­dru­ckend lan­ger Demo­zug die­ser Melan­ge zog sich am Sams­tag durch Frei­burg – und es war für mich erschre­ckend, live zu sehen, wie sich hier Staatsverächter:innen, Antisemit:innen und Men­schen misch­ten, die Herz­luft­bal­lons schwenk­ten und optisch durch­aus in ein alter­na­ti­ves Milieu pas­sen wür­den. Nein, es geht nicht um „wir haben uns doch alle lieb“ – es geht dar­um, ob eine immer noch töd­li­che Krank­heit mit sinn­vol­len Maß­nah­men wie der Imp­fung bekämpft wird, oder ob das nicht passiert. 

Die Umfra­ge­zah­len erge­ben ein ande­res Bild, als es die­se Demonstrant:innen dar­stel­len wol­len. Drei Vier­tel der Befrag­ten hal­ten die gel­ten­den Coro­na-Maß­nah­men für rich­tig oder wol­len, dass die­se schär­fer aus­fal­len. Und etwa zwei Drit­tel spre­chen sich für eine all­ge­mei­ne Impf­pflicht aus – nur bei den Anhänger:innen der AfD gibt es klar kei­ne Mehr­heit dafür. Und die Pro­tes­te gegen die Coro­na-Maß­nah­men wer­den nur von einer deut­li­chen Min­der­heit der Bevöl­ke­rung begrüßt – bei Wähler:innen der Grü­nen sind es gera­de ein­mal sie­ben Pro­zent, die die­se Pro­tes­te gut fin­den. Auch hier: ein unheit­li­ches Bild bei der FDP, gro­ße Zustim­mung zu den Pro­tes­ten bei den Fans der AfD. 

Auch das unter­streicht noch ein­mal die Ein­schät­zung, dass das Fens­ter nach rechts hier weit offen ist.

Ent­spre­chend habe ich mich gefreut, dass sich in Frei­burg ein Bünd­nis gebil­det hat („Frei­VAC“), das am Sams­tag eben­falls auf die Stra­ße gegan­gen ist, um für Wis­sen­schaft­lich­keit, für das Imp­fen und gegen Anti­se­mi­tis­mus zu pro­tes­tie­ren. Bei ‑1°C wur­de es auf dem Platz der Alten Syn­ago­ge recht kalt, aber immer­hin: der Platz war voll, und die Reden (u.a. von Chan­tal Kopf und Moni­ka Stein) waren sehr gut und ein deut­li­ches „Nein“ zum zeit­glei­chen Umzug der Melan­ge der Corona-Freund:innen.

In other news: wie schon vor Weih­nach­ten gab es in der Klas­se eines mei­ner Kin­der einen durch einen posi­ti­ven PCR-Test bestä­tig­ten posi­ti­ven Schnell­test (in der ers­ten Woche nach Schul­be­ginn wur­de jeden Tag getes­tet). In der Fol­ge also „Kohor­tie­rung“: die Klas­se wird von den ande­ren Klas­sen getrennt, und der Ganz­tags­teil des Unter­richts ent­fällt, der Nach­mit­tags­un­ter­richt wird online erteilt bzw. es gibt Auf­ga­ben. Die bestä­tigt posi­ti­ven Tests häu­fen sich auch in ande­ren Klas­sen – ich bin gespannt, ob das nicht doch noch dazu führt, dass kom­plett auf Fern­un­ter­richt umge­stellt wird; dies könn­te ins­be­son­de­re dann der Fall sein, wenn Omi­kron für den Aus­fall vie­ler Lehr­kräf­te sorgt. (Ähn­lich gibt es inzwi­schen Befürch­tun­gen zur Sta­bi­li­tät der kri­ti­schen Infra­struk­tur und des ÖPNV, wenn die Omi­kron-Wel­le zu vie­le Krank­mel­dun­gen ver­ur­sacht – auch des­we­gen wohl das Ende der Qua­ran­tä­ne-Rege­lung für Geboosterte). 

Ich selbst war die­se Woche (abge­se­hen von der Teil­nah­me an der Frei­VAC-Kund­ge­bung mit Mas­ke und Abstand) beson­ders vor­sich­tig – wir hat­ten Frak­ti­ons­klau­sur, als Hybrid­ver­an­stal­tung ange­legt, abge­si­chert durch PCR-Tests für alle vor Ort teil­neh­men­den. Eigent­lich hat­te ich vor, nach Stutt­gart zu fah­ren, fand das dann aber doch zu ris­kant* und habe inso­fern online teil­ge­nom­men (samt Input, Online-Work­shop und dem einen oder ande­ren Back-Office-Kram). Geht auch, fühlt sich aber doch anders an als eine „rich­ti­ge“ Klau­sur. (* ris­kant gar nicht so sehr wegen einer mög­li­chen Anste­ckung, son­dern mit Blick auf die logis­ti­sche Fra­ge, was pas­siert, wenn in Stutt­gart ein Test posi­tiv aus­schlägt, und ich direkt oder indi­rekt davon betrof­fen wäre …)

Photo of the week: Garden wilderness

Garden wilderness

 
Z. und ich sind uns nicht ganz einig, wo genau auf dem Kon­ti­nu­um zwi­schen geord­ne­ten gerad­li­ni­gen Bee­ten und wild wuchern­dem Wachs­tum unser Gar­ten lie­gen soll. Klar ist jeden­falls, dass der geord­net-gerad­li­ni­ge Pol nicht in Fra­ge kommt. Es geht also eher um Nuan­cen. Und bis wir das geklärt haben, freu­en wir uns über bun­te Vielfalt.

Pendel-Ende

Nicht mein Pen­deln nimmt ein Ende, das ist der­zeit nur coro­na-bedingt aus­ge­setzt, und irgend­wann wer­de ich auch wie­der in Stutt­gart sein und nicht nur im Home-Office, son­dern das Pen­deln mei­ner Kin­der zwi­schen zwei Woh­nun­gen. Die sind inzwi­schen Teen­ager, und hat­ten die letz­ten fast zehn Jah­ren bei­de jeweils zwei hal­be Kin­der­zim­mer. Die hal­be Woche bei der Mut­ter, die hal­be Woche bei mir – das hat lan­ge gut geklappt. Aber der Wunsch nach eige­nen Räu­men und nach einem Ende des stän­di­gen Wech­sels samt Rum­schlep­pen aller mög­li­cher Din­ge ist zuneh­mend grö­ßer gewor­den bei den bei­den. Gleich­zei­tig ist der Frei­bur­ger Woh­nungs­markt so, wie er ist. Des­we­gen waren Model­le wie das „Nest­mo­dell“ (Kin­der an einem Ort, Eltern wech­seln) für uns als getrenn­te, aber gemein­sam erzie­hen­de Eltern lan­ge schlicht nicht denkbar.

Jetzt sind zwei Din­ge zusam­men­ge­kom­men – zum einen haben sich unse­re finan­zi­el­len Mög­lich­kei­ten deut­lich ver­bes­sert, zum ande­ren ist mei­nem Vater mein Eltern­haus zu groß gewor­den. Das bringt uns in die pri­vi­le­gier­te Situa­ti­on, jetzt (bzw. in naher Zukunft, wenn wir mit Umräu­men und Aus­mis­ten fer­tig sind …) genü­gend Platz zu haben, um den Kin­dern den stän­di­gen Orts­wech­sel zu erspa­ren. Wie bis­her tei­len wir uns als Eltern die Woche auf. WG-mäßig wird jede:r sein/ihr Zim­mer haben. Und das Rei­hen­haus ist groß genug, dass wir auch bei­de gleich­zei­tig da sein kön­nen, ohne uns stän­dig auf die Füße zu treten. 

Per­spek­ti­visch heißt das für mich, auch noch ein­mal dar­über nach­zu­den­ken, ob ich – wenn es denn wie­der mög­lich ist – mei­ne mehr­mals wöchent­li­chen Rei­sen nach Stutt­gart wie­der auf­neh­men will, oder ob ich mich dann dort nach einer klei­nen Woh­nung umschaue. Bis dahin ist mein Plan, zwi­schen Gun­del­fin­gen und dem Rie­sel­feld zu pen­deln, das geht dann mit dem Rad statt mit der Bahn. 

Gleich­zei­tig sind damit mit Umzü­gen, Entrümpeln/Renovieren und Gar­ten­ar­beit die Wochen­en­den und frei­en Tage in nächs­ter Zeit erst ein­mal gut gefüllt. Mal sehen, wann wir uns wirk­lich ein­ge­rich­tet haben (und wann dann irgend­wann auch sowas wie eine Ein­wei­hungs­par­ty mög­lich ist). Eines jeden­falls steht schon fest: es gibt viel zu vie­le Dinge …

Zeit des Virus, Update VII

Blue, blue Black forest

Wie etwas ist, wird ja oft erst hin­ter­her klar. Der Som­mer war eine gro­ße Erleich­te­rung. Doch jetzt sind wir unver­hofft und schlecht vor­be­rei­tet in die zwei­te Wel­le gestol­pert. Da mag die Sai­so­na­li­tät des Virus eine Rol­le gespielt haben. Und dar­über, ob es falsch war, die Gren­ze für har­tes, loka­les Ein­grei­fen erst bei 50 Neu­in­fek­tio­nen pro 7 Tage pro 100.000 Ew zu legen, kann rück­bli­ckend gestrit­ten wer­den. Die Zahl war das Ergeb­nis eines poli­ti­schen Rin­gens. Wenn ich mich recht erin­ne­re, stan­den nied­ri­ge­re Schwel­len im Raum, die aber nicht kon­sen­tier­bar waren in der Kon­fe­renz der Minis­ter­prä­si­den­tin­nen und Minis­ter­prä­si­den­ten (MPK), im Som­mer, als die loka­len Aus­brü­che klar umris­sen und nach­voll­zieh­bar waren.

Das ist jetzt anders. In den letz­ten Tagen färb­ten sich die Deutsch­land­kar­ten in einem Tem­po rot, als ob sie dem Herbst­laub Kon­kur­renz machen wollten. 

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Zeit des Virus, Update V

Was hat sich geän­dert seit mei­nem letz­ten Update Anfang Mai? Eini­ges ist gleich geblie­ben – ich arbei­te nach wie vor im Home-Office, und die Tage sind trotz allem nach wie vor gut gefüllt. Nach wie vor gilt beim Ein­kauf und im ÖPNV eine Mas­ken­pflicht, und drau­ßen ein Abstands­ge­bot, auch wenn sich nicht alle dar­an halten. 

Mehr oder weni­ger ver­schwun­den sind die Coro­na-Demos – mög­li­cher­wei­se auch des­we­gen, weil mit bis vor kur­zem schnell sin­ken­den Infek­ti­ons­zah­len recht gro­ße Locke­rungs­schrit­te umge­setzt wur­den. Es ist wie­der mög­lich, sich mit meh­re­ren Per­so­nen zu tref­fen, Sport­ein­rich­tun­gen und Schwimm­bä­der dür­fen unter bestimm­ten Umstän­den auf­ma­chen, die ers­ten Thea­ter- und Kino­vor­füh­run­gen mit stark redu­zier­ter Sitz­zahl fin­den statt, und es ist in Aus­sicht gestellt, dass auch grö­ße­re Ver­an­stal­tun­gen bald wie­der statt­fin­den kön­nen, solan­ge es sich dabei nicht um feucht-fröh­li­che Volks­fes­te han­delt. Ach ja, und die Schu­len – aber dazu gleich. 

Ins­ge­samt hat sich die Stim­mung ver­scho­ben. Das Virus wird längst nicht mehr so ernst genom­men. Auch wenn es nicht so gut gelun­gen ist wie in Neu­see­land, so scheint Deutsch­land doch über den Berg zu sein. Es gibt zwar nach wie vor kei­nen Impf­stoff, aber aktu­ell – das ist doch fast schon wie­der ein Zustand wie vor dem Aus­bruch der Pan­de­mie. Das scheint mir jeden­falls die in vie­len Köp­fen vor­herr­schen­de Mei­nung zu sein. Dass Mas­ken dann nicht mehr so gern getra­gen wer­den, dass auf das neu gelern­te regel­mä­ßi­ge Hän­de­wa­schen schnell mal ver­zich­tet wird … das ver­wun­dert dann auch nicht. Und selbst die­je­ni­gen, die mit einer zwei­ten Wel­le rech­nen, neh­men die Zeit jetzt als Pau­se zwi­schen den Aus­brü­chen wahr.

Ein biss­chen geht es mir auch so. Wobei vie­les unge­wiss ist. Ich habe jetzt für den August eine Feri­en­woh­nung an der Nord­see gebucht – mit dem etwas flau­en Gefühl, dass es eigent­lich völ­lig unklar ist, ob im August lan­ge Zug­fahr­ten und Urlau­be mög­lich sind, oder eher nicht. Also mit einem schlech­ten Gefühl. Gleich­zei­tig war jetzt schon vie­les ausgebucht.

Mehr oder weni­ger durch? Dann kam Tön­nies, dann kam Ber­lin-Neu­kölln, dann kam Göt­tin­gen – jeweils mit mehr oder weni­ger iso­lier­ten Aus­brü­chen, die aber doch zei­gen, wie schnell die Infek­ti­ons­zah­len wie­der hoch­ge­hen kön­nen. Was mich irri­tiert: eigent­lich müss­te zumin­dest im Fall Tön­nies längst die loka­le Lock­down-Rege­lung grei­fen. Die Minis­ter­prä­si­den­ten­kon­fe­renz hat­te dazu einen Wert von 50 Infek­tio­nen / sie­ben Tage fest­ge­legt – der ist deut­lich über­schrit­ten. Und auch wenn das Infek­ti­ons­ge­sche­hen alle mei­ne Urtei­le über Schlacht­hö­fe bestä­tigt, so wür­de es mich doch extrem wun­dern, wenn die hun­der­te infi­zier­ten Beschäf­tig­ten das Virus in der Schlacht­fa­brik gelas­sen hät­ten und nicht mit nach Hau­se, in Schu­len, Ver­ei­ne und Got­tes­diens­te mit­ge­nom­men und wei­ter ver­brei­tet hät­ten. (Ich wür­de ja fast dazu raten, ein­fach mal alle Schlacht­fa­bri­ken für zwei Wochen zu schlie­ßen – wohl wis­send, dass dahin­ter agrar­in­dus­tri­el­le Wert­schöp­fungs­ket­ten ste­cken, die bis zur „Tier­pro­duk­ti­on“ reichen …)

Deut­lich macht das jeden­falls: das Wie­der­auf­flam­men des Virus kann schnell gehen. Dann wird sich zei­gen, ob die Coro­na-Warn-App (und die Digi­ta­li­sie­rung der Daten­ein­ga­be in den Gesund­heits­äm­tern) hilft, Infek­ti­ons­ket­ten schnell zu iden­ti­fi­zie­ren und ein­zu­däm­men. Bis­her bleibt die App – über zehn Mil­lio­nen Mal her­un­ter­ge­la­den – wohl auch auf­grund gerin­ger Fall­zah­len grün, aber das muss nicht so blei­ben. Apro­pos: dass die­se App Open-Source ist, auf einem daten­schutz­freund­li­chen dezen­tra­len Pro­to­koll auf­setzt, und dass es inten­si­ve Mög­lich­kei­ten zu Feed­back in der Ent­wick­lun­gen gege­ben hat, ist doch ganz beacht­lich. Viel­leicht ein Vor­bild für wei­te­re Soft­ware­pro­jek­te der öffent­li­chen Hand.

Ach ja, die Schu­len. Die brin­gen mit einer Tei­l­öff­nung Bewe­gung in den Tages­ab­lauf. Die sechs Wochen bis zu den baden-würt­tem­ber­gi­schen Som­mer­fe­ri­en fin­den im rol­lie­ren­den Prä­senz­un­ter­richt statt, d.h., um Abstands­re­geln ein­zu­hal­ten, ist jeweils die Hälf­te der Kin­der eine Woche in der Schu­le, die ande­re eine Woche zu Hau­se; bei den „Prä­senz­kin­dern“ gibt es noch dazu Früh- und Spät­schich­ten. Effek­tiv sind es dann gera­de mal vier Unter­richts­stun­den pro Tag Anwe­sen­heit in der Schu­le; der Fokus liegt auf den Haupt­fä­chern. In der Fern­un­ter­richts­wo­che gibt es dage­gen Neben­fa­ch­un­ter­richt auf Mood­le (was inso­fern ein biss­chen scha­de ist, als gera­de Fächer wie Bio­lo­gie, Phy­sik und Che­mie vom expe­ri­men­tel­len Machen leben). Ob die­ses Hin und Her zwi­schen Prä­senz und Fern­un­ter­richt letzt­lich mehr bringt als der zuneh­mend inten­si­ver betreu­te Distanz­un­ter­richt per Mood­le, bleibt abzu­war­ten. Auf jeden Fall führt er dazu, dass wir wie­der frü­her auf­ste­hen müs­sen – mei­ne Kin­der haben den Unter­richts­be­ginn um 8.00 Uhr erwischt, mit ent­spre­chen­dem Vor­lauf. Hat jetzt, in die­sen lan­gen Som­mer­ta­gen, auch posi­ti­ve Sei­ten. Und ob die Tat­sa­che, dass das eine Kind in den A‑Wochen, und das ande­re in den B‑Wochen in die Schu­le geht, eher ein Vor- oder ein Nach­teil ist, ist mir eben­falls noch nicht ganz klar. (Nach­teil: jede Woche an den Kin­der­ta­gen früh auf­ste­hen, Vor­teil: das jeweils ande­re Kind hat dann zu Hau­se wäh­rend der ver­kürz­ten Schul­zeit sei­ne Ruhe …). 

Nach den Som­mer­fe­ri­en soll es dann, heißt es, mög­li­cher­wei­se wie­der vol­len Prä­senz­un­ter­richt ohne Abstands­ge­bo­te geben. Ich glau­be noch nicht ganz dar­an – und hof­fe, dass die Kul­tus­bü­ro­kra­tie und die Schu­len die Som­mer­fe­ri­en auch dazu nut­zen, einen Plan B auf­zu­stel­len, der sys­te­ma­tisch und päd­ago­gisch sinn­voll 50 bis 100 Pro­zent Distanz­ler­nen auf eine klu­ge Grund­la­ge stellt. Ja, auch wenn dann nicht kon­trol­liert wer­den kann, ob Schü­le­rin X oder Schü­ler Y wirk­lich jede Test­auf­ga­be selbst gemacht hat – das wird ernst­haft als Argu­ment für den Prä­senz­un­ter­richt ange­führt; als ob es bei Schu­le vor allem dar­um gin­ge, Lern­stoff zu kontrollieren. 

Mög­li­cher­wei­se wird es mit der Prä­senz bei Kitas und Grund­schu­len anders aus­se­hen – das ist jeden­falls eine Deu­tung der „Kin­der­stu­die“ der baden-würt­tem­ber­gi­schen Uni­ver­si­täts­kli­ni­ken. Die bezieht sich aber – unab­hän­gig von allen auf­grund der Situa­ti­on nicht anders mög­li­chen Ent­schei­dun­gen über das For­schungs­de­sign – nur auf Kin­der bis zehn Jah­re. Und Isra­el zeigt, dass eine Öff­nung der Schu­len durch­aus auch Pro­ble­me nach sich zieht. Inso­fern befürch­te ich, dass wir im Sep­tem­ber noch längst nicht wie­der beim stink­nor­ma­len Prä­senz­un­ter­richt lan­den wer­den – und hof­fe gleich­zei­tig, dass der not­ge­drun­ge­ne Digi­ta­li­sie­rungs­schub auch über „Coro­na“ hin­aus etwas an der Unter­richts­ge­stal­tung ändern wird.