Kurz: Auf den Rahmen kommt es an

In den aktu­el­len Deutsch­land­trend wur­de ein klei­nes sta­tis­ti­sches Expe­ri­ment ein­ge­baut. Die Fra­ge nach der Zufrie­den­heit mit der Bun­des­re­gie­rung wur­de in drei Vari­an­ten gestellt (ich ver­mu­te, zufäl­lig ent­we­der so, so oder so). Und zwar wur­de ein­mal nach der Zufrie­den­heit mit der Bun­des­re­gie­rung, dann nach der Zufrie­den­heit mit der Regie­rung Mer­kel und schließ­lich nach der Zufrie­den­heit mit der CDU/C­SU-FDP-Bun­des­re­gie­rung gefragt. Je nach­dem sind 52, 56 oder nur 38 Pro­zent der Befrag­ten mit der Regie­rung zufrie­den. Ein schö­nes Bei­spiel für den Framing-Effekt: Je nach­dem, wie die Fra­ge gerahmt ist – all­ge­mein, auf die Per­son Mer­kel oder auf die Par­tei­en CDU, CSU und FDP zuge­schnit­ten – wer­den ande­re Erwar­tun­gen damit ver­bun­den, und reagie­ren Befrag­te anders.

Für den Wahl­kampf lässt die­ses inter­es­san­te Expe­ri­ment der ARD dem­nach nur einen Schluss zu: Machen wir die Wäh­le­rin­nen und Wäh­ler aktiv dar­auf auf­merk­sam, dass eine Wahl von CDU, CSU und FDP (und der ent­spre­chen­den Kan­di­da­tIn­nen) tat­säch­lich dazu führt, dass CDU, CSU und FDP gewählt werden!

Kurz: Was mündige BürgerInnen wissen – und was nicht

S21-Demo in Freiburg 29

Vor ein paar Tagen bin ich über einen Guar­di­an-Bericht zu einer Umfra­ge* dar­über gestol­pert, was die (in die­sem Fall bri­ti­sche) Öffent­lich­keit an sozia­len Pro­blem­la­gen gra­vie­rend falsch ein­schätzt. Bei­spiels­wei­se wird die Zahl der Teen­ager­schwan­ger­schaf­ten um den Fak­tor 25 über­schätzt, die sin­ken­de Kri­mi­na­li­täts­ra­te fälsch­lich als stei­gend bewer­tet und der miss­bräuch­li­che Bezug von Sozi­al­leis­tun­gen sogar um den Fak­tor 34 über­schätzt (Ergeb­nis der Umfra­ge ist die Annah­me, dass ein Vier­tel der Sozi­al­leis­tun­gen miss­bräuch­lich aus­ge­zahlt wird, tat­säch­lich sind es wohl 0,7 Pro­zent). Und so geht es mun­ter wei­ter – Details sind auf der Sei­te des Umfra­ge­insti­tuts nach­les­bar.

Ob das in Deutsch­land genau so aus­se­hen wür­de, weiß ich nicht – ver­mut­lich spie­len der Bil­dungs­grad der Bevöl­ke­rung eben­so wie die Rele­vanz des Bou­le­vard-Jour­na­lis­mus eine wich­ti­ge Rol­le dafür, wie ver­zerrt das öffent­li­che Bild der sozia­len Wirk­lich­keit ist. Ten­den­zi­ell ver­mu­te ich aber, dass hier­zu­lan­de ähn­li­che Fehl­ein­schät­zun­gen nach­zu­wei­sen wären – der berühm­te „Stamm­tisch“ exis­tiert. Aber es ist nicht nur der Stamm­tisch (zumin­dest fehlt auf der Umfra­ge­sei­te eine Auf­schlüse­lung der Abwei­chun­gen nach Klas­se, Bil­dungs­grad oder ähn­li­chen Varia­blen), son­dern eben doch die öffent­li­che Mei­nung, die dann jour­na­lis­tisch wie­der­ge­käut und wei­ter­ver­brei­tet wird. Res­sen­ti­ments und Vor­ur­tei­le fin­den sich eben auch in „bil­dungs­bür­ger­li­chen“ Talk­shows. Und das lässt mich eini­ger­ma­ßen rat­los zurück.**

Denn, wenn dem so ist, dass ein gro­ßer Teil der öffent­li­chen Rele­vanz­set­zung an den tat­säch­li­chen Fak­ten vor­bei­geht, was ist dann davon zu hal­ten? Wahl­recht hängt nicht am Infor­miert­sein, und das ist aus demo­kra­ti­scher Sicht zunächst ein­mal auch gut so. Aber sowohl Wahl­kampf­schwer­punk­te als auch Wahl­er­geb­nis­se bau­en natür­lich auf der­ar­ti­gen ver­fäl­schen Pro­blem­wahr­neh­mun­gen auf – absicht­lich mani­pu­la­tiv, oder des­we­gen, weil eben auch in Par­la­men­ten und Par­tei­en Fehl­ein­schät­zun­gen der rea­len sozia­len Pro­blem­la­gen exis­tie­ren. Poli­tisch gewich­tig ist, was wich­tig scheint. Abge­ord­ne­te, Medi­en und Bür­ge­rIn­nen tra­gen dann oft gemein­sam dazu bei, gefühl­te Pro­blem­la­gen so zu ver­fes­ti­gen, dass der öffent­li­che Dis­kurs plötz­lich das Han­deln in einem Feld als alter­na­tiv­los erschei­nen lässt. Und schon scheint das Boot voll zu sein. 

* Ipsos MORI hat 1015 Per­so­nen zwi­schen 16 und 75 Jah­ren online befragt und die Ergeb­nis­se so gewich­tet, dass sie zum sozio­de­mo­gra­phi­schen Pro­fil der Gesamt­be­völ­ke­rung pas­sen. Nicht wirk­lich eine Reprä­sen­ta­tiv­be­fra­gung, aber auch nicht ganz vom Tisch zu wischen …

** Eige­ne Fehl­wahr­neh­mun­gen natür­lich nicht aus­ge­schlos­sen – was die Sache nicht bes­ser macht

Bäh, Betreuungsgeld

Kindergarten I
Bau­wa­gen der Wald­kin­der­krip­pe hier im Frei­bur­ger Rie­sel­feld – U3-Betreu­ung der ande­ren Art

Unter dem immer wie­der ger­ne um eine Keu­le gewi­ckel­ten Slo­gan der „Wahl­frei­heit“ ist die bay­ri­sche Split­ter­par­tei CSU gera­de dabei, bun­des­weit ziem­lich viel Geld für ein ziem­lich däm­li­ches Pro­jekt fest­zu­le­gen – für das soge­nann­te Betreu­ungs­geld, das an Eltern gezahlt wer­den soll, die kei­ne Hartz-IV-Emp­fän­ge­rIn­nen sind und die ihr Kind (ein bis drei Jah­re, mei­ne ich) nicht in die Kita schi­cken. Und zwar sol­len die­se Eltern (hal­lo, Patch­work­fa­mi­li­en!) monat­lich 100 Euro bekom­men, spä­ter dann 150 Euro. 

„Bäh, Betreu­ungs­geld“ weiterlesen

Kurz: Weiße Weihnachten?

Nach­dem die­ser Tag in Frei­burg mit male­ri­schem Win­ter­wet­ter, Schnee­fall und eisi­ger Käl­te begann und endet, bleibt die Fra­ge, wie’s in einer Woche aus­sieht: Wird’s wei­ße Weih­nach­ten geben?


Kontrovers: Auf dem Weg zur Volkspartei der vorderen Mitte? (Update)

Nicht nur die SPD, nein, auch wir Grü­ne dis­ku­tie­ren über unse­ren zukünf­ti­gen Kurs (vgl. u.a. SpOn). Ich habe dazu vor unge­fähr einer Stun­de mal einen klei­nen Twt­Poll gestar­tet: „Wohin soll’s mit den Grü­nen gehen?“. Der stößt auf eini­ge Reso­nanz. Unter den Ant­wort­vor­ga­ben am belieb­tes­ten ist bis dato (N=61) die „Volks­par­tei der vor­de­ren Mit­te“ (34% Zustim­mung, wie es sich für eine Volks­par­tei gehört). Nach links wol­len 23%, so blei­ben, wie sie sind eben­falls 23%, und 18% wol­len mehr oder weni­ger stär­ker ins bür­ger­li­che Lager.

Mehr­fach ange­merkt wur­de dabei die Unklar­heit dar­über, was eine Volks­par­tei der vor­de­ren Mit­te eigent­lich aus­zeich­net. Und wo die vor­de­re Mit­te über­haupt liegt. Die­se Fra­gen kann ich auch nicht beant­wor­ten, son­dern will sie lie­ber hier stel­len: was ver­steht ihr unter der so anzie­hen­den Volks­par­tei der vor­de­ren Mit­te? Wodurch zeich­net sie sich aus?

Update: Na, so rich­tig dis­ku­tie­ren will das hier wohl keineR? 

Wohin soll's mit den Grünen gehen? (N=97)

Span­nend fin­de ich, dass auch bei N=97 wei­ter­hin ein gutes Drit­tel die „Volks­par­tei der vor­de­ren Mit­te“ will (Abb.). Weil’s gut klingt, weil was sinn­vol­les dahin­ter ver­mu­tet wird – oder als Notlösung?