Mein Medienmenü 2024

The book lauch

Kath­rin Pas­sig lässt uns im Tech­nik­ta­ge­buch an ihrem Medi­en­me­nü und an den im Lauf der letz­ten zwölf Jah­re statt­ge­fun­de­nen Ver­schie­bun­gen teil­ha­ben. Inter­es­sant, fin­de ich, und neh­me mir gleich mal mein eige­nes Büf­fet vor:

Bücher zur Unter­hal­tung habe ich in den letz­ten Jah­ren fast nur noch digi­tal gele­sen, auch aus Man­gel an Stell­platz. Fast nur noch, weil es ein paar Aus­nah­men gibt: eini­ge Autor*innen (ins­be­son­de­re Kim Stan­ley Robin­son, Cory Doc­to­row und Neal Ste­phen­son fal­len mir hier ein), die ich „in Papier“, naja, samm­le, und außer­dem ger­ne zur Hand habe, um sie zum Bei­spiel mei­nen Kin­dern ganz zufäl­lig nahe­brin­gen zu kön­nen. Dann habe ich eine Rei­he deutsch­spra­chi­ge Roma­ne in Papier­form auf mei­nem Sta­pel unge­le­se­ner Bücher (und ein paar tat­säch­lich gele­sen) – das hat, glau­be ich, vor allem etwas damit zu tun, dass hier die E‑Books preis­lich meist fast genau­so teu­er sind wie die Papier­bü­cher. Und damit, dass eine gan­ze Rei­he davon Bücher sind, die mir geschenkt wur­den. Dann gibt es noch ein paar weni­ge Taschen­bü­cher, die ich gekauft habe, weil mir beim War­ten an irgend­wel­chen Bahn­hö­fen lang­wei­lig war. Vol­le Rega­le, vol­le Sta­pel zu lesen­der Bücher, aber alles wäre noch schlim­mer, wenn die digi­ta­len Bücher (zuge­ge­be­ner­ma­ßen auf einem Kind­le) auch sicht­bar wären.

Bücher, um etwas zu ler­nen sind – schwie­rig. Die kau­fe ich tat­säch­lich lie­ber in Papier, viel­leicht, weil das dann doch eher noch den Anreiz gibt, mal rein­zu­schau­en, statt sie in der lan­gen „Ungelesen“-Liste zu ver­ges­sen. Ähn­lich Muse­ums­ka­ta­lo­ge. Bei Sach­bü­chern ist es mit dem Sta­pel unge­le­se­ner Bücher aller­dings noch deut­lich schlim­mer als bei der Unter­hal­tungs­li­te­ra­tur. (Bei ganz genau­er Hin­sicht gibt es auch noch eine Misch­ka­te­go­rie: Sach­bü­cher, die ich nicht lese, weil ich glau­be, dass sie irgend­wie wich­tig und rele­vant sind, also zur poli­ti­schen Lage oder zur Kli­ma­ka­ta­stro­phe, son­dern weil ich ein gewis­ses Fai­ble für kurio­se Fak­ten habe. Das klappt mit flott geschrie­be­nen eng­lisch­spra­chi­gen Büchern meist besser.)

Zei­tun­gen und Zeit­schrif­ten: Ich lese – das war vor eini­gen Jah­ren noch anders, hat was mit erneu­tem lokal­po­li­ti­schen Enga­ge­ment zu tun – jeden Tag die Badi­sche Zei­tung (auf dem Tablet, nicht auf Papier). Im Haus haben wir auf Papier zudem die taz, in die ich ab und zu rein­schaue. Ich habe eine Rei­he von Online-Abos (Guar­di­an, Spie­gel, Zeit), die ich mehr oder weni­ger inten­siv nut­ze – eher, um ein­zel­ne Arti­kel zu lesen, als um Zei­tun­gen durch­zu­schau­en. Bei mei­nem Umzug habe ich das Abo der Jungle World gekün­digt, weil ich fest­ge­stellt habe, dass sich die­se zu wun­der­ba­ren Papier­sta­peln türm­te, ich aber sel­ten Zeit hat­te, rein­zu­schau­en. Dane­ben gibt es eine Rei­he von Maga­zi­nen (in Papier­form), die ich abon­niert habe, oder die ich qua Par­tei­mit­glied­schaft oder sons­ti­ger Mit­glied­schaf­ten zuge­schickt bekom­me. Auch da gilt: ich schaue sel­te­ner rein, als ich das eigent­lich möchte. 

Zur Kate­go­rie Zei­tun­gen gehört nicht zuletzt der Pres­se­spie­gel, den ich beruf­lich zuge­schickt bekom­me, und der einen Über­blick über das v.a. lan­des­po­li­ti­sche Tages­ge­sche­hen in den Zei­tun­gen Baden-Würt­tem­bergs gibt. Das ist ein PDF, das ich am PC oder auf dem Tablet lese.

Im Netz bin ich pri­mär auf Mast­o­don unter­wegs, ab und zu schaue ich in Face­book und Lin­ke­din (alle drei über die jewei­li­ge Web­site, nicht über die Apps). Das meis­te, was ich im Netz lese/anschaue (meist auf dem Han­dy), fin­de ich – neben den genann­ten Online-Abos – über Mast­o­don. Oder halt über eine geziel­te Suche – bei mir bis­her noch bei Goog­le, damit aber zuneh­mend unzu­frie­den. Zudem habe ich von einer Rei­he von Blogs, Zeit­schrif­ten und ande­ren Web­sites den RSS-Feed über Feed­ly abon­niert und schaue da alle paar Tage mal durch, bspw. das Blog von Max Bud­den­bohm, xkcd oder das Blog des SF-Autors Charles Stross oder SF-las­ti­ge Web­sites wie Giz­mo­do oder tor.com. Netzpolitik.org nicht zu ver­ges­sen! Gleich­zei­tig stim­me ich der Beob­ach­tung von Kath­rin Pas­sig zu, dass es vie­le Blogs schlicht nicht mehr gibt. Beson­ders trau­rig stimmt mich jedes­mal ein Blick auf Boing­Bo­ing, das ich noch in Feed­ly sehe, das aber zu 90 Pro­zent inzwi­schen eine Wer­be­schleu­der gewor­den ist. 

You­tube (und die gan­zen ande­ren Kurz­vi­deo­platt­for­men) las­se ich außer bei Live­streams links lie­gen. Mit Pod­casts wer­de ich nicht wirk­lich warm – es gibt eini­ge weni­ge, die ich tat­säch­lich bspw. beim Kochen höre (Ster­nen­ge­schich­ten, Das Uni­ver­sum), aber vie­le, die mal ange­hört habe und damit nicht so viel anfan­gen konn­te. Musik teil­wei­se noch auf CD, inzwi­schen (noch so ein böser Qua­si­mo­no­po­list) sehr oft über Spo­ti­fy.

Im Haus haben wir drei bis vier Strea­ming­an­bie­ter abon­niert und nut­zen die inten­siv, deut­lich häu­fi­ger als die Media­the­ken des öffent­lich-recht­li­chen Rund­funks. Die wer­den sehr anlass­be­zo­gen und für weni­ge For­ma­te (Böh­mer­mann, Anstalt, … ganz sel­ten tat­säch­lich auch mal Filme/Serien) genutzt. Linea­res Radio wird hier teil­wei­se beim Früh­stück gehört, ist aber nicht so ganz meins, linea­res Fern­se­hen funk­tio­niert auf unse­ren TV-Gerä­ten m.W.n. inzwi­schen nicht mehr. Zwei, drei­mal im Jahr gehe ich ins Kino.

Kath­rin Pas­sig schreibt, das sie eini­ge Leu­te über Patre­on oder Ste­ady unter­stützt und sich die Ergeb­nis­se sel­ten bis nie anschaut – das geht mir teil­wei­se ähn­lich: „Es geht mehr ums Prin­zip, ich möch­te, dass die­se Leu­te wei­ter Vide­os machen, Bücher schrei­ben oder was sie halt so tun.“ 

Warum der neue Rundfunkbeitrag eine gute Idee ist

Ich glotz' TV I

Mich selbst wird die mit der Ver­än­de­rung der Rund­funk­ge­bühr zum haus­halts­be­zo­ge­nen Rund­funk­bei­trag ver­bun­de­ne Erhö­hung tref­fen: Ich habe seit vie­len Jah­ren kein Fern­seh­ge­rät und zah­le daher nur die „Radio-Gebühr“. Fak­tisch ist das etwa eine Ver­drei­fa­chung mei­ner monat­li­chen Aus­ga­ben für den öffent­lich-recht­li­chen Rund­funk. Trotz­dem hal­te ich die Idee des neu­en Rund­funk­bei­trags für sinnvoll.

Das hat zum einen etwas damit zu tun, dass ich die Exis­tenz eines staats­fer­nen, öffent­lich-recht­li­chen Rund­funks prin­zi­pi­ell als wich­tig anse­he. Auch wenn ich ger­ne mal über den Behör­den­cha­rak­ter läs­te­re. Dabei ent­spricht der real exis­tie­ren­de Rund­funk nicht mei­nem Ide­al – mehr Deutsch­land­ra­dio und mehr ARTE, weni­ger mdr und weni­ger Lie­be zur Quo­te. Ich bin über­zeugt davon, dass Rund­funk­rä­te bes­ser besetzt wer­den kön­nen, dass die Rah­men­be­din­gun­gen für den Auf­tritt im Netz grau­en­haft sind, und dass ein guter öffent­lich-recht­li­cher Rund­funk eigent­lich auf Wer­bung ver­zich­ten kön­nen müss­te. Die Kri­tik im Detail ändert aber nichts dar­an, dass ein staats­fer­nes, öffent­lich finan­zier­tes Mas­sen­me­di­um mit einem Infor­ma­ti­ons- und Kul­tur­auf­trag eine gute Sache ist – auch für die, die damit nichts zu tun haben wol­len. Inso­fern tei­le ich das Argu­ment der „Demo­kra­tie­ab­ga­be“.

Zwei­tens stimmt es aus mei­ner eige­nen Erfah­rung schlicht­weg, dass Rund­funk heu­te eben nicht mehr ein „first screen“-Ding ist. Ich habe schon lan­ge kein Fern­se­hen mehr geschaut. Ich gucke mir aber zuneh­mend aus­ge­wähl­te Sen­dun­gen auf dem Tablet an – in hoher Qua­li­tät. Ich höre ab und zu Radio, und ich lese ger­ne die Tages­schau. In der Medi­en­pro­duk­ti­on heißt das „Tri­me­dia­li­tät“, was hier pas­siert – fak­tisch wird aus dem For­mat-Radio-und-Fern­se­hen-Rund­funk gera­de ein kanal­un­ab­hän­gi­ger Grund­ver­sor­ger. Dem mit Han­dy­ta­ri­fen, PC-Tari­fen, Strea­ming­ta­ri­fen etc. auf der Nut­zungs­sei­te nach­zu­kom­men, ist aus mei­ner Sicht nicht mehr zeit­ge­mäß. Ein ein­heit­li­cher Bei­trag pro Haus­halt erscheint mir hier sinn­vol­ler. (Auch wenn der mög­li­cher­wei­se auch nied­ri­ger aus­fal­len hät­te können).

Und drit­tens schafft der Haus­halts­bei­trag die Vor­aus­set­zung dafür, mit der GEZ-Über­wa­chung auf­zu­hö­ren. Im Land­tag Baden-Würt­tem­berg wur­de die Annah­me des Gebüh­ren­staats­ver­trags mit einem Ent­schlie­ßungs­an­trag zum Daten­schutz gekop­pelt. Auch da gibt es Ver­bes­se­rungs­be­darf. Aber vom Prin­zip her müss­te sich ein Haus­halts­bei­trag deut­lich daten­spar­sa­mer (und per­so­nal­ef­fi­zi­en­ter) als die bis­he­ri­ge GEZ-Gebühr umset­zen las­sen. Dass das tat­säch­lich geschieht, ist kein Auto­ma­tis­mus. Aber zumin­dest die Mög­lich­keit dafür ist damit eröffnet.

Zusam­men­ge­nom­men klingt der haus­halts­be­zo­ge­ne Rund­funk­bei­trag für mich damit nach einer guten Wei­ter­ent­wick­lung der Idee eines staats­fer­nen öffent­lich-recht­li­chen Rund­funks. Das heißt nicht, dass ich nicht in jeg­li­cher Hin­sicht (von den Inhal­ten der Pro­gram­me bis zum Daten­schutz) Ver­bes­se­rungs­be­darf sehe – aber zumin­dest die Mög­lich­kei­ten für einen qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­gen und zeit­ge­mä­ßen Rund­funk ver­grö­ßern sich mit der Sys­tem­um­stel­lung von der letzt­lich gerä­te- und per­so­nen­be­zo­ge­nen Rund­funk­ge­bühr auf den Haus­halts­bei­trag. Der Rest ist Politik. 

War­um blog­ge ich das? Auch aus Lust an der Provokation.

Nach­trag (3.1.2013): Schön, dass die ARD jetzt ange­fan­gen hat, ihr Pro­gramm zu strea­men – und völ­lig rich­tig, dass Vol­ker Beck im Han­dels­blatt jetzt for­dert, an die Depu­bli­ka­ti­ons­pflicht ran­zu­ge­hen (und den Daten­schutz zu verbessern).