Meine generelle Unzufriedenheit mit dem Jahr 2022

Orange gray, Gundelfingen - V

Das Jahr 2022 lässt mich unzu­frie­den zurück. Nicht so sehr auf das Pri­vat­le­ben bezo­gen – Kin­der und Kat­zen gedei­hen, im Gar­ten wuchs es im Som­mer, ich habe wei­ter­hin eine span­nen­de Arbeit in der grü­nen Land­tags­frak­ti­on – son­dern im Gro­ßen und Gan­zen. Und die­ses Gefühl der Unzu­frie­den­heit zieht sich auch durch mein Blog. 

Natür­lich gibt es offen­sicht­li­che Grün­de dafür. Der 24. Febru­ar mit dem rus­si­schen Angriffs­krieg gegen die Ukrai­ne ist der sicht­bars­te die­ser Grün­de. Wir erle­ben Welt­ge­schich­te, die Zei­ten­wen­de ist immer prä­sent. Die­ser Krieg führt zu viel­fach mul­ti­pli­zier­tem Leid in der Ukrai­ne. Dane­ben wirkt ver­nach­läs­sig­bar, dass er auch bedeu­tet, dass lan­ge geheg­te Über­zeu­gun­gen über den Hau­fen gewor­fen wer­den müs­sen. Und ja: das müs­sen sie. Schön ist das trotz­dem nicht.

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Zeit des Virus, Update XVI

Opfinger See - panorama

Mein letz­tes Update zur Coro­na-Lage hat­te ich im März geschrie­ben. Und ich hat­te irgend­wie die Hoff­nung, dass das dann viel­leicht auch das letz­te Update sein könn­te, dass Coro­na tat­säch­lich irgend­wann vor­bei ist.

„Über­ra­schen­der­wei­se“ ist das nicht so. Im süd­afri­ka­ni­schen Som­mer lie­fen dort die Zah­len für die Omi­kron-Vari­an­ten BA.4 und BA.5 hoch. Das wur­de mit irgend­wel­chen Beson­der­hei­ten der dor­ti­gen Demo­gra­fie weg­er­klärt. Vor eini­gen Wochen, in die­sem sehr hei­ßen Nord­halb­ku­gel-Som­mer, ging‘s dann in Por­tu­gal steil nach oben. Wäh­rend­des­sen dreh­te sich unse­re poli­ti­sche Dis­kus­si­on nach dem Aus­lau­fen der fünf­ten (oder sechs­ten?) Wel­le vor allem dar­um, auf den Herbst und den Win­ter vor­be­rei­tet zu sein. Schließ­lich wis­sen wir ja, dass Coro­na im Som­mer pausiert.

Seit ein paar Tagen stei­gen jetzt auch die Inzi­den­zen in Deutsch­land wie­der mas­siv an, ver­mut­lich ist die Dun­kel­zif­fer noch deut­lich höher, weil PCR-Tests kaum zu krie­gen sind. Und auch „har­te“ Indi­ka­to­ren wie die Hos­pi­ta­li­sie­rung schei­nen wie­der nach oben zu gehen.

In den sequen­zier­ten Labor­pro­ben steigt der BA.4/BA.5‑Anteil von Woche zu Woche an, genau­er gesagt: er ver­dop­pelt sich wöchentlich.

Anders gesagt: die „Som­mer­wel­le“ ist zur gro­ßen Über­ra­schung ins­be­son­de­re der Bun­des­po­li­tik – und hier ins­be­son­de­re der FDP – längst da. 

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Kurz zur pandemischen Lage

So ein Virus ist ziem­lich unbe­ein­druckt von poli­ti­schen Land­ge­win­nen. In den letz­ten Mona­ten haben „wir“ – Bund, Län­der, Bürger*innen – die Pan­de­mie schlei­fen las­sen. Nie­mand woll­te sich bei schein­bar nied­ri­gen Wer­ten mit Ent­schlos­sen­heit her­vor­tun und Pro­tes­te in Kauf neh­men. Auch das ist für das Virus – ins­be­son­de­re in der Del­ta-Ver­si­on – egal. Wenn nicht genü­gend Men­schen geimpft sind, brei­tet es sich aus. Und wenn dann kei­ne Kon­tak­te beschränkt wer­den, Mas­ken getra­gen, usw., brei­tet es sich schnel­ler und stär­ker aus. Egal, wer mit wel­chem Fin­ger auf wen zeigt.

Heu­te hat der Bun­des­tag das novel­lier­te Infek­ti­ons­schutz­ge­setz beschlos­sen. Eigent­lich woll­te die Ampel damit – noch vor der Eini­gung auf einen Koali­ti­ons­ver­trag, noch vor der Regie­rungs­über­nah­me – Hand­lungs­fä­hig­keit zei­gen. Her­aus­ge­kom­men ist in der ers­ten Fas­sung etwas ziem­lich juris­tisch-rea­li­täts­blin­des, in der zwei­ten Fas­sung, die jetzt abge­stimmt wur­de, ein nach­ge­bes­ser­tes Gesetz, das viel­leicht hilft, viel­leicht auch nicht. 

Dass nach­ge­bes­sert wur­de, hat etwas mit der har­ten Kri­tik der Län­der zu tun, denen die Hand­lungs­grund­la­ge ent­zo­gen wer­den soll­te, die Pan­de­mie sach­ge­recht zu bekämp­fen. Und damit, dass die Pro­gno­sen des RKI und der Virolog*innen ein­ge­trof­fen sind. Auf dem Schei­tel­punkt der vier­ten Wel­le zeigt sich, wie wich­tig mög­li­cher­wei­se auch unpo­pu­lä­re Maß­nah­men wie Lock­downs, Schul­schlie­ßun­gen und der­glei­chen mehr sein könnten. 

Das jetzt ver­ab­schie­de­te Gesetz wür­de dem enge Gren­zen set­zen, auch in der nach­ge­bes­ser­ten Version. 

Die CDU/CSU hat in die­ser Situa­ti­on sehr schnell ver­ges­sen, dass sie noch die Bun­des­re­gie­rung stellt und auch in x Län­dern an der Regie­rung ist – dar­un­ter eini­ge der in der vier­ten Wel­le am stärks­ten betrof­fe­nen. Sie zeigt jetzt mit dem Fin­ger auf die Ampel – teil­wei­se mit durch­aus berech­tig­ten Argu­men­ten – und kün­digt an, das Gesetz mor­gen im Bun­des­rat zu blockieren. 

Da fah­ren jetzt zwei Züge auf­ein­an­der zu. Sack­gas­se. Aus der Sicht der einen ist die noch gar nicht kon­sti­tu­ier­te Ampel­re­gie­rung schuld an der jet­zi­gen pan­de­mi­schen Lage, aus der Sicht der ande­ren blo­ckiert die Uni­on not­wen­di­ge Schrit­te. Am Ende lei­den wir alle dar­un­ter. Und die AfD samt Impf­geg­ner­schafts­quer­den­ker­club lacht sich ins Fäustchen.

Ich bin gera­de ehr­lich ent­täuscht. In einem Par­al­lel­uni­ver­sum wür­de die­ses Inter­re­gnum mit­ten in einer Pan­de­mie dazu genutzt, inter­frak­tio­nell, ohne Frak­ti­ons­zwang, nach den bes­ten Lösun­gen zu suchen. 

Statt des­sen wer­den schon ein­mal Grä­ben ein­ge­zo­gen. Ich weiß nicht, wer glaubt, dadurch etwas zu gewin­nen. Letzt­lich ver­lie­ren wir alle.

Und die mög­li­che neue Regie­rung steht damit unter einem schlech­ten Stern, bevor sie über­haupt einen Koali­ti­ons­ver­trag vor­ge­legt hat, bevor die sie tra­gen­den Par­tei­en über­haupt zuge­stimmt haben. Auf­bruch sieht anders aus, und ein neu­er Poli­tik­stil ist das eben­falls nicht.

P.S.: Etwas ver­söhn­li­cher sieht die Lage nach der abend­li­chen MPK aus – Mer­kel, Scholz und die MPs beto­nen die Not­wen­dig­keit eines gemein­sa­men Vor­ge­hens, Blo­cka­de im Bun­des­rat wird es nicht geben, statt des­sen Eva­lu­ie­rung und ggf. Ver­schär­fung der Maß­nah­men im Dezember.

Immer wieder Ärger mit der GDL

Bad Doberan II

Die Gewerk­schaft Deut­scher Loko­mo­tiv­füh­rer ist nicht nur alt­ehr­wür­dig, son­dern schuld dar­an, dass ich mei­ner Arbeit nicht so nach­ge­hen kann, wie ich das eigent­lich ger­ne wür­de. Und außer­dem streikt sie ziem­lich ger­ne, wenn der ver­link­te Wiki­pe­dia-Ein­trag stimmt. Dabei geht es aller­dings, sofern ich diver­se Pres­se­be­rich­te rich­tig ver­ste­he, bei die­sem Streik nicht nur um mehr Geld (ob das ange­mes­sen ist oder nicht, kann ich nicht beur­tei­len), son­dern auch um die Fra­ge, wel­che Gewerk­schaft für wel­chen Teil des Bahn­per­so­nals zustän­dig ist. 

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Warum willst du nicht hier bleiben? – Darum!

Flight of the seagull II

Eigent­lich ist das mit den Geschlech­ter­ver­hält­nis­sen hier in Deutsch­land doch schon ganz ordent­lich, oder? Also so im Ver­gleich zu ande­ren Län­dern. Tja, denks­te – der Blick von außen ist dann doch erhel­lend. Des­we­gen folgt hier ein (anony­mi­sier­ter) Rant einer Bekann­ten von mir, die seit vie­len Jah­ren in den USA lebt, dort eine erfolg­rei­che Pro­fes­so­rin ist, und jetzt für ein Jahr wie­der nach Deutsch­land zurück­ge­kehrt ist. Ihre Erfah­run­gen damit, wie tief ein­ge­gra­ben über­kom­me­ne Geschlech­ter­rol­len hier­zu­lan­de sind – selbst oder gera­de in einem aka­de­mi­schen Kontext:

Befo­re I moved back to Ger­ma­ny I did not con­sider mys­elf a femi­nist, just a woman, who expects to be trea­ted equal­ly. That’s all. After a year back in Ger­ma­ny I feel like a radi­cal femi­nist activist. 

The main reason I could not see mys­elf living in Ger­ma­ny again per­ma­nent­ly is becau­se of gen­der roles. Over­all I see men here a lot more equal­ly invol­ved in house­hold cho­res, the care of the child­ren, it is not uncom­mon for men to take pater­ni­ty lea­ve; yet even many of tho­se men still boss their fema­le part­ners around tel­ling them how to do what when or orde­ring for them in the restau­rant. I con­duc­ted inter­views here with Ger­mans about their iden­ti­ty, in an attempt to under­stand, how peo­p­le in Ger­ma­ny defi­ne Ger­man­ness and them­sel­ves as Ger­mans. One man (mar­ried to an accom­plished fema­le doc­tor) respon­ded to the ques­ti­on “wer sind Sie und wie wür­den Sie sich beschrei­ben” with the fol­lo­wing “Ich bin Chef. Ich bin der Chef bei der Arbeit. Chef mei­nes Hau­ses und Chef mei­ner Fami­lie.” And that is the atti­tu­de I saw in many places. 

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