Kurz: Die Überraschung der Überraschung ist der altbekannte Vizerektor

Vor einer Woche war er der Favo­rit, vor dem Wochen­en­de hat­te nach einer über­ra­schen­den Ent­schei­dung der Fin­dungs­kom­mis­si­on nie­mand mehr mit ihm gerech­net, dann wur­de er eben­so über­ra­schend doch noch nach­no­mi­niert und – wenn die Quel­len der Badi­schen Zei­tung stim­men – soeben als Rek­tor­kan­di­dat vom Uni­ver­si­täts­rat gewählt: die Rede ist von Prof. Dr. Hans-Jochen Schie­wer (Media­vis­tik und der­zeit kom­mis­sa­ri­scher Rek­tor). Dass der Senat, der am Mitt­woch die letz­te Ent­schei­dung trifft, jetzt doch noch quer­schießt, hal­te ich für unwahr­schein­lich – und die his­to­ri­sche Chan­ce, eine Frau als Rek­to­rin zu wäh­len, damit für vertan.

Vor der Entscheidung: Drei-Rektoren-Jahr oder erste Frau im Amt?

550 years I
Dar­um geht es: wer wird
zukünf­tig im Rek­to­rat sitzen?

Die Badi­sche Zei­tung (Hin­weis via Grü­nes­Frei­burg) berich­tet, dass das Feld der drei­zehn Bewer­be­rIn­nen um die Rek­to­rats­nach­fol­ge für die Uni­ver­si­tät Frei­burg nach der Ent­schei­dung der Fin­dungs­kom­mis­si­on auf eine Zwei­er­lis­te geschrumpft ist. Auf der ste­hen jetzt noch die Deka­nin der Phi­lo­lo­gi­schen Fakul­tät und lang­jäh­ri­ge Gleich­stel­lungs­be­auf­trag­te der Uni, Prof. Dr. Eli­sa­beth Che­au­ré (Sla­wis­tik) und der Dekan der Medi­zi­ni­schen Fakul­tät, Prof. Dr. Chris­toph Peters (Mole­ku­lar­me­di­zin).

Wenn das so stimmt, han­delt es sich hier tat­säch­lich um eine sehr span­nen­de Kon­stel­la­ti­on: lang­jäh­ri­ges poli­ti­sches Enga­ge­ment in der Uni vs. Pro­fi­lie­rung in der Exzel­lenz­in­itia­ti­ve, Geis­tes­wis­sen­schaft vs. tech­ni­sche Natur­wis­sen­schaft, und nicht zuletzt natür­lich auch die ers­te Frau vs. ein wei­te­rer Mann in der lan­gen Rei­he der Frei­bur­ger Rektoren. 

Die Ent­schei­dung über die­se Fra­gen trifft am Mon­tag der Uni­ver­si­täts­rat, der aus sechs exter­nen und fünf inter­nen Mit­glie­dern besteht. Je nach­dem, wer gefragt wird, wird hier eine – die Tei­lung nach intern/extern über­grei­fen­de – Pro­gno­se von 5:6 für den Kan­di­da­ten oder für die Kan­di­da­tin abge­ge­ben; jeden­falls sieht nie­mand mehr als eine knap­pe Mehr­heit. Die Ent­schei­dung des Uni­ver­si­täts­rats wird dann am Mitt­woch dem Senat zur Annah­me oder Ableh­nung vorgelegt. 

Ich bin gespannt, ob die Uni­ver­si­tät den Schritt wagt, nach der Ent­schei­dung der Fin­dungs­kom­mis­si­on noch ein­mal zu über­ra­schen und tat­säch­lich Frau Che­au­ré zu wäh­len – und damit ein deut­li­ches Signal auch für eine inter­ne Moder­ni­sie­rung und ein Kli­ma der Zusam­men­ar­beit zu set­zen. Wenn, wie z.B. von der grü­nen Land­tags­ab­ge­ord­ne­ten The­re­sia Bau­er (anläss­lich der letzt­ma­li­gen Wahl von Alt­rek­tor Jäger) gefor­dert, alle Hoch­schul­mit­glie­der wäh­len dürf­ten, statt die eigent­li­che Ent­schei­dung einem klei­nen auf­sichts­rat­ähn­li­chen Gre­mi­en zu über­las­sen, hät­te Frau Che­au­ré auf jeden Fall mei­ne Stimme.

War­um blog­ge ich das? Weil in der baden-würt­tem­ber­gi­schen Hoch­schul­ge­setz­ge­bung der Ein­fluss der Rek­to­rIn­nen doch ziem­lich groß ist – und es des­we­gen für die wei­te­re Ent­wick­lung der Uni­ver­si­tät Frei­burg ziem­lich wich­tig ist, wer am Mon­tag vor­ge­schla­gen wird.

Gebührenkompass 2008: Unzufriedenheit steigt (Update)

Die Abtei­lung Mar­ke­ting der Uni Hohen­heim betreibt seit eini­ger Zeit einen Gebüh­ren­kom­pass. In einer aktu­el­len Pres­se­mit­tei­lung heißt es zu den neus­ten Entwicklungen:

In rund 6.150 Ein­zel­in­ter­views hat­ten Gebüh­ren-Scouts des Hohen­hei­mer Lehr­stuhls für Mar­ke­ting die Zufrie­den­heit der Stu­die­ren­den an allen 54 Uni­ver­si­tä­ten mit Stu­di­en­ge­büh­ren der Repu­blik im Mai 2008 erho­ben. Dem­nach schaff­te es kei­ne Uni­ver­si­tät, ihre Stu­die­ren­den beim The­ma Stu­di­en­ge­büh­ren wirk­lich zufrie­den zu stel­len. Im Bun­des­durch­schnitt ver­ga­ben die Gebüh­ren­zah­ler ihren Uni­ver­si­tä­ten die Schul­no­te 4–5. Im Vor­jahr war es noch eine 3–4 gewesen.

Nicht nur die Unzu­frie­den­heit, auch der Anteil der Gebüh­ren­geg­ne­rIn­nen wächst. Der Lei­ter der Stu­die, Prof. Dr. Mar­kus Voeth, inter­pre­tiert dies in der Pres­se­mit­tei­lung als Her­aus­for­de­rung für die Uni­ver­si­tä­ten: „Aller­dings kön­nen sich die Stu­die­ren­den noch nicht als Kun­den füh­len.“ Das sol­len die Unis also ändern, indem sie z.B. bes­ser über die Gebüh­ren­ver­wen­dung informieren.

Die Ergeb­nis­se las­sen sich aber auch anders lesen: ins­be­son­de­re dort, wo Gebüh­ren ein­ge­führt wur­den, bzw. nach­dem jetzt tat­säch­lich gezahlt wer­den muss, zeigt sich, dass die damit bei eini­gen ver­bun­de­nen Hoff­nun­gen auf bes­se­re Stu­di­en­be­din­gun­gen über­wie­gend nicht erfüllt wer­den. Wenn davon aus­ge­gan­gen wird, dass sich dar­an nicht so schnell etwas ändert (weil Stu­di­en­ge­büh­ren z.B. struk­tu­rell gar nicht in der Lage dazu sind, die Qua­li­tät der Leh­re und der Stu­di­en­be­din­gun­gen erheb­lich zu ver­bes­sern), dürf­te die Akzep­tanz rapi­de abneh­men – und mög­li­cher­wei­se, auch nach den Erfol­gen in Hes­sen und (ein­ge­schränkt) in Ham­burg – zu einem Neu­auf­le­ben von Pro­tes­ten führen.

War­um blog­ge ich das? Als Update zu die­sem Ein­trag. und weil das Ergeb­nis umso mehr Rele­vanz hat, als – so lese ich zumin­dest die PM – hin­ter der Umfra­ge eigent­lich das Inter­es­se steckt, Gebüh­ren zu legitimieren.

P.S.: Sie­he auch hier (SpOn).

Update: (29.6.2008) Zum The­ma Stu­di­en­ge­büh­ren gibt es jetzt neu auch den Bund der Stu­di­en­ge­büh­ren-Zah­ler, der es sich wohl zum Ziel gesetzt hat, wenn es denn Gebüh­ren gibt, für deren sinn­vol­le Ver­wen­dung zu kämp­fen. Fin­de ich hoch­schul­po­li­tik-stra­te­gisch betrach­tet inter­es­sant, bin mir aller­dings noch nicht sicher, ob eine der­ar­ti­ge Instanz, wenn sie denn funk­tio­niert, nicht letzt­lich dazu bei­trägt, Gebüh­ren ins­ge­samt zu legi­ti­mie­ren – „es gibt ja den bdsz, die gucken schon, dass alles mit rech­ten Din­gen zugeht“.

Kurz: u‑asta bleibt beliebt

Professionality
Der u‑asta pro­du­ziert mas­sen­wei­se ehe­ma­li­ge Aktive.

Auch wenn’s bei mir inzwi­schen eher mit nost­al­gi­schen Gefüh­len ein­her­geht, fin­de ich die vor­bild­li­cher­wei­se bereits jetzt ver­öf­fent­lich­ten vor­läu­fi­gen Wahl­er­geb­nis­se zu den Frei­bur­ger AStA-Wah­len doch immer noch inter­es­sant genug, um mal einen Blick drauf zu wer­fen. Dank buf a und buf b – der seit eini­gen Jah­ren prak­ti­zier­ten Anti­de­mo­kra­tie­maß­nah­men­um­ge­hungs­stra­te­gie der zwei Lis­ten – ist auch die­ses Jahr wie­der eine gute abso­lu­te Mehr­heit für buf – und damit für den u‑asta – her­aus­ge­kom­men (10 Sit­ze statt vor­her 10 Sit­ze) (sie­he auch hier). Ande­re Grup­pen blei­ben mar­gi­nal – Julis ver­lie­ren ihren Sitz, Jusos gewin­nen einen dazu, der RCDS hat zwei Sit­ze. Auch alter­na­ti­ve Insti­tu­tio­nen mit fluk­tu­ie­ren­der Mit­glied­schaft kön­nen, wie die­se Ergeb­nis­se bewei­sen, jahr­zehn­te­lan­ge Sta­bi­li­tät pro­du­zie­ren. Inter­es­sant viel­leicht noch: die auf buf b ange­tre­ten zwei Ver­tre­te­rIn­nen von Linke.SDS wur­den wohl nicht gewählt, hier sind auch Ver­lus­te im Ver­gleich zur grün unter­stütz­ten buf a zu sehen.

Kurz: Hessischer Landtag schafft Studiengebühren wieder ab (Update 6: Gesetz unterzeichnet)

Lecture on body(less) sociology
Bei­spiel­fo­to „hes­si­sche Hoch­schu­le“, hier: Kassel

Nicht nur das Akti­ons­bünd­nis gegen Stu­di­en­ge­büh­ren freut sich: der hes­si­sche Land­tag hat heu­te mit den Stim­men von SPD, Links­par­tei und Grü­nen – also der fak­tisch vor­han­de­nen lin­ken Mehr­heit, die aber lei­der nicht kon­sti­tu­tiert wer­den darf – die Stu­di­en­ge­büh­ren abge­schafft (und zwar sowohl die Lang­zeit­stu­di­en­ge­büh­ren, die es bis vor einem Jahr gab, als auch die direk­ten Stu­di­en­ge­büh­ren). Und anders als der Ham­bur­ger Kom­pro­miss zwi­schen CDU und Grü­nen ist es auch kei­ne Ver­la­ge­rung der Gebüh­ren nach das Stu­di­um, son­dern ein ech­tes Ende der Gebüh­ren. Gleich­zei­tig soll sicher­ge­stellt sein, dass die Hoch­schu­len trotz­dem nicht mit weni­ger Geld rech­nen müs­sen (das macht eini­ge skeptisch).

Inter­es­sant dürf­te nun sein, ob das Geset­ze­ma­chen mit wech­seln­den Mehr­hei­ten in Hes­sen funk­tio­niert – das Gesetz umset­zen muss ja nach wie vor die CDU-Regie­rung. Wenn ja, wäre es nicht nur ein gutes Signal für eine soli­da­ri­sche­re Hoch­schul­po­li­tik, son­dern auch ein inter­es­san­ter Schritt auf dem Weg hin zu einem prag­ma­ti­sche­ren Umgang mit Par­tei­gren­zen und Koalitionen.

Update: (5.6.2008) Gra­de schrei­be ich noch von der inter­es­san­ten Fra­ge, wie die geschäfts­füh­ren­de CDU-Regie­rung das Gesetz den wohl umset­zen will, da erreicht mich die Nach­richt vom „Eklat im hes­si­schen Land­tag“ – der geschäfts­füh­ren­de Minis­ter­prä­si­dent Koch meu­tert und beruft sich auf Form­feh­ler. Anders gesagt: Poli­ti­ken der wech­seln­den Mehr­hei­ten schei­nen mit Minis­ter­prä­si­den­ten nicht so recht zu funktionieren.

Update 2: (6.6.2008) Der Grund, war­um Koch das Gesetz nicht unter­schrei­ben will, ist aller­dings auch inter­es­sant und wirft kein gutes Licht auf die hand­werk­li­chen Fähig­kei­ten der AutorIn­nen des Geset­zes – die zen­tra­le Aus­sa­ge zu ver­ges­sen bzw. miss­ver­ständ­lich zu for­mu­lie­ren, muss nicht sein. Hof­fen wir also, dass das Gesetz nach­ge­bes­sert wird und Koch dann kei­nen wei­te­ren Grund hat, es nicht zu unterschreiben.

Update 3: (11.6.2008) Par­al­lel zum poli­ti­schen Pro­zess gab’s auch den Ver­such, die Stu­di­en­ge­büh­ren mit Ver­weis auf die in der hes­si­schen Lan­des­ver­fas­sung ver­an­ker­te Schul­geld­frei­heit juris­tisch zu bekämp­fen – das ist, mit einem augen­schein­lich poli­tisch moti­vier­ten 6:5‑Urteil des Lan­des­ver­fas­sungs­ge­richts – gera­de geschei­tert. Bleibt der poli­ti­sche Weg, der im zwei­ten Anlauf dann viel­leicht auch mal klappt.

Update 4: (17.6.2008) Mit der erneu­ten Abstim­mung schei­nen die Stu­di­en­ge­büh­ren jetzt end­gül­tig abge­schafft (wann Koch unter­schreibt, weiss ich aller­dings auch nicht). Spie­gel Online berich­tet vom Ende der „Part­ner­schaft zwi­schen Par­la­ment und Regie­rung“ – jetzt wird’s wohl um Neu­wah­len oder eine knap­pe rot-grün-rote Mehr­heit gehen.

Update 5: Die Tages­schau ver­knüpft die Hes­sen­fra­ge nicht mit der hes­si­schen Macht­po­li­tik, son­dern mit dem Hin­weis dar­auf, dass CDU und Grü­ne im Senat in Ham­burg wohl inzwi­schen die Grund­zü­ge der dor­ti­gen nach­ge­la­ger­ten 375-Euro-Gebüh­ren beschlos­sen haben. Als eines der aus grü­ner Sicht wich­tigs­ten Geset­zes­vor­ha­ben aus dem Koali­ti­ons­ver­trag bleibt abzu­war­ten, wie gut das unter schwar­zer Feder­füh­rung tat­säch­lich gelingt.

Update 6: (3.7.2008) Hes­sen: Gesetz unter­zeich­net, Haus­halts­sper­re ver­hängt.