Science Fiction und Fantasy – Mai/Juni 2021

Der Früh­ling ist mit die­ser Woche end­gül­tig vor­bei, die Tage wer­den wie­der kür­zer, und es wird Zeit, mal zu gucken, was ich im Mai und Juni gele­sen habe.

  • Ich fan­ge mit zwei „Angeguckt“-Dingen an: zum einen die Net­flix-Serie Shadow and Bone, die mir sehr gut gefal­len hat. Die Buch­vor­la­ge ken­ne ich nicht, inso­fern kann ich nichts zur Umset­zung sagen, aber die­se in einem Second-World-19.-Jahrhundert mit Russ­land- und Süd­ost­asi­en-Äqui­va­len­ten spie­len­de Geschich­te – Magie, ein biss­chen Coming of Age, Heists und Groß­mäch­te. Lei­der bis­her nur eine Staf­fel, wür­de ger­ne wis­sen, wie es weitergeht.
  • Eben­falls ange­schaut (und noch längst nicht fer­tig): die Pre­quel Star Trek: Enter­pri­se. 20 Jah­re alt, was den Effek­ten teil­wei­se anzu­se­hen ist, aber inter­es­san­ter, als ich das gedacht habe – bis­her ist die Serie an mir vor­bei­ge­gan­gen. Schön zu sehen, wie eini­ges von dem, was Star Trek aus­macht, hier noch nicht oder nur in ers­ten Ker­nen und Kei­men existiert.
  • Dann zu den Büchern: von K. Par­ker habe ich die Engi­neer-Tri­lo­gie gele­sen, und zwar alle drei Bän­de, obwohl ich hin- und her­ge­ris­sen war, wie ich das fin­den soll. Ein detail­liert aus­ge­mal­tes Spät­mit­tel­al­ter/Frü­he-Neu­zeit-Set­ting, bis hin zu Zita­ten aus fik­ti­ven Büchern, inter­es­san­te Kon­flik­te, das über­grei­fen­de The­ma „Sozio­tech­nik“ – aber doch alles sehr mili­tä­risch aus­ge­rich­tet, und en pas­sant mit Geno­zid und Mas­sen­mord ange­rei­chert. Hm.
  • Noch ein Klas­si­ker: ich habe end­lich mal Octa­via But­lers Xeno­ge­nesis-Rei­he (gesam­melt als Lilith’s Brood erschie­nen) gele­sen: nach dem Ende eines schreck­li­chen Krie­ges wer­den die übrig­ge­blie­be­nen Men­schen von bio­tech­nisch extrem fort­schritt­li­chen und extrem fremd­ar­ti­gen Außer­ir­di­schen in Emp­fang genom­men, die ein gro­ßes Inter­es­se dar­an haben, das eine oder ande­re fas­zi­nie­ren­de Ele­ment aus dem mensch­li­chen Gen­ma­te­ri­al zu über­neh­men – rein bio­lo­gisch. Beein­dru­ckend, auch wenn dem Text an der einen oder ande­ren Stel­le anzu­mer­ken ist, dass der ers­te Band aus dem Jahr 1987 stammt. Im Sub­text geht es um Sexua­li­tät und Begeh­ren, Hybri­di­sie­rung und Unter­drü­ckung. Auf­ge­sto­ßen ist mir der teil­wei­se har­te Bio­lo­gis­mus – die Oan­ka­li kön­nen Gene „lesen“ und ver­än­dern, und tun das auch reich­lich. Sie lesen aber auch Cha­rak­ter­ei­gen­schaf­ten und Prä­dis­po­si­tio­nen aus dem Gen­ma­te­ri­al der Men­schen, denen sie begegnen.
  • Von Char­lie J. Anders habe ich Vic­to­ries grea­ter than death gele­sen. Nett, aber mir zu sehr auf die Ziel­grup­pe young adult hin opti­miert. Die Hel­din ist (wer kennt das Gefühl nicht …) eigent­lich eine Außer­ir­di­sche – irgend­wann in ihren Teen­ager­jah­ren wird sie auf das gro­ße Raum­schiff geholt, das sich mit­ten in einem galak­ti­schen Krieg zwi­schen der leicht ver­klei­de­ten Föde­ra­ti­on und einer Abspal­tung davon befin­det. Aus Grün­den kom­men noch eine Hand­voll wei­te­re Außen­sei­ter-Teen­ager mit an Bord, neben Welt­ret­tung geht’s auch um deren gegen­sei­ti­gen Gefüh­le, Ver­let­zun­gen und so weiter.
  • Everi­na Max­well hat mit Winter’s orbit sowas wie empa­thi­sche Space Ope­ra geschrie­ben. Das Ster­nen­reich der Iskat wird durch lose Ver­trä­ge mit den Vasal­len­pla­ne­ten ver­bun­den; so rich­tig gleich­be­rech­tigt sind die ver­schie­de­nen Pla­ne­ten jedoch nicht. Aus galak­ti­schem Blick ist Iskat nur eine Nische, alle paar Jah­re wird mal geschaut, ob Arte­fak­te brav abge­ge­ben und ein paar grund­le­gen­de demo­kra­ti­sche Rech­te ein­ge­hal­ten wer­den. Die­se Revi­si­on steht kurz bevor. Ein Mit­tel, um die Pla­ne­ten anein­an­der zu bin­den, sind Zweck­ehen. Dum­mer­wei­se ist Prinz Taam vor kur­zem bei einem Unfall gestor­ben, sein Part­ner Jainan muss nun schnell den Play­boy-Prin­zen Kiem hei­ra­ten, um die­ses Sys­tem der Hei­rats­ver­trä­ge auf­recht zu hal­ten. Auf einer Text­ebe­ne geht es um die lang­sam wach­sen­de Bezie­hung zwi­schen den bei­den (mit fast schon slap­stick­haft-tra­gi­schen Miss­ver­ständ­nis­sen) in der arran­gier­ten Ehe, auf der ande­ren um den Tod von Prinz Taam, der sich als Kri­mi­nal­fall mit inter­ga­la­ka­ti­scher Rele­vanz her­aus­stellt und nur der letz­te Trop­fen in einem Fass der Intri­gen dar­stellt. Sehr emp­feh­lens­wert, hat mir gut gefallen.
  • Und noch­mal sowas wie Feel-Good-Space-Ope­ra – Becky Cham­bers hat mit The Gala­xy, and the Ground within den vier­ten und letz­ten Teil ihrer sehr schö­nen Way­fa­rers-Serie vor­ge­legt. Eine Rei­he von ganz unter­schied­li­chen Wesen stran­den in einer Art Motel am Wurm­loch; nach und nach ler­nen wir die­se und deren Geschich­ten und Hin­ter­grün­de ken­nen. Erst ein Not­fall bringt die­se Frem­den zusam­men. Die gro­ße Welt­raum­po­li­tik schwingt nur im Hin­ter­grund mit, fast schon ein Kam­mer­spiel. Aber gera­de der Blick auf den All­tag (in einer Kri­sen­si­tua­ti­on) macht die Stär­ke die­ses Buchs aus. Die Haupt­per­so­nen ler­nen sich ken­nen, wir ler­nen sie ken­nen und ver­ste­hen. Falls sich Bücher mit Com­pu­ter­spie­len ver­glei­chen las­sen: auch wenn die Geschich­te nichts damit zu tun hat, war mein ima­gi­nier­tes Look and Feel bei die­sem Buch das von Star­dew Val­ley. Ein guter Abschluss für die Wayfarer.

Gelesene Bücher Herbst/Winter

Die­sen Herbst und Win­ter habe ich eini­ges an Sci­ence Fic­tion und ein wenig Fan­ta­sy gele­sen. Anbei mei­ne Kurzkritiken:

  • Charles Stross, Dead lies dre­a­ming. In die­sem Sei­ten­ast zu Stross’ Laun­dry Series spielt der Autor auf Peter Pan an – nicht auf die Dis­ney-Vari­an­te, son­dern das wohl etwas gru­se­li­ge­re Ori­gi­nal. Dar­aus ergibt sich eine nicht-tra­di­tio­nel­le Fami­li­en­ge­schich­te mit einer magi­schen Tra­gö­die in einem Lon­don, das nicht ganz von die­ser Welt ist, gekreuzt mit einem trans­di­men­sio­na­len Heist in einem Lon­don, das noch weni­ger von die­ser Welt ist. Wer die Laun­dry mag, wird das hier mögen.
  • K.J. Par­ker, Six­teen Ways to Defend a Wal­led City. Ein nicht ganz zuver­läs­si­ger Erzäh­ler berich­tet in leicht schel­mi­scher Ton­la­ge von den Ver­wick­lun­gen und Zufäl­len, die ihn, den Außen­sei­ter, erst zum Chef der Inge­nieur­bri­ga­de gemacht und es dann ermög­licht haben, die füh­rungs­lo­se Stadt – eine Art Rom unter ande­rem Namen – sicher durch eine schein­bar unauf­halt­sa­me Bela­ge­rung zu brin­gen. Den Nach­fol­ge­band (sel­be Stadt, sel­be second world fan­ta­sy, ande­re Haupt­per­son) mit dem Titel How to Rule an Empire and Get Away with it fand ich auch ganz nett, da fehl­te mir aller­dings der Erzäh­ler aus Six­teen Ways …
  • Gard­ner Dozois / Micha­el Swan­wick, The City under the Stars. Ein von Micha­el Swan­wick voll­ende­ter Roman des 2018 ver­stor­be­nen SF-Autors und Her­aus­ge­bers Gard­ner Dozois, Tei­le davon stam­men aus den 1970er Jah­ren, erschie­nen ist The City under the Stars aller­dings erst 2020. Auf den ers­ten Blick wirkt die­ser Roman wie klas­si­sche SF die­ser Zeit, also der 1970er Jah­re. Auf den zwei­ten Blick ent­puppt er sich als tief­grün­di­ge­re Medi­ta­ti­on über die Natur des Men­schen, über Macht und Fortschritt.
  • Chris­to­pher Pao­li­ni, To Sleep in a Sea of Stars. Eine soli­de Block­bus­ter-Space-Ope­ra von Chris­to­pher Pao­li­ni, der durch die Era­gon-Rei­he bekannt gewor­den ist. In die­ser Space Ope­ra gibt es halb­wegs plau­si­ble Fas­ter-Than-Light-Tech­no­lo­gie, eine Hel­din wider Wil­len und inter­es­san­te Außerirdische.
  • Eliza­beth May, Seven Devils. Noch­mal Space Ope­ra, erin­nert ent­fernt an She-Ra, span­nen­de Geschich­te, aber ein lei­der ziem­lich inkon­sis­ten­tes World­buil­ding (Zwei instantan besuch­ba­re Gala­xien? Lebens­mit­tel­knapp­heit als Kriegs­grund? Extrem fort­ge­schrit­te­ne medi­zi­ni­sche Tech­no­lo­gie, aber jucken­de Pro­the­sen und kei­ne Mög­lich­keit, feh­len­de Orga­ne zu erset­zen? Ein unlo­gi­sches Berg­werk?). Wenn dar­über hin­weg­ge­se­hen wird, ganz unterhaltsam.
  • Eliza­beth Bear, On Safa­ri in R’lyeh and Car­co­sa with Gun and Came­ra. Novel­le, die mit dem einen oder ande­ren Love­craft-Motiv spielt – und dem heim­li­chen Wunsch, viel­leicht doch ein Ali­en zu sein. Online bei tor.com.
  • Eliza­beth Bear, Machi­ne. Der zwei­te Band in Bears White-Space-Uni­ver­sum (Band 1 war Ances­tral Nights); die Hel­din, die den ers­ten Band so gera­de eben über­lebt hat, wenn ich mich rich­tig erin­ne­re, arbei­tet jetzt für die größ­te Kran­ken- und Ret­tungs­sta­ti­on des Uni­ver­sums im Außen­ein­satz, Sei­te an Sei­te mit ganz unter­schied­li­chen Lebens­for­men. Was wie ein Rou­ti­ne­ein­satz für eine Not­fall­ärz­tin beginnt, stellt das neu gewon­ne­ne Selbst­bild von Dr. Jens in Fra­ge. Und nicht nur das. Space Ope­ra mal jen­seits impe­ria­ler Kriege.
  • Andrew Ban­nis­ter, Crea­ti­on Machi­ne. Erin­nert ein biss­chen an Banks Cul­tu­re, ist aber lei­der weit weni­ger packend geschrieben.
  • Kim Stan­ley Robin­son, The Minis­try for the Future. Der letz­te Ein­trag in die­ser Lis­te ist ein biss­chen gemo­gelt, weil ich mit KSRs neu­em Roman erst halb durch bin. Cli­ma­te Fic­tion, weni­ge Jahr­zehn­te nach der Gegen­wart, auf einer Erde, die von der vol­len Wucht des Kli­ma­wan­dels getrof­fen ist. Har­te Kost – die per­sön­li­chen Lebens- und Lei­dens­ge­schich­ten der Protagonist*innen wer­den immer wie­der unter­bro­chen von eher sach­buch­ar­ti­gen Tex­ten über Kli­ma­wan­del, Kli­ma­wan­del­fol­gen und mög­li­che Miti­ga­ti­ons- und Adap­ti­ons­stra­te­gien. Wie in frü­he­ren Roma­nen von KSR spielt der poli­tisch-büro­kra­ti­sche Appa­rat eine gro­ße Rol­le. Da ich SF/Fantasy in den letz­ten Mona­ten eher zur Ablenkung/Unterhaltung gele­sen habe, habe ich The Minis­try for the Future erst ein­mal bei Sei­te gelegt, wer­de ich aber bei Gele­gen­heit sicher wie­der zur Hand neh­men und zu Ende lesen.

In diesem Sommer gelesen

Im Mai hat­te ich ja von der Nine-Realms-Serie („The Ceru­lean Queen“) berich­tet. Die ist immer noch emp­feh­lens­wert. Den Som­mer über habe ich dane­ben noch das eine oder ande­re wei­te­re Gen­re-Buch gele­sen (und neben­bei Seri­en wie She-Ra oder Kipo and The Age of Won­der­be­asts geschaut, aber dar­um soll es jetzt nicht gehen). Im Ein­zel­nen waren dies dann doch mehr Bücher als gedacht, nämlich:

  • John Scal­zi, The Last Emperox (2020) – Tur­bu­len­ter letz­ter Band der Emperox-Rei­he von Scal­zi, Space Ope­ra mit poli­ti­schen Ver­wick­lun­gen und Intrigen.
  • Jef­frey Lewis, The 2020 Com­mis­si­on Report on the North Kore­an Nuclear Attacks Against The United Sta­tes (2018) – Sehr selt­sa­mes Alt-Histo­ry-Buch: durch eine Rei­he von Miss­ver­ständ­nis­sen und vor allem das Fehl­ver­hal­ten des US-Prä­si­den­ten D.T. kommt es zu einem (begrenz­ten) Nukle­ar­krieg zwi­schen den USA und Nord­ko­rea. Das Buch behaup­tet, der Bericht der im Nach­hin­ein ein­ge­setz­ten Kom­mis­si­on zu sein, die rekon­stru­iert, wie es zum Nukle­ar­an­griff auf die US gekom­men ist. Soll vor den Gefah­ren der nuklea­ren Bewaff­nung warnen.
  • Alas­ta­ir Rey­nolds, Shadow Cap­tain (2019) / Bone Silence (2020) – Zwei Bücher in Alas­ta­ir Rey­nolds „Revenger“-Universum; die sich über bei­de erstre­cken­de Geschich­te lässt sich am bes­ten als Steam­punk im Welt­raum cha­rak­te­ri­sie­ren; geht um Pira­ten, Ver­rat, das Ver­hält­nis zwi­schen Men­schen und Außer­ir­di­schen und einen geheim­nis­vol­len Him­mels­kör­per, der den bewohn­ten Aste­ro­iden und Pla­ne­to­iden (das gan­ze spielt Mil­lio­nen Jah­re in der Zukunft, von heu­te aus gese­hen) nur alle paar zehn­tau­send Jah­re nahe kommt.
  • Hao Jing­fang, Vagabonds (2020) – Coming of age zwi­schen Erde und Mars, die in einem kal­ten Krieg mit­ein­an­der lie­gen. Mars scheint eine Uto­pie zu sein, die Erde dys­to­pisch gekenn­zeich­net, das gan­ze mit einer gehö­ri­gen Pri­se zeit­ge­nös­si­sche chi­ne­si­sche Per­spek­ti­ve. Eine inter­es­san­te Per­spek­ti­ve, auch die Spra­che ist … anders, als sonst von Sci­ence Fic­tion gewohnt.
  • David Wel­ling­ton, The Last Astro­naut (2019) – First Cont­act im Erd­or­bit, geht ziem­lich dane­ben. Weder das Mili­tär noch die kom­mer­zi­el­le Raum­fahrt krie­gen es gere­gelt. Geschrie­ben aus der Per­spek­ti­ve der letz­ten Astro­nau­tin, deren Flug zum Mars von vie­len Jah­ren schei­ter­te und die jetzt das unbe­kann­te Flug­ob­jekt erkun­den soll.
  • Kathe­ri­ne Adddi­son, The Angel of the Crows (2020) – Muss­te kurz nach­den­ken, was das noch­mal war: genau, eine Art Sher­lock-Hol­mes-Roman in einem über­na­tür­lich getränk­ten vik­to­ria­ni­schen Eng­land – es gibt Wer­wöl­fe und gefal­le­ne Engel, golem­ar­ti­ge Robo­ter und Vam­pi­re – und all das hat natür­lich Aus­wir­kun­gen dar­auf, wie der (gefal­le­ne?) Engel Crow und assis­tie­rend Dr. Doyle mit
    meh­re­ren dunk­len Geheim­nis­sen ihre Fäl­le lösen. Über­ra­schen­der schö­ner Schluss.
  • Megan E. O’Keefe, Velo­ci­ty Wea­pon (2019) / Cha­os Vec­tor (2020) – Space Ope­ra in einem durch Wurm­lö­cher ver­bun­de­nen Ex-Erd-Impe­ri­um, eine Elon-Musk-arti­ge Erfin­de­rin und das künst­li­che Bewusst­sein eines Raum­schiffs – der titel­ge­ben­den velo­ci­ty wea­pon spie­len eine gro­ße Rol­le, es gibt aber auch cyber­punk-arti­ge Slum-Bewohner:innen.
  • Zack Jor­dan, The Last Human (2020) – Coming of Age eines von allen ande­ren Wesen mas­siv gefürch­te­ten gefähr­li­chen Men­schen­kinds; inter­es­sant gebau­te Welt mit Anleh­nun­gen an Dou­glas Adams und Kom­men­ta­ren zu frei­em Wil­len, ver­teil­ter sowie gott­glei­cher Intel­li­genz (Men­schen sind auf einem „bare­ly sen­ti­ent“-tier in der Intelligenzpyramide).
  • Dani­el Abra­ham, A Shadow in Sum­mer (2006) / An Autumn War (2007) / A Betra­y­al in Win­ter (2008) / The Pri­ce of Spring (2009) – Beein­dru­cken­de Saga in einer detail­liert aus­ge­dach­ten Fan­ta­sy-Welt; Magie kommt in Form ver­kör­per­ter und sehr mäch­ti­ger Ideen vor, die zu beherr­schen nicht ein­fach ist. Eine Lebens­ge­schich­te mit über­ra­schen­den Wen­dun­gen, Intri­gen und einem rea­lis­ti­schen Blick auf Macht und schwe­re Entscheidungen.
  • Dan Moren, The Bay­ern Agen­da (2019) – James Bond als Space Opera.
  • James Gur­ney, Dino­to­pia (1992) – Mir bis­her ent­gan­ge­ner Klas­si­ker (ver­sun­ke­ne Welt, in der Men­schen und Dino­sau­ri­er ver­eint leben), hübsch illus­triert, die Geschich­te ist weni­ger spannend.
  • Kame­ron Hur­ley, The Mir­ror Empire (2014) – Eher dran rum­ge­kaut, fand die unter­schied­li­chen Erzähl­strän­ge ver­wir­rend und bin bis heu­te nicht sicher, ob ich jede Figur der rich­ti­gen Welt zuord­ne (die hier par­al­lel zuein­an­der lie­gen und durch Magie in Ver­bin­dung gebracht wer­den kön­nen). Teil­wei­se sehr fremd­ar­ti­ge Kul­tu­ren, der Sub­text ganz unter­schied­li­cher Nor­ma­li­tä­ten – Mehr-Eltern-Fami­li­en, ver­än­der­te Geschlech­ter­rol­len, gefähr­li­che Pflan­zen usw. – sag­te mir stre­cken­wei­se mehr als die Geschich­te, die am Ende von Band 1 abrupt und unbe­frie­di­gend endet.
  • Ursu­la K. Le Guin, No Time to Spa­re: Thin­king About What Mat­ters (2017) – Kei­ne Fik­ti­on, son­dern die gesam­mel­ten Blog­ein­trä­ge der ver­stor­be­nen Autorin; neben Kat­zen­ge­schich­ten geht es um Poli­tik, Schrei­ben, Reli­gi­on, … nicht alles fand ich über­zeu­gend, aber doch lesens­wert und altersweise.

Bis­her nicht ange­fan­gen habe ich Sarah Pins­ker, A Song for a New Day (2019), obwohl das von vie­len Sei­ten emp­foh­len wur­de und seit eini­ger Zeit auf mei­nem E‑Book-Lese­ge­rät liegt – schlicht und ein­fach des­halb, weil mir ein Buch über eine Pan­de­mie in einer Pan­de­mie zu lesen zu nahe ist.

Lesenswert: Die vier Bände der Nine-Realms-Reihe

 

 
„Ceru­lean“ ist im Eng­li­schen der Begriff für einen bestimm­ten Blau­ton. Ich wür­de ihn als dunk­les Him­mel­blau bezeich­nen, ein sehr kla­res Blau jeden­falls. Die­ser Blau­ton ist zugleich die Haar­far­be der Köni­gin­nen von Wei­ran­da­le – einem der neun Rei­che in Sarah Koz­l­off vor kur­zem in rascher Fol­ge erschie­nen vier­bän­di­gem Epos. In den Bän­den „A Queen in Hiding“, „The Queen of Rai­ders“, „A Bro­ken Queen“ und „The Ceru­lean Queen“ beglei­ten wir Ceru­lia, begin­nend mit der Flucht ihrer Mut­ter vom Hof von Wei­ran­da­le, quer durch die neun Rei­che. Im vier­ten Band kehrt Ceru­lia nach Jah­ren des Exils, in denen sie in ganz unter­schied­li­che Rol­len gera­ten und dar­an gewach­sen ist, nach Wei­ran­da­le zurück. Doch nur weil sie blaue Haa­re hat, weil sie wie alle ihre Vor­fah­rin­nen ein magi­sches Talent hat, und weil sie Anspruch auf den Thron erhebt, ist sie noch längst nicht als Köni­gin akzep­tiert und anerkannt.

In einem Tweet habe ich die vier Bän­de (die ich bis auf einen klei­nen Moment ver­schlun­gen habe, dazu gleich mehr) mit „Game of Thro­nes“ bzw. dem „Song of Ice and Fire“ ver­gli­chen. Gemein­sam ist bei­den ein spät­mit­tel­al­ter­lich bis früh­neu­zeit­li­ches Set­ting, in das ein wenig Magie ein­dringt, gemein­sam ist die Mischung aus Intri­ge und Sinn­su­che, blu­ti­gen Kämp­fen und rea­lis­ti­scher Grau­sam­keit. Wo Game of Thro­nes fast schon voy­eu­ris­tisch hin­schaut, ist der Blick in Koz­l­off Epos aber ein zutiefst huma­ner, viel­leicht auch huma­nis­ti­scher: Poli­ti­sche Ent­schei­dun­gen haben Fol­gen, Schlach­ten wer­den geschla­gen und brin­gen auf allen Sei­ten Leid und Wun­den mit sich, Grau­tö­ne und nach­voll­zieh­ba­re Moti­ve durch­zie­hen alle Figu­ren, egal ob „gut“ oder „böse“, und das magi­sche Talent von Ceru­lia (und das ihrer Mut­ter) kann zwar hel­fen, hat aber eben­so kla­re Gren­zen und Kon­se­quen­zen. Zudem gibt es Sub­tex­te über gutes Regie­ren, über Diver­si­tät und über Geschlechterrollen.

Der ein­zi­ge klei­ne Moment, wo ich das vier­te Buch dann ein paar Tage zur Sei­te gelegt hat­te, war der, als die natür­lich auch vor­han­de­ne – und auch rea­lis­tisch gezeich­ne­te – Lie­bes­ge­schich­te end­lich ihr Hap­py End fand, das Buch aber noch gut 200 Sei­ten vor sich hat­te. Da hat­te ich dann einen Moment die Befürch­tung, dass – kill your dar­lings – das nicht gut aus­ge­hen kann. Ist es dann aber doch, und in sofern hat es sich gelohnt, wei­ter­zu­le­sen, wie auch die gan­ze Geschich­te gut geschrie­ben und auf jeden Fall eine Lese­emp­feh­lung wert ist.

So ’ne Art Jahresrückblick, Teil II: Zwölf mal Science Fiction & Fantasy

Auch dank des E‑Books (ja, beim Pen­deln und für den Sofort­zu­griff auf inter­es­sant aus­se­hen­de Bücher super­prak­tisch) lese ich doch ziem­lich viel, vor allem Sci­ence Fic­tion und Fan­ta­sy. Im Juli hat­te ich schon mal auf ein paar inter­es­san­te Bücher hin­ge­wie­sen, und im Okto­ber auf L.X. Becketts Game­ch­an­ger als beson­ders gut gemach­tes Bei­spiel für das Sub­gen­re der Aug­men­ted-Rea­li­ty-Roma­ne. Wenn ich aus den vie­len Büchern, die ich 2019 gele­sen habe, zehn her­aus­pi­cken möch­te, die beson­ders ein­drucks­voll waren, dann sind das die fol­gen­den. Dabei habe ich mal Ste­ven Brusts Vlad Tal­tos, Lar­ry Nivens Ring­world und Isaac Asi­movs Foun­da­ti­on weg­ge­las­sen, die ich (neu) für mich ent­deckt habe – nächs­tes Buch der Serie kau­fen inklusive.

  • Arka­dy Mar­ti­ne, A Memo­ry Cal­led Empire – Space Ope­ra trifft auf diplo­ma­ti­sche Ver­wick­lun­gen zwi­schen einem präch­ti­gen Impe­ri­um und der neu­en Bot­schaf­te­rin einer klei­nen unab­hän­gi­gen Raumstation
  • Cory Doc­to­row, Radi­cal­i­zed – vier Kurzgeschichten/Novellen über die Über­wa­chungs­ge­sell­schaft, in der wir leben
  • Karl Schroe­der, Ste­al­ing Worlds – Aug­men­ted Rea­li­ty trifft auf Bru­no Latour, die Block­chain und eine jun­ge Frau auf der Flucht
  • L.X. Beckett, Game­ch­an­ger – sie­he oben
  • Mary Robi­net­te Kowal, The Cal­cu­la­ting Stars und The Fated Sky – Alter­na­tiv­ge­schich­te zum US-Raum­fahrt­pro­gramm, dies­mal sind Astro­nau­tin­nen dabei
  • Anna­lee Newitz, The Future of Ano­ther Time­line – eine femi­nis­ti­sche Zeit­rei­se zwi­schen Riot Grrrls und Urzeit, oder: ein Kom­men­tar zur Debat­ten­kul­tur im Netz
  • Amal El-Mohtar / Max Glad­stone, This is How You Lose the Time War – eine unwahr­schein­li­che Lie­bes­ge­schich­te zwi­schen zwei Zeit­rei­sen­den, in Briefen
  • Zen Chao, The True Queen – Nach­fol­ge­band zu Sorce­rer to the Crown, vik­to­ria­nisch-post­ko­lo­nia­le Fantasy
  • Pao­lo Baci­g­alu­pi / Tobi­as S. Buckell, The Tan­gled Lands – zwei mei­ner Lieb­lings-SF-Autoren haben sich zusam­men­ge­tan, um Fan­ta­sy zu schrei­ben: hier gibt es Magie, und Magie hat eine furcht­ba­re Nebenwirkung
  • Sue Bur­ke, Semio­sis: A novel of first cont­act – Gene­ra­tio­nen­raum­schiff trifft auf intel­li­gen­te Pflanzen
  • K. Eason, How Rory Thor­ne Des­troy­ed the Mul­ti­ver­se – das belieb­te Space-Ope­ra-Sujet der impe­ria­len Prin­zes­sin, die heim­lich eine Art Out­cast-Nin­ja ist, mal anders
  • Nne­di Oko­ra­for, LaGuar­dia – Comic über Außer­ir­di­sche, Nige­ria und die USA