Kurz: Nach der Wahl ist vor der Wahl

Vor­ne­weg: Ich glau­be nicht, dass die OB-Wahl in Frei­burg schon ent­schie­den ist. Die­ter Salo­mon hat als Amts­in­ha­ber deut­lich schlech­ter abge­schnit­ten als erwar­tet – ich hät­te mit ca. 40 bis 45 Pro­zent gerech­net. Tat­säch­lich liegt er im ers­ten Wahl­gang bei einer Wahl­be­tei­li­gung von 51 Pro­zent mit 31,3 Pro­zent und einem Rück­stand von 3,4 Pro­zent­punk­ten nur auf Platz 2 hin­ter dem Schwie­ger­sohn­kan­di­da­ten der SPD. Aber gewon­nen oder ver­lo­ren ist die­se Wahl den­noch erst in zwei Wochen.

Die­ter selbst hat im Nach­wahl­in­ter­view die The­se ver­tre­ten, dass vie­le Wähler*innen ihm im ers­ten Wahl­gang einen Denk­zet­tel, einen „Schuss vor den Bug“ ver­pas­sen woll­ten. Wenn die­se The­se stimmt, dann kommt es jetzt dar­auf an, die­sen Wähler*innen ein „ich habe ver­stan­den“ zu signa­li­sie­ren. Für die­ses Bild spre­chen aus mei­ner Sicht die Ergeb­nis­se in den grü­nen Hoch­bur­gen in Frei­burg – hier liegt die links­li­be­ra­le Moni­ka Stein (GAF) der­zeit klar vor­ne, stadt­weit ist sie mit beacht­li­chen 26 Pro­zent auf Platz 3 gelan­det. Ich ken­ne eini­ge Unterstützer*innen von Moni­ka Stein, die sich eher vor­stel­len kön­nen, für Die­ter Salo­mon zu stim­men als für einen inhalt­lich unde­fi­nier­ten SPD-Kan­di­da­ten. Das ist das eine Reser­voir, aus dem – wenn Moni­ka nicht noch ein­mal antritt – Stim­men an Die­ter flie­ßen könn­ten. Das zwei­te ist die bür­ger­li­che Mit­te, die sich mög­li­cher­wei­se zum Bei­spiel auf­grund einer feh­len­den Wahl­emp­feh­lung der CDU zurück­ge­hal­ten hat – mög­li­cher­wei­se sind auch hier eini­ge gar nicht erst zur Wahl gegan­gen. Und drit­tens könn­te es sein, dass Men­schen Mar­tin Horn gewählt haben – nicht weil sie ihn zum Ober­bür­ger­meis­ter machen woll­ten, son­dern tat­säch­lich, um ein Zei­chen zu set­zen. Sprich: für den zwei­ten Wahl­gang, der in Baden-Würt­tem­berg kei­ne Stich­wahl ist, son­dern auch noch wei­te­re Über­ra­schun­gen mit sich brin­gen könn­te, müss­te Die­ter ers­tens sei­ne bis­he­ri­gen Wähler*innen hal­ten, zwei­tens kla­re vor allem sozi­al­po­li­ti­sche (und viel­leicht auch radi­ka­ler öko­lo­gi­sche) Signa­le in Rich­tung der links­li­be­ra­len, viel­fach durch­aus grün-affi­nen Wäh­ler­schaft von Moni­ka Stein sen­den und drit­tens die CDU und die Frei­en Wäh­ler zu einer kla­ren Wahl­emp­feh­lung brin­gen. Oder, noch etwas prä­gnan­ter: gleich­zei­tig Stim­men der Lin­ken und der CDU-Anhänger*innen erhalten.

Ob die­se Qua­dra­tur des Krei­ses gelingt, wer­den wir in den nächs­ten Tagen sehen. Ein­fach wird das nicht, ver­lo­ren ist die Wahl aber eben auch noch nicht. Und ich kann mir ehr­lich gesagt noch immer nicht vor­stel­len, dass die Mehr­heit der Freiburger*innen einen weit­ge­hend inhalts­lo­sen Mar­tin Horn als Ober­bür­ger­meis­ter haben will – ich mag da vor­ein­ge­nom­men sein, aber ich bin ehr­lich gesagt erschro­cken, als er in sei­nem Nach­wahls­tate­ment blu­migst von „gemein­sam schaf­fen wir das“ (Horn zum OB zu machen) schwa­fel­te und jede inhalt­li­che Posi­tio­nie­rung oder Kon­kre­ti­sie­rung ver­mied. Ein Ober­bür­ger­meis­ter regiert eine Stadt nicht allein, ganz so mon­ar­chisch ist selbst Baden-Würt­tem­berg nicht geprägt. Aber einen star­ken Ein­fluss dar­auf, wie sich eine Stadt posi­tio­niert, hat er (oder sie) eben doch. Das darf ger­ne „Füh­rung“ genannt wer­den – und die kann ich mir von Horn in sei­ner wol­kig-freund­li­chen Belie­big­keit bis­her nicht vorstellen.