Die erste digitale Bundesdelegiertenkonferenz – Abstimmungsmarathon um unsere Grundwerte

#dbdk20

20 Jah­re nach dem ers­ten vir­tu­el­len Par­tei­tag und ein hal­bes Jahr nach der gro­ßen Schalt­kon­fe­renz, dem digi­ta­len Län­der­rat, tag­te an die­sem Wochen­en­de die grü­ne Bun­des­de­le­gier­ten­kon­fe­renz (BDK) digi­tal. Hash­tag #dbdk20. Coro­na macht’s mög­lich – und gleich­zei­tig lässt sich fest­stel­len: so eine digi­ta­le BDK ist fast genau­so anstren­gend wie zwei­ein­halb Tage in irgend­ei­ner Mes­se­hal­le zu sit­zen, dort Reden zu lau­schen, kon­zen­triert abzu­stim­men und neben­bei noch den einen oder ande­ren Plausch zu hal­ten. Die Hin- und Rück­fahrt ent­fällt, aber das macht das feh­len­de Wochen­en­de auch nicht wett.

„Die ers­te digi­ta­le Bun­des­de­le­gier­ten­kon­fe­renz – Abstim­mungs­ma­ra­thon um unse­re Grund­wer­te“ weiterlesen

Zeit des Virus, Update VII

Blue, blue Black forest

Wie etwas ist, wird ja oft erst hin­ter­her klar. Der Som­mer war eine gro­ße Erleich­te­rung. Doch jetzt sind wir unver­hofft und schlecht vor­be­rei­tet in die zwei­te Wel­le gestol­pert. Da mag die Sai­so­na­li­tät des Virus eine Rol­le gespielt haben. Und dar­über, ob es falsch war, die Gren­ze für har­tes, loka­les Ein­grei­fen erst bei 50 Neu­in­fek­tio­nen pro 7 Tage pro 100.000 Ew zu legen, kann rück­bli­ckend gestrit­ten wer­den. Die Zahl war das Ergeb­nis eines poli­ti­schen Rin­gens. Wenn ich mich recht erin­ne­re, stan­den nied­ri­ge­re Schwel­len im Raum, die aber nicht kon­sen­tier­bar waren in der Kon­fe­renz der Minis­ter­prä­si­den­tin­nen und Minis­ter­prä­si­den­ten (MPK), im Som­mer, als die loka­len Aus­brü­che klar umris­sen und nach­voll­zieh­bar waren.

Das ist jetzt anders. In den letz­ten Tagen färb­ten sich die Deutsch­land­kar­ten in einem Tem­po rot, als ob sie dem Herbst­laub Kon­kur­renz machen wollten. 

„Zeit des Virus, Update VII“ weiterlesen

In eigener Sache: Was wäre wenn, …

Der grü­ne Kreis­ver­band Frei­burg hat sein Mit­glie­der­ma­ga­zin Grün in Frei­burg von Print auf online umge­stellt und mich gebe­ten, für die zukünf­tig regel­mä­ßig geplan­te Rubrik „Sag’s den Grü­nen“ den Auf­takt zu machen. Geschrie­ben habe ich – noch im August, vor der Auf­re­gung um eine unhy­gie­ni­sche Groß­de­mo in Ber­lin – etwas dazu, wie wir Grü­ne uns ver­hal­ten hät­ten, wenn die Coro­na-Pan­de­mie vor 30 Jah­ren statt­ge­fun­den hät­te? (Ja, es geht um die Fra­ge der Ori­en­tie­rung an Wis­sen­schaft­lich­keit und Fak­ten …). Aber auch jen­seits davon ist die ers­te Online-Aus­ga­be von Grün in Frei­burg recht inter­es­sant geworden.

… sich zu radikalisieren

Anläs­se, sich zu radi­ka­li­sie­ren, gäbe es einige. 

Die Kli­ma­kri­se ist eine exis­ten­zi­el­le Bedro­hung. Ganz ähn­lich sieht es mit dem Arten­ster­ben aus. Hier weit­rei­chen­de For­de­run­gen zu erhe­ben und wenig Spiel­raum für Kom­pro­mis­se zu sehen – so wür­de ich eine radi­ka­le poli­ti­sche Hal­tung im Sin­ne Habecks „radi­kal und rea­lis­tisch“ beschrei­ben – erscheint mir sehr nach­voll­zieh­bar. (Und natür­lich lässt sich das her­un­ter­bre­chen auf loka­le Anläs­se, Wäl­der, die abge­holzt wer­den sol­len und der­glei­chen mehr.)
„… sich zu radi­ka­li­sie­ren“ weiterlesen

Zeit des Virus, Update VI

Norddeich (post-apocalyptic wasteland with evil overlord, I guess)

Im Juni hat­te ich ja davon berich­tet, eine Feri­en­woh­nung an der Nord­see gebucht zu haben. So ganz wohl war mir nicht dabei, aber letzt­lich haben wir trotz Coro­na-Kri­se Urlaub am Meer gemacht. Kon­kret waren das lan­ge Bahn­fahr­ten in recht lee­ren Zügen, teil­wei­se in der ers­ten Klas­se, in der ich sonst nicht fah­re, die aber noch­mal etwas mehr Abstand und etwas weni­ger Leu­te bie­tet. Erfah­run­gen mit dem Mas­ken­tra­gen: ja, so eine Mas­ke nervt natür­lich, aber sie lässt sich auch für acht Stun­den Zug­fahrt tra­gen, und mei­ne sonst ger­ne mal rebel­li­schen Kin­der hat­ten auch kein Pro­blem damit, son­dern frag­ten höf­lich, ob es ok sei, die Mas­ke abzu­set­zen, um etwas zu essen oder zu trin­ken. Es gab aller­dings immer auch – eini­ge weni­ge – Mitfahrer*innen, die ihre Nase aus der Mas­ke raus­hän­gen lie­ßen. In eini­gen Zügen gab es Durch­sa­gen und auch deut­li­che direk­te Anspra­chen des Zug­per­so­nals, in ande­ren wirk­ten die Zugbegleiter*innen eher über­for­dert und erwähn­ten die Mas­ken­pflicht noch nicht ein­mal bei den Ansagen.

Wir sind mehr­fach von Nord­deich nach Nor­der­ney mit der Fäh­re gefah­ren – bei fri­scher Luft auf dem Deck, und trotz­dem deut­li­chen Hin­wei­sen am Ein­gang und per Laut­spre­cher auf Mas­ken­pflicht und Abstands­ge­bo­te. Eben­so schie­nen mir die Restau­rants einen recht rou­ti­nier­ten Umgang damit gefun­den zu haben – „sie wer­den plat­ziert“, Des­in­fek­ti­ons­mit­tel, Mas­ken­pflicht in den Gän­gen und vie­le Plät­ze im Frei­en. In den Sou­ve­nier­lä­den etc. war es eher Glücks­sa­che, ob die Verkäufer*innen Mas­ke tru­gen (oder sich durch Plexis­glas­schil­de geschützt fühl­ten, oder ob es keins von bei­den gab), und auch im Walo­se­um gab es zwar deut­li­che Hin­wei­se (nur eine Fami­lie pro Raum, Mas­ken­pflicht, …), aber kaum Kon­trol­len die­ser Vor­schrif­ten und vie­le Expo­na­te zum Anfas­sen. Hm. 

Rela­tiv vie­le Ange­bo­te waren geschlos­sen – bei­spiels­wei­se der Indoor-Kin­der­spiel­platz, den es in Nord­deich eigent­lich geben soll­te, diver­se Leucht­tür­me etc. oder im Muse­um das Cafe. Am Strand wur­de dar­um gebe­ten, Strand­kör­be nicht zu ver­schie­ben und Abstand zu hal­ten; Mas­ken wur­den hier aller­dings nur an den Kios­ken getra­gen, eine Auf­sicht, Erfas­sung der Besucher*innen oder Kon­trol­le der Per­so­nen­zahl gab es nicht. Aller­dings waren die Strän­de auch nicht über­füllt, so dass hier pro­blem­los Abstand zwi­schen ein­zel­nen Fami­li­en war.

Letzt­lich waren wir – von ein­zel­nen Zug­fahr­ten, Laden- und Muse­ums­be­su­chen abge­se­hen – fast die gan­ze Zeit ent­we­der in der Feri­en­woh­nung oder an der fri­schen Luft. Inso­fern hof­fe ich, dass mein Risi­ko­ein­druck mich nicht täuscht und das ins­ge­samt akzep­ta­bel war. 

Trotz­dem bli­cke ich mit Sor­ge auf die inzwi­schen wie­der schnell stei­gen­den Fall­zah­len und bin froh, wie­der zuhau­se zu sein. Das Gedächt­nis der Men­schen scheint kurz zu sein; der Weg hin zu einem effek­ti­ven Impf­schutz ist noch weit. Bis dahin schei­nen mir Mas­ket­ra­gen und Abstand­hal­ten sowie der Ver­zicht auf unnö­ti­ge Men­schen­an­samm­lun­gen wei­ter sinn­voll zu sein. Auch wenn es unge­recht ist, hal­te ich in die­sem Sin­ne auch die Tests bei Reiserückkehrer*innen aus Risi­ko­ge­bie­ten für eine sinn­vol­le Sache. 

In Baden-Würt­tem­berg sind noch bis Anfang Sep­tem­ber Schul­fe­ri­en. Danach kommt der Herbst, und (wie im Juni schon geschrie­ben) auch die Schu­le läuft dann wie­der an. Laut Kul­tus­mi­nis­te­ri­um soll der Fokus auf dem „Kern­cur­ri­cu­lum“ lie­gen, schul­spe­zi­fi­sche Ergän­zun­gen oder AGs wer­den als „kann weg­fal­len“ betrach­tet. Bis­her ist dafür ein weit­ge­hend „nor­ma­ler“ Prä­senz­be­trieb geplant. Nach jet­zi­gem Stand soll es eine Mas­ken­pflicht nur außer­halb des Unter­richts geben. Ob das so bleibt, bin ich skep­tisch – und ich hof­fe wei­ter­hin, dass unab­hän­gig von den Wei­sun­gen der Kul­tus­mi­nis­te­rin alle Schu­len sich inten­siv auf einen Plan B vor­be­rei­ten, bei dem grö­ße­re Teil des Schul­be­triebs im Distanz­un­ter­richt statt­fin­den wer­den. Selbst wenn wir im Sep­tem­ber nicht mit­ten in einer zwei­ten Wel­le mit Aus­gangs­be­schrän­kun­gen lie­gen, wird es ein­zel­ne Klas­sen und Schu­len geben, die auf­grund von Coro­na­fäl­len in Qua­ran­tä­ne gehen müs­sen, und es wird Kin­der geben, die auf­grund von Vor­er­kran­kun­gen oder aus Sor­ge der Eltern vom Prä­senz­un­ter­richt abge­mel­det sind. Auch die­se müs­sen erreicht wer­den. An vie­len Schu­len hat sich dafür in den letz­ten Wochen des letz­ten Schul­halb­jahrs eine gute Pra­xis ent­wi­ckelt. „Never chan­ge a run­ning sys­tem“ heißt auch, dann nicht mit­ten in der Pan­de­mie auf neue Soft­ware umzu­stei­gen, wie es Frau Eisen­mann wohl plant. Bil­dungs­po­li­tisch wird es jeden­falls zuneh­mend heiß im Land.

Und etwas wei­ter in die Zukunft geblickt, ste­hen dann Lan­des- und Bun­des­par­tei­ta­ge an. Aktu­ell sind sol­che Ver­an­stal­tun­gen mit Hygie­ne­kon­zep­ten und Abstands­ge­bo­ten mög­lich. Ob das im Spät­herbst immer noch der Fall sein wird, ist die eine Fra­ge – ob es sinn­voll ist, sich mit ein paar hun­dert Dele­gier­ten in einer Hal­le zu ver­sam­meln, um über Pro­gram­me und Per­so­nen zu befin­den, die ande­re. (Die Auf­stel­lungs­ver­samm­lun­gen zur Land­tags­wahl im Wahl­kreis Frei­burg lie­fen mit viel Abstand im Bier­gar­ten – das ist aber lei­der nicht auf einen gro­ßen Par­tei­tag im Novem­ber übertragbar …).