Grüne Frauenquote bleibt auch an der Spitze

Angeb­lich dis­ku­tie­ren „die Grü­nen“ über die Abschaf­fung der Dop­pel­spit­ze. Schreibt jeden­falls die WELT. Und man­che grei­fen das ger­ne auf.

BDK: Claudia Roth
Es geht auch um Claudia

Aus mei­ner Sicht ist die Debat­te dop­pel­ter Blöd­sinn. Ers­tens dis­ku­tiert die Par­tei gar nicht über die Abschaf­fung der Dop­pel­spit­ze. Ein paar sub­stan­ti­ell real­po­li­ti­sche, jung­männ­li­che Nach­wuchs­hoff­nun­gen (Al-Wazir, Pal­mer) über­le­gen sich, wie sie die Par­tei ger­ne hät­ten. Dar­aus wird dann die angeb­li­che Debat­te. Mir ist aller­dings nicht bekannt, dass die­se Grup­pe ernst­haft vor hat, für den Bun­des­par­tei­tag (BDK) im Herbst einen ent­spre­chen­den Sat­zungs­än­de­rungs­an­trag zu stel­len. Der wür­de auf einer BDK auch kei­ne 2/3‑Mehrheit erhalten.

Der zwei­te Grund, war­um die­se angeb­li­che Debat­te Blöd­sinn ist, besteht dar­in, dass in der Pal­mer-Al-Wazir-Vari­an­te aus der gen­der­po­li­ti­schen Dop­pel­spit­ze (Quo­te etc.) eine flü­gel­po­li­ti­sche Dop­pel­spit­ze wird. Und gegen die kann dann ja auch wun­der­bar argu­men­tiert wer­den, Stich­wort: Über­win­dung des Lager­den­kens, usw. Sagt zumin­dest das eine Lager. Nur: dass die Dop­pel­spit­ze fak­tisch ger­ne auch zur Strö­mungs­in­te­gra­ti­on ver­wen­det wird, ist nir­gend­wo fest­ge­schrie­ben – und muss auch nicht so sein. (Neben­bei bemerkt: ande­re Par­tei­en, z.B. die LINKE, schei­nen sogar eige­ne Dele­gier­te auf Par­tei­ta­gen für Strö­mun­gen zu haben – ganz so ist das bei uns nicht, auch wenn ger­ne mal in Flü­gel­netz­wer­ken geklün­gelt wird). 

War­um dann die­ser media­le Ver­suchs­bal­lon? Ich ver­mu­te, dass dahin­ter eine gan­ze Rei­he von Zie­len ste­cken: neben der bereits erwähn­ten Umdeu­tung der Dop­pel­spit­ze, die dann nicht mehr als Gleich­be­rech­ti­gungs­in­stru­ment begrif­fen wird – also der Erlan­gung von dis­kur­si­ver Hege­mo­nie – geht es ver­mut­lich vor allem um die Vor­be­rei­tung des Par­tei­tags. Ich könn­te mir sogar vor­stel­len, dass hin­ter die­sen Äuße­run­gen letzt­lich z.B. der Ver­such steht, eine Dop­pel-Kan­di­da­tur Kat­rin Göring-Eck­art / Cem Özd­emir vor­zu­be­rei­ten. Und zusam­men mit der Umdeu­tung von der Gen­der- zur Flü­gel­quo­te könn­te gleich­zei­tig ver­sucht wer­den, eine lin­ke Kan­di­da­tur für den männ­li­chen Vor­sit­zen­den (bzw. die zwei­te weib­li­che Vor­sit­zen­de) zu ver­hin­dern. Bei der aktu­el­len Kan­di­da­ten­la­ge wäre der m.E. ein gewis­ser Erfolg zuzu­spre­chen. Und schließ­lich geht es über den Par­tei­tag hin­aus auch dar­um, einen infor­mel­len Füh­rungs­an­spruch (die „Josch­ka-Nach­fol­ge“) zu eta­blie­ren: die Par­tei­soll gefäl­ligst so tun, als wären Pal­mer und Al-Wazir, die bei­de gera­de nicht kan­di­die­ren kön­nen, das eigent­li­che Füh­rungs­zen­trum der Partei. 

Das wird sich die Par­tei nicht gefal­len las­sen, und wenn die Medi­en ein rea­lis­tisch Bild der Poli­tik von Bünd­nis 90/Die Grü­nen behal­ten wol­len, soll­ten sie sich auch nicht dar­auf einlassen.

War­um blog­ge ich das? Weil ich – ganz unab­hän­gig von der Per­son Clau­dia Roth – es ärger­lich fin­de, wie hier ver­sucht wird, über Ban­de die eman­zi­pa­to­ri­schen Grund­struk­tu­ren der Grü­nen zu erschüttern.

Ein Grün ist ein Grün ist … live vom Länderrat (Update 6)

Schnappschuss grüner LänderratLive vom grü­nen Län­der­rat in Ber­lin – gera­de eben läuft die Debat­te zum Fünf-Par­tei­en-Sys­tem. Sowohl in der poli­ti­schen Rede von Rein­hard Büti­ko­fer als auch bei allen bis­he­ri­gen Red­ne­rIn­nen – alle MdBs, gera­de mit viel Applaus Rena­te Kün­ast – gab es dazu nur eine Bot­schaft: wir sind grün, wir ver­ab­schie­den uns von „natür­li­chen Bünd­nis­sen“ (ohne jedoch Äqui­di­stanz zu sehen), wir ste­hen für bestimm­te Inhal­te (dazu gleich mehr), und wir sind für alle Koali­tio­nen offen, in denen wir die­se Inhal­te umset­zen können.
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Karlsruhe verbietet Zugriff auf Vorratsdaten

In einem Eil­ent­scheid hat das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt den ver­dachts­un­ab­hän­gi­gen Zugriff auf gesam­mel­te „Vor­rats­da­ten“ über Tele­fon­ver­bin­dungs­da­ten außer Kraft gesetzt. Gut so!

Phone

Der Arbeits­kreis Vor­rats­da­ten­spei­che­rung begrüßt die heu­te ver­kün­de­te Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts, die von CDU, CSU und SPD beschlos­se­ne ver­dachts­lo­se Samm­lung der Ver­bin­dungs- und Stand­ort­da­ten der gesam­ten Bevöl­ke­rung (Vor­rats­da­ten­spei­che­rung) durch einst­wei­li­ge Anord­nung ein­zu­schrän­ken. Die Ver­fas­sungs­rich­ter ent­schie­den: „In dem Ver­kehrs­da­ten­ab­ruf selbst liegt ein schwer­wie­gen­der und nicht mehr rück­gän­gig zu machen­der Ein­griff in das Grund­recht aus Art. 10 Abs. 1 GG (Schutz des Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­ge­heim­nis­ses). Ein sol­cher Daten­ab­ruf ermög­licht es, weit­rei­chen­de Erkennt­nis­se über das Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ver­hal­ten und die sozia­len Kon­tak­te des Betrof­fe­nen zu erlan­gen.“ […] Ralf Bend­rath vom Netz­werk Neue Medi­en und aktiv im Arbeits­kreis Vor­rats­da­ten­spei­che­rung betont: „Das Ver­fas­sungs­ge­richt ist bei Eil­ent­schei­dun­gen tra­di­tio­nell zurück­hal­tend. Dass die Rich­ter in die­sem Fall die Wei­ter­ga­be der Daten auf die Ver­fol­gung schwe­rer Straf­ta­ten beschränkt haben, zeigt, dass hier ein gra­vie­ren­der Grund­rechts­ein­griff vor­liegt. (Pres­se­mit­tei­lung des AK Vor­rats­da­ten­spei­che­rung).

Denn obwohl der Beschluss for­mal nur ein Teil­sieg für die Geg­ner der Vor­rats­da­ten­spei­che­rung bedeu­tet, ist es ein höchst signal­mäch­ti­ger: Karls­ru­hes Spruch stellt fak­tisch den Sta­tus Quo vor Ein­füh­rung der anlass­un­ab­hän­gi­gen Daten­spei­che­rung wie­der her. Denn das ist der Clou des in die­ser Hin­sicht salo­mo­ni­schen Beschlus­ses: Es erlaubt zwar noch das Sam­meln von Daten, nicht aber den beab­sich­tig­ten ver­dachts­un­ab­hän­gi­gen Voll­zu­griff dar­auf. Auch wei­ter­hin hei­ligt der Zweck auch für den Staat nicht die Mit­tel, Karls­ru­he mahnt mit sei­nem Beschluss, die Ver­hält­nis­mä­ßig­keit der ein­ge­setz­ten Mit­tel zu ach­ten. (Frank Pata­long, Spie­gel Online).

Und natür­lich die Ein­schät­zung der Situa­ti­on bei Mar­kus, die Sicht von Bun­des­da­ten­schüt­zer Peter Schaar, ein Tele­po­lis-Arti­kel, die Bür­ger­rechts­pres­se­er­klä­rung der Bun­des­grü­nen und nicht zuletzt die (lei­der noch nicht online ste­hen­de) Pres­se­mit­tei­lung der baden-würt­tem­ber­gi­schen Grü­nen, in der es heißt:

„Die Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts ist ein wich­ti­ger Etap­pen­sieg für den Rechts­staat. Damit ertei­len die Rich­ter den Über­wa­chungs­phan­ta­sien der Gro­ßen Koali­ti­on ein­mal mehr eine Absa­ge“, erklär­te Mou­rat­i­dis, der sich selbst an der Sam­mel­kla­ge gegen die Vor­rats­da­ten­spei­che­rung betei­ligt hat.

War­um blog­ge ich das? Weil mir das The­ma wich­tig erscheint, und hier neu­es bür­ger­schaft­li­ches Enga­ge­ment vie­ler tat­säch­lich mal was bewegt hat.

Linksradikale G8-Kritik gleich Terrorismus?

So jeden­falls schei­nen es Schäub­le und Co. zu sehen: Raz­zi­en bei Sze­ne­buch­lä­den, Haus­pro­jek­ten und lin­ken Inter­net­pro­jek­ten in Ham­burg und Ber­lin – gleich­zei­tig wird im Zuge der Debat­te um Klar und Mohn­haupt lin­ker Akti­vis­mus vom baden-würt­tem­ber­gi­schen Ver­fas­sungs­schutz mit der RAF gleich­ge­setzt. Das sind so Grün­de, war­um ich das und das auch über die Ein­zel­fäl­le hin­aus wich­tig fin­de, und war­um ich mei­ne, dass es u.a. Auf­ga­be der Grü­nen ist, hier jetzt deut­lich Flag­ge zu zei­gen, und klar zu machen, dass es nicht ange­hen kann, alles, was poli­tisch unlieb­sam ist, gleich mal in die beque­me Ter­ro­ris­mus­ecke zu stecken. 

War­um blog­ge ich das? Weil ich hier Hand­lungs­be­darf im Sin­ne eines „wer Frei­heit für Sicher­heit opfert, wird bei­des ver­lie­ren“ sehe.

Update: Über­blicks­ar­ti­kel in der Tele­po­lis, Lin­ke empört (u.a. Chris­ti­an Strö­be­le) in Spie­gel-Online und Kri­tik von Clau­dia Roth in der Net­zei­tung. Mehr Links (u.a. zu Indy­me­dia) gibt es bei netzpolitik.org.

Update 2: In der Tele­po­lis jetzt auch ein Kom­men­tar von Flo­ri­an Röt­zer, Prä­ven­tiv­staat in Aktion

Update 3: Völ­lig fal­sches Kali­ber – Pres­se­mit­tei­lung der grü­nen Bun­des­tags­frak­ti­on, in der die Raz­zi­en scharf als unan­ge­mes­sen kri­ti­siert werden.

Politik im Fußballstadion

DelegateDer 1. ordent­li­che Län­der­rat 2007 ist vor ein paar Stun­den zu Ende gegan­gen, ich sit­ze jetzt im ICE-Flag­ship von Köln nach Mann­heim; mehr noch als in den älte­ren ICEs fühlt sich Zug­fah­ren hier (zumal mit unter­ge­hen­der Son­ne und der rich­ti­gen Musik) so ein biß­chen an, als wäre es irgend­was aus einem Sci­ence-Fic­tion-Roman. Außer­dem gibt es Steck­do­sen am Platz; auf das Expe­ri­ment mobi­les Inter­net habe ich mich jedoch bis­her nicht ein­ge­las­sen. Was gibt es also vom Län­der­rat zu berichten?
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