Kurz: Plakate in Kreuzberg (Update 4)

Plakat Ströbele 2009Nicht alles, was sich wie­der­holt, muss schlecht sein. Mir jeden­falls gefällt das neue, wie­der von Sey­fried gezeich­ne­te Pla­kat des grü­nen Direkt­kan­di­da­ten, Hans-Chris­ti­an Strö­be­le, für den Wahl­kreis Fried­richs­hain-Kreuz­berg in Ber­lin. „Augen­zwin­kernd pathe­tisch“ schreibt der Tages­spie­gel – das trifft es gut, und das gefällt mir. Ich jeden­falls drü­cke Chris­ti­an die Dau­men für einen erneu­ten Direkt­ein­zug in den Bundestag.

Ach ja, Björn Böh­ning. Das ist der SPD­ler („Spre­cher der SPD-Lin­ken“, Mit­ar­bei­ter von Wowe­reit, der nicht auf die Lan­des­lis­te gewählt wur­de und im Wahl­kampf auf bil­li­ge Prak­ti­kan­tIn­nen setzt), der meint, die­ses Pla­kat mit „Über­ra­schungs­los – Span­nungs­los – Ideen­los“ kom­men­tie­ren zu müs­sen. Dass ein gutes grü­nes Pla­kat dem SPD-Gegen­kan­di­da­ten nicht gefällt, wird wohl nie­mand wun­dern. Dass ein der­ar­ti­ger Null-Kom­men­tar auch in der wort­rei­chen Erläu­te­rung nicht bes­ser wird, auch nicht. 

Und war­um macht er das? Wohl, weil Hans-Chris­ti­an Strö­be­le mit der wit­zi­gen Sey­fried-Adap­ti­on der fran­zö­si­schen Revo­lu­ti­ons­i­ko­no­gra­fie dem SPD-Pla­kat (die Ber­li­ner Zei­tung beschreibt es als „Mini-Oba­ma in Kreuz­berg“) die Show gestoh­len hat. Bil­der davon fin­de ich im Netz noch kei­ne, aber wenn’s tat­säch­lich ein uniro­ni­scher Ver­such sein soll­te, Oba­mas „Hope“ zu kopie­ren, dann wäre neben „ein­falls­los“ auch „völ­li­ge Selbst­über­schät­zung“ eine gute Beschreibung.

Update: (10.8.2009) Ein Exem­plar des Böh­ning-Pla­kats habe ich noch immer nicht gese­hen, dafür das defi­ni­tiv niveau­lo­se Pla­kat der CDU-Kan­di­da­tin, Vera Lengs­feld (sie­he auch Süd­deut­sche).

Update 2: Böh­ning sieht so aus – auf sei­nem eige­nen Web­auf­tritt fehlt das Pla­kat aller­dings immer noch. Net­tes Pla­kat, die Oba­ma-Anlei­he ist weit weni­ger schlimm als befürch­tet – beson­ders gewagt fin­de ich’s aller­dings auch nicht.

Update 3: Auch das Pla­kat der Kan­di­da­tin der LINKEN, Hali­na Waw­zy­ni­ak, über­rascht eher durch Kör­per­ein­satz als durch inhalt­li­che Spannung.

Update 4: (11.08.2009) Alle vier Pla­ka­te im Ver­gleich noch­mal im Tages­spie­gel.

Der platte Stolz der Konservativen (Update)

Chris­ti­an Strö­be­le spricht im Deutsch­land­funk-Inter­view vie­les aus, was ich mir auch so über Natio­nal­sym­bo­le den­ke – und bekommt als Ant­wort einen „Sturm der Ent­rüs­tung“ aus der natio­nal­kon­ser­va­ti­ven Ecke, spricht CDU, CSU und FDP. Wie da jetzt ange­fan­gen wird, ein­zu­for­dern, dass Abge­ord­ne­te stolz auf ihr Land sein müss­ten, um poli­tisch agie­ren zu dür­fen, ist schon irgend­wie widerlich. 

Und eigent­lich ist ja mit dem Satz „Ich lie­be nicht den Staat, ich lie­be mei­ne Frau.“ von Gus­tav Hei­ne­mann (Bun­des­in­nen­mi­nis­ter, Bun­des­prä­si­dent) auch schon alles gesagt, was dazu zu sagen ist. Solan­ge Staa­ten kei­ne Ein­rich­tun­gen sind, in die mehr­heit­lich bewusst und indi­vi­du­ell ein­ge­tre­ten wird – bei frei­er Aus­wahl -, son­dern von Zufäl­len der Geburt und des Auf­ent­halts­or­tes abhän­gen, ergibt „Vater­lands­lie­be“ kei­nen Sinn. Und selbst dann: Wir leben in einer Gesell­schaft, nicht in einer Gemein­schaft.

Buddhist Stupa II
Flag­gen­al­ter­na­ti­ve

Aber schein­bar wol­len die Ent­rüs­te­ten aus den drei kon­ser­va­ti­ven Par­tei­en nicht ver­ste­hen, dass nicht volks­ge­mein­schaft­li­che Iden­ti­tät die bes­te Poli­tik her­vor­bringt, son­dern dass es gera­de der etwas distan­zier­te Blick ist, in dem dann auch die Miß­stän­de und brau­nen Fle­cken sicht­bar, die aus der Wahr­neh­mung der Kon­ser­va­ti­ven her­aus über­tüncht erschei­nen und damit nicht gese­hen wer­den wollen. 

Bis­her ist die ein­zi­ge Bun­des­tags­par­tei, die die Deutsch­land­fah­ne im Logo führt, die Uni­on. Bei der Links­par­tei weht die rote Fah­ne im Logo. Das ist auf einer ande­ren Ebe­ne auch nicht wirk­lich viel bes­ser. Grü­ne haben bis­her, wenn über­haupt, eher mit iro­ni­schen Ver­frem­dun­gen gear­bei­tet – „ohne uns wird alles schwarz-rot-gold“. Das war 1990, und wür­de heu­te viel­leicht auch bei Bünd­nis 90/Die Grü­nen so nicht mehr ver­wen­det. Ich hof­fe, dass es dabei bleibt, und dass die Flag­ge in unse­rem grü­nen Wahl­kampf wei­ter­hin nur gebro­chen und aus Distanz erscheint, Ver­bür­ger­li­chung hin oder her.

War­um blog­ge ich das? Weil ich mir weder das Logo mei­ner Soli­dar­ge­mein­schaft Kran­ken­kas­se an die Brust hef­ten will noch glau­be, dass wir sowas wie den ame­ri­ka­ni­schen Umgang mit die­sem Sym­bol hier brauchen.

P.S.: Neben­bei bemerkt: auch für den selt­sa­men Vor­schlag der CDU, die Spra­che zum Natio­nal­sym­bol und Natur­denk­mal zu erklä­ren, steht die 2/3‑Mehrheit m.W. bis­her noch nicht.

Update: Die Ber­li­ner Mor­gen­post hat ihren Arti­kel zum The­ma mit einer Umfra­ge verziert.