Flug•zwerg, der, myth. Wesen, Kennz.: Flugfähigkeit nur m. techn. Hilfsm. gegeb., für einen Zwerg ungew. Körpergröße (äußerl.), ausgepr. Dünnhäutigkeit u. zwergenh. Statur (innerl.); satr. Verwendg. 2023 nachgew. („Flugzwerg aus dem Mittelstand“, Karnev. Aach., M.-A. St.-Z., Bsp.).
Ungeduld der Klimabewegung, Zeitläufe der Politik
Auch jenseits von Lützerath beobachte ich in den letzten Wochen eine zunehmende Schärfe im Ton zwischen Klimabewegung und grüner Partei. Das ist auf der einen Seite nicht weiter verwunderlich – Bündnis 90/Die Grünen stecken als Regierungspartei in einer anderen Rolle als die Klimabewegung, und mit dem Wechsel von Opposition zu Regierung im Bund hat sich da auch noch einmal etwas verschoben. Auf der anderen Seite lässt mich das etwas ratlos zurück. Denn im Kern steckt hinter dieser zunehmenden Schärfe ein Dilemma, das sich nicht so leicht auflösen lässt.
Das Mantra der Klimabewegung ist seit einigen Jahren das der maximalen Dringlichkeit: die Klimabudgets sind weitgehend ausgeschöpft, das politisch festgesetzte 1,5‑Grad-Ziel ist nur zu halten, wenn sofort gegengesteuert wird, und das Fenster, noch etwas zu verändern, schließt sich. Ich kann diese Dringlichkeit, die ja zu großen Teilen wissenschaftlich begründet ist, gut nachvollziehen. Und ich kann sogar nachvollziehen, dass beobachtetes Nichthandeln dazu führt, Aktionsformen zu wählen, die auffälliger sind als Großdemonstrationen und kluge Äußerungen in Talkshows. Es geht um etwas. Es geht um alles!
Gleichzeitig ist Politik nur begrenzt krisenfähig. Erst recht nicht, wenn eine politische Antwort auf die Klimakrise eigentlich heißen würde, die nächsten Jahrzehnte Politik nur noch im Krisenmodus zu betreiben – mit schnellen und einschneidenden Entscheidungen, mit dem Außerkraftsetzen von Abwägungen und Beteiligungsrechten. Ereignishaft kann Politik in diesem Modus arbeiten. Das hat sich in der Corona-Krise gezeigt, als Maßnahmen quasi über Nacht ergriffen wurden. Und auch der schnelle Aufbau von LNG-Terminals ließe sich hier als Beispiel anführen. Warum also nicht in diesem Tempo die 180-Grad-Wende hin zu einer wirkungsvollen Klimapolitik? Schließlich ist doch wissenschaftlich längst klar, was getan werden müsste – von kleineren Maßnahmen wie dem Tempolimit bis hin zur kompletten Elektrifizierung von Verkehr und Industrie, der Umstellung des Energiesystems auf Wind, Photovoltaik und Speicher und der Switch in der Ernährung zu klimaschonenderen Lebensmitteln liegt der Instrumentenkasten auf dem Tisch.
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Kurz: Technologieoffenheit vs. Wunderglaube
Gerade, weil ich ziemlich viel Vertrauen in Wissenschaft und Technik habe, nervt mich der Spin, den die FDP schon seit langem und aktuell auch die CDU in der Klimakatastrophe setzen möchte – um damit alle wirksamen regulatorischen und technologischen Maßnahmen zu vermeiden bzw. in die ferne Zukunft zu verschieben. Das passende Schlagwort ist „Technologieoffenheit“ – damit ist bei Leibe nicht gemeint, offen für die bestmögliche technische Lösung für das Klimakrisenproblem zu sein. Das wäre sowas wie der sehr schnelle Ausbau von Wind, Sonne und Batteriespeichern.
Nein: wenn die FDP von Technologieoffenheit spricht, meint sie damit, alle politischen Entscheidungen zu vertagen, die dazu führen könnten, dass batterieelektrische Antriebe sich durchsetzen. Es könnte ja sein, dass in Kürze Wasserstoff oder synthetische Kraftstoffe da sind, und dann alle in die falsche Richtung gerannt sind. Nur, dass der Blick auf die Effizienz der Prozesse, um (grünen) Wasserstoff herzustellen oder um CO2-neutrale synthetische Kraftstoffe zu produzieren, hier schnell ernüchtern sollte – und der Blick auf den Zeithorizont, bis eine entsprechende Infrastruktur aufgebaut ist, erst recht. Insofern ist „Technologieoffenheit“ und damit die Ablehnung von allen Maßnahmen, die regulatorisch batterieelektrische Antriebe fördern, und erst recht die Ablehnung aller Maßnahmen, um den ÖPNV auszubauen, nichts anderes als ein Ablenkungsmanöver. Da will sich jemand nicht mit Lösungen für die heutige Probleme beschäftigen.
Und die CDU? Die fordert allen ernstes, mit ähnlichem Spin, dass für die Lösung des Klimakrisenproblems jetzt schnell ganz viel an CCS (Carbon Capture and Storage), Kernfusion und Transmutation (um radioaktive Abfälle sicher zu machen) geforscht werden soll. In der akuten Lage sind auch das Ablenkungsmanöver, um politisches Handeln in die Zukunft zu verschieben und jetzt nichts zu tun, was mit Komforteinbußen oder der konflikthaften Durchsetzung von Netzausbau und Flächen für Photovoltaik und Wind zu tun hat. CCS mag notwendig werden, weil der Ausbau der Erneuerbaren mit allem, was dazugehört, nicht schnell genug geht. Aber CCS ist keine Lösung für jetzt. Und Kernfusion – wissenschaftlich hochspannend, aber noch immer weit vom Durchbruch entfernt – und die Transmutation von Atomen, um so radioaktiven Abfall zu behandeln, sind heute leider noch weitgehend Science Fiction. Insofern ist jede Klimapolitik, die auf diese Lösungen setzt, eine, die nicht weit weg von technologischem Wunderglaube entfernt ist. Forschung in diesen Bereichen: klar, auf jeden Fall. Aber um jetzt auf einen Pfad unter 2 Grad Erderhitzung zu kommen, hilft nichts davon.
Spannend ist da nur noch die Frage, ob FDP und CDU wissen, was sie da sagen – oder ob sie tatsächlich an diese technologischen Wunder glauben. Und dabei ganz übersehen, welche großartigen wissenschaftlichen und ingenieurtechnischen Leistungen in heutigen Batterien, Photovoltaikzellen und Windkraftanlagen stecken.
Kurz: Landtagswahl in NRW
In Schleswig-Holstein ist immer noch nicht klarer, wie es weitergeht – dort scheint Daniel Günther auf eine „übergroße“ Fortführung von Jamaika beharren zu wollen. Heute dann Wahl in NRW – mit einem großartigen grünen Ergebnis, etwa eine Verdreifachung zum letzten Stand mit jetzt rund 18 Prozent; es wird noch gezählt. Anders als im Vorfeld erwartet kein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CDU und SPD, vielmehr liegt Wüst mit rund 36 Prozent deutlich vor der SPD mit rund 27 Prozent. Dem Landtag gehören nach aktuellem Stand weiterhin FDP und AfD an, jeweils rund 5,5 Prozent nach dem aktuellen Stand der Hochrechnungen. In Sitzen umgerechnet heißt das: Schwarz-Grün hätte eine Mehrheit, Schwarz-Rot theoretisch auch, und eine Ampel wäre ebenfalls möglich. An aktuell zwei Sitzen scheitert dagegen Rot-Grün. Anders würde es aussehen, wenn eine der beiden kleinen Parteien doch rausfliegt. Wer definitiv mit katastrophalen zwei Prozent – und verdient – nicht drin ist: die LINKE.
Ich lege mich fest: FDP und AfD werden im Landtag bleiben, eine Mehrheit für Rot-Grün wird es nicht geben. Damit stehen sich als mögliche Regierungsmodelle Schwarz-Grün und eine Ampel gegenüber. Auch wenn’s legitim und mit Blick auf den Bund irgendwie naheliegend wäre, glaube ich nicht so recht daran, dass die knapp nochmal in den Landtag gekommene FDP da mitmachen wird. Insofern halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass jetzt zunächst versucht wird, über Schwarz-Grün zu verhandeln. Die CDU-Statements dazu klangen fast schon anbiedernd, die grünen Statements etwa der Spitzenkandidatin Mona Neubaur machten klar, dass es wie im Wahlkampf versprochen um Inhalte gehen wird, d.h. insbesondere um die Frage, wie das Industrieland NRW klimaneutral werden kann. Ich bin gespannt – und gratuliere den nordrhein-westfälischen Grünen schon mal zur mit 39 oder 40 Personen bisher größten grünen Fraktion im NRW-Landtag!
Bleibt am Schluss noch der Hinweis des Politikwissenschaftlers Rainer Faus, dass die Vorstellung falsch ist, aus vielen Einzelabstimmungen in der Wahlkabine entstünde so was wie ein „Wählerwille“ oder ein „Regierungsauftrag“. Das ist nicht der Fall, sondern das Ergebnis von Verhandlungen – egal, wer immer wieder die gleichen Behauptungen aufstellt. (Und ebenso ließe sich hier nochmal darauf hinweisen, dass der „Wahlgewinner“ am Schluss die Partei ist, die die Regierung stellt.)
Zur Landtagswahl in Schleswig-Holstein
Schleswig-Holstein hat gewählt, und das Ergebnis ist irgendwie doch überraschend. Mit 43,4 Prozent schrappt Daniel Günthers CDU an der absoluten Mehrheit (ein Sitz fehlt!). Auf Platz zwei landen die schleswig-holsteinischen Grünen mit 18,3 Prozent und 14 Sitzen, ein Rekordergebnis auch das. Ganz vorne liegen Grüne bei den jüngsten Wähler*innen – übrigens in einem Land mit Wahlalter 16. Und erstmals in Schleswig-Holstein sind unter den Mandanten auch drei grüne Direktmandate (zweimal Kiel, einmal Lübeck) – herzlichen Glückwunsch!
Die SPD – vor einigen Wochen im Saarland noch glänzende Gewinnerin – verliert massiv und kommt auf 16,0 Prozent (12 Sitze), die FDP halbiert sich etwa (6,4 Prozent, 5 Sitze), und der SSW kommt auf 5,7 Prozent und vier Sitze. Erfreulich: die AfD verpasst den Wiedereinzug und zeigt, dass Rechtsextreme auch abgewählt werden können.
Die Koalitionsbildung wird jetzt interessant. Rechnerisch wäre eine Grüne-SPD-SSW-FDP-Koalition mit der bisherigen grünen Finanzministerin Monika Heinold an und einem Sitz Mehrheit möglich, politisch denkbar ist das wohl aber nicht. Bleiben die CDU-plus-x-Varianten. Laut ARD am beliebtesten wäre eine Fortsetzung von Jamaika – aber das haben, sofern nicht notwendig, Grüne wie FDP ausgeschlossen. Zugespitzt: Jamaika hat sich durch zu großen Zuspruch verunmöglicht. Die Variante CDU-SSW scheitert wohl inhaltlich, eben CDU-SPD. Bleiben CDU-FDP oder CDU-Grüne … oder eine CDU-Alleinregierung als skandinavische Minderheitsregierung.
Robert Habeck – dessen „Baby“ das grüne Aufblühen in Schleswig-Holstein immer noch ist, und dessen Beliebtheit wohl Zugkraft entwickelt hat, auch wenn die grünen Kompetenzwerte bei Klima und Umwelt sinken – Habeck also warb gestern Abend mit Feuer in jedes ihm hingehaltene Mikrofon für Schwarz-Grün, dass sei die Fortsetzung der lagerübergreifenden Erfolgsgeschichte, Schwarz-Gelb dagegen ein Rückfall in die 1980er. Inhaltlich bin ich da bei ihm, zuversichtlich, dass das am Ende das Ergebnis ist, bin ich nicht.
Nun bin ich kein Politikwissenschaftler, aber wenn ich das richtig verstehe, gibt es zwei Denkschulen dazu, welche Koalitionen wahrscheinlich sind. Die eine blickt auf inhaltliche Schnittmengen (Ergebnis wäre hier Schwarz-Gelb), die andere kommt mit Blick auf Machtaspekte, Ministerposten etc. unter allen inhaltlich nicht ausgeschlossenen auf die kleinstmögliche als wahrscheinlichste Koalition (und auch das wäre Schwarz-Gelb).
Dass am Ende doch Schwarz-Grün herauskommt, ist nicht unmöglich. Wenn es so sein sollte, wäre das aus grüner Sicht gut, sicherlich auch gut für das Land – und etwas wirklich Neues, weil es dann kein aus der Not geborenes Grün-Schwarz wäre, sondern ein trotz „besserer“ Alternativen gewähltes.
Bleibt die bundespolitische Brille. Daniel Günther hat gezeigt, dass eine CDU des 21. Jahrhunderts gewinnen kann. Er steht gewissermaßen für das Gegenteil der Merz-CDU aus den 1990ern. Jede Koalitionsentscheidung wird auch daraufhin gedeutet werden, wird, auch wenn es letztlich um die A20 oder das Wattenmeer geht, als Entscheidung für oder gegen den Kurs der Bundes-CDU gelesen werden.
Relevanter dafür, ob Friedrich Merz sich etablieren kann, oder ob die CDU nicht zur Ruhe kommt, dürfte allerdings die NRW-Wahl am nächsten Sonntag sein. Dort liegen CDU und SPD aktuell Kopf an Kopf, eine Abwahl des CDU-MPs Wüst ist denkbar. Und sollte es dazu kommen, dürften die ersten fragen, ob Merz der richtige Spitzenmann für die CDU ist. Sehen wir dann – und warten jetzt erst einmal darauf, wie sich das mit den Koalitionen an der Küste weiter entwickelt.