Erst wenn die CDU das erste AKW vom Netz nimmt, glaube ich Merkel und Mappus

Das Rieselfeld zeigt Flagge gegen Atomkraft

Wenn es denn tat­säch­lich so wäre, dass die CDU (und die FDP) jetzt in der Atom­po­li­tik umden­ken, wür­de mich das freu­en. Über­zeugt davon bin ich aber kei­nes­wegs, auch wenn Mer­kel lei­se­re Töne anschlägt und Map­pus eine Exper­ten­kom­mis­si­on ein­be­ruft. Zum einen, weil ich das wie Micha­el Spreng als eine vor allem auch dem Wahl­kampf geschul­de­te Insze­nie­rung von Hand­lungs­be­reit­schaft wahr­neh­me, die in einem hal­ben Jahr wie­der ver­ges­sen ist. Wenn Mer­kel ihren Vor­schlag einer Sicher­heits­über­prü­fung aller AKWs in Deutsch­land ernst mei­nen wür­de, dann müss­te es jetzt ein Mora­to­ri­um geben – eine Abschal­tung aller AKWs, dann die Sicher­heits­über­prü­fung, dann die Wie­der­zu­las­sung der AKWs, die als sicher ange­se­hen wer­den. Solan­ge kei­ne Schrit­te in eine sol­che Rich­tung unter­nom­men wer­den, ist es Kri­sen­be­wäl­ti­gungs­rhe­to­rik, sonst nichts. (Von der Rück­nah­me der Lauf­zeit­ver­län­ge­rung rede ich erst gar nicht).
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Ein paar Nachträge zu Guttenberg

Noch scheint er ja nicht zurück­ge­tre­ten zu sein. Der „lei­den­de“ (BILD) Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter. Ganz infor­ma­tiv fin­de ich des­we­gen ein paar der aktu­el­le­ren Reak­tio­nen und Ent­wick­lun­gen in Gut­ten­bergs Fall:

In Ber­lin gab es eine Spon­tan­de­mons­tra­ti­on mit ein paar hun­dert TeilnehmerInnen.

Mehr als 25.000 Men­schen (dar­un­ter wohl an die 20.000 Dok­to­ran­dIn­nen) for­dern Dr. Mer­kel dazu auf, Gut­ten­berg zu entlassen.

Der Vor­sit­zen­de des Wis­sen­schafts­rats nimmt mit zuneh­men­der Sor­ge zur Kennt­nis, „wie in Fol­ge der Dis­kus­sio­nen um die Dok­tor­ar­beit von Karl-Theo­dor zu Gut­ten­berg das gesell­schaft­li­che Anse­hen der Wis­sen­schaft Scha­den zu neh­men droht.“ (pdf)

Auch die Deut­sche For­schungs­ge­mein­schaft (DFG) als größ­ter öffent­li­cher For­schungs­för­de­rer macht sich Sor­gen um das Anse­hen der Wis­sen­schaft in Deutschland.

Bun­des­for­schungs­mi­nis­te­rin Dr. Scha­van schämt sich inzwi­schen wegen Guttenberg.

Ähn­lich sieht das wohl der for­schungs­po­li­ti­sche Spre­cher der FDP, Neu­mann, der einen Rück­tritt ins Spiel bringt.

Die Süd­deut­sche berich­tet, dass der eme­ri­tier­te Dok­tor­va­ter Gut­ten­bergs, Prof. Dr. Häber­le, sich ver­zwei­felt zurück­ge­zo­gen habe.

Der baden-würt­tem­ber­gi­sche Minis­ter­prä­si­dent Map­pus hat wei­ter­hin kei­ne Pro­ble­me mit Gut­ten­bergs wis­sen­schaft­li­chem Betrug – das passt nicht so ganz zum baden-würt­tem­ber­gi­schen Image wis­sen­schaft­li­cher Exzel­lenz. Aber das scheint Map­pus nicht zu stören.

Nach­trä­ge hier zu

Jahresendzeitspolitik

New yearGegen Ende des Jah­res drängt sich alles zusam­men. Kein Wun­der also, dass sich auch poli­tisch die Ereig­nis­se in die­ser noch nicht abge­lau­fe­nen Woche vor dem vier­ten Advent zusam­men­ge­drängt haben – wer sei­nen poli­ti­schen Jah­res­rück­blick für 2010 schon geschrie­ben hat, hat jetzt ein Pro­blem. Wiki­leaks-Grün­der Assan­ge kam hin­ter Git­ter, soll­te aus­ge­lie­fert wer­den, dann doch nicht, dann gegen Kau­ti­on wie­der frei. Über­haupt: Wiki­leaks. Mal sehen, was das noch wird.

Und: BaWü-Minis­ter­prä­si­dent hat mal eben für ein paar Mil­li­ar­den und ohne vor­he­ri­ge Ein­be­zie­hung des Par­la­ments den EnBW-Anteil der EDF zurückgekauft. 

Und: Es gab ein Schnee­cha­os (auch wenn in Frei­burg davon, ganz am Rand der roten Zone, kaum etwas zu spü­ren war).

Und: Der Jugend­schutz­me­di­en­staats­ver­trag* JMSTV wur­de in einem höchst unwahr­schein­li­chen Plot in Nord­rhein-West­fa­len doch noch gekippt. Das Mus­ter „Regie­rung dafür, Oppo­si­ti­on manch­mal dage­gen“ wur­de im Land mit der Min­der­heits­re­gie­rung gebro­chen. Rela­tiv durch­sich­ti­ge par­tei­tak­ti­sche Spie­le der CDU und der FDP – bei­de hat­ten, als sie noch in der Lan­des­re­gie­rung waren, den Ver­trag ja mit­aus­ge­han­delt, und Rütt­gers hat­te ihn noch nach der Wahl unter­zeich­net – führ­ten dazu, dass die­se ihre Ableh­nung ver­kün­de­ten. So staats­tra­gend, dann doch – gegen eine Koali­ti­on aus CDU, FDP und LINKE – dem Ver­trag zuzu­stim­men, woll­te die SPD auch nicht sein, und hat, als gespal­te­ne Par­tei, die Kar­ten an die Grü­nen wei­ter­ge­ge­ben. Die sich auch in der Frak­ti­on schließ­lich zur Ableh­nung ent­schie­den haben – und damit die Bahn geöff­net haben für die ein­stim­mi­ge Ableh­nung und eine Neu­ver­hand­lung eines hof­fent­lich sinn­vol­le­ren JMSTV.

Und noch was? Die Grü­nen im Saar­land ver­hin­der­ten heu­te das Inkraft­tre­ten der schwarz-gel­ben Hartz-IV-Refor­men. Gut dar­an, dass jetzt neu ver­han­delt wer­den muss, schlecht, dass die Minier­hö­hung für die Hartz-IV-Haus­hal­te erst­mals aus­bleibt. (Übri­gens: auf mei­ne Infor­ma­ti­ons­frei­heits­mail an das Bun­des­ar­beits­mi­nis­te­ri­um mit der Bit­te, die Berech­nun­gen her­aus­zu­rü­cken, habe ich bis heu­te kei­ne Ant­wort. Wäre viel­leicht mal was für Leu­te, die für inves­ti­ga­ti­ve Recher­chen bezahlt wer­den, dem hinterherzugehen). 

Und: Bei der Gele­gen­heit war dann auch zu erfah­ren, dass Minis­ter­prä­si­dent Mül­ler aus dem Saar­land im nächs­ten Jahr an das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt wech­seln wird. Noch einer der Mer­kel-Minis­ter­prä­si­den­ten, der geht. Ob das ähn­li­che Fol­gen für die Koali­ti­on haben wird wie in Ham­burg? Wenn, dann wäre es gut, das gleich zu sagen, lie­be Saargrüne.

Und: Gut­ten­berg an der Front. Ach so, die his­to­ri­sche Abschaf­fung der Wehr­pflicht, die gab’s auch noch, in die­sen Tagen. 

Und: die wich­ti­gen Din­ge, die es ange­sichts von Schnee­trei­ben und mehr oder weni­ger gro­ßen Poli­tik­skan­da­len kaum in den Medi­en­fo­kus schaf­fen. Ein Bei­spiel dafür die fast nicht vor­han­de­ne Bericht­erstat­tung zum Cas­tor-Trans­port nach Lub­min ges­tern, der trotz Win­ter­wet­ter in Meck­len­burg-Vor­pom­mern lan­ge, lan­ge auf­ge­hal­ten wur­de. Aus­nah­me: der taz-Ticker und die dar­aus resul­tie­ren­de Bericht­erstat­tung der taz.

* oder doch Jugendmedienschutzstaatsvertrag?

War­um blog­ge ich das? Um das Blog mal wie­der inhalt­lich zu fül­len. Auch wenn’s ein biß­chen eng wird, bei all dem, was da gera­de geschieht. 2010 – das Jahr, in dem Poli­tik für drei Jah­re sich ereignete?

Merkel dagegen beißt

Police in the sky I

Para­do­xer­wei­se: gera­de die bis­si­gen Angrif­fe der ande­ren Par­tei­en – vor­ne­weg der CDU und der sich anti-grün geben­den ehe­ma­li­gen Umwelt­mi­nis­te­rin und jet­zi­gen Kanz­le­rin – auf die Grü­nen, die dar­auf hin­deu­ten, dass die aktu­el­len Wahl­um­fra­ge mehr Aus­sa­ge­kraft haben, als genau die­sen Par­tei­en lieb ist. Jeden­falls dann, wenn die sym­pto­ma­ti­schen Ähn­lich­kei­ten der poli­ti­schen „Hack­ord­nung“ mit Hüh­ner­stäl­len und Wolfs­ru­deln trag­fä­hig sind. 

Dass die FDP schon vor Wochen mit „dage­gen“ auf die Grü­nen ziel­te – das ist busi­ness as usu­al; der Streit der Klein­par­tei­en um den drit­ten Platz. Wenn aber der Haupt­geg­ner in der Rede der Kanz­le­rin auf dem CDU-Par­tei­tag nicht mehr die ande­re gro­ße Par­tei ist, son­dern die Grü­nen – und wenn Grü­ne dadurch eine ganz ande­re Posi­ti­on in die­sem Dis­kurs ein­neh­men, dann hat sich da in der Tat etwas ver­scho­ben. Klar sind das auch Ver­su­che, Geschlos­sen­heit her­zu­stel­len und Lager­gren­zen neu zu fes­ti­gen – aber bis­her war das „ande­re“ Lager eben eines, bei dem auch die­se klei­ne Öko­par­tei dabei war. Und kei­nes, in dem die Haupt­an­griffs­li­nie auf grün zielt. 

Neben­bei: ich glau­be übri­gens nicht, dass das – so wün­schens­wert das man­chen erschei­nen mag – das Ende jeg­li­cher Debat­te über schwarz-grün ist. Viel­leicht ein Mora­to­ri­um – mehr nicht.

Inso­fern kön­nen wir uns dar­über freu­en, ange­grif­fen zu wer­den. Die Reden und die dahin­ter ste­hen­de Ängst­lich­keit der alten Gro­ßen, die sich in die Ecke gedrängt füh­len, machen klar, dass hin­ter den guten Zah­len mehr steckt als ein ein­ma­li­ger Zufall. Zwar heißt das auch, dass die begin­nen­den Wahl­kämp­fe kein Zucker­schle­cken wer­den; ich ver­mu­te, dass schon die Bericht­erstat­tung über den Bun­des­par­tei­tag jetzt am Wochen­en­de noch viel schär­fer als sonst auch davon gekenn­zeich­net sein wird, dass CDU (und SPD) ganz genau hin­schau­en und ver­su­chen wer­den, jeden noch so unsin­ni­gen „Feh­ler“ sofort aus­zu­schlach­ten. In die sel­be Rich­tung geht der Ver­such, uns Fort­schritts­feind­lich­keit zu unter­stel­len – nichts anders meint die­ses „Dage­gen“.

Aber davon soll­ten wir uns nicht ins Bocks­horn jagen las­sen – son­dern dar­auf ver­trau­en, dass auch die neu dazu­kom­men­den poten­zi­el­len Grün-Wäh­le­rIn­nen schät­zen, dass wir eine Par­tei sind, die ein Pro­jekt hat. Dass wir mehr als ande­re Par­tei­en Ver­nunft­be­reit­schaft ver­kör­pern. Ich glau­be, dass es geschätzt wird, wenn wir enga­giert in der Sache blei­ben, aber dabei immer sach­lich blei­ben. Und wie­der und wie­der gedul­dig erklä­ren, dass es nicht ums Dage­gen­sein geht, son­dern um ein Für – für den „nach­hal­ti­gen Umbau unse­rer Gesell­schaft“.

Die­ses Für müs­sen wir rüber­brin­gen – und dabei eben immer auch erklä­ren (und nicht ver­su­chen, weg­zu­wi­schen), dass die­ses gro­ße grü­ne Pro­jekt sei­ne eige­nen Ziel­kon­flik­te mit sich bringt, zum Bei­spiel hin­sicht­lich der Fra­ge, wie 100% Erneu­er­ba­re und Netz­aus­bau sinn­voll zusam­men­kom­men.

Und mit etwas Glück steht am Ende eines lan­gen und durch Schlamm­wür­fe und Aggres­si­on gekenn­zeich­ne­ten Wahl­jahrs dann nicht nur die eine oder ande­re Gestal­tungs­op­ti­on (den auch dar­um geht es), son­dern auch die Erkennt­nis, dass ein Poli­tik­stil, der sich durch Schlecht­re­den und Durch­prü­geln aus­zeich­net, in Wolfs­ru­deln (oder Hüh­ner­stäl­len) viel­leicht sei­ne Berech­ti­gung hat, aber nicht in einer Gesell­schaft des 21. Jahr­hun­derts. Schön wär’s jedenfalls.

War­um blog­ge ich das? Weil ich auch in der Hin­sicht gespannt bin, wie die BDK in Frei­burg wer­den wird. Und glau­be, dass das The­ma „Poli­tik­stil“ völ­lig unter­schätzt wird in der gan­zen Parteienverdrossenheitsdebatte.

Merkel angeschlagen, Wulff gewählt, alle zufrieden

Colorful toy

Jetzt ist’s also doch einer aus der Rie­ge der amts­mü­den Uni­ons-Minis­ter­prä­si­den­ten gewor­den. Wenn auch erst im drit­ten Wahlgang. 

Das heißt zunächst ein­mal: die Stra­te­gie von Bünd­nis 90/Die Grü­nen und SPD ist auf­ge­gan­gen: mit einem kon­ser­va­ti­ven Kan­di­da­ten, der über­zeu­gen­der daher­kommt als der nun gewähl­te Bun­des­prä­si­dent konn­ten eini­ge Wahl­leu­te aus den Rei­hen der Uni­on und der FDP dazu gebracht wer­den, sich zumin­dest im ers­ten und zwei­ten Wahl­gang doch nicht wie Auf­zieh­mäus­chen zu ver­hal­ten. Damit ist klar, dass Mer­kel an poli­ti­schem Gewicht ver­lo­ren hat. Ein Indiz dafür wird sein, dass der aus Spitz­na­me „Mut­ti“ in Zukunft noch viel häu­fi­ger zu hören sein wird. (Was aus gen­der­theo­re­ti­scher Sicht dahin­ter­steckt, dass eine Bun­des­kanz­le­rin so bezeich­net wird, wäre noch ein­mal einen eige­nen Bei­trag wert).
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