Ich bin 41 Jahre alt, habe – zumindest die Hälfte jeder Woche – zwei Kinder, seit längerem einen Uniabschluss und seit einiger Zeit auch eine feste Stelle. Ich lebe in einer eher kleinen Mietswohnung, habe weder Führerschein noch Auto, und finde trotz dem frühen Aufstehen, das sich durch das Pendeln zur Arbeit bzw. das In-die-Schule-Schicken der Kinder ergibt, ab und zu doch, dass sich mein Leben gar nicht so sehr verändert hat seit der Zeit, als ich studiert habe. Im englischsprachigen Raum (bzw. in dem Ausschnitt, der bei mir via Twitter davon ankommt …) findet hinter dem Begriff „adulting“ (in etwa: „erwachsene Dinge tun“) immer mal wieder eine Debatte darüber statt, was Erwachsensein im 21. Jahrhundert eigentlich ausmacht. Ich lese zum Beispiel immer noch viel Science Fiction und Fantasy – machen Erwachsene sowas? Lego für Erwachsene, Popmusik, viel Zeit zum Vergnügen vor dem Bildschirm, ob das jetzt – bei mir eher nicht so – der Serienkonsum via Netflix, Computerspiele oder – das doch viel – soziale Medien sind, eine nur vage Annäherung an erwachsene Kleidungstandards. Lesenswert ist hier z.B. der Beitrag und die darunter stehende Debatte im Blog des SF-Autors Charles Stross unter dem Titel „Forever young?“. Haben sich die Konventionen geändert und passen schlicht nicht mehr zu den in der Kindheit gelernten Erwartungen? Oder hat unsere Gesellschaft (jedesmal, wenn ich aus Berlin komme, denke ich, da vielleicht noch mehr als anderswo) das Erwachsensein verlernt?
Autoverkehr im postfossilen Zeitalter ermöglichen
Das ist jetzt nicht ganz einfach. Ich selbst habe ja bewusst keinen Führerschein und setze für Mobilität auf so Dinge wie Straßenbahnen, Fahrräder, Zu-Fuß-Gehen und ICEs. Und ich bin Baden-Württemberger, lebe also in einem Land (und mache da auch noch Politik), in dem Unmengen an Steuermitteln und Arbeitsplätzen von der Autoindustrie samt Zulieferern abhängen. Und dann berichtet zum Beispiel Spiegel Online darüber, dass der Bundesverband der Grünen ein Enddatum für Autos mit Verbrennungsmotor setzen will. Und ich finde das auch noch gut.
Eigentlich ist es ja ganz einfach. Wir haben ein massives Problem damit, dass der CO2-Gehalt in der Atmosphäre immer weiter steigt. Das bedeutet: Heißere Sommer, höhere Durchschnittstemperaturen, schmelzende Gletscher und Pole, eine steigende Zahl an Unwetterereignissen. Die Ursachen dafür sind bekannt: die Treibhausgasemissionen aus Kraftwerken und aus dem Verkehr (in Deutschland nach der Energieerzeugung die zweitwichtigste Emissionsquelle). Und Öl ist irgendwann auch alle. Es gibt also eine Menge gute Gründe, warum motorisierter Individualverkehr in Zukunft eben nicht mehr mit Verbrennungsmotoren laufen sollte.
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ShareBW bringt Nachhaltigkeit und Digitalisierung zusammen
Ein Element der Digitalisierungsstrategie der (alten) Landesregierung war der Prozess „ShareBW“, bei dem Pionier*innen des digitalen Wandels im Mittelpunkt standen.
Wissenschaftsministerium und CyberForum Karlsruhe hatten dazu im letzten Jahr einen hochdotierten Wettbewerb veranstaltet, bei dem fünf Startups/Projeke ausgewählt und dann begleitet wurden. Heute fand unter dem Motto „Die Share Economy im digitalen Wandel“ dann der Abschlusskongress dazu statt, der Sharing Economy im Schnittpunkt von Digitalisierung und Nachhaltigkeit unter die Lupe nahm.
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Experimenteller Technikoptimismus – Update 2016
Deep Dream Dreamscope, Jessica Mullen, Public Domain
Vor einem Jahr schrieb ich eine kurze Auseinandersetzung mit einem Artikel, den Judith Horchert, Matthias Kremp und Christian Stöcker damals bei Spiegel online veröffentlicht hatten. In dem Artikel sind fünf Prognosen dazu zu finden, welche Technologien in naher Zukunft unseren Alltag verändern werden. Ich fand das damals alles arg unwahrscheinlich, und hatte versprochen, ein Jahr später (usw.) nachzuschauen, wie es denn jeweils um den Stand der Technik steht. Mit ein paar Tagen Verspätung hier nun mein erster Blick auf den Stand der Dinge.
Themenfeld eins bei Horchert et al. war die Robotik. Dazu schrieben sie: „Künftig aber dürften Maschinen, die scheinbar autonom einem oder gleich mehreren Zwecken dienen, sich zunehmend in unserem Alltag breitmachen. Als schweigende Helfer in Krankenhäusern, als Lagerarbeiter im Couchtisch-Format oder als Einparkhelfer. Vom Staubsauger, Fensterputzer, über Lieferdrohnen bis hin zu humanoiden Maschinen wie Baxter, die in Fabrikbetrieben diverse Aufgaben übernehmen.“
In meinem Alltag sind noch keine autonomen Roboter aufgetaucht. Aber ich gebe zu, dass Staubsaugeroboter und Drohnen in den letzten zwölf Monaten an Selbstverständlichkeit gewonnen haben. Und Filme wie „Ex Machina“ brachten im letzten Jahr die Auseinandersetzung um nichtmenschliche, menschenähnliche Maschinen auch in die Populärkultur.
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Im Herbst 2015 gelesen – Teil II
Einige wenige der Bücher, die unten besprochen werden – viel liegt auf der Kindle-App, anderes steht schon im Regal …
Heute setze ich dann meinen von einigen Wochen geposteten Überblick darüber fort, was ich seit dem Sommer 2015 gelesen habe.
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Nachdem ich mit Among others die Autorin Jo Walton für mich entdeckt hatte, las ich mich weiter durch ihr Werk. Tooth and claw (2003), ein Jane-Austen-Familiendrama, nur mit Drachen, war nicht so ganz meines.
Begeistert hat mich My real children (2014) – die fiktive Doppelbiographie einer in den 1920er Jahren geborenen Engländerin, Patricia Cowan – zwei sich überlagernde Rückblenden über zwei erfüllte Leben, die in den 1940er Jahren an einem Bifurkationspunkt auseinanderlaufen und sich ganz unterschiedlich entwickeln. Wenn My real children in ein Genre gepackt werden müsste, wäre es der historische Was-wäre-wenn-Roman, allerdings hier aus der Perspektive von unten. Ob Kennedy ermordet wird oder nicht, findet nur im Hintergrund statt. Im Vordergrund zeichnet Walton den Weg Patricia Cowans zur gefeierten Reiseführer-Autorin, die in einem zunehmend geeinten Europa mit ihrer Partnerin und ihren Kindern zwischen Florenz und Großbritannien lebt, – und den Weg von Patricia Cowan, die nach einer unglücklichen Ehe zur lokalen Aktivistin für Frieden, Frauenrechte und den Erhalt des historischen Stadtkerns wird. Oder anders gesagt: ein Buch über die Ungleichzeitigkeiten des 20. Jahrhunderts aus biographischer Perspektive. (Leider gibt es keine deutsche Übersetzung – ich könnte mir vorstellen, dass das Buch auch außerhalb des Genres Anklang finden könnte …)