We all are lecturers, now

In letz­ter Zeit waren mei­ne Ein­trä­ge zur Uni Frei­burg ja alle etwas wenig freund­lich – dies­mal habe ich dage­gen etwas net­tes gefun­den: um der zuneh­men­den Eng­lisch­spra­chig­keit des Wis­sen­schafts­be­triebs gerecht zu wer­den, hat das Rek­to­rat (board of chief exe­cu­ti­ves) oder viel­leicht auch das Rek­tor­amt (rector’s exe­cu­ti­ve admi­nis­tra­ti­ve office) ein Wör­ter­buch deutsch/englisch ins Netz gestellt. Unter http://www.pr.uni-freiburg.de/service/dictionary fin­det sich eine Viel­zahl von Fach­aus­drü­cken aus dem aka­de­mi­schen All­tag. Ich bin mir zwar nicht bei jeder Über­set­zung sicher, ob ich das auch so sagen wür­de, fin­de die gene­rel­le Idee aber gut. Um zur Über­schrift zurück­zu­kom­men: alle Mit­ar­bei­te­rIn­nen (staff) vom Lehr­be­auf­trag­ten (part-time lec­tu­rer) bis zur Ober­as­sis­ten­tin (seni­or lec­tu­rer) sind jetzt eng­lisch­spra­chig lec­tu­r­ers, also LektorInnen. 

Das fin­de ich tat­säch­lich etwas selt­sam. Nicht nur, weil damit eine gan­ze Band­brei­te von unter­schied­li­chen Tätig­kei­ten in einen Topf gewor­fen wird (also die deut­schen Bezeich­nun­gen viel dif­fe­ren­zier­ter sind), son­dern auch, weil z.B. mein Tätig­keits­schwer­punkt als wis­sen­schaft­li­cher Ange­stel­ler in einem Dritt­mit­tel­pro­jekt (third par­ty funds pro­ject) eben nicht die Leh­re ist, also das lec­tu­ring bzw. das Hal­ten von Semi­na­ren (semi­nar) und Vor­le­sun­gen (lec­tu­re cour­se). Wäh­rend das nur einen rela­tiv gerin­gen Teil mei­ner Tätig­keit aus­macht, ist der Haupt­teil – laut Arbeits­ver­trag, aber auch tat­säch­lich – die Pro­jekt­be­ar­bei­tung. Bei eng­lisch­spra­chi­gen Kor­re­spon­den­zen hat­te ich mich des­we­gen bis­her immer als „(juni­or) rese­ar­cher“ bezeich­net; das trifft es eigent­lich besser. 

Ein wei­te­rer Grund, war­um ich das selt­sam fin­den: mit der nächs­ten Novel­les des Hoch­schul­ge­set­zes (Uni­ver­si­ty Act) sol­len Lehr­pro­fes­so­rIn­nen und „Lehr-Mit­ar­bei­te­rIn­nen“ (mit hohen Depu­ta­ten) ein­ge­führt wer­den. Jetzt schon ist der Lektor/die Lek­to­rin als Bezeich­nung für eine Lehr­kraft für beson­de­re Auf­ga­ben (Link geht ver­mut­lich nur im Uni­netz) bei der Fremd­spra­chen­ver­mitt­lung gebräuch­lich. Also z.B., wenn’s um eng­li­sche Spra­che geht. Hier sehe ich ein gewis­ses Ver­wir­rungs­po­ten­ti­al. Und über die Fra­ge, ob Wis­sen­schaft und Leh­re tat­säch­lich in Eng­lisch statt­fin­den müs­sen, könn­te auch noch lan­ge was geschrie­ben wer­den. Das las­se ich jetzt aber mal.

War­um blog­ge ich das? Weil ich’s bei aller Nör­ge­lei auf jeden Fall hilf­reich fin­de. Beim Schrei­ben die­ses Ein­trags ist mir aller­dings auch auf­ge­fal­len, dass die bis­her knapp 500 Begrif­fe erst der Anfang sein kön­nen. Vie­le Ter­mi­ni feh­len näm­lich noch.

Studiengebührenverwendung (Update 2)

Kur­zer Hin­weis: die Uni Frei­burg hat inzwi­schen eine Pres­se­mit­tei­lung zur Stu­di­en­ge­büh­ren­ver­wen­dung im gera­de ablau­fen­den Som­mer­sems­ter ver­öf­fent­licht. Kern­sät­ze: „Die Stu­di­en­ge­büh­ren kom­men aus­schließ­lich den Stu­die­ren­den zugu­te.“ und die Wör­ter „neu“, „mehr“, „bes­ser“. Gerecht ist das – der Pres­se­mit­tei­lung zu Fol­ge – auch, schließ­lich müs­sen behin­der­te Stu­die­ren­de aus sozi­al benach­tei­lig­ten Fami­li­en mit Kind nicht direkt Gebüh­ren zah­len, son­dern kön­nen auch einen Kre­dit auf­neh­men. Oder so. Was ich eigent­lich nur sagen woll­te: was nicht in der Mit­tei­lung steht, ist die Fra­ge, was kurz vor Ein­füh­rung der Stu­di­en­ge­büh­ren gekürzt wur­de, um jetzt wie­der auf­ge­stockt zu wer­den. Und wie weit gefasst „kommt aus­schließ­lich den Stu­die­ren­den zugu­te“ tat­säch­lich ist.

War­um blog­ge ich das? Auch wenn ich gra­de eher sar­kas­tisch klin­ge, fin­de ich es letzt­lich gut, wenn die Unis zumin­dest sagen, was mit den Stu­di­en­ge­büh­ren gemacht wird. Dass die dabei als gro­ßes Wun­der­werk ver­kauft wer­den, ist wohl nicht zu vermeiden.

Update: Stu­di­en­ge­büh­ren­be­frei­ung gibt es unter ande­rem nach IQ – mehr dazu bei jetzt.de und fud­der (mit einem Foto von mir, auch wenn’s nicht dabei­steht). Und in der taz.

Update 2: Sehr kri­ti­sche Pres­se­mit­tei­lung des u‑asta zur Fra­ge der Stu­di­en­ge­büh­ren­ver­wen­dung – „Ver­spre­chen gebrochen“.

Mietsteigerung durch Rechenfehler?

Frei­burg gehört zu den teu­ers­ten Städ­ten, was Mie­ten anbe­langt. Wer – wie wir der­zeit – nach einer bezahl­ba­ren Woh­nung sucht, ist oft ziem­lich scho­ckiert: nicht nur über das Preis­ni­veau in der Zypres­se, son­dern auch über die Preis­vor­stel­lun­gen etwa der Stadt­bau. Mit Schuld dar­an, dass die Miet­prei­se – so jeden­falls mein sub­jek­ti­ves Emp­fin­den – eher wie­der am Stei­gen sind, dürf­te der Miet­spie­gel sein. Die­ser wird seit letz­tem Jahr nicht mehr von FIFAS – einem Frei­bur­ger Insti­tut mit engen Ver­bin­dun­gen zum hie­si­gen Insti­tut für Sozio­lo­gie – erstellt, son­dern vom Regens­bur­ger Insti­tut EMA. Zumin­dest deren Rekru­tie­rungs­an­zei­ge vor zwei Jah­ren im Amts­blatt erschien mir etwas selt­sam, jeden­falls nicht extrem professionell. 

Demolition IIIWie dem auch sei: Jetzt bin ich im Sonn­tag über eine klei­ne Notiz gestol­pert: Der Sozio­lo­ge Prof. Bal­do Blin­kert (FIFAS) wirft EMA Sta­tis­tik­feh­ler vor, die zu einer nicht der Rea­li­tät ent­spre­chen­den Durch­schnitts­miet­erhö­hung geführt haben sol­len. Die Stadt demen­tiert. Da ich Prof. Blin­kert wäh­rend mei­nes Stu­di­ums (und auch sonst) als einen enga­gier­ten, aber auch bedäch­ti­gen, sei­ne Äuße­run­gen genau abwä­gen­den Wis­sen­schaft­ler ken­nen­ge­lernt habe, hat mich die­se kur­ze Notiz ein biß­chen irri­tiert. Des­we­gen habe ich mal nach­ge­forscht, um was es geht, und bin auf die­se Stel­lung­nah­me Blin­kerts und die­se damit ver­bun­de­ne Anfra­ge der Frei­bur­ger SPD gesto­ßen. In der SPD-Anfra­ge heißt es u.a.:

„Die Kri­tik und die Dis­kus­si­on in den Medi­en und mit uns Gemein­de­rä­ten reißt nicht ab, oft wer­den vor allem die Aus­wir­kun­gen anhand der Lage der Woh­nun­gen, anhand ihres Bau­jahrs und den dar­aus nun mög­li­chen hohen Miet­stei­ge­run­gen, vor allem bei Neu­ver­mie­tun­gen, kritisiert“.

Auch wenn die Frei­bur­ger SPD ger­ne ein biß­chen popu­lis­tisch auf­tritt: da scheint mir etwas dran zu sein.

Was kri­ti­siert Blin­kert nun am Vor­ge­hen von EMA? Zum einen sind es eini­ge sta­tis­ti­sche Wer­te, die nicht ange­ge­ben wer­den, und die so eine Nach­prü­fung der Ergeb­nis­se erschwe­ren. Außer­dem weist er auf Ele­men­te im Berech­nungs­mo­dell hin, die sei­ner Mei­nung nach nicht in einen Miet­spie­gel gehö­ren. Schwer­wie­gen­der ist der Vor­wurf sta­tis­ti­scher Män­gel. Unter ande­rem geht es dar­um, dass bei der zen­tra­len Regres­si­ons­ana­ly­se unsau­ber gear­bei­tet wurde: 

„Von den 50 miet­preis­re­le­van­ten Merk­ma­len […] sind 10 in einem sta­tis­ti­schen Sin­ne nicht signi­fi­kant, wenn die übli­cher­wei­se akzep­tier­ten Signi­fi­kanz­ni­veaus berück­sich­tigt wer­den […] Nor­ma­ler­wei­se wür­de man die Regres­si­ons­ana­ly­se ohne die­se nicht­si­gni­fi­kan­ten Merk­ma­le wie­der­ho­len. Das wür­de aber erheb­li­che Aus­wir­kun­gen auf alle ande­ren Prä­dik­to­ren (Zu- und Abschlä­ge) haben.“

Auch wenn es ein gewis­ses „Geschmäck­le“ hat, wenn der vor­he­ri­ge Auf­trag­neh­mer den jet­zi­gen kri­ti­siert: wenn da was dran ist, und ich zumin­dest fin­de eine gan­ze Rei­he von Prof. Blin­kerts Argu­men­ten über­zeu­gend, dann soll­te die Stadt noch ein­mal ihre Aus­schrei­bungs­pra­xis überdenken. 

War­um blog­ge ich das? Die hier recht plas­tisch sicht­bar wer­den­de Vor­stel­lung, dass ein paar Ände­run­gen im sta­tis­ti­schen Modell eines mit einer gewis­sen recht­li­chen Wir­kung ver­se­he­nen Gut­ach­tens, wie dies der Miet­spie­gel ist, zu deut­li­chen Aus­wir­kun­gen auf den loka­len Woh­nungs­markt füh­ren kön­nen, fin­de ich erschre­ckend. Letzt­lich klingt das fast so, als müss­te in sol­chen Fäl­len auch das Erhe­bungs­ver­fah­ren recht­lich stan­dar­di­siert wer­den. Und wenn da was dran ist, dann ist das ein Pro­blem, das etwas mehr Auf­merk­sam­keit wert ist als vier Zei­len im Sonn­tag.

Wikis politisch nutzen?

Eigent­lich beschäf­ti­gen mich zur Zeit ja ganz ande­re Fra­gen: als wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter geht es mir um den Zusam­men­hang von Geschlecht und Orga­ni­sa­ti­on, in mei­nem lei­der immer noch nicht abge­schlos­se­nen Dis­ser­ta­ti­ons­vor­ha­ben um Tech­nik und All­tags­kul­tur. Als ich aber Anfang des Jah­res auf einen Call for papers der kommunikation@gesellschaft (K@G) zum The­ma Wikis gesto­ßen bin, konn­te ich es dann doch nicht las­sen, dort einen Bei­trag anzumelden. 

Schon im Vor­feld hat­te ich beob­ach­tet, dass im Umfeld von Bünd­nis 90/Die Grü­nen ver­mehrt auf Wikis zurück­ge­grif­fen wur­de. Eigent­lich (schon wie­der …) woll­te ich nur eine kur­ze Notiz dar­über ver­fas­sen, letzt­lich ein­fach auf die­se Mög­lich­kei­ten hin­wei­sen. Dann habe ich mir ein paar die­ser poli­ti­schen Nut­zungs­wei­sen – zwi­schen dem ein­ma­li­gen „Text-Event“ und der Ver­wen­dung als orga­ni­sa­ti­ons­in­ter­ne „Group­ware“ – jedoch näher ange­schaut, und letzt­lich auch ein biß­chen geschaut, was es sonst schon zur poli­ti­schen Nut­zung von Wikis gibt (nicht viel), und aus den Bei­spie­len The­sen dazu abge­lei­tet, was den Erfolg poli­ti­scher Wiki-Nut­zung ausmacht:

Aus die­ser Dar­stel­lung kann – the­sen­haft for­mu­liert – der Schluss gezo­gen wer­den, dass neben der quan­ti­ta­ti­ven Betei­li­gung und der Akti­vi­tät für den Erfolg poli­ti­scher Wikis ins­be­son­de­re die letzt­ge­nann­ten drei Dimen­sio­nen rele­vant sind: eine nicht-anony­me Nut­zer­grup­pe, ein hohes Maß an orga­ni­sa­to­ri­scher Inte­gra­ti­on und vor allem ein hohes Maß an Invol­vement. Ist ein Wiki dage­gen nicht in den poli­ti­schen Pro­zess inte­griert und wird von einer Grup­pe benutzt, die kaum mit den eigent­li­chen Ent­schei­dungs­trä­ge­rIn­nen in der Par­tei iden­tisch ist, kann ver­mut­lich vor­her­ge­sagt wer­den, dass die Ergeb­nis­se der Debat­te im Wiki für die Mei­nungs­bil­dung in der Par­tei nur eine gerin­ge Rele­vanz haben werden.

Wer sich also für neue For­men poli­ti­scher Par­ti­zi­pa­ti­on mit Hil­fe com­pu­ter­ge­stüt­zer Kom­mu­ni­ka­ti­on inter­es­siert, kann sich ja mal das Abs­tract oder den Arti­kel anschauen.

Ich habe noch kei­ne Zeit gehabt, genau­er in die ande­ren Arti­kel der Wiki-Son­der­aus­ga­be der K@G hin­ein­zu­gu­cken. Es gibt zwei inhalt­li­che Schwer­punk­te: zum einen der wis­sen­schaft­li­che Blick auf die Wiki­pe­dia (was auch sonst ;-), zum ande­ren die Nut­zung von Wikis in Orga­ni­sa­tio­nen, in der Päd­ago­gik und an Uni­ver­si­tä­ten. Mehr dazu steht auch im K@G‑Blog und in der Kul­tur­wis­sen­schaft­li­chen Tech­nik­for­schung.

War­um blog­ge ich das? Weil der Arti­kel jetzt end­lich online ist (geschrie­ben habe ich ihn im März), und weil er mir ins­ge­samt – für ein Neben­bei­pro­jekt – ganz gut gelun­gen erscheint und viel­leicht hilf­reich für wei­te­re Par­ti­zi­pa­ti­ons­expe­ri­men­te ist.

Was ist Wissenschaft? Eine empirische Erhebung

Die letz­ten paar Tage gab’s Rum­mel­platz rund um die Uni. Genau­er gesagt: die Wis­sen­schafts­mei­le, Höhe­punkt der Fest­wo­che (ich muss ja zuge­ben: je län­ger ich das Jubi­lä­um jetzt tat­säch­lich mit­krie­ge, des­to skep­ti­scher betrach­te ich es). Jeden­falls hat die Wis­sen­schafts­mei­le eini­ge Schat­ten­sei­ten: die Rem­part­stra­ße und der Rott­eck­ring sind gesperrt (gut so) – aber alles ist umzäunt, und die Umlei­tungs­stre­cke ist ziem­lich hals­bre­che­risch. Und Fest­pro­gramm mit jeder Men­ge Musik und Geto­be passt nicht so gut zu Klau­su­ren, die gleich­zei­tig geschrie­ben werden.

Aber neh­men wir die Wis­sen­schafts­mei­le doch ein­fach mal ernst und schau­en, was die offi­zi­el­le Uni­ver­si­tät unter Wis­sen­schaft ver­steht. Dabei ist es natür­lich am bes­ten, streng empi­risch und quan­ti­ta­tiv vor­zu­ge­hen. Grund­la­ge für die Erhe­bung bil­det also die ver­ge­be­ne Standfläche:

Uebersichtsplan Wissenschaftsmeile
Offi­zi­el­ler Plan der Mei­le (Ankli­cken zum Vergrößern)
„Was ist Wis­sen­schaft? Eine empi­ri­sche Erhe­bung“ weiterlesen