Kurz: Promovierende mit Kind zwischen den Kategorien

BüroMei­ne Part­ne­rin und ich sind der­zeit bei­de Pro­mo­ti­ons­stu­die­ren­de. Das hat ver­schie­de­ne Vor- und Nach­tei­le, um die es hier aber gar nicht gehen soll. Ein Pro­blem die­ses Sta­tus ist mir heu­te mor­gen schmerz­lich bewusst gewor­den. Wir sind näm­lich (schon län­ger) auf der Suche nach einem Kita-Platz für Ras­mus. Eigent­lich hät­ten wir ger­ne schon längst einen – Ras­mus ist gera­de ein Jahr als gewor­den – aber da wir ihn nicht vor­ge­burt­lich schon auf War­te­lis­ten set­zen las­sen haben, zieht sich das alles hin. 

Aber zum Sta­tus­pro­blem: die Uni Frei­burg hat eine eige­ne Kita (soweit ja mal gut). Die ist voll, wir ste­hen auf der War­te­lis­te, haben aber wenig Hoff­nung, einen Kita-Platz zu ergat­tern, weil die Plät­ze dort in der Rei­hen­fol­ge „wiss. Mit­ar­bei­te­rin­nen“*, „wiss. Mit­ar­bei­ter“, „Pro­mo­vie­ren­de“ ver­ge­ben wer­den, wie ich heu­te mor­gen erfah­ren habe.** Das Stu­den­ten­werk betreibt auch Kin­der­ta­ges­stät­ten. Dort ist die Rei­hen­fol­ge „Stu­die­ren­de im Erst­stu­di­um“ und erst danach „Pro­mo­vie­ren­de etc.“. Macht bei­des aus sich her­aus Sinn – zusam­men führt es dazu, dass die Chan­ce, als pro­mo­vie­ren­de Eltern ohne Beschäf­tig­ten­sta­tus einen Kita-Platz an der Uni zu krie­gen, ziem­lich klein sind. Was – „aka­de­mi­sche Rush­hour“ hin und „fami­li­en­freund­li­che Uni“ her – ziem­lich blöd ist.

* Neben­bei ein schö­nes Bei­spiel für Rei­fi­zie­rungs­pro­ble­me: aus der gegen­wär­ti­gen geschlechts­spe­zi­fi­schen Arbeits­ver­tei­lung her­aus erscheint es durch­aus sinn­voll, Kita-Plät­ze bevor­zugt an die Kin­der von Wis­sen­schaft­le­rin­nen zu geben – gleich­zei­tig ver­stärkt die­se Rei­hen­fol­ge aber die gesell­schaft­li­che Annah­me, dass Wis­sen­schaft­ler einen gerin­ge­ren Bedarf an Kin­der­be­treu­ung haben, weil ja im Zwei­fels­fall die Frau ein­sprin­gen kann.

** Damit das nicht in den fal­schen Hals gerät: der Mit­ar­bei­ter, der mich dar­über infor­miert hat, war sehr freund­lich und hat­te durch­aus Ein­sicht in die sich dar­aus erge­ben­den Pro­ble­me (und nann­te auch eini­ge Alter­na­ti­ven außer­halb der Uni) – das struk­tu­rel­le Pro­blem besteht trotz­dem weiter.

Kurz: Badische Zeitung und die Realname-Debatte

Die Badi­sche Zei­tung ändert ihre Neti­quet­te und ver­öf­fent­licht in Zukunft nur noch Kom­men­ta­re unter Real­na­me. Unter den Pseud­onym-Stamm­kom­men­ta­to­rIn­nen gibt das gra­de einen Auf­schrei, der aller­dings in sei­nen laut­star­ken Rufen nach spur­lo­ser Account-Löschung usw. eher einem Esels­ge­schrei ähnelt (sie­he die Kom­men­ta­re zum Link oben). Ich fin­de die Maß­nah­me ers­tens rich­tig (auch wenn sie natür­lich wei­ter­hin umgan­gen wer­den kann – auch die Badi­sche Zei­tung kann nicht kon­trol­lie­ren, ob jemand, der dort einen Account eröff­net wirk­lich ganz echt sei­nen oder ihren rich­ti­gen Namen ange­ge­ben hat) und bin zwei­tens gespannt, ob sie zur erhoff­ten Hebung des Niveaus bei­trägt. Ande­re – z.B. die Frei­bur­ger Pira­ten sehen dage­gen schon die freie Mei­nungs­äu­ße­rung und so wei­ter in Gefahr.

War­um fin­de ich die Maß­nah­me rich­tig? Ganz ein­fach: die Debat­ten über Arti­kel in der hie­si­gen Tages­zei­tung, die für bestimm­te Berei­che – Lokal­po­li­tik z.B. – fast eine Mono­pol­stel­lung ein­nimmt, sind wich­tig. Sie könn­ten eine poli­ti­sche Funk­ti­on ein­neh­men, im Sin­ne einer Reflek­ti­on der öffent­li­chen Mei­nungs­bil­dung. Arti­kel wer­den kor­ri­giert, indem auf Feh­ler hin­ge­wie­sen wird. Kon­tro­ver­se poli­ti­sche Kom­men­ta­re wer­den durch ande­re Ein­schät­zun­gen ergänzt. 

All das funk­tio­niert m.E. aber bes­ser, wenn die Akteu­re mit offe­nem Visier antre­ten. Wer unter Pseud­onym kom­men­tiert, kann das gan­ze auch als Spiel neh­men, kann Extrem­po­si­tio­nen raus­hän­gen las­sen – bis hin zum Gue­ril­la-Mar­ke­ting im Sin­ne eines bewuss­ten Ver­dre­hens von Tat­sa­chen. Mir ist die loka­le öffent­li­che Mei­nung, die sich am ört­li­chen Mono­pol­blatt ent­zün­det und reibt, dort jeden­falls einen Fokus fin­det, zu wich­tig, als dass sie so einem Spiel über­las­sen wird. Ich glau­be, dass ein poli­ti­scher Dia­log an Ernst­haf­tig­keit gewinnt, wenn Mei­nun­gen tat­säch­li­chen Per­so­nen zurech­nen­bar sind. Eine Real­na­me­pflicht kann hier ein Gewinn sein (es gibt ande­re Berei­che des Net­zes – z.B. Selbst­hil­fe­fo­ren -, wo das anders aus­sieht). Und auch das Argu­ment, dass ja eigent­lich eben des­sen Kraft zäh­len soll­te, und nicht die Per­son, hal­te ich nicht für stich­hal­tig – erst in der Zuord­nung von Argu­men­ten zu Per­so­nen mit ihren viel­fäl­ti­gen Ver­flech­tun­gen und Inter­es­sen gewin­nen die­se in einer poli­ti­schen Aus­ein­an­der­set­zung (und die sehe ich hier eben) an Kraft. 

Dar­um: ein span­nen­des Expe­ri­ment, von dem die BZ sich auch durch das jet­zi­ge Groß­ge­schrei nicht abschre­cken las­sen sollte.