Wikis politisch nutzen?

Eigent­lich beschäf­ti­gen mich zur Zeit ja ganz ande­re Fra­gen: als wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter geht es mir um den Zusam­men­hang von Geschlecht und Orga­ni­sa­ti­on, in mei­nem lei­der immer noch nicht abge­schlos­se­nen Dis­ser­ta­ti­ons­vor­ha­ben um Tech­nik und All­tags­kul­tur. Als ich aber Anfang des Jah­res auf einen Call for papers der kommunikation@gesellschaft (K@G) zum The­ma Wikis gesto­ßen bin, konn­te ich es dann doch nicht las­sen, dort einen Bei­trag anzumelden. 

Schon im Vor­feld hat­te ich beob­ach­tet, dass im Umfeld von Bünd­nis 90/Die Grü­nen ver­mehrt auf Wikis zurück­ge­grif­fen wur­de. Eigent­lich (schon wie­der …) woll­te ich nur eine kur­ze Notiz dar­über ver­fas­sen, letzt­lich ein­fach auf die­se Mög­lich­kei­ten hin­wei­sen. Dann habe ich mir ein paar die­ser poli­ti­schen Nut­zungs­wei­sen – zwi­schen dem ein­ma­li­gen „Text-Event“ und der Ver­wen­dung als orga­ni­sa­ti­ons­in­ter­ne „Group­ware“ – jedoch näher ange­schaut, und letzt­lich auch ein biß­chen geschaut, was es sonst schon zur poli­ti­schen Nut­zung von Wikis gibt (nicht viel), und aus den Bei­spie­len The­sen dazu abge­lei­tet, was den Erfolg poli­ti­scher Wiki-Nut­zung ausmacht:

Aus die­ser Dar­stel­lung kann – the­sen­haft for­mu­liert – der Schluss gezo­gen wer­den, dass neben der quan­ti­ta­ti­ven Betei­li­gung und der Akti­vi­tät für den Erfolg poli­ti­scher Wikis ins­be­son­de­re die letzt­ge­nann­ten drei Dimen­sio­nen rele­vant sind: eine nicht-anony­me Nut­zer­grup­pe, ein hohes Maß an orga­ni­sa­to­ri­scher Inte­gra­ti­on und vor allem ein hohes Maß an Invol­vement. Ist ein Wiki dage­gen nicht in den poli­ti­schen Pro­zess inte­griert und wird von einer Grup­pe benutzt, die kaum mit den eigent­li­chen Ent­schei­dungs­trä­ge­rIn­nen in der Par­tei iden­tisch ist, kann ver­mut­lich vor­her­ge­sagt wer­den, dass die Ergeb­nis­se der Debat­te im Wiki für die Mei­nungs­bil­dung in der Par­tei nur eine gerin­ge Rele­vanz haben werden.

Wer sich also für neue For­men poli­ti­scher Par­ti­zi­pa­ti­on mit Hil­fe com­pu­ter­ge­stüt­zer Kom­mu­ni­ka­ti­on inter­es­siert, kann sich ja mal das Abs­tract oder den Arti­kel anschauen.

Ich habe noch kei­ne Zeit gehabt, genau­er in die ande­ren Arti­kel der Wiki-Son­der­aus­ga­be der K@G hin­ein­zu­gu­cken. Es gibt zwei inhalt­li­che Schwer­punk­te: zum einen der wis­sen­schaft­li­che Blick auf die Wiki­pe­dia (was auch sonst ;-), zum ande­ren die Nut­zung von Wikis in Orga­ni­sa­tio­nen, in der Päd­ago­gik und an Uni­ver­si­tä­ten. Mehr dazu steht auch im K@G‑Blog und in der Kul­tur­wis­sen­schaft­li­chen Tech­nik­for­schung.

War­um blog­ge ich das? Weil der Arti­kel jetzt end­lich online ist (geschrie­ben habe ich ihn im März), und weil er mir ins­ge­samt – für ein Neben­bei­pro­jekt – ganz gut gelun­gen erscheint und viel­leicht hilf­reich für wei­te­re Par­ti­zi­pa­ti­ons­expe­ri­men­te ist.

Grundeinkommen: morgen erste Vorentscheidung (Update 2)

Na gut, die ers­te Vor­ent­schei­dung der baden-würt­tem­ber­gi­schen Grü­nen dar­über, was die grü­nen Eck­punk­te für ein neu­es sozia­les Siche­rungs­mo­dell sein soll. Der aus dem Lan­des­vor­stand stam­men­de, in der Pro­jekt­grup­pe bera­te­ne und hef­tig dis­ku­tier­te Antrag dazu kann zum Bei­spiel hier nach­ge­le­sen wer­den. Ich wer­de des­we­gen in Pforz­heim beim Lan­des­aus­schuss (das ist unser klei­ner Par­tei­tag, nicht zu ver­wech­seln mit dem bun­des­wei­ten Län­der­rat) sein und dort eini­ge Ände­rungs­an­trä­ge ein­brin­gen, die der Kreis­ver­band Breis­gau-Hoch­schwarz­wald auf sei­ner letz­ten Mit­glie­der­ver­samm­lung beschlos­sen hat. Ins­ge­samt geht es dar­um, deut­li­cher zu machen, dass eine neue sozia­le Siche­rung nicht ein­fach nur eine Wei­ter­ent­wick­lung von Hartz-IV sein kann, son­dern dass die gesell­schaft­li­chen Ent­wick­lun­gen („Sockel­ar­beits­lo­sig­keit“, „Wis­sens­ge­sell­schaft“ usw.) eben­so zu berück­sich­ti­gen sind wie die Chan­cen, die in neu­en Model­len der sozia­len Siche­rung ste­cken kön­nen – ins­be­son­de­re natür­lich im Grund­ein­kom­men. Des­we­gen stel­len wir sowohl Ände­rungs­an­trä­ge, die die Kri­tik an der der­zei­ti­gen Pra­xis deut­li­cher machen sol­len (also z.B. klar­stel­len, dass Hartz-IV ein Feh­ler war, und dass Sank­tio­nen als Steue­rungs­in­stru­ment nicht beson­ders grün sind), als auch Anträ­ge, die die auch im Eck­punk­te­pa­pier irgend­wie doch noch vor­herr­schen­de Zen­tra­li­tät von Erwerbs­ar­beit wenigs­tens ein biß­chen zu rela­ti­vie­ren: mit einem Ver­weis auf Teil­zeit­ar­beit als Kom­ple­ment zum Grund­ein­kom­men (also: wer sich mit Grund­ein­kom­men und wenig Dazu­ver­dienst via Teil­zeit zufrie­den geben will, soll das auch machen kön­nen – dazu muss Teil­zeit­ar­beit orga­ni­sa­to­risch auch für die Unter­neh­men erleich­tert wer­den), mit der For­de­rung, die Aner­ken­nung und gesell­schaft­li­che Teil­ha­be durch Nicht­er­werbs-Arbeit zu ver­bes­sern, und mit einem Hin­weis auf die eman­zi­pa­to­ri­schen Poten­zia­le einer neu­en Form sozia­ler Sicherung.

Mal schau­en, was davon durch­kommt. Bei unserm in sol­chen Fra­gen doch ger­ne mal „schwä­bisch“ gepräg­ten Lan­des­ver­band, wo das „Schaf­fe“ als Grund­wert gilt, bin ich aller­dings nur ver­hal­ten opti­mis­tisch. Wir werden’s sehen.

War­um blog­ge ich das? Weil ich mir gera­de Gedan­ken über gute Argu­men­te für die Debat­te mor­gen mache.

Update: Lei­der ist das Eck­punk­te­pa­pier in der beschlos­se­nen Fas­sung noch nicht online. Scha­de, weil das Ergeb­nis recht erfreu­lich ist. Eine kur­ze Über­sicht dar­über, wel­che Ände­rungs­an­trä­ge wie behan­delt wur­den habe ich in das Grund­si­che­rungs-Blog gestellt.

Redebeitrag TWUpdate 2: Jetzt ist auch der offi­zi­el­le Beschluss online, falls jemand das noch­mal nach­le­sen will. Einen kur­zen Bericht über die Debat­te (und ein paar mehr Fotos von Red­ne­rIn­nen) gibt’s im Grund­si­che­rungs-Blog. Da kann und soll­te auch eif­rig kom­men­tiert wer­den. Da ist auch mein Rede­bei­trag zu finden.

Statement zum Grundeinkommen

Wie treu­en Lese­rIn­nen des Blogs bereits bekannt, dis­ku­tie­ren Bünd­nis 90/Die Grü­nen LV Baden-Würt­tem­berg seit eini­gen Mona­ten über Grund­ein­kom­men und Grund­si­che­rung oder ganz ande­re Model­le. Als ers­ter Zwi­schen­schritt lie­gen inzwi­schen nicht nur diver­se Model­le, son­dern auch ein (rela­tiv vages) Eck­punk­te­pa­pier vor, das auf dem nächs­ten Lan­des­aus­schuss am 30.6. in Pforz­heim beschlos­sen wer­den soll. Die grü­ne Debat­te um die Zukunft der sozia­len Siche­rungs­sys­te­me wird auch von eini­gen Bei­trä­gen in der Mit­glie­der­zeit­schrift Grü­ne Blät­ter beglei­tet – u.a. wur­de auch ich gebe­ten, in einem State­ment zu erläu­tern, war­um ich mich für ein bedin­gungs­lo­ses Grund­ein­kom­men ein­set­ze. Und weil der Arti­kel so kurz ist (so ist das mit gedruck­ten Din­gen …), doku­men­tie­re ich ihn hier in vol­ler Gänze:
„State­ment zum Grund­ein­kom­men“ weiterlesen

Noch ein grüner Wahlerfolg

Nicht nur in Bre­men wur­de gewählt, son­dern auch in Island. Die Grü­nen stei­ger­ten sich dabei um 5 auf 14 Pro­zent der Stim­men. Ein Grund dafür liegt – wie auch die NZZ berich­tet – sicher­lich dar­in, dass die der­zei­ti­ge Koali­ti­on auf unge­brems­tes Wirt­schafts­wachs­tum setzt und für die Ener­gie­er­zeu­gung ger­ne die Land­schaft zer­stört.

War­um blog­ge ich das? Weil mir zu dem Wahl­er­folg Rebek­kas Foto wie­der in Erin­ne­rung gekom­men ist.

Glückwunsch nach Bremen

Dass der Län­der­rat in Bre­men getagt hat­te, scheint sich gelohnt zu haben – aber ver­mut­lich hat das nur wenig zum tol­len grü­nen Wahl­er­geb­nis bei­getra­gen. Per­sön­lich total glück­lich wäre ich natür­lich, wenn es über­all so aus­se­hen wür­de wie hier:

Wahl Bremen
Wahl­er­geb­nis­se Bremen-Steintor

Aber gut – die Welt besteht nun mal nicht nur aus Sze­ne­vier­teln, in denen grün-dun­kel­rot eine Koali­ti­on aus Grü­nen und Lin­ken eine locke­re Mehr­heit hät­te. Den­noch: über 16 % bei einer Land­tags­wahl, das ist eine Super­ergeb­nis für Grü­ne. Und mit der Nach­hal­tig­keit klappt’s auch: Jung­wäh­le­rIn­nen – und in Bre­men auch die schon etwas älte­ren bis 59 – haben Grü­ne gleich­stark wie die CDU auf dem Stimm­zet­tel. Jetzt hof­fe ich nur, dass sich der grü­ne Wahl­er­folg auch in einer grü­nen Regie­rungs­be­tei­li­gung wider­spie­geln wird. Zu wün­schen wäre es den Kol­le­gIn­nen aus dem Nor­den auf jeden Fall. Und dann gibt’s viel­leicht auch einen etwas leis­tungs­fä­hi­ge­ren Ser­ver.

War­um blog­ge ich das? Weil ich mich über das sehr gute grü­ne Abschnei­den freue!