Der grüne Kreisverband Freiburg hat sein Mitgliedermagazin Grün in Freiburg von Print auf online umgestellt und mich gebeten, für die zukünftig regelmäßig geplante Rubrik „Sag’s den Grünen“ den Auftakt zu machen. Geschrieben habe ich – noch im August, vor der Aufregung um eine unhygienische Großdemo in Berlin – etwas dazu, wie wir Grüne uns verhalten hätten, wenn die Corona-Pandemie vor 30 Jahren stattgefunden hätte? (Ja, es geht um die Frage der Orientierung an Wissenschaftlichkeit und Fakten …). Aber auch jenseits davon ist die erste Online-Ausgabe von Grün in Freiburg recht interessant geworden.
Kurz: „… zu achten und zu schützen …“
Ein bisschen mitgefiebert habe ich dann doch, heute morgen, als in einer Pressekonferenz der Entwurf für das grüne Grundsatzprogramm vorgestellt wurde. Damit erreicht der seit Anfang 2018 laufende Prozess für die Erstellung eines neuen grünen Grundsatzprogramms seinen vorletzten Schritt, mit vielen Konventen, Diskussionsveranstaltungen, einem breiten Beteiligungsprozess im Netz, einem Impulspapier und einem „Zwischenbericht“. – Vorletzter Schritt, weil jetzt – ganz final erst nach einer weiteren Phase der Beteiligung im Netz – klar ist, über was auf dem Bundesparteitag im November diesen Jahres in Karlruhe abgestimmt werden kann. Und mitgefiebert habe ich, weil ich an der Urfassung, dem Zwischenbericht, mitwirken durfte.
Für eine Bewertung des Programms (58 Seiten, 383 nummerierte Absätze) ist es noch zu früh. Was ich nach der Pressekonferenz und dem ersten Durchblättern sagen kann, ist aber sehr positiv. Mit gefällt der Werteteil sehr gut, der aus einer anthropozentrischen Perspektive – der Mensch in seiner Freiheit und Würde – unser ökologisches und emanzipatorisches Programm herleitet. Natur- und Klimaschutz nicht als Selbstzweck, sondern um Freiheiten für alle heute und in Zukunft lebenden Menschen auf diesem Planeten zu erhalten. Das ist der richtige Ansatz. Ebenso wichtig finde ich, dass an der Orientierung an planetaren Grenzen als harten Leitplanken für Politik festgehalten wurde, und dass zentrale Projekte eines grünen Zukunftsentwurfs sich im Programm wiederfinden – etwa die Idee einer Föderalen Republik Europa. Und nicht zuletzt gefällt mir, dass dieses Programm Fortschritt gegenüber offen ist, die Bedeutung von Wissenschaft und Technik würdigt und dabei eine gute Balance aus kritischer Begleitung und Freiheit findet. Neu hinzugekommen ist aufgrund der Corona-Krise ein Fokus auf Resilienz und Krisenfestigkeit; auch das über den Tag hinaus eine gute programmatische Ergänzung.
Das als allererster Blick in diesen frischen und nach vorne weisenden Programmentwurf. Ich bin gespannt auf die weiteren Diskussionen in der Partei – und darauf, wie dieser Entwurf die November-BDK übersteht.
Photo of the week: Mauerpark graffiti II
Am Wochenende war ich in Berlin – unter anderem, um den 40. Geburtstag von Bündnis 90/Die Grünen (genauer gesagt: den 40. Geburtstag der Grünen und den 30. von Bündnis 90) zu feiern, mit 1500 anderen, in einer alten, etwas schlauchartigen Fabrikhalle, mit einer Rede von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Talkrunden u.a. mit Luisa Neubauer und Hans-Christian Ströbele (der da eher altväterlich rüberkam) und mit Aminata Touré, der Vizepräsidentin des Landtags Schleswig-Holstein mit Joschka Fischer. Die Handyfotos davon sind aber nicht wirklich was geworden. Deswegen lieber ein anderes Foto von dem Berlinbesuch. Wie es war – dazu stand in einigen Zeitungen etwas. Ich habe viele Leute getroffen, mich über die Akustik geärgert und über das Buffet (und den Auftritt von einer u.a. aus AnnenMayKannetereit gebildeten Band) gefreut. Die Steinmeier-Rede war gut, insgesamt war die Geburtstagsfeier angemessen gestaltet, die am Schluss verteilte Chronik gefällt mir und zeigt, wie 40 Jahre deutsche Geschichte und 40 Jahre Parteigeschichte doch recht eng ineinandergreifen – und wie weit vieles, was doch erst vorgestern war, schon Jahre zurückliegt.
Zwanzig Jahre Campusgrün: ein Blick auf den Anfang
Allerorten finden derzeit grüne Jubiläumsveranstaltungen statt. Im September wurde die Landespartei vierzig, im März wird die Landtagsfraktion feiern, und auch die Bundespartei hat nächstes Jahr ihren vierzigsten Gründungstag. Halb so alt – und Zwanzig ist auch ein Grund für Feiern und Reflektionen – ist Campusgrün, das Bündnis grüner und grün-naher Hochschulgruppen.
Als Mitglied des Gründungsvorstands durfte ich gestern in Berlin bei der Bundesmitgliederversammlung dabei sein und ein bisschen was aus den ersten paar Jahren des Verbandes berichten. Ein gemeinsames Motiv der Exvorstände aus verschiedenen Jahrgängen, die gestern dabei waren (Patrick Luzina, Luisa Schwab, Philipp Bläss, Ricarda Lang), war übrigens der Weg in die Hochschulpolitik: ganz oft spielten Studistreiks dabei eine große Rolle – und wo das nicht der Fall war, politisierte die Hochschulgruppenarbeit und wurde zum Sprungbrett in grüne Politik hinein.
Thematisch zeigte sich eine interessante Debattenkontinuität – darauf wies auch Kai Gehring als hochschulpolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion hin. Er nannte zehn zentrale Hochschulpolitik-Themen – und zumindest Studiengebühren und Studienfinanzierung, Hochschulfinanzierung und Studienreform (Bologna, seit 1998!) sind Themen, die eben auch 1999 schon auf der Agenda standen.
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In eigener Sache: grüne Heimatdebatte
In der aktuellen Ausgabe der AKP (Alternative Kommunal Politik)* findet sich ein umfangreicher Sonderteil zur grünen Heimatdebatte, der über ein schlichtes Pro und Contra deutlich hinausgeht – vielmehr geht es darum, ob und wenn ja wie ein Heimatbegriff für grüne Politik angeeignet und besetzt werden kann. Von mir ist eine gekürzte Fassung meines diesbezüglichen Blogbeitrags aus dem Jahr 2017 enthalten.
* „Alternativ“ hat hier – immerhin ist die AKP im 40. Jahrgang – noch die ursprüngliche Bedeutung aus den 1970er und 1980er Jahren, und auch das Kürzel AKP hat erst vor einigen Jahren die heutige Brisanz erhalten. Letztlich ist die AKP die grüne Fachzeitschrift für Kommunalpolitik und wird von grünen Gemeinderät*innen und Bürgermeister*innen gelesen.