Wie kann ein Sockelgrundeinkommen finanziert werden?

Wenn auch nicht in mei­nem Blog, so hat der Vor­schlag Sockel­grund­ein­kom­men, der am Sonn­tag auf dem grü­nen Lan­des­par­tei­tag dis­ku­tiert wer­den wird, eini­ges an Reak­tio­nen her­vor­ge­bracht. Neben der Kri­tik an der deut­li­chen Hartz-IV-Kri­tik (z.B. hier) ist es vor allem die Fra­ge der Finan­zie­rung und der Aus­zah­lungs­mo­da­li­tä­ten, die mit der Rea­li­sie­rung eines Grund­ein­kom­mens als nega­ti­ver Ein­kom­mens­steu­er ver­bun­den sind. Hilf­reich dafür fin­de ich zwei Bei­trä­ge von Win­fried Böh­ler aus der Pro­jekt­grup­pe. Hier beschreibt er die kon­kre­te Umset­zung einer nega­ti­ven Ein­kom­mens­steu­er, und an die­ser Stel­le stellt er gut ver­ständ­lich dar, wie das Finan­zie­rungs­mo­dell hin­ter dem Sockel­grund­ein­kom­men funktioniert.

War­um blog­ge ich das? Als Update zum vor­he­ri­gen Bei­trag über das Sockel­grund­ein­kom­men. Und weil ich jetzt wirk­lich gespannt auf den Par­tei­tags­sonn­tag bin – und dar­auf, wen in den letz­ten Minu­ten der Mut ver­lässt, einen mach­ba­ren Reform­vor­schlag vor­zu­le­gen, und wer dabei bleibt …

Realpolitik heißt Sockelgrundeinkommen (Update 3)

Nach einem arbeits­rei­chen Som­mer liegt unser Antrag für ein par­ti­el­les Grund­ein­kom­men (oder Sockel­grund­ein­kom­men) inzwi­schen auch offi­zi­ell vor. Der baden-würt­tem­ber­gi­sche Lan­des­ver­band von Bünd­nis 90/Die Grü­nen hat­te ja nicht nur elek­tro­nisch über die­ses The­ma dis­ku­tiert, son­dern Anfang des Jah­res auch eine Pro­jekt­grup­pe Grundeinkommen/Grundsicherung ins Leben geru­fen. Nach gemein­sa­men Eck­punk­ten hat sich dann vor der Som­mer­pau­se gezeigt, dass inner­halb der Pro­jekt­grup­pe noch immer sowohl Ver­tre­te­rIn­nen eines „Wei­ter so“ im Sin­ne einer Ver­bes­se­rung von Hartz-IV (als „ler­nen­der Reform“, wie dies Kers­tin And­reae so schön aus­drück­te) als auch Ver­tre­te­rIn­nen eines Grund­ein­kom­mens zu fin­den waren. Es gab dann also zwei Arbeits­grup­pen, die jeweils einen eige­nen Antrag aus­ge­ar­bei­tet haben. 

Regionalkonferenz-MosaikImpres­sio­nen von der Regio­nal­kon­fe­renz zu Grundeinkommen/Grundsicherung im Febru­ar 2007

Der Kern des Antrags der Grund­ein­kom­mens­grup­pe (gelei­tet von Bea­te Mül­ler-Gem­me­ke, sehr aktiv dabei Tho­mas Pore­ski) ist ein als nega­ti­ve Ein­kom­mens­steu­er aus­ge­stal­te­tes „Sockel­grund­ein­kom­men“ in Höhe von 420 Euro pro erwach­se­ner Per­son (300 Euro für Kin­der, das The­ma Rent­ne­rIn­nen wur­de aus­ge­klam­mert, lie­ße sich aber ana­log über eine Min­dest­ren­te aus­ge­stal­ten). Nega­ti­ve Ein­kom­mens­steu­er heißt dabei: das Grund­ein­kom­men wird mit der Steu­er­schuld ver­rech­net. Wer kein Ein­kom­men hat, und des­we­gen auch kei­ne Steu­ern zahlt, erhält auto­ma­tisch 420 Euro im Monat (Wohn­geld und Leis­tun­gen in beson­de­ren Lebens­la­gen kom­men bedarfs­ge­prüft noch dazu). Wer 420 Euro pro Monat an Steu­ern zahlt, erhält nichts und zahlt nichts; wer mehr zahlt, zahlt sei­ne Steu­er­schuld abzüg­lich der 420 Euro pro Monat. Inso­fern wirkt das Grund­ein­kom­men bei höhe­ren Ein­kom­men als eine Art Steu­er­frei­be­trag. Bei Gering­ver­die­ne­rIn­nen soll die Kran­ken­ver­si­che­rung vom Staat über­nom­men wer­den, wird also – anders als z.B. bei Alt­haus – nicht von den 420 Euro abgezogen. 

Zur Finan­zie­rung soll vor allem auf eine Ein­kom­mens­steu­er­re­form (d.h. letzt­lich auf Umver­tei­lung zwi­schen Spit­zen­ver­die­ne­rIn­nen und Armen) gesetzt wer­den. Dazu gehört ins­be­son­de­re die Abschaf­fung von Steu­er­frei­be­trä­gen, u.a. auch das Ehe­gat­ten­split­ting (statt­des­sen ent­steht ein indi­vi­dua­li­sier­ter Leis­tungs­an­spruch unab­hän­gig von Part­ner­schaf­ten etc.). Zudem kann eine Art Öko­steu­er-II zur Finan­zie­rung bei­tra­gen und zugleich öko­lo­gi­sche Len­kungs­wir­kun­gen ent­fal­ten. Anders als bei dem ger­ne dis­ku­tier­ten Götz-Wer­ner-Modell kommt es also nicht zu einer unso­zia­len extre­men Mehrwertsteuererhöhung.

Ein sol­ches Sockel­grund­ein­kom­men trägt sowohl dazu bei, Armut abzu­bau­en (v.a. auch Kin­der­ar­mut), als auch dazu führt, Arbeit­an­rei­ze zu schaf­fen und Exis­tenz­grün­dun­gen und pre­kä­re Lebens­pha­sen zu unter­stüt­zen. Wer sich mit 420 Euro plus Wohn­geld zufrie­den geben will, und so avant­gar­dis­ti­sche Lebens­ent­wür­fe aus­pro­bie­ren will, kann dies jedoch eben­falls tun. Sank­tio­nen und Zwang pas­sen nicht zu die­sem Modell.

Das Sockel­grund­ein­kom­men kann jedoch nicht allei­ne daste­hen. Wir wol­len nicht alles auf den finan­zi­el­len Trans­fer redu­zie­ren. U.a. des­we­gen ist auch die im Ver­gleich zu ande­ren Model­len eher gerin­ge Höhe zu erklä­ren. Ein­ge­bet­tet wer­den soll das Sockel­grund­ein­kom­men sowohl in Bil­dungs­re­for­men, wie die Grü­nen sie schon lan­ge for­dern (also etwa die Basis­schu­le oder den Aus­bau von Schul­so­zi­al­ar­beit) als auch in akti­ve Arbeits­markt­po­li­tik – auf frei­wil­li­ger Basis.

Ein zwei­ter Schritt, der sich an das ABC aus Armuts­be­kämp­fung, Bil­dungs­för­de­rung und die Eröff­nung von Chan­cen anschließt, ist eine Kom­bi­na­ti­on aus Erhö­hung des Grund­ein­kom­mens auf etwa 500 Euro und die Kopp­lung an Refor­men im Sozi­al­ver­si­che­rungs­be­reich (v.a. auch Ren­te) in Rich­tung Bürgerversicherung/Schweizer Modell. 

Das Sockel­grund­ein­kom­mens­mo­dell ist inso­fern sehr prag­ma­tisch und real­po­li­tisch, als es – durch eine Ein­kom­mens­steu­er­re­form – rela­tiv schnell ein­zu­füh­ren wäre. Es stellt einen Ein­stieg in einen Sys­tem­wech­sel dar, einen flie­ßen­den Über­gang. Nach eini­gen Jah­ren kann dann anhand der Erfah­run­gen damit über­legt wer­den, ob ein dar­über hin­aus­ge­hen­den Grund­ein­kom­men sinn­voll ist, und ob die Hoff­nun­gen in die Ent­fal­tung von Frei­heit­lich­keit und Krea­ti­vi­tät berech­tigt waren.

Abschlie­ßend, weil das immer wie­der ger­ne als Stroh­mann oder Stroh­frau auf­ge­stellt wird: das Sockel­grund­ein­kom­men ist nicht iden­tisch mit dem 1200-Euro-Grund­ein­kom­mens­mo­dell, son­dern begrenzt sich auf 420 Euro; es dient nicht der Abschaf­fung der Erwerbs­ar­beit, son­dern stellt eine Mög­lich­keit dar, mit den ver­än­der­ten Bedin­gun­gen der Erwerbs­ge­sell­schaft sinn­voll umzu­ge­hen, statt auf die uto­pi­sche Hoff­nung „Arbeits­plät­ze für alle“ zu set­zen; es ist finan­zier­bar – und es ist kein Ver­such, Men­schen ins Eck zu stel­len und mit Geld abzu­spei­sen, son­dern soll von sinn­vol­len Maß­nah­men aus der Bil­dungs- und Arbeits­markt­po­li­tik beglei­tet werden.

War­um blog­ge ich das? Ob das Sockel­grund­ein­kom­men zum grü­nen Modell wird, ent­schei­det sich für Baden-Würt­tem­berg am 14. Okto­ber auf dem Lan­des­par­tei­tag in Heil­bronn. Schon am 6. Okto­ber dis­ku­tiert der LV Ber­lin ein ähn­li­ches Kon­zept, und auch ein Teil der bun­des­wei­ten Kom­mis­si­on zur Zukunft der Sozia­len Siche­rung ten­diert wohl zu ähn­li­chen Vor­stel­lun­gen. Bis zum 14.10. wird es jetzt u.a. dar­um gehen, noch ein­mal mas­siv Wer­bung für das Modell zu machen, es zu erläu­tern und zu dis­ku­tie­ren. Die­ser Blog­ein­trag soll einen Bei­trag dazu liefern.

Update (6.10.2007): Die Ber­li­ner Grü­nen haben das Grund­ein­kom­men knapp abge­lehnt.

Update 2: Arti­kel und Kom­men­tar zur knap­pen Grund­ein­kom­mens­ab­leh­nung in Ber­lin. Für mich wird hier noch ein­mal deut­lich, dass es sich beim Grund­ein­kom­men eben nicht um ein kla­res „Flü­gel­pro­jekt“ han­delt, wie das man­che sehen, son­dern dass die Kon­flikt­li­ni­en hier­zu quer zu den Strö­mun­gen in der Par­tei lie­gen. Auch wenn das Kon­zept Grund­ein­kom­men alt ist, mag die Debat­ten­la­ge etwas mit dem Aktua­li­tät des Kon­zepts und der Tat­sa­che zu tun haben, dass der post­in­dus­tri­el­le Wand­lungs­pro­zess all­mäh­lich auch außer­halb sozio­lo­gi­scher Labors deut­lich wird.

Update 3 (8.10.2007): Hen­ning äußert sich prin­zi­pi­ell-sym­pa­thisch und kon­kret-kri­tisch zum Sockel­grund­ein­kom­mens-Antrag. Scha­de, dass das jetzt kommt. Wäre blöd, wenn aus sol­chen Über­le­gun­gen her­aus am Schluss ein LDK-Ent­scheid für ein Grund­si­che­rungs­mo­dell her­aus­kommt. Noch ist die Frist für Ände­rungs­an­trä­ge nicht abgelaufen …

Grundeinkommen: morgen erste Vorentscheidung (Update 2)

Na gut, die ers­te Vor­ent­schei­dung der baden-würt­tem­ber­gi­schen Grü­nen dar­über, was die grü­nen Eck­punk­te für ein neu­es sozia­les Siche­rungs­mo­dell sein soll. Der aus dem Lan­des­vor­stand stam­men­de, in der Pro­jekt­grup­pe bera­te­ne und hef­tig dis­ku­tier­te Antrag dazu kann zum Bei­spiel hier nach­ge­le­sen wer­den. Ich wer­de des­we­gen in Pforz­heim beim Lan­des­aus­schuss (das ist unser klei­ner Par­tei­tag, nicht zu ver­wech­seln mit dem bun­des­wei­ten Län­der­rat) sein und dort eini­ge Ände­rungs­an­trä­ge ein­brin­gen, die der Kreis­ver­band Breis­gau-Hoch­schwarz­wald auf sei­ner letz­ten Mit­glie­der­ver­samm­lung beschlos­sen hat. Ins­ge­samt geht es dar­um, deut­li­cher zu machen, dass eine neue sozia­le Siche­rung nicht ein­fach nur eine Wei­ter­ent­wick­lung von Hartz-IV sein kann, son­dern dass die gesell­schaft­li­chen Ent­wick­lun­gen („Sockel­ar­beits­lo­sig­keit“, „Wis­sens­ge­sell­schaft“ usw.) eben­so zu berück­sich­ti­gen sind wie die Chan­cen, die in neu­en Model­len der sozia­len Siche­rung ste­cken kön­nen – ins­be­son­de­re natür­lich im Grund­ein­kom­men. Des­we­gen stel­len wir sowohl Ände­rungs­an­trä­ge, die die Kri­tik an der der­zei­ti­gen Pra­xis deut­li­cher machen sol­len (also z.B. klar­stel­len, dass Hartz-IV ein Feh­ler war, und dass Sank­tio­nen als Steue­rungs­in­stru­ment nicht beson­ders grün sind), als auch Anträ­ge, die die auch im Eck­punk­te­pa­pier irgend­wie doch noch vor­herr­schen­de Zen­tra­li­tät von Erwerbs­ar­beit wenigs­tens ein biß­chen zu rela­ti­vie­ren: mit einem Ver­weis auf Teil­zeit­ar­beit als Kom­ple­ment zum Grund­ein­kom­men (also: wer sich mit Grund­ein­kom­men und wenig Dazu­ver­dienst via Teil­zeit zufrie­den geben will, soll das auch machen kön­nen – dazu muss Teil­zeit­ar­beit orga­ni­sa­to­risch auch für die Unter­neh­men erleich­tert wer­den), mit der For­de­rung, die Aner­ken­nung und gesell­schaft­li­che Teil­ha­be durch Nicht­er­werbs-Arbeit zu ver­bes­sern, und mit einem Hin­weis auf die eman­zi­pa­to­ri­schen Poten­zia­le einer neu­en Form sozia­ler Sicherung.

Mal schau­en, was davon durch­kommt. Bei unserm in sol­chen Fra­gen doch ger­ne mal „schwä­bisch“ gepräg­ten Lan­des­ver­band, wo das „Schaf­fe“ als Grund­wert gilt, bin ich aller­dings nur ver­hal­ten opti­mis­tisch. Wir werden’s sehen.

War­um blog­ge ich das? Weil ich mir gera­de Gedan­ken über gute Argu­men­te für die Debat­te mor­gen mache.

Update: Lei­der ist das Eck­punk­te­pa­pier in der beschlos­se­nen Fas­sung noch nicht online. Scha­de, weil das Ergeb­nis recht erfreu­lich ist. Eine kur­ze Über­sicht dar­über, wel­che Ände­rungs­an­trä­ge wie behan­delt wur­den habe ich in das Grund­si­che­rungs-Blog gestellt.

Redebeitrag TWUpdate 2: Jetzt ist auch der offi­zi­el­le Beschluss online, falls jemand das noch­mal nach­le­sen will. Einen kur­zen Bericht über die Debat­te (und ein paar mehr Fotos von Red­ne­rIn­nen) gibt’s im Grund­si­che­rungs-Blog. Da kann und soll­te auch eif­rig kom­men­tiert wer­den. Da ist auch mein Rede­bei­trag zu finden.

Statement zum Grundeinkommen

Wie treu­en Lese­rIn­nen des Blogs bereits bekannt, dis­ku­tie­ren Bünd­nis 90/Die Grü­nen LV Baden-Würt­tem­berg seit eini­gen Mona­ten über Grund­ein­kom­men und Grund­si­che­rung oder ganz ande­re Model­le. Als ers­ter Zwi­schen­schritt lie­gen inzwi­schen nicht nur diver­se Model­le, son­dern auch ein (rela­tiv vages) Eck­punk­te­pa­pier vor, das auf dem nächs­ten Lan­des­aus­schuss am 30.6. in Pforz­heim beschlos­sen wer­den soll. Die grü­ne Debat­te um die Zukunft der sozia­len Siche­rungs­sys­te­me wird auch von eini­gen Bei­trä­gen in der Mit­glie­der­zeit­schrift Grü­ne Blät­ter beglei­tet – u.a. wur­de auch ich gebe­ten, in einem State­ment zu erläu­tern, war­um ich mich für ein bedin­gungs­lo­ses Grund­ein­kom­men ein­set­ze. Und weil der Arti­kel so kurz ist (so ist das mit gedruck­ten Din­gen …), doku­men­tie­re ich ihn hier in vol­ler Gänze:
„State­ment zum Grund­ein­kom­men“ weiterlesen

Grundeinkommen und ökologische Lebensstile

In mei­nem Bei­trag Für ein exis­tenz­si­che­ren­des Grund­ein­kom­men habe ich es ja schon kurz erwähnt: ein Grund­ein­kom­men macht auch aus der Per­spek­ti­ve eines Zusam­men­den­kens von öko­lo­gi­scher und sozia­ler Fra­ge Sinn. Rein­hard Los­ke plä­diert seit eini­ger Zeit dafür. Heu­te hat er einen Kom­men­tar („Den Kon­su­mis­mus über­lis­ten“) in der taz, der sich haupt­säch­lich damit beschäf­tigt, dass es für eine radi­kal-rea­lis­ti­sche Kli­ma­po­li­tik nicht aus­reicht, Glüh­bir­nen zu ver­bie­ten und Hybrid­au­tos zu for­dern. So schreibt er:

Die Poli­tik muss höl­lisch auf­pas­sen, dass sie die Kli­ma­de­bat­te nicht zer­re­det und so klein hackt, dass die Bevöl­ke­rung letzt­lich den Ein­druck gewinnt, man kön­ne an der Mise­re sowie­so nichts mehr ändern und kon­zen­trie­re sich am bes­ten dar­auf, das eige­ne Scherf­lein ins Tro­cke­ne zu brin­gen oder die letz­te Par­ty zu fei­ern. Was jetzt gebraucht wird, sind gro­ße Wür­fe, die dann auch ver­bind­lich beschlos­sen und schritt­wei­se umge­setzt wer­den: die koh­len­stoff­freie Ener­gie­wirt­schaft, kli­ma­freund­li­che Ver­kehrs­mit­tel und Gebäu­de sowie Infra­struk­tu­ren, die für jeden ein rich­ti­ges Leben im rich­ti­gen ermöglichen.

Alle Wind­rä­der, Holz­pel­let­hei­zun­gen und Hybrid­au­tos wer­den uns aber nicht ret­ten, wenn wir uns län­ger um die Lebens­stil­fra­ge her­um­drü­cken. Da gibt es eine natür­li­che Scheu, die ver­ständ­lich ist, gera­de bei Poli­ti­kern, die den Vor­wurf der Ver­zichts­pre­digt scheu­en wie der Teu­fel das Weih­was­ser. Aber der Kon­su­mis­mus, also das Anhäu­fen von Gütern als Sub­sti­tut für Sinn, ist heu­te der größ­te Feind des Kli­ma­schut­zes. Des­halb ist es eine Kul­tur­auf­ga­be ers­ter Ord­nung, die Rück­kehr zum mensch­li­chen Maß zu befördern.

Das nur als Kon­text für die hier inter­es­san­te Fra­ge, wie Grund­ein­kom­men und Kli­ma­po­li­tik zusam­men­pas­sen. Als Zwi­schen­schritt dazu argu­men­tiert Los­ke dazu, nicht klas­sisch-kapi­ta­lis­mus­kri­tisch und ver­zichts­be­tont an die Fra­ge öko­lo­gi­scher Lebens­sti­le her­an­zu­ge­hen, son­dern „den Kon­su­mis­mus zu über­lis­ten“, d.h.:

[…] Maß­hal­ten mit Lebens­freu­de, Ver­zicht mit Genuss, weni­ger mit mehr, Aske­se mit Selbst­ent­de­ckung zu ver­bin­den, um Mut zu machen und zur Nach­ah­mung anzu­re­gen. Bei der Plu­ra­li­tät unse­rer Gesell­schaft wird das nicht zum Ein­heits­le­bens­stil füh­ren, son­dern zu einer Viel­falt von Lebens­sti­len, die aber alle­samt kli­ma­ver­träg­li­cher sein würden.

Hier kommt nun das Grund­ein­kom­men ins Spiel, das Los­ke als Chan­ce sieht, sozia­le und öko­lo­gi­sche Fra­ge zu ver­bin­den und denen, die es wol­len, die Mög­lich­keit zu geben, neue öko­lo­gi­sche Lebens­sti­le zu entdecken:

Frei­lich gilt es eine wich­ti­ge Ein­schrän­kung zu machen: Wenn Ver­zicht für die Rei­chen ledig­lich hie­ße, ihren Off-Roa­der in der Fas­ten­zeit am Sonn­tag ste­hen zu las­sen, wäh­rend er für die Armen die Kür­zung der Hartz-IV-Leis­tun­gen von 345 Euro pro Monat auf 300 Euro bedeu­te­te, wäre ein sol­cher Ansatz ohne Aus­sicht auf brei­te gesell­schaft­li­che Zustim­mung. Die Chan­ce, maß­vol­len Lebens­sti­len zum Durch­bruch zu ver­hel­fen, steigt mit der gesell­schaft­li­chen Gerech­tig­keit, natio­nal wie inter­na­tio­nal. Das Grund­ein­kom­men für jede und jeden könn­te die Brü­cke sein, um über­mä­ßi­gen Wachs­tums­druck von der Gesell­schaft zu neh­men. Es ist an der Zeit, die öko­lo­gi­sche und die sozia­le Fra­ge end­lich zusammenzudenken.

Ich fin­de das eine ziem­lich span­nen­de Per­spek­ti­ve, selbst wenn ich noch nicht davon über­zeugt bin, dass ein der­ar­ti­ger Lebens­stil­wan­del auf brei­ter Front pas­sie­ren wird. Aber selbst für die von Los­ke als unzu­rei­chend dar­ge­stell­ten Maß­nah­men sind Avant­gar­de-Haus­hal­te sinn­voll, die zei­gen, wie ein öko­lo­gisch nach­hal­ti­ger, emis­si­ons­re­du­zier­ter und trotz­dem genuß­vol­ler Lebens­stil aus­se­hen kann, und von denen der „raf­fi­nier­te Kapi­ta­lis­mus“ ler­nen kann. Um die­se mög­li­cher­wei­se anfangs recht klei­ne Grup­pe zu unter­stüt­zen, ist ein Grund­ein­kom­men eine gute Idee (jeden­falls bes­ser als die Idee eines Zuschus­ses für geprüf­tes öko­lo­gisch kor­rek­tes Verhalten …).

Anders gesagt: das Grund­ein­kom­men wür­de einen post­ma­te­ri­el­len Lebens­stil ermög­li­chen, und so zu einer ver­bes­ser­te gesell­schaft­li­chen Öko­bi­lanz bei­tra­gen. Der Schritt dazwi­schen ist der, dass jemand mit Grund­ein­kom­men weni­ger Zeit für Arbeit und mehr Zeit für „Sein“ haben kann, und die dann idea­ler­wei­se nicht dafür nutzt, Kon­sum­gü­ter zu kau­fen (und sich zu ver­schul­den), son­dern für Kon­tem­pla­ti­on, Eigen­ar­beit, ehren­amt­li­che Arbeit, Fami­lie, Kunst, … ande­re For­men der Selbst­fin­dung, also jeden­falls alles Din­ge, die deut­lich weni­ger mate­ri­al­in­ten­siv sind. Im Prin­zip fin­de ich das eine sehr gute Idee (und habe des­we­gen auch auf Los­kes Bei­trag hin­ge­wie­sen) – aller­dings neh­me ich an, dass es nur eine rela­tiv klei­ne Grup­pe von Men­schen gibt, die ein Grund­ein­kom­men so nut­zen wür­den. Dazu gehört ja bei­spiels­wei­se, sich nicht über die Erwerbs­ar­beit zu defi­nie­ren, etwas mit sich anfan­gen zu kön­nen, ohne exter­ne Unter­hal­tung gebo­ten zu bekom­men usw. 

Aller­dings bin ich da bei aller Sym­pa­thie ein biß­chen skep­tisch, weil es eine doch recht kla­re gesell­schaft­li­che Struk­tu­rie­rung in „Milieus“ gibt (z.B. SINUS-Milieus), die jeweils für bestimm­te Wert­hal­tun­gen, für einen bestimm­ten Lebens­stil ste­hen. Und posi­ti­ve Reso­nan­zen mit einem durch ein Grund­ein­kom­men ermög­lich­ten Lebens­stil des „posi­ti­ven Ver­zichts“ sehe ich nur bei den Milieus „B12 Post­ma­te­ria­lis­ten“ und „C2 Expe­ri­men­ta­lis­ten“, zusam­men sind das maxi­mal 20% der Gesell­schaft. Ande­rer­seits sind die tat­säch­li­chen Umwelt­fol­gen und die Lebens­sti­le ver­schie­de­ner Milieus auch noch ein­mal zwei von­ein­an­der getrennt zu betrach­ten­de Dinge.

((Z.T. kopiert aus der grü­nen Grund­ein­kom­mens­de­bat­te))

War­um blog­ge ich das? Ers­tens fin­de ich die Idee inter­es­sant, „öko­lo­gi­sche und sozia­le Fra­ge zusam­men­zu­den­ken“, was auch immer dabei letzt­lich genau raus­kom­men wird. Und zwei­tens beschäf­ti­ge ich mit in mei­ner Diss. mit nach­hal­ti­gen Lebens­sti­len und fin­de die­se Debat­te auch des­we­gen spannend.