Straßenbahn verfährt sich

Left arrowAuf der (frei­burg-inter­nen) Heim­fahrt von einer inter­es­san­ten Tagung (Ima­ging – Visua­li­sie­rung und Mate­ria­li­tät, Kom­pe­tenz­fo­rum Gen­der­for­schung in Natur­wis­sen­schaft und Infor­ma­tik, müss­te ich bei Gele­gen­heit mehr zu schrei­ben, dazu bin ich jetzt aber zu müde) bin ich gera­de wie gewohnt in die blaue Linie 5 Rich­tung Rie­sel­feld gestie­gen (stimmt auch nicht ganz: Zehn-Minu­ten-Takt und des­we­gen Zeit, zwei Hal­te­stel­len wei­ter zu laufen). 

Die Bahn fuhr dann auch wie gewohnt ihre Stre­cke, bis sie nach der Hal­te­stell­te Hein­rich-von-Ste­phan-Stra­ße plötz­lich zum Ent­set­zen aller Insas­sen falsch abbog, näm­lich auf die Vau­ban-Linie. Es gibt in den Rand­stun­den manch­mal Bah­nen mit unge­wohn­ter Lini­en­füh­rung, aber das war keine. 

Hielt dann an der nächs­ten Hal­te­stel­le eine gan­ze Wei­le an, es gab eine unver­ständ­li­che Durch­sa­ge („sor­ry ver­fah­ren“), War­te­zeit, Dis­kus­sio­nen unter den Fahr­gäs­ten (Aus­stei­gen oder nicht?) und mit dem Fah­rer, eine wei­te­re Durch­sa­ge („fah­re jetzt bis grzlbz dann rie­sel­feld“). Kur­ze Dis­kus­si­on, Beschluss, drin­ne zu blei­ben. Die Bahn fuhr dann lei­der bis zur Vau­ban-End­hal­te­stel­le. Dort konn­te sie nicht wei­ter, also umstei­gen in die fahr­plan­mä­ßi­ge Bahn davor, die­se saus­te die Stre­cke wie­der zurück, noch­mal Hein­rich-von-Ste­phan-Stra­ße, dies­mal umge­kehrt, der Fah­rer, dem das alles sicht­lich pein­lich ist, wech­selt den Füh­rer­stand, und fährt dann vor­sich­tig und mehr­mals die Wei­che sichernd gra­de­aus – dies­mal rich­tig. Mallorca-Applaus.

Der nächs­te Halt dann an der Hal­te­stell­te Pres­se­haus (eine wei­ter). Türen blei­ben geschlos­sen, der Fah­rer steigt aus und rennt weg? Nee – er wech­selt nur mit dem Kol­le­gen von der Bahn dahin­ter, die gra­de ein­fährt, der scheint sich bes­ser aus­zu­ken­nen. Bis ins Rie­sel­feld fah­ren die bei­den dann im Dop­pel­pack; inzwi­schen stimmt auch die vor­her ziem­lich kon­fu­se und irrea­le Beschil­de­rung der Fahrt­stre­cke wieder. 

Auch die an den Hal­te­stel­len War­ten­den sind sicht­lich froh, dass jetzt doch noch eine Bahn kommt. Und ich bin froh, als end­lich das Rie­sel­feld erreicht wird.

War­um blog­ge ich das? Kurio­se Anek­do­te, aber auch inter­es­sant, weil die „tech­ni­sche Kri­se“ Kom­mu­ni­ka­ti­on und Soli­da­ri­sie­rungs­pro­zes­se inner­halb der Bahn aus­löst. Und auch, weil deut­lich wird, dass die Hal­te­stel­len­an­zei­gen und das Dis­play in der Bahn nicht so intel­li­gent sind, wie sie sein kön­nen – für die einen ist die Bahn unsicht­bar, für die ande­ren fährt sie ihre gewohn­te Strecke.

Die unerklärliche Anziehungskraft der Coffee-to-go-Becher

Nach­dem ich rela­tiv oft die Cafe­te­ri­en des Stu­den­ten­werks fre­quen­tie­re, ist mir auf­ge­fal­len, dass dort seit eini­ger Zeit nicht nur Kaf­fee­ma­schi­nen ein­ge­setzt wer­den, die ganz pas­sa­bel dar­in sind, die soge­nann­ten „Kaf­fee­spe­zia­li­tä­ten“ her­zu­stel­len, son­dern dass es dort seit eini­gen Mona­ten auch „Cof­fee-to-go-Becher“ gibt. Damit mei­ne ich die­se beschich­te­ten Papier­be­cher, die von Bäcke­rei­en, der Bahn oder Bis­tros aus­ge­ge­ben wer­den, wenn jemand sei­nen Kaf­fee mit­neh­men möch­te. Die­se Becher nun wie­der­um sind von einem Geheim­nis umge­ben: einer uner­klär­li­chen Anziehungskraft.

Early cafeteria breakfast

Betrach­ten wir das „EC“, da hier das Phä­no­men am deut­lichs­ten sicht­bar wird. Inzwi­schen ste­hen dort drei (oder sogar vier?) Selbst­be­die­nungs­kaf­fee­ma­schi­nen, aus denen Kaf­fee, Cap­puc­ci­no, Milch­kaf­fee, Lat­te Mac­chia­to etc. abge­ru­fen wer­den kann. Die Auto­ma­ten ste­hen im kas­sen­na­hen Bereich der Selbst­be­die­nungs­the­ke. Die räum­li­che Anord­nung ist hier chro­no­lo­gisch medi­iert (soll hei­ßen: nor­ma­ler­wei­se bewe­gen sich die Leu­te von links nach rechts an der The­ke vor­bei). Rechts von den Auto­ma­ten sind noch ein paar Süßig­kei­ten und die Tas­se, links ist das unter­schied­li­che Geschirr dafür zu fin­den. Es gibt dort: Scha­len für Milch­kaf­fee, Becher für Kaf­fee, Cap­puc­ci­no etc., Lat­te-Glä­ser und Espres­so-Tas­sen. Und die bereits erwähn­ten To-go-Becher. 

Was ich nun selt­sam fin­de, ist die Tat­sa­che, dass ich immer wie­der Men­schen beob­ach­te, die ganz selbst­ver­ständ­lich einen der roten Papier­be­cher mit einem Kaf­fee­ge­tränk befül­len, sich damit dann aber nicht auf den Weg machen, son­dern sich in der Cafe­te­ria nie­der­las­sen – auf der Ter­ras­se, oder sogar im Innen­be­reich. Die­ses Ver­hal­ten ist mir in zwei­er­lei Hin­sicht uner­gründ­lich. Zum einen fin­de ich es ästhe­tisch und geschmack­vol­ler, wenn schon Auto­ma­ten­kaf­fee, die­sen dann wenigs­tens in einer rich­ti­gen (in dem Fall so eine Art Pseu­do­por­zel­lan mit gla­si­ger Ober­flä­che) Tas­se bzw. in einem rich­ti­gen Becher zu trin­ken. Und zum ande­ren ist es natür­lich doch ein biß­chen ver­schwen­de­risch, einen Mit­nah­me­be­cher mit­zu­neh­men, wenn es gar kei­nen Ort gibt, an den gegan­gen wird.

Spon­tan fal­len mir für die­se Pra­xis drei Hypo­the­sen ein:

1. Die To-go-Becher ste­hen direkt neben den Kaf­fee­ma­schi­nen; zusam­men mit der aus ande­ren Situa­tio­nen (Bäcke­rei usw.) bekann­ten ein­ge­spiel­ten Erwar­tung, schnell mit­zu­neh­men­den Kaf­fee in einem Papier­be­cher ser­viert zu bekom­men, sind sie damit ers­te Wahl; es wird gar nicht erst wei­ter nach ande­ren Behält­nis­sen gesucht. Hier könn­te eine Umsor­tie­rung der Becher­sta­pel hel­fen (oder der belieb­te Agent „Hin­weis­schild“).

2. Die To-go-Becher wer­den von den­je­ni­gen bevor­zugt, die sich nicht sicher sind, ob sie ihren Kaf­fee tat­säch­lich in der Cafe­te­ria trin­ken wol­len, oder nicht doch viel­leicht in die Ver­le­gen­heit kom­men, ihn mit­neh­men zu müs­sen. Mit dem Papier­be­cher gibt es dann kei­ne Not­wen­dig­keit, den Kaf­fee in Eile aus­zu­trin­ken, und sich der Gefahr von Ver­brü­hun­gen aus­zu­set­zen. (Ver­wandt hier­mit: der Weg zur Geschirr­rück­ga­be soll ver­mie­den wer­den, um wert­vol­le Minu­ten in der knap­pen Pau­sen­zeit zwi­schen zwei Ver­an­stal­tun­gen zu spa­ren). Die­se Hypo­the­se wäre inso­fern über­prüf­bar, als dann die­je­ni­gen auch auf Tabletts, Tel­ler und Besteck ver­zich­ten müss­ten: also Kaf­fee pur und Gebäck auf der Hand.

3. Am gra­vie­rends­ten der drit­te mög­li­che Grund: sich vor­zu­stel­len, dass es Leu­te gibt, in deren per­sön­li­cher All­tags­äs­the­tik Papier­be­cher ange­mes­se­ner erschei­nen – als Hom­mage an eine Weg­werf­kul­tur, zur Repe­ti­ti­on des Gefühls, sich bei Star­bucks zu befin­den, oder aus ima­gi­nier­ten hygie­ni­schen Gründen. 

Soweit die Hypo­the­sen zur ohne wei­te­re Prü­fung wei­ter­hin uner­klär­li­chen Anzie­hungs­kraft der Coffee-to-go-Becher. 

Han­delt es sich dabei um ein auf Frei­burgs Stu­die­ren­de beschränk­tes Phä­no­men? Oder gibt es wei­te­re Fall­bei­spie­le, wo die Ein­füh­rung von Papier­be­chern die Nut­zung von mehr­fach ver­wend­ba­rem Geschirr sinn­los redu­ziert hat?

War­um blog­ge ich das? Weil ich mich schon mehr­fach drü­ber geär­gert bzw. gewun­dert habe, und das jetzt mal los­wer­den wollte.

Kurz: Merksatz

Scho­ko­la­de kann im Som­mer im Kühl­schrank auf­be­wahrt wer­den. Die Lage­rung direkt neben einer hal­bier­ten Zwie­bel aller­dings min­dert das Geschmacks­er­leb­nis erheb­lich und ist des­we­gen nicht zu empfehlen.