Hübsch gebündelte Science Fiction – und der deutsche eBook-Markt

Old media, new media I

Nach­dem jetzt auch hei­se dar­über berich­tet, und mein Hin­weis auf die eBook-Akti­on ges­tern auf Twit­ter eine lan­ge Debat­te aus­ge­löst hat, viel­leicht doch zwei Punk­te – zum Hum­ble eBook Bund­le mit Sci­ence-Fic­tion- und Fan­ta­sy-Bücher, bezahl­bar nach Selbst­ein­schät­zung, und dar­über hin­aus zu The­men wie der Buch­preis­bin­dung, dem deut­schen eBook-Markt und der Fra­ge ille­ga­ler Buch­ko­pien – im Blog.

1. Das Bündel

Wer sich für eng­lisch­spra­chi­ge Sci­ence Fic­tion und Fan­ta­sy inter­es­siert, hat aktu­ell die Mög­lich­keit, ein wun­der­ba­res Schnäpp­chen zu machen: Hum­ble Bund­le, die bis­her ähn­li­che Aktio­nen mit Com­pu­ter­spie­len durch­ge­führt haben, bie­tet nun acht Sci­ence-Fic­tion- und Fan­ta­sy-Bücher zum Kauf an. Als eBooks, die dann z.B. auf den Kind­le geschickt wer­den kön­nen, und mit der Beson­der­heit, dass der Preis frei wähl­bar ist. Wer unter dem Durch­schnitt bleibt, bekommt sechs Bücher, zwei gibt es nur, wenn die Selbst­ein­schät­zung über dem Mit­tel­wert der bis­he­ri­gen Zah­lun­gen liegt.

Das gan­ze funk­tio­niert gut – bis­her haben über 20.000 Men­schen das Hum­ble Bund­le gekauft. 337.000 Euro wur­den dadurch ein­ge­nom­men, der Mit­tel­wert liegt bei 12,07 $ für acht Bücher. (Zum Ver­gleich: ein­zel­ne eng­lisch­spra­chi­ge eBooks kos­ten mei­ner Erfah­rung nach zwi­schen 8 und 12 $). Linux- und Mac-Nut­ze­rIn­nen zah­len dabei im Schnitt 4 $ mehr als Windows-NutzerInnen.

Das Bund­le ent­hält fol­gen­de Bücher – die meis­ten davon habe ich vor­her schon gele­sen, trotz­dem habe ich mir die Bücher ger­ne noch­mal digi­tal gekauft:

  • Kel­ly Link: Magic for Beg­in­ners – Sur­rea­le Kurz­ge­schich­ten, sehr schön
  • Kel­ly Link: Stran­ger Thinks Hap­pen – Dito, vor Magic for Beg­in­ners erschie­nen, habe ich noch nicht gelesen
  • Mer­ce­des Lackey: Inva­si­on – Band eins einer Geschich­te über Super­hel­den gegen ein trans­di­men­sio­na­les Drit­tes Reich, kann­te ich bis­her nicht
  • Lau­ren Beu­kes: Zoo City – Ein in einem etwas ande­ren Süd­afri­ka spie­len­der Roman, in dem – magi­scher Dreh – Men­schen, die etwas schlech­tes getan haben, ein ihren Cha­rak­ter sym­bo­li­sie­ren­des Tier mit sich her­um­schlep­pen müs­sen. Hat mir gut gefallen.
  • Pao­lo Baci­g­alu­pi: Pump Six – Kurz­ge­schich­ten des Autors von „Wind-up girl“, z.T. im sel­ben Uni­ver­sum ange­sie­delt. Eher SF als Fantasy.
  • Cory Doc­to­row: Pira­te Cine­ma – Young Adult-Buch des SF-Autors und Urhe­ber­rechts­kri­ti­kers Cory Doc­to­row, gera­de neu erschienen
  • John Scal­zi: Old Man’s War – Statt in die Ren­te zie­hen die Alten in den SF-Krieg.
  • Neil Gai­man, Dave McKe­an: Signal to noi­se – Comic über den inne­ren Zusam­men­bruch eines Film­ma­chers, ken­ne ich bis­her nicht (aber Gai­man schreibt sehr lesens­wer­te Bücher …)

Die Akti­on läuft noch bis 23 Okto­ber. Ach ja: Und ein selbst fest­leg­ba­rer Teil des Prei­ses kommt Wohl­tä­tig­keits­or­ga­ni­sa­tio­nen zu Gute.

2. Die Buchpreisbindung, die eBooks, und der ganze Rest

Wie ein­gangs schon ange­deu­tet, führ­te mein Hin­weis auf die Hum­ble-Bum­ble-Akti­on auf Twit­ter zu einer ziem­lich aus­ufern­den Debat­te u.a. mit Kor­bi­ni­an Polk, Chris­ti­an Soeder und Flo­ri­an Wil­helm. Wäre sowas wie das Hum­ble Bum­ble mit der deut­schen Buch­preis­bin­dung über­haupt mög­lich? Und wie wird sich der deut­sche e‑Book-Markt ent­wi­ckeln? Das sind bei­des kei­ne ein­fa­chen Fragen.

Die deut­sche Buch­preis­bin­dung – die ursprüng­lich mal dafür sor­gen soll­te, dass Bücher über­all, auch in der länd­li­chen Pro­vinz – zum glei­chen Preis erhält­lich sind, gilt auch für eBooks. Bei gedruck­ten Büchern hal­te ich sie nach wie vor für sinn­voll, weil ich anneh­me, dass sie mit dazu bei­trägt, dass Bücher nur bedingt als Markt­pro­duk­te wahr­ge­nom­men wer­den. Natür­lich wird ein Ver­lag einen Preis so fest­set­zen, dass er mit dem Buch ver­dient (bzw. evtl. quer zu ande­ren Büchern sub­ven­tio­niert). Aber wenn Ama­zon bzw. die gro­ßen Ket­ten bzw. Super­märk­te Best­sel­ler güns­ti­ger anbie­ten könn­ten (bis hin zur Abwärts­preis­spi­ra­le), wür­de das sowohl für die Misch­kal­ku­la­ti­on der Ver­la­ge als auch für den Buch­han­del gra­vie­ren­de Fol­gen haben. Ich gebe ger­ne zu, dass ich das The­ma Buch­preis­bin­dung für mich noch nicht end­gül­tig durch­dacht habe, aber der­zeit wäre das mei­ne Hal­tung dazu.

Wie sieht das nun bei eBooks aus? Grund­sätz­lich gilt: auch eBooks unter­lie­gen der Preisbindung.

Ein Ver­le­ger (Enno Len­ze … der Name dürf­te eini­gen was sagen), der Pay-what-you-want für eBooks aus­pro­biert hat­te, wur­de wegen der gel­ten­den Buch­preis­bin­dung im Febru­ar abge­mahnt. Das Argu­ment des Ver­le­gers, dass er ja das Buch kor­rekt mit null Euro als Preis ange­mel­det habe, und das Pay-what-you-want frei­wil­li­ge Spen­den sei­en, wur­de in Fra­ge gezo­gen (was dabei letzt­lich raus­ge­kom­men ist, weiß ich nicht, aber unge­fähr so hät­te ich das auch gemacht, wenn ich ein deut­sches Hum­ble Bum­ble hät­te auf die Bei­ne stel­len wollen).

Das ist der eine Aspekt der Buch­preis­bin­dung. Der ande­re sind die Prei­se. Wie auch der Bör­sen­ver­ein fest­stellt, kann ein eBook durch­aus eine von Taschen­buch und Hard­co­ver unter­schie­de­ne Aus­ga­be (eige­ne ISBN) eines Buchs sein und dann auch einen eige­nen Preis bekom­men. Der­zeit lie­gen vie­le eBook-Prei­se zwi­schen Taschen­buch und Hard­co­ver, was oft zu Ver­wun­de­rung führt, weil ja eigent­lich vie­le Kos­ten – Druck, Dis­tri­bu­ti­on – weg­fal­len. Charles Stross erklärt – für den angel­säch­si­schen Markt – war­um eBooks nicht sehr viel güns­ti­ger sind. Letzt­lich, weil ein gro­ßer Teil der Kos­ten eben gar nicht für den Druck auf­ge­wandt wer­den, son­dern für Ver­lags­leis­tun­gen (Aus­wahl, Lek­to­rat, Satz – wir reden nicht über wis­sen­schaft­li­che Publi­ka­tio­nen!) und nicht zuletzt auch die Hono­ra­re für AutorInnen. 

Ob dann fast iden­ti­sche Prei­se zum gebun­de­nen Buch Sinn machen, sei dahin­ge­stellt – aber auch auf einem wach­sen­den und erwach­se­ner wer­den­den eBook-Markt dürf­ten es eher Prei­se in der Grö­ßen­ord­nung von 5–10 Euro wer­den als die z.B. für Apps oft ver­lan­gen 99 Cent. (Gleich­zei­tig ist von Ver­la­gen zu hören, dass sie mit eBooks bis­her in Deutsch­land nichts verdienen …)

Einen wei­te­ren Punkt aus der Twit­ter­de­bat­te möch­te ich noch erwäh­nen – wäre eine Biblio­thek, die alle Bücher in digi­ta­li­sier­ter Form ent­hält und frei zugäng­lich macht, nicht was schö­nes? (Wer hier an Goog­le Books denkt, hat­te den glei­chen ers­ten Gedan­ken wie ich dabei …).

Ich bin über­zeugt davon, dass auch für eBooks der Grund­ge­dan­ke der Biblio­the­ken, dass die­se Bücher ver­brei­ten (und dafür neben dem Preis Pau­schal­ab­ga­ben zah­len), sinn­voll ist. Aber ich glau­be, trotz tech­ni­scher Schwie­rig­kei­ten soll­te auch wei­ter­hin zwi­schen „Lei­hen“ und „Kopie­ren“ unter­schie­den wer­den, d.h. z.B. Lese­tools, die aus­ge­lie­he­ne Bücher nach einer bestimm­ten Zeit „zurück­ge­ben“ und nur eine bestimm­te Anzahl von Aus­lei­hen ermög­li­chen. Sonst brau­chen Ver­la­ge, AutorIn­nen und Biblio­the­ken ein ganz ande­res Geschäfts­mo­dell als in der Ver­gan­gen­heit. Und solan­ge wir kein Grund­ein­kom­men, kei­ne „Fair­ness­pau­scha­le“ und kei­ne Star-Trek-Gesell­schaft haben, fin­de ich es schwie­rig, hier die Uto­pie des jeder­zeit für alle frei ver­füg­ba­ren Wis­sens einzufordern. 

Das ist kein Plä­doy­er für DRM und ein hart ver­folg­tes Urhe­ber­recht. Ich bin mir sicher, dass es mög­lich ist, hier auf sozia­le Nor­men zu set­zen, Bücher auch elek­tro­nisch kopier­bar zur Ver­fü­gung zu stel­len, Pri­vat­ko­pien nicht zu ver­fol­gen – und trotz­dem einen Markt für auch digi­ta­le Bücher zu erhal­ten. Das geht dann, wenn die­ser Markt ein­fach zugäng­lich ist (die Wal­led-Gar­den-Wel­ten von Apple, Goog­le und Ama­zon bie­ten da gewis­se Vor­bil­der), wenn die Prei­se ange­mes­sen sind, und wenn es (da hat sich eini­ges getan) gut funk­tio­nie­ren­de Rea­der gibt, die direkt an die Platt­for­men gekop­pelt sind (Kind­le macht das vor). Dann gilt: War­um ein Buch klau­en, wenn ich es auch mit gutem Gewis­sen kau­fen (oder auch lei­hen) kann?

Und gleich­zei­tig, und da schließt sich der Krei­se: Expe­ri­men­te wie die von Doc­to­row (der sei­ne Bücher unter CC frei ins Netz stellt, aber trotz­dem gut ver­kauft) oder jetzt das Hum­ble Bund­le sind wich­tig. Nicht zuletzt, um zu schau­en, wie die gesell­schaft­lich akzep­tier­ten Nor­men und Prak­ti­ken für einen Ver­lags­markt der Zukunft aus­se­hen kön­nen. Und da wür­de ich mir, Buch­preis­bin­dung hin oder her, deut­lich mehr Expe­ri­men­tier­freu­de von den Ver­la­gen in Deutsch­land wünschen.

War­um blog­ge ich das? Weil für mich zu einem netz­po­li­ti­schen Gestal­tungs­an­spruch mehr gehört als bloss das Schwen­ken von Parolen.

Eine Antwort auf „Hübsch gebündelte Science Fiction – und der deutsche eBook-Markt“

  1. Zum The­ma drm: ich ver­ste­he das Anlie­gen dahin­ter und fin­de es auch irgend­wie in Ord­nung, aber ich muss mit einem ebook das glei­che machen dür­fen, wie mit einem nor­ma­len Papier­buch. Es soll­te mir frei­ste­hen, die Datei zu ver­lei­hen, zu ver­schen­ken oder sogar zu ver­kau­fen. Immer­hin habe ich es bezahlt (sogar den glei­chen oder ähn­li­chen Preis) und also kann ich auch ähn­li­che Rech­te ein­for­dern, bzw. kann erwar­ten, dass mir die­se Rech­te vom Gesetz­ge­ber durch Regu­lie­run­gen gege­ben werden.

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