Kurz: Wege und Ziele

Per­spek­ti­ven­wech­sel: ein inter­es­san­ter Neben­aspekt eines im wei­te­ren Sin­ne pra­xis­theo­re­ti­schen Blicks auf die Welt besteht dar­in, dass Pro­zes­se gegen­über Pro­duk­ten an Bedeu­tung gewin­nen. Im All­tag kommt es kaum vor, dass Din­ge über eine län­ge­re Zeit fer­tig sind. Das eben noch her­vor­ra­gend auf­ge­räum­te Wohn­zim­mer wird von den Kin­dern bespielt und sieht schon wie­der ganz anders aus. Die Sit­zung ist noch nicht been­det, da steht schon die Pla­nung der nächs­ten an. Von Debat­ten in sozia­len Medi­en will ich gar nicht erst anfangen.

Natür­lich gibt es abge­schlos­se­ne Wer­ke mit Bestand; sei­en es Gemäl­de oder Posi­ti­ons­pa­pie­re. Aber auch die sind Tei­le von Pro­zes­sen. Sue kor­re­spon­die­ren mit dem nächs­ten Bild; die eben gefun­de­ne Posi­ti­on muss kurz dar­auf schon wie­der neu begrün­det wer­den. Wahl­er­geb­nis­se tre­ten als Ereig­nis auf – aber selbst die sind nach vier oder fünf Jah­ren und in einem gewis­sen Sinn bereits mit der nächs­ten Umfra­ge überholt.

Was ich damit sagen will: sozia­le Wirk­lich­keit ent­steht ein­zig im wie­der­hol­ten Voll­zug. Arte­fak­ten kommt dabei viel­leicht eine unter­stüt­zen­de Rol­le zu. Und natür­lich die Funk­ti­on eines Mul­ti­pli­ka­tors (egal, ob das Arte­fakt eine Net­flix-Serie oder ein mas­sen­pro­du­zier­ter Gegen­stand ist). Aber ganz oft sind die Wege wich­ti­ger als das Resul­tat. Das ist anders als die übli­che Wahr­neh­mung, in der Pro­duk­te und Ereig­nis­se gefei­ert wer­den, nicht die Wege dort­hin. Und es ist tröst­lich, weil damit der Anspruch der Per­fek­ti­on – vie­le ken­nen das – rela­ti­viert wird.

(P.S.: Was dem zu wider­spre­chen scheint, sind a. Din­ge-mit-Dau­er (sagen wir, Häu­ser, lang genutz­te Möbel­stü­cke), an die als Ergeb­nis ande­re Per­fek­ti­ons­an­sprü­che gestellt wer­den, und b. Ereignisse-mit-Folgen …)