In diesem Sommer gelesen

Im Mai hat­te ich ja von der Nine-Realms-Serie („The Ceru­lean Queen“) berich­tet. Die ist immer noch emp­feh­lens­wert. Den Som­mer über habe ich dane­ben noch das eine oder ande­re wei­te­re Gen­re-Buch gele­sen (und neben­bei Seri­en wie She-Ra oder Kipo and The Age of Won­der­be­asts geschaut, aber dar­um soll es jetzt nicht gehen). Im Ein­zel­nen waren dies dann doch mehr Bücher als gedacht, nämlich:

  • John Scal­zi, The Last Emperox (2020) – Tur­bu­len­ter letz­ter Band der Emperox-Rei­he von Scal­zi, Space Ope­ra mit poli­ti­schen Ver­wick­lun­gen und Intrigen.
  • Jef­frey Lewis, The 2020 Com­mis­si­on Report on the North Kore­an Nuclear Attacks Against The United Sta­tes (2018) – Sehr selt­sa­mes Alt-Histo­ry-Buch: durch eine Rei­he von Miss­ver­ständ­nis­sen und vor allem das Fehl­ver­hal­ten des US-Prä­si­den­ten D.T. kommt es zu einem (begrenz­ten) Nukle­ar­krieg zwi­schen den USA und Nord­ko­rea. Das Buch behaup­tet, der Bericht der im Nach­hin­ein ein­ge­setz­ten Kom­mis­si­on zu sein, die rekon­stru­iert, wie es zum Nukle­ar­an­griff auf die US gekom­men ist. Soll vor den Gefah­ren der nuklea­ren Bewaff­nung warnen.
  • Alas­ta­ir Rey­nolds, Shadow Cap­tain (2019) / Bone Silence (2020) – Zwei Bücher in Alas­ta­ir Rey­nolds „Revenger“-Universum; die sich über bei­de erstre­cken­de Geschich­te lässt sich am bes­ten als Steam­punk im Welt­raum cha­rak­te­ri­sie­ren; geht um Pira­ten, Ver­rat, das Ver­hält­nis zwi­schen Men­schen und Außer­ir­di­schen und einen geheim­nis­vol­len Him­mels­kör­per, der den bewohn­ten Aste­ro­iden und Pla­ne­to­iden (das gan­ze spielt Mil­lio­nen Jah­re in der Zukunft, von heu­te aus gese­hen) nur alle paar zehn­tau­send Jah­re nahe kommt.
  • Hao Jing­fang, Vagabonds (2020) – Coming of age zwi­schen Erde und Mars, die in einem kal­ten Krieg mit­ein­an­der lie­gen. Mars scheint eine Uto­pie zu sein, die Erde dys­to­pisch gekenn­zeich­net, das gan­ze mit einer gehö­ri­gen Pri­se zeit­ge­nös­si­sche chi­ne­si­sche Per­spek­ti­ve. Eine inter­es­san­te Per­spek­ti­ve, auch die Spra­che ist … anders, als sonst von Sci­ence Fic­tion gewohnt.
  • David Wel­ling­ton, The Last Astro­naut (2019) – First Cont­act im Erd­or­bit, geht ziem­lich dane­ben. Weder das Mili­tär noch die kom­mer­zi­el­le Raum­fahrt krie­gen es gere­gelt. Geschrie­ben aus der Per­spek­ti­ve der letz­ten Astro­nau­tin, deren Flug zum Mars von vie­len Jah­ren schei­ter­te und die jetzt das unbe­kann­te Flug­ob­jekt erkun­den soll.
  • Kathe­ri­ne Adddi­son, The Angel of the Crows (2020) – Muss­te kurz nach­den­ken, was das noch­mal war: genau, eine Art Sher­lock-Hol­mes-Roman in einem über­na­tür­lich getränk­ten vik­to­ria­ni­schen Eng­land – es gibt Wer­wöl­fe und gefal­le­ne Engel, golem­ar­ti­ge Robo­ter und Vam­pi­re – und all das hat natür­lich Aus­wir­kun­gen dar­auf, wie der (gefal­le­ne?) Engel Crow und assis­tie­rend Dr. Doyle mit
    meh­re­ren dunk­len Geheim­nis­sen ihre Fäl­le lösen. Über­ra­schen­der schö­ner Schluss.
  • Megan E. O’Keefe, Velo­ci­ty Wea­pon (2019) / Cha­os Vec­tor (2020) – Space Ope­ra in einem durch Wurm­lö­cher ver­bun­de­nen Ex-Erd-Impe­ri­um, eine Elon-Musk-arti­ge Erfin­de­rin und das künst­li­che Bewusst­sein eines Raum­schiffs – der titel­ge­ben­den velo­ci­ty wea­pon spie­len eine gro­ße Rol­le, es gibt aber auch cyber­punk-arti­ge Slum-Bewohner:innen.
  • Zack Jor­dan, The Last Human (2020) – Coming of Age eines von allen ande­ren Wesen mas­siv gefürch­te­ten gefähr­li­chen Men­schen­kinds; inter­es­sant gebau­te Welt mit Anleh­nun­gen an Dou­glas Adams und Kom­men­ta­ren zu frei­em Wil­len, ver­teil­ter sowie gott­glei­cher Intel­li­genz (Men­schen sind auf einem „bare­ly sen­ti­ent“-tier in der Intelligenzpyramide).
  • Dani­el Abra­ham, A Shadow in Sum­mer (2006) / An Autumn War (2007) / A Betra­y­al in Win­ter (2008) / The Pri­ce of Spring (2009) – Beein­dru­cken­de Saga in einer detail­liert aus­ge­dach­ten Fan­ta­sy-Welt; Magie kommt in Form ver­kör­per­ter und sehr mäch­ti­ger Ideen vor, die zu beherr­schen nicht ein­fach ist. Eine Lebens­ge­schich­te mit über­ra­schen­den Wen­dun­gen, Intri­gen und einem rea­lis­ti­schen Blick auf Macht und schwe­re Entscheidungen.
  • Dan Moren, The Bay­ern Agen­da (2019) – James Bond als Space Opera.
  • James Gur­ney, Dino­to­pia (1992) – Mir bis­her ent­gan­ge­ner Klas­si­ker (ver­sun­ke­ne Welt, in der Men­schen und Dino­sau­ri­er ver­eint leben), hübsch illus­triert, die Geschich­te ist weni­ger spannend.
  • Kame­ron Hur­ley, The Mir­ror Empire (2014) – Eher dran rum­ge­kaut, fand die unter­schied­li­chen Erzähl­strän­ge ver­wir­rend und bin bis heu­te nicht sicher, ob ich jede Figur der rich­ti­gen Welt zuord­ne (die hier par­al­lel zuein­an­der lie­gen und durch Magie in Ver­bin­dung gebracht wer­den kön­nen). Teil­wei­se sehr fremd­ar­ti­ge Kul­tu­ren, der Sub­text ganz unter­schied­li­cher Nor­ma­li­tä­ten – Mehr-Eltern-Fami­li­en, ver­än­der­te Geschlech­ter­rol­len, gefähr­li­che Pflan­zen usw. – sag­te mir stre­cken­wei­se mehr als die Geschich­te, die am Ende von Band 1 abrupt und unbe­frie­di­gend endet.
  • Ursu­la K. Le Guin, No Time to Spa­re: Thin­king About What Mat­ters (2017) – Kei­ne Fik­ti­on, son­dern die gesam­mel­ten Blog­ein­trä­ge der ver­stor­be­nen Autorin; neben Kat­zen­ge­schich­ten geht es um Poli­tik, Schrei­ben, Reli­gi­on, … nicht alles fand ich über­zeu­gend, aber doch lesens­wert und altersweise.

Bis­her nicht ange­fan­gen habe ich Sarah Pins­ker, A Song for a New Day (2019), obwohl das von vie­len Sei­ten emp­foh­len wur­de und seit eini­ger Zeit auf mei­nem E‑Book-Lese­ge­rät liegt – schlicht und ein­fach des­halb, weil mir ein Buch über eine Pan­de­mie in einer Pan­de­mie zu lesen zu nahe ist.

Nachruf: Ursula K. Le Guin


Ursu­la K. Le Guin (1929–2018), Gort­hi­an -
File:Ursula K Le Guin.JPG, CC BY-SA 3.0, Link

Heu­te habe ich erfah­ren, dass Ursu­la K. Le Guin vor­ges­tern im Alter von 88 Jah­ren gestor­ben ist. Ich habe, glau­be ich, fast alles gele­sen, was von ihr erschie­nen ist, teil­wei­se in der deut­schen Über­set­zung, teil­wei­se im Ori­gi­nal, und sie war eine der Autorin­nen, die mich stark beein­flusst hat. 

Le Guin hat eth­no­lo­gi­sche Sci­ence Fic­tion geschrie­ben, manch­mal auch anthro­po­lo­gi­sche Fan­ta­sy – die Gren­zen sind da flie­ßend. Jeden­falls: eine spe­ku­la­ti­ve Lite­ra­tur, in der genau beob­ach­tet wird, egal ob es um hell oder dun­kel geht. Eine Lite­ra­tur, in der Kul­tu­ren kon­sis­tent sind und eine Rol­le spie­len – sei­en es die Gesell­schaf­ten der Erd­see-Archi­pel, sei­en es die mehr oder weni­ger fort­ge­schrit­te­nen Außer­ir­di­schen im Hai­nish-Uni­ver­sum. Vie­le Bücher Le Guins sind sozi­al­wis­sen­schaft­li­che Ver­suchs­an­ord­nung: über Geschlech­ter­ver­hält­nis­se, dar­über, ob eine bes­se­re Zukunft mög­lich ist, oder auch dazu, wie Unter­drü­ckung funk­tio­niert hat und wei­ter funktioniert.

Hier wird schon deut­lich: Le Guin ist und war immer eine poli­ti­sche Schrift­stel­le­rin. Noch vor weni­gen Mona­ten erschie­nen Inter­views mit ihr, in der sie sich nicht nur klar zu Trump posi­tio­niert hat, son­dern auch klar dazu, dass Kapi­ta­lis­mus etwas men­schen­ge­mach­tes ist und mög­li­cher­wei­se nicht die bes­te aller Wel­ten dar­stellt. Dass Sci­ence Fic­tion kein Män­ner­spiel­platz mit Welt­raum­aben­teu­ern aus Kar­ton mehr ist, son­dern femi­nis­tisch sein kann, mit tief gezeich­ne­ten, emp­find­sa­men Wesen: auch da war sie eine Weg­be­rei­te­rin. Und natür­lich han­deln ihre Bücher und Geschich­ten von der gan­zen Palet­te des lin­ken, pro­gres­si­ven Lebens. Vom Kampf gegen Umwelt­zer­stö­rung und Skla­ve­rei bis hin zu den genau aus­ge­dach­ten und auf­ge­schrie­be­nen Nie­de­run­gen einer real exis­tie­ren­den syn­di­ka­lisch-anar­chi­schen Uto­pie, aber auch die Ver­su­chun­gen von Macht und Zau­be­rei: all das fin­det sich bei Le Guin, dazu noch eine Spur Taoismus. 

Dabei war Le Guin immer Schrift­stel­le­rin mit lite­ra­ri­schem Anspruch. Ihre Tex­te sind nie­mals plump, son­dern höchst leben­dig, mit einem eige­nen Humor. Auch dazu, wie Spra­che ein­ge­setzt wer­den kann, dass Rhyth­men und Flüs­se etwas mit Text­ar­beit zu tun haben, konn­te von Le Guin gelernt werden.

Ursu­la K. Le Guin hat­te eine Wir­kung. Das ist viel­leicht das stärks­te, was über einen Schrift­stel­ler oder eine Schrift­stel­le­rin gesagt wer­den kann. Ich bin nicht der ein­zi­ge, den sie dazu ver­führt hat, ima­gi­nä­ren Wel­ten treu zu blei­ben und des­sen poli­ti­sche Hal­tung und Welt­sicht gleich­zei­tig von ihren Büchern deut­lich geprägt wur­de – obwohl ich sie nie per­sön­lich getrof­fen habe. Ich wün­sche uns, dass ihre Bücher und Geschich­ten – auch das, dem die 1970er Jah­re so deut­lich anzu­mer­ken sind – wei­ter gele­sen wer­den und auch über ihren Tod hin­aus die­sen Effekt haben werden.

Kulturkampf um das imaginäre Land

Adopt a pop culture I

Um die Zukunft und die Ver­gan­gen­heit – so weit sie als Sci­ence Fic­tion bzw. als Fan­ta­sy ima­gi­niert wer­den – fin­det der­zeit, von der grö­ße­ren Öffent­lich­keit weit­ge­hend unbe­merkt, ein Kul­tur­kampf statt. Unbe­merkt, aber nicht unwich­tig, denn wo anders als in die­sem Gen­re ent­steht das kol­lek­ti­ve Ima­gi­nä­re? Ein heiß dis­ku­tier­tes Sym­ptom für die­sen Kul­tur­kampf sind die vor weni­gen Tagen bekannt­ge­ge­be­nen Hugo-Nomi­nie­run­gen. Um das zu ver­ste­hen, ist aller­dings etwas Hin­ter­grund notwendig.

„Kul­tur­kampf um das ima­gi­nä­re Land“ weiterlesen

Lesezeichen: „Among Others“ und anderes

Titel Among OthersIn den letz­ten Wochen habe ich ziem­lich viel gele­sen; auch die Weih­nachts­zeit etc. haben das ihre dazu bei­getra­gen, dass ich Zeit dazu gefun­den habe. Dazu gehör­ten unter ande­rem Wil­liam Gib­sons neu­er Roman The Peri­phe­ral (teil­wei­se recht span­nend, aber irgend­wie nicht ganz so groß­ar­tig, wie ich das erwar­tet hät­te), Ken MacLeods Des­cent (Ufos ins Schott­land, oder viel­leicht auch nicht), Ben Aaron­vitchs Fox­glove Sum­mer (mit eng­li­schen Elfen und Ein­hör­nern) und Ursu­la K. Le Guins über ihr gan­zes Werk zurück­schau­en­de Kurz­ge­schich­ten­samm­lung The Unre­al & The Real (die mir noch ein­mal sehr deut­lich gemacht hat, war­um ich LeGu­in für eine her­aus­ra­gen­de Schrift­stel­le­rin hal­te, und ihren Stil sehr mag). Außer­dem kamen meh­re­re tau­send Sei­ten Peter F. Hamil­ton dazu, den ich bis­her ver­passt hat­te. Andy Weirs The Mar­ti­an – klas­si­sche har­te Sci­ence Fic­tion mit einem Schuss Mac­Gy­ver – muss­te ich an einem Stück lesen. 

Der eigent­li­che Anlass für die­sen Blog­ein­trag ist aber Jo Walt­ons Among Others, das Ende der 1970er Jah­re in Wales und Süd­eng­land spie­len­de gehei­me Tage­buch eines Teen­agers, das bereits Anfang 2011 erschie­nen ist. 

Mor­ween, nach einem Unfall ver­krüp­pelt, wird auf ein Inter­nat geschickt. Sie ist klug und beob­ach­tet sich selbst und ihre Umwelt ziem­lich genau. Die klas­si­sche Außen­sei­ter­ge­schich­te. Walt­on ver­webt geschickt zwei Erzähl­strän­ge inein­an­der. Die Coming-of-Age-Geschich­te eines Mäd­chens aus unüber­sicht­li­chen Fami­li­en­ver­hält­nis­sen, die vor ihrer Mut­ter weg­ge­lau­fen ist, und Halt und Freund­schaft fin­det im Sci­ence-Fic­tion- und Fan­ta­sy-Kanon der 1970er Jah­re, und eine Geschich­te über Magie, Feen und die Mut­ter als böse gewor­den­de Hexe.

„Lese­zei­chen: „Among Others“ und ande­res“ weiterlesen

Gelesen: The Goblin Emperor

"The Goblin Emperor"Lan­ge war Fan­ta­sy für mich ent­we­der J.R.R. Tol­ki­en (den ich ger­ne gele­sen habe), Ursu­la K. Le Guin (hier: Earth­see, die ich ger­ne gele­sen habe), Ter­ry Prat­chett (den ich ger­ne gele­sen habe, weil er ein Fan­ta­sy-Set­ting nur als Set­ting für ange­wand­te Phi­lo­so­phie brauch­te) oder aber Tol­ki­en-Kopien von Hol­bei­netc. (die ich nicht gele­sen habe). Und die „Unend­li­che Geschich­te“ von Micha­el Ende, die aber eher Phan­ta­sie als Fan­ta­sy war. (Na gut, gute Kin­der- und Jugend­bü­cher mit Fan­ta­sy-Hin­ter­grund wür­den mir noch eini­ge ein­fal­len). Jeden­falls war ich lan­ge über­zeugt davon, dass Fan­ta­sy nicht so mei­nes ist. Und dann gibt es noch – auch sehr les­bar – eine gan­ze Rei­he von Autoren und Autorin­nen, die Magie in zeit­ge­nös­si­sche Sze­na­ri­en (z.B. in Kri­mi­nal­ro­ma­ne) ein­bau­en. Aber das ist dann nicht mehr „High Fantasy“.

Erst in jün­ge­rer Zeit habe ich dann ent­deckt, dass High Fan­ta­sy mehr und anders sein kann. G.R.R. Mar­tins Bücher mit ihren grau­schat­tier­ten Intri­gen haben dazu eini­ges bei­getra­gen. Und auch Bran­don San­der­sons „Mistborn“-Bücher habe ich aus ähn­li­chen Grün­den regel­recht ver­schlun­gen. Mit dem Zyklus rund um die „dunk­le Son­ne“ von Gene Wol­fe bin ich dage­gen nicht so rich­tig warm geworden.

Das alles aber nur als Vor­re­de, um auf Kathe­ri­ne Addi­sons The Goblin Emper­or hin­zu­wei­sen. Addi­son ist ein Pseud­onym der Autorin Sarah Monet­te; dass The Goblin Emper­or unter Pseud­onym erschie­nen ist, hat wohl vor allem ver­trags­tech­ni­sche Gründe. 

Das Buch hat zunächst mal alles, was zu High Fan­ta­sy dazu­ge­hört – Elfen und Kobol­de, eine feu­da­le Herr­schafts­struk­tur mit Köni­gen und Prin­zes­si­nen, ver­wun­sche­ne Land­schaf­ten und alte Feh­den. Bei genaue­rem Hin­se­hen befin­det sich das Elfen­kö­nig­reich aber in einer his­to­ri­schen Umbruch­pha­se, die mit „Auf­klä­rung“ sicher­lich nicht falsch beschrie­ben ist. Geschlech­ter­ver­hält­nis­se (dür­fen Frau­en auf Uni­ver­si­tä­ten gehen?) und das Gil­densys­tem – etwa die Uhr­ma­cher – wer­den in Fra­ge gestellt, es gibt eine Art Par­la­ment, und die Tech­nik macht gro­ße Fort­schrit­te. So wer­den Luft­schif­fe ver­wen­det – und der Absturz eines sol­ches ist dann auch der Aus­lö­ser der im Buch erzähl­ten Geschich­te. Der Kai­ser des Elfen­lan­des und sei­ne Thron­fol­ger waren an Bord, was dazu führt, dass der in die länd­li­che Peri­phe­rie ver­sto­ße­ne, gera­de erwach­se­ne und eigent­lich ver­ges­se­ne Maia die Thron­fol­ge antritt und Kai­ser wird. 

Maia ist kein rein­ras­si­ger Elf, sei­ne früh gestor­be­ne Mut­ter war eine Kobol­din. Er ist nicht am Hof auf­ge­wach­sen und hat weder die damit ver­bun­de­ne umfas­sen­de Bil­dung genos­sen noch Ein­blick in die viel­fäl­ti­gen Intri­gen und poli­ti­schen Hin­ter­hal­te, die es an einem Hof so gibt. Maia ist gut­mü­tig, ein biss­chen naiv – und jetzt der mäch­tigs­te Mann im Elfenland. 

Das 2014 erschie­ne­ne Buch ist ein biss­chen Coming-of-Age, und ein biss­chen eine Para­bel dar­über, wie wenig Macht mit schein­bar mäch­ti­gen Posi­tio­nen ver­bun­den ist, und wel­che Kom­pro­mis­se getrof­fen wer­den müs­sen, um in einem hoch­po­li­ti­schen Umfeld poli­tisch am Leben zu blei­ben – und trotz­dem die eine oder ande­re Ver­än­de­rung anzu­sto­ßen. Das fand ich wie­der­um sehr rea­lis­tisch. Die eine oder ande­re Stel­le erin­ner­te mich regel­recht an die Erfah­run­gen, die Grün-Rot in Baden-Würt­tem­berg so machen musste. 

Ins­ge­samt jeden­falls sehr emp­feh­lens­wert, egal, ob um der Intri­gen und der Poli­tik wil­len gele­sen, oder weil die Welt, die Kathe­ri­ne Addi­son hier auf­baut, eine sehr lie­be­voll und detail­reich gestal­te­te Alter­na­ti­ve zu den übli­chen High-Fan­ta­sy-Kli­schees dar­stellt. Und das geht auch mit sehr viel weni­ger Blut­ver­gie­ßen als bei Tol­ki­en, Mar­tin oder Sanderson.

Der Anfang des Buches steht online zur Ver­fü­gung – aber Vor­sicht; wer sich in Mai­as Weg zum Thron hin­ein liest, möch­te auch wis­sen, wie es wei­ter­geht. Eine Fort­set­zung ist übri­gens – auch das anders als bei vie­len ande­ren Wer­ken in die­sem Umfeld – nicht geplant.