Die neuen Eurobasisdemokraten, oder: Zurück in die 1980er?

Moss macro

Eigent­lich gibt es zur Zeit wich­ti­ge­res als das Innen­le­ben der grü­nen Par­tei. Trotz­dem könn­te die 39. Ordent­li­che Bun­des­de­le­gier­ten­kon­fe­renz, die Ende Novem­ber in Hal­le statt­fin­det, inter­es­sant wer­den, lie­gen doch inzwi­schen eini­ge Anträ­ge Unzu­frie­de­ner vor. Ich den­ke dabei ins­be­son­de­re an den Antrag „Die Par­tei stra­te­gisch neu auf­stel­len, Fens­ter und Türen öff­nen!“ von Robert Zion und an den Antrag „Für eine umfas­sen­de Rück­kehr zu basis­de­mo­kra­ti­schen Struk­tu­ren“ von Frank Bro­zow­ski und ande­ren. Ins­ge­samt ste­hen inzwi­schen 146 Per­so­nen unter den Anträ­gen. Wor­um geht es?

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Grüne Mehrheiten werden gebraucht

Günterstal landscape with mountains

SWR und Stutt­gar­ter Zei­tung haben eine neue Vor­wahl­um­fra­ge für Baden-Würt­tem­berg ver­öf­fent­licht. Grü­ne und Lan­des­re­gie­rung schnei­den gut ab, eine Wechel­stim­mung gibt es nicht. Ich neh­me das mal zum Anlass, um einen län­ge­ren Text zu ver­öf­fent­li­chen, der schon seit ein paar Tagen auf mei­ner Fest­plat­te liegt – und bei dem ich mir gar nicht so sicher bin, ob ich die Schlüs­se, die ich da beschrei­be, eigent­lich rich­tig fin­den soll. Inso­fern bin ich auf Reak­tio­nen gespannt. (Ach ja: Die­ses Kon­text-Por­trät passt auch gut dazu …)

Ein Erd­rutsch in Zeit­lu­pe hat die Par­tei erfasst. In acht – und wenn die Koali­ti­ons­ver­ein­ba­run­gen in Ham­burg erfolg­reich abge­schlos­sen wer­den, in neun – der sech­zehn Bun­des­län­der sind Grü­ne an der Regie­rung betei­ligt. Und trotz­dem bleibt ein­ein­halb Jah­re nach der Bun­des­tags­wahl 2013 ein scha­les Gefühl. Weder die kleinst­par­tei­li­che Reprä­sen­ta­ti­on im Bun­des­tag noch das anhal­ten­de Tief bei der bun­des­wei­ten Sonn­tags­fra­ge pas­sen zum Anspruch des Mit­re­gie­rens und Mit­ge­stal­tens. Für 2017 sehen die Optio­nen schal aus – Bun­des­kanz­le­rin Mer­kel könn­te fürs Wei­ter­re­gie­rung dann eine neue Par­tei gebrau­chen, die sie nach vier Jah­ren als lee­re Hül­le zurück­las­sen kann, aber eine Per­spek­ti­ve ist das nicht. Auf der ande­ren Sei­te steht Rot-Rot-Grün als nach wie vor blo­ckier­tes Rechen­spiel. Auch dar­auf las­sen sich, so scheint es, kei­ne Kam­pa­gnen aufbauen.

Grü­ne waren schon immer eine mul­ti­po­la­re Par­tei. Dies hat sich seit 2013, ja eigent­lich schon seit 2011, noch ein­mal ver­stärkt. Der­zeit liegt das grü­ne Kraft­zen­trum ganz sicher nicht in der Bun­des­par­tei und eben­so sicher nicht in der Bun­des­tags­frak­ti­on. Bei­de machen ihre Arbeit, bei­de mühen sich red­lich – aber die gro­ße, mit­rei­ßen­de Erzäh­lung insze­nie­ren weder Anton Hof­rei­ter und Kat­rin Göring-Eckardt noch Simo­ne Peter und Cem Özd­emir. Ver­früh­te Mid­life-Cri­sis eines bun­des­re­pu­bli­ka­ni­schen Erfolgsprojekts?

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Vertrauensbildende Maßnahmen

Ice shadow II

Am Mon­tag schrieb ich noch dar­über, dass der BDK etwas feh­le, und ges­tern tauch­te dann ein Papier auf. Das Papier – »Grü­ner Auf­bruch 2017« – löst nicht das ges­tern ange­spro­che­ne Pro­blem, aber es ist, mei­ne ich, eine ver­trau­ens­bil­den­de Maß­nah­me, die genau zur rich­ti­gen Zeit kommt. Des­we­gen unter­stüt­ze ich die­ses Papier. 

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Das grüne Distinktionsproblem

Green eggs I

Müs­lis und Ökos. Das gehör­te lan­ge zu den Kli­schees, wenn es um grü­ne Wäh­le­rIn­nen und Mit­glie­der ging. Oder, etwas arri­vier­ter, sozio­lo­gi­scher und mit einem Hauch Sozi­al­neid ver­se­hen: Ange­hö­ri­ge des post­ma­te­ria­lis­ti­schen Bür­ger­tums, die es sich leis­ten kön­nen, die Welt zu ret­ten. Poin­tiert: Anhän­ge­rIn­nen eines „Life­style of Health and Sus­taina­bi­li­ty“, kurz: Lohas, mit Glit­zer, Yoga-Flug­rei­sen und vega­ner Wellness. 

Ob Grü­ne „grau und bür­ger­lich“ gewor­den sind, dar­über lässt sich lan­ge strei­ten. Zumin­dest bis vor eini­gen Jah­ren – das ist mein Stand der sozi­al­wis­sen­schaft­li­chen Lite­ra­tur – gab es durch­aus recht enge Über­schnei­dun­gen zwi­schen einer (wie auch immer gear­te­ten) Ori­en­tie­rung an im wei­tes­ten Sin­ne nach­hal­ti­gen Lebens­sti­len und Hal­tun­gen einer­seits und Sym­pa­thien für Bünd­nis 90/Die Grü­nen ande­rer­seits. Viel­leicht hat sich da was aus­ein­an­der­ge­lebt, in den letz­ten Jah­ren. Aber wenn wir nicht über tat­säch­li­che Prak­ti­ken spre­chen, son­dern über vor­herr­schen­de Bil­der – auch Selbst­bil­der? – dann ist das mit der dis­kur­si­ven Domi­nanz des „Ökos“ gar nicht so weit weg, wenn über Grü­ne gespro­chen wird. 

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Kurz: Was ist Politik?

Dass Poli­tik das lang­sa­me Boh­ren dicker Bret­ter ist, wis­sen wir seit Max Weber. Kon­kret gebohrt wird bei­spiels­wei­se beim lang­wie­ri­gen Abstim­men von Ent­schei­dun­gen zwi­schen vier Veto­spie­lern. Poli­tik ist aber auch das Lau­ern auf einen Spalt offen­ste­hen­de Türen und das blitz­schnel­le Ent­schei­den, einen Fuß in die Tür zu set­zen. Bei­des zusam­men macht poli­ti­sche Arbeit gleich­zei­tig unglaub­lich lang­sam und unvor­her­seh­bar schnell. Boh­ren, Lau­ern und Ent­schei­den fin­den dabei in einem stra­te­gi­schen Rah­men statt. Und manch­mal füh­ren die­se Kom­bi­na­tio­nen dann zu situa­ti­ven Erd­rut­schen. Zum Bei­spiel ges­tern in Nord­rhein-West­fa­len, als inner­halb weni­ger Stun­den aus einer Ver­hand­lungs­tak­tik plötz­lich Neu­wah­len wur­den. Auch das ist Politik.