Auf dem Weg zur Law-and-order-Burg?

Eigent­lich habe ich gera­de über­haupt kei­ne Zeit für die­sen Blog­ein­trag (wie­der­ho­le ich mich?), aber – ohne Ver­lin­kung und auf die Schnel­le – ich woll­te doch kurz was zum aktu­el­len Frei­bur­ger The­ma Alko­hol­ver­bot in der Innen­stadt sagen. Allei­ne und für sich genom­men wäre das ein etwas ver­fehl­ter Ver­such des Street­wor­kings (da sind Sozi­al­ar­bei­te­rIn­nen aber eigent­lich deut­lich bes­ser zu geeig­net als Poli­zis­tIn­nen). Ein biß­chen geht’s mir bei dem The­ma wie beim Rauch­ver­bot in Knei­pen: mir selbst ist es eher egal (ich rau­che nicht und trin­ke auch kei­nen Alko­hol), aber aus prin­zi­pi­el­len Erwä­gun­gen her­aus fin­de ich es schwie­rig. Wie gesagt – für sich genom­men wäre das mit dem Ver­such, ran­da­lie­ren­de Jugend­li­che dadurch davon abzu­hal­ten, dass der Ver­zehr von Alko­hol im öffent­li­chen Raum in der Innen­stadt ver­bo­ten wird, ein biß­chen selt­sam (nicht zuletzt, weil das Wein­fest auf dem Müns­ter­platz davon sicher nicht betrof­fen sein wird). Aber es steht halt nicht allei­ne da, son­dern in einer Rei­he mit dem rabia­ten Vor­ge­hen gegen das wil­de Fahr­rad­par­ken, mit dem Ess- und Trink­ver­bot in den Stra­ßen­bah­nen, mit dem här­te­ren Umgang mit spon­ta­nen Demos und der links­al­ter­na­ti­ven Sze­ne, mit einem ent­spre­chen­den Poli­zei­chef usw. Von einem grü­nen Ober­bür­ger­meis­ter und einer grü­nen Frak­ti­on mit einer rela­ti­ven Mehr­heit hät­te ich da – selbst in einer de fac­to schwarz-grü­nen Koali­ti­on, wie hier in Frei­burg – dann doch ein biß­chen was ande­res erwar­tet. Bür­ger­rechts­par­tei, ein gewis­ses Bewusst­sein dafür, dass Ver­bo­te meis­tens nur dazu füh­ren, dass das Ver­bo­te­ne ver­la­gert wird (die alko­ho­li­sier­ten Jugend­li­chen wer­den dann halt in Zäh­rin­gen oder in Wein­gar­ten die har­ten Sachen trin­ken, bevor sie in die Stra­ßen­bahn stei­gen oder in der Innen­stadt ankom­men – macht die Sache nicht besser).

War­um blog­ge ich das? Weil ich bis­her davon aus­ge­gan­gen bin, dass OB Salo­mon mal wie­der­ge­wählt wer­den will. Aktu­ell sieht’s nicht so danach aus.

Asymmetrische Öffentlichkeit (Update 4: Haftbefehl aufgehoben!)

Über das Blog der Kul­tur­wis­sen­schaft­li­chen Tech­nik­for­schung bin ich gera­de auf das Blog Anna­list gesto­ßen – die Lebens­ge­fähr­tin von Andrej H. berich­tet dar­in über den All­tag zwi­schen Über­wa­chung, juris­ti­schem Kampf und ganz nor­ma­len Din­gen. Ich fin­de das extrem ein­drucks­voll und hal­te es für etwas, was mög­lichst vie­le Leu­te lesen sollten.

War­um blog­ge ich das? Ich kann mich hier Klaus Schön­ber­ger anschließen:

Die­ses Web­log ist für einen Web­log­for­scher aus zwei­er­lei Grün­den fas­zi­nie­rend. Es ist ers­tens eine durch­aus inno­va­ti­ve poli­ti­sche Stra­te­gie sich gegen staat­li­che Drang­sa­lie­rung und Ter­ro­ri­sie­rung, und die damit ver­bun­de­ne Durch­drin­gung des eige­nen All­tags öffent­lich zu Wehr zu set­zen. […] Ein sol­ches Blog ist zwei­tens auch eine pro­ba­tes Mit­tel der Selbst­re­fle­xi­on, mit den damit ver­bun­de­nen Zumu­tun­gen durch BKA und Gene­ral­bun­des­ant­walt­schaft umzugehen. 

Schluss­end­lich könn­te man die­ses Web­log als eine neu­ar­ti­ge Pro­test­form ana­ly­sie­ren, in einem assy­m­e­tri­schen Kon­flikt, in dem dem Betrof­fe­nen Klan­des­t­in­i­tät und Ille­ga­li­tät zum Vor­wurf gemacht wird, sich nicht nur sub­jek­tiv zu behaup­ten, son­dern ein Stück weit auch Gegen­macht zu demons­trie­ren. Die­se Offen­le­gung per­sön­li­cher all­täg­li­cher Hand­lun­gen und Details bringt die gan­zen Kon­struk­tio­nen der Ver­fol­gungs­be­hör­den zumin­dest dis­kur­siv zum implodieren.

Update: Ernst Corinth schreibt in der Tele­po­lis bedenkenswertes:

Wer Anna­list sorg­fäl­tig liest, erfährt also von Men­schen, denen man das Recht auf Pri­vat­sphä­re völ­lig genom­men hat, die ein­ge­schüch­tert und in die Enge gerie­ben wer­den. Und er lernt dabei eine Bun­des­re­pu­blik ken­nen, in der Bun­des­be­hör­den und Poli­zei ganz offen und schein­bar ganz legal staat­li­che Will­kür aus­üben. Ein Doku­ment, das erschro­cken und betrof­fen macht. Und Schlim­mes für die Zukunft befürch­ten lässt.

Update 2: „Ich wür­de die aktu­el­le Auf­merk­sam­keit gern für etwas nut­zen, das uns sofort wie­der in die Nie­de­run­gen der Ebe­ne führt, aber uns auch sehr nahe geht. Die­ses Ver­fah­ren kos­tet unglaub­lich viel Geld.“ Des­we­gen: hier die Spen­den­kon­ten. Und über­mor­gen wird über die Fra­ge ent­schie­den, ob die Aus­set­zung des Haft­be­fehls der Sicht des Bun­des­ge­richts­hofs ent­spricht – oder ob Andrej H. wie­der in U‑Haft muss.

Update 3: (24.10.2007) Nach Medi­en­be­rich­ten ist der Haft­be­fehl gegen Andrej H. auf­ge­ho­ben; ermit­telt wer­den darf gegen ihn jedoch wei­ter­hin. Mehr dazu – und zu den lau­fen­den Zeu­gen­ver­neh­mun­gen – bei Anna­list.

Update 4: Hier noch die umfang­rei­che Kom­men­tie­rung des Gan­zen bei Spreeblick.

Freiheit statt Angst (Update 3)

„Frei­heit statt Angst“ – so lau­tet das Mot­to der bun­des­wei­ten Demo, die am 22.9. in Ber­lin statt­fin­den wird (unter ande­rem unter­stützt von Attac, Bdwi, Bünd­nis 90/Die Grü­nen, CCC, Cam­pus­grün, DIE LINKE, Tei­len der FDP, FFII, FIFF, Foe­bud, FSF, Grü­ner Jugend, HU, JDJL, Julis, LSD, NNM, Pira­ten­par­tei und ver­di). Ziel der Demo:

1. Weni­ger Überwachung

Wir for­dern

* kei­ne Total­pro­to­kol­lie­rung von Tele­fon, Han­dy und Inter­net (Vor­rats­da­ten­spei­che­rung),
* kei­ne gehei­me Durch­su­chung von Computern,
* Stopp der Video­über­wa­chung des öffent­li­chen Raums, kei­ne auto­ma­ti­sche Gesichtskontrolle,
* Stopp von Bio­me­trie und RFID-Chips in Aus­wei­sen und Pässen,
* kei­ne Vor­rats­spei­che­rung von Flugpassagierdaten,
* kein auto­ma­ti­scher Kfz-Kenn­zei­chen­ab­gleich auf öffent­li­chen Straßen. 

2. Bestehen­de Über­wa­chungs­ge­set­ze auf den Prüf­stand stellen
Wir for­dern eine unab­hän­gi­ge Über­prü­fung aller seit 1968 beschlos­se­nen Über­wa­chungs­ge­set­ze auf ihre Wirk­sam­keit und schäd­li­chen Nebenwirkungen.

3. Stopp für neue Über­wa­chungs­ge­set­ze Nach der inne­ren Auf­rüs­tung der letz­ten Jah­re for­dern wir einen sofor­ti­gen Stopp neu­er Geset­zes­vor­ha­ben auf dem Gebiet der inne­ren Sicher­heit, wenn sie mit wei­te­ren Grund­rechts­ein­grif­fen ver­bun­den sind.

Ein lesens­wer­tes Inter­view zu den Hin­ter­grün­den die­ser Demo ist bei jetzt.de zu fin­den (via).

Scha­de, dass Ber­lin so weit weg ist (und dass ich nicht jeden Sams­tag weg sein will, und dass am Tag drauf mei­ne Freun­din Geburts­tag hat), sonst wür­de ich hin­fah­ren. Wich­tig ist das näm­lich, und wer das liest und näher dran ist, soll­te auf jeden Fall hingehen.

War­um blog­ge ich das? 1., weil ich das abso­lut unter­stüt­zens­wert fin­de, die­se The­men mal wie­der ein biß­chen stär­ker in die Öffent­lich­keit zu brin­gen und mich freue, dass es ein so brei­tes Unter­stüt­zer­bünd­nis gibt, und 2., weil ich fin­de, dass „Frei­heit statt Angst“ auch über das kon­kre­te The­ma hin­aus eine sehr gute Leit­li­nie für poli­ti­sches Han­deln dar­stellt: Poli­ti­sche Hand­lun­gen, die ten­den­zi­ell eher Angst erzeu­gen als Frei­heit zu gene­rie­ren, sind fast immer pro­ble­ma­tisch. Das fängt bei „Sicher­heits­ge­set­zen“, die ein Gefühl der Bedro­hung ver­stär­ken, an, und geht über Hartz-IV bis hin zur Fra­ge, ob Umwelt­po­li­tik als Angst­the­ma oder als grü­ne Renais­sance kom­mu­ni­ziert wird.

Update (23.09.2007): Die Demo scheint inso­fern erfolg­reich gewe­sen zu sein, als 15.000 Men­schen dar­an teil­ge­nom­men haben; Poli­zei vs. schwar­zer Block sorg­te für Unruhe.

Update 2 (25.09.2007): Wer – wie zum Bei­spiel ich – nicht bei der Demo war, kann zum Bei­spiel den Rede­bei­trag von Mar­kus Becke­dahl von netzpolitik.org trotz­dem nach­le­sen. Näm­lich hier.

Update 3: Über Mar­kus‘ Rede­bei­trag habe ich ganz die aus­führ­li­che Bericht­erstat­tung zur „größ­ten Demons­tra­ti­on für mehr Daten­schutz seit 20 Jah­ren“ bei netzpolitik.org über­se­hen. Mit vie­len Links.

Ein Dossier zum Ende der Freiburger Linie, und ein paar Fragen zur Forschungsfreiheit im Sicherheitsstaat (Update 6: offene Briefe zum Fall Andrej H.)

Ein­drü­cke, wonach eine ver­meint­li­che „Frei­bur­ger Linie“ nicht mehr ein­ge­hal­ten wer­de, poli­zei­li­che Ver­hal­tens­wei­sen sich geän­dert haben oder durch Wech­sel von Füh­rungs­per­so­nen nicht mehr Anwen­dung fin­den, sind sub­jek­ti­ve Eindrücke.

So steht’s in einer Pres­se­vor­la­ge der Frei­bur­ger Poli­zei. Ich glau­be der­zeit eher den sub­jek­ti­ven Ein­drü­cken, und bin da auch nicht der ein­zi­ge. Mit dem neu­en Poli­zei­chef Amann hat sich ganz klar etwas ver­än­dert. Was, lässt sich zum Bei­spiel einem umfang­rei­chen Dos­sier bei Indy­me­dia ent­neh­men. Da woll­te ich ein­fach mal drauf hinweisen.

War­um blog­ge ich das?

Eigent­lich hat­te ich nur „Andrej“ und „Stadt­so­zio­lo­gie“ in Goog­le ein­ge­ge­ben, um her­aus­zu­fin­den, wer denn der im Zusam­men­hang mit den Ermitt­lun­gen gegen die angeb­li­che mili­tan­te Grup­pe ver­haf­te­te Ber­li­ner Sozio­lo­ge ist, der in der Pres­se immer nur als „Andrej H.“ bezeich­net wird. Also aus Neu­gier­de. Die Such­ma­schi­nen­tref­fer erge­ben dann das Bild eines enga­gier­ten, poli­tisch sicher­lich links ste­hen­den Aka­de­mi­kers, der sich am Lehr­stuhl von Prof Häu­ßer­mann an der HU mit Gen­tri­fi­ca­ti­on, Pri­va­ti­sie­run­gen und Hartz IV aus­ein­an­der­setzt (wenn das inzwi­schen aus­reicht, um des Ter­ro­ris­mus ver­däch­tigt zu wer­den, soll­te die Deut­sche Gesell­schaft für Sozio­lo­gie mal lie­ber schnell ihre Mit­glie­der­lis­te vernichten). 

Da u.a. Spie­gel Online auch auf eine Debat­te bei Indy­me­dia ver­wie­sen, habe ich dann auch dort mal wie­der rein­ge­schaut – und zwar ein paar Soli­da­ri­täts­de­mo­an­kün­di­gun­gen und ‑berich­te gefun­den, aber nicht die gro­ße Debat­te. Dafür dann das oben ange­spro­che­ne Dos­sier zum Ende der Frei­bur­ger Linie, auf das ich hier­mit hin­wei­se. Was ich damit anfan­gen soll, dass die intel­lek­tu­el­le Fähig­keit zum Ver­fas­sen kapi­ta­lis­mus­kri­ti­scher Ana­ly­sen inzwi­schen aus­reicht, um als Mit­glied einer angeb­li­chen ter­ro­ris­ti­schen Ver­ei­ni­gung iden­ti­fi­ziert zu wer­den, weiss ich dage­gen gra­de noch nicht so genau. Vol­ker Ratz­mann von den Ber­li­ner Grü­nen sagt dazu:

Das hie­ße, dass zukünf­tig jeder Wis­sen­schaft­ler und jede Wis­sen­schaft­le­rin, die sich im poli­ti­schen Bereich und mit gesell­schaft­li­chen Fra­ge­stel­lun­gen aus­ein­an­der­setzt, auf­pas­sen muss, dass nie­mand gegen ihren Wil­len ihre Aus­füh­run­gen zur Begrün­dung sei­ner eige­nen und straf­recht­lich rele­van­ten Hand­lun­gen her­an­zieht. Wenn sie dann viel­leicht noch in Semi­na­ren Kon­takt hat­ten, wer­den sie gleich zum Bestand­teil einer kon­stru­ier­ten ter­ro­ris­ti­schen Vereinigung.

Das Zitat bringt es auf den Punkt. 

Zusam­men­ge­nom­men zeigt bei­des – die Erkennt­nis­se, wie sehr die badi­sche Dees­ka­la­ti­on an einer Per­son hing, und die Tat­sa­che, dass der Staat mal eben wie­der Metho­den aus den 1970er Jah­ren ins Spiel bringt – wie schwie­rig es ist, Frei­räu­me des Den­kens und Han­delns auf­recht zu erhal­ten. Sich dar­auf zu ver­las­sen, dass sicher geglaub­te Frei­hei­ten bestand haben, könn­te fatal sein.

Update: Inzwi­schen gibt es laut Word­Press-Sta­tis­tik iro­ni­scher­wei­se Leu­te, die nach „Andrej H.“ und „Sozio­lo­gie“ (u.ä.) suchen – und dann hier bei einem Bericht über eine sol­che Suche lan­den. Dass es tat­säch­lich mög­lich ist, über eine der­ar­ti­ge Suche umfang­rei­che Infos über Andrej H. zu fin­den, ist, neben­bei gesagt, ein Hin­weis dar­auf, dass bestimm­te media­le Anony­mi­sie­rungs­stra­te­gien (wir nen­nen den „Ver­däch­ti­gen“ nicht mit vol­lem Namen, son­dern nur mit Vor­na­men und Initi­al) nicht funk­tio­nie­ren, wenn 1. der Vor­na­me hin­rei­chend sel­ten ist, und 2. wei­te­re Infos („Ber­li­ner Stadt­so­zio­lo­ge“) vor­lie­gen, die die Men­ge mög­li­cher Per­so­nen deut­lich ein­schrän­ken. Anders gesagt: der Ver­such der Anony­mi­sie­rung funk­tio­niert in die­sem Fall über­haupt nicht …

Update 2: Bei Tele­po­lis gibt’s ein Inter­view mit Prof. Rai­ner Ril­ling (Uni Mar­burg und Rosa-Luxem­burg-Stif­tung) zum Fall Andrej H. und den Kon­se­quen­zen daraus.

Update 3: Ril­ling sitzt auch im wis­sen­schaft­li­chen Bei­rat von Attac, der sich eben­falls dazu äußert (via).

Update 4: (15.08.2007) Wie die ZEIT berich­tet, gibt es inzwi­schen einen offe­nen Brief einer gan­zen Rei­he Wis­sen­schaft­le­rIn­nen, in dem die Gene­ral­bun­des­an­wäl­tin auf­ge­for­dert wird, die Ermitt­lun­gen gegen Andrej H. ein­zu­stel­len und – mei­ne Para­phra­se – in Zukunft etwas genau­er hin­zu­se­hen, statt sozi­al­wis­sen­schaft­li­che Arbeit als Ver­dachts­mo­ment zu neh­men. Unter­zeich­net haben den unter­stüt­zens­wer­ten Brief u.a. Hart­mut Häu­ßer­mann, Wil­helm Heit­mey­er, Claus Offe, Hel­muth Wie­sen­thal, Franz Schult­heis, Micha­el Schu­mann, Susan­ne Frank, Wolf­gang Kaschuba, Ralf Fücks (Böll-Stif­tung) und 52 wei­te­re Wis­sen­schaft­le­rIn­nen. Ich bin mir sicher, dass noch eine gan­ze Rei­he mehr die­sen Brief unter­schrei­ben wür­den, wenn dafür im wei­te­ren Kreis Unter­schrif­ten gesam­melt wür­den. Hof­fen wir, dass es was hilft.

Update 5: Der erwähn­te offe­ne Brief kann doch durch wei­te­re Men­schen unter­stützt wer­den [via] – ich habe gera­de unter­schrie­ben (und gleich mal dem Vor­stand der Deut­schen Gesell­schaft für Sozio­lo­gie eine Mail mit der Fra­ge geschickt, ob die Fach­ge­sell­schaft nicht ihre Mit­glie­der auf die­sen Brief auf­merk­sam machen möchte). 

Update 6: Der Fall Andrej H. zieht wei­te­re Krei­se – das Blog Kul­tur­wis­sen­schaft­li­che Tech­nik­for­schung berich­tet von der Tagung der Ame­ri­can Socio­lo­gi­cal Association

Auf der Jah­res­ta­gung der Ame­ri­can Socio­lo­gy Asso­cia­ti­on (Ver­ei­ni­gung der US-ame­ri­ka­ni­schen Sozio­lo­gen, vgl. http://www.asanet.org/), wo seit Sams­tag rund 4.000 Sozi­al­wis­sen­schaft­ler in New York tagen, wird der Fall in meh­re­ren Ver­an­stal­tun­gen dis­ku­tiert, kur­sie­ren Peti­tio­nen, ins­be­son­de­re Stadt­so­zio­lo­gen zei­gen sich sehr besorgt über die deut­sche Entwicklung.

Auch ein wei­te­rer offe­ner Brief mit Unter­stüt­zung nam­haf­ter aus­län­di­scher Wis­sen­schaft­le­rIn­nen wird erwähnt – u.a. sind da (neben Elmar Alt­va­ter, Die­ter Rucht und Roland Roth aus Deutsch­land) auch Mike Davis, Saskia Sas­sen, Richard Sen­nett und John Urry zu fin­den, um nur die bekann­tes­ten zu nennen. 

G8-Polizeitaktik: Panne oder üble Absicht? (Update 6)

Im Vor­feld und wäh­rend der G8-Gip­fels war ja – wie auch hier, da und dort bereits im Blog zu lesen – das Vor­ge­hen der Poli­zei ein durch­aus berich­tens­wer­tes The­ma. Von der einst­mals ange­kün­dig­ten Dees­ka­la­ti­ons­stra­te­gie ließ sich da nicht mehr viel fin­den. War wohl doch eher Rhe­to­rik als tat­säch­li­ches Ziel des Polizeieinsatzes. 

Glück­li­cher­wei­se hat sich die Befürch­tung, dass das poli­zei­li­che Vor­ge­hen nach dem Gip­fel eben kein The­ma mehr sein wird, nicht bewahr­hei­tet (vgl. Bun­des­wehr beob­ach­tet Camps, Käfig­hal­tung (bei­de SpOn), offe­ne Fra­gen ins­ge­samt (Tele­po­lis), Pro­ble­ma­tik der Poli­zei-Mel­dun­gen im dpa-Ticker (taz), Tages­schau-Kri­tik inkl. Zivil­po­li­zei­ein­satz, eini­ges aus der Süd­deut­schen und Hin­weis auf Kla­gen des RAV, dito (Gip­fel­b­log, Gip­fel­b­log und noch­mal taz) usw.). 


Pho­to von Ras­ta­fa­bi, CC-Lizenz

Viel­leicht sind es doch zuvie­le unan­ge­neh­me Ein­zel­hei­ten, die da ans Licht gekom­men sind, um sie ein­fach tot­zu­schwei­gen. Ich fra­ge mich dabei immer noch: war das jetzt ein­fach das Ergeb­nis einer unfä­hi­gen, uner­fah­re­nen und komi­schen Denk­mus­tern ver­haf­te­ten Poli­zei­füh­rung und ‑aus­füh­rung – oder steck­te da doch Kal­kül dahin­ter? Und wenn ja: cui bono? 

Wenn es der Plan gewe­sen sein soll­te, Vor­wän­de für noch mehr „Sicher­heits­staat“ zu bekom­men (wie es zwi­schen­zeit­lich mit GSG9- und Gum­mi­ku­gel-For­de­run­gen als Reak­ti­on auf die Aus­schrei­tun­gen bei der anfäng­li­chen Groß­de­mo wirk­te), dann ist das jeden­falls erst­mal gründ­lich in die Hose gegan­gen. Bleibt nur zu hof­fen, dass bei den anste­hen­den Ermitt­lun­gen, Pro­zes­sen und Bun­des­tags­an­fra­gen jetzt auch wirk­lich was raus­kommt – und lang­fris­tig ein Kurs­wech­sel bei der „Inne­ren Sicher­heit“ wie­der ein wenig wahr­schein­li­cher wird.

War­um blog­ge ich das? Als ein ers­tes Zwi­schen­fa­zit zu die­sem The­ma – und weil Wes­ter­wel­le in der taz heu­te deut­lich gemacht hat, dass die FDP Bür­ger­rech­te nicht mehr so rich­tig ernst nimmt – Grü­ne dage­gen schon, wie das Vor­ge­hen von Künäst und Strö­be­le deut­lich gemacht hat. 

Update: Hin­weis von Mar­kus: Claus Chris­ti­an Mal­zahn bringt das Vor­ge­hen in Spie­gel Online auf den Punkt: 

Wie pro­du­zie­re ich eine neue Gene­ra­ti­on von linken
Ter­ro­ris­ten? Ich ord­ne wegen eines gefälsch­ten Schü­ler­aus­wei­ses Haus­durch­su­chun­gen an, sper­re Welt­ver­bes­se­rer in Käfi­ge und las­se Zelt­be­woh­ner von Kampf­jets ablich­ten. Der Rest kommt schon von selbst.

Update 2: Thors­ten berich­tet davon, dass ein befreun­de­ter AKJ­ler in einem der Ros­to­cker Käfi­ge lan­de­te, weil in dem Bus, in dem ange­reist war, zwei Schals und eine Tau­cher­bril­le gefun­den wur­den. Was ist eigent­lich los in die­sem Land?

Update 3: In der Tele­po­lis ist jetzt ein umfang­rei­cher Bericht über die Arbeit der diver­sen Rechts­an­walts­grup­pen beim G8-Gip­fel zu finden.

Update 4: Über­blicks­ar­ti­kel über das wei­te­re Vor­ge­hen (SpOn).

Update 5: Noch ein Über­blicks­ar­ti­kel zum wei­te­ren Vor­ge­hen, dies­mal in der Tele­po­lis.

Update 6: Info über ein Tref­fen zwi­schen Poli­ti­ke­rIn­nen der grü­nen Bun­des­tags­frak­ti­on und Ver­tre­te­rIn­nen von Attac, RAV und der Gewerk­schaft der Polizei.