„Visa-Affäre“

Da machen grü­ne Poli­ti­ke­rIn­nen das, wofür sie unter ande­rem gewählt wor­den sind, näm­lich als Anti­ab­schot­tungs­po­li­ti­ke­rIn­nen: sie erleich­tern die Rei­se­frei­heit (zumin­dest ein klei­nes biß­chen). Und schon gibt es eine vom CDU-Unter­su­chungs­aus­schuss ange­feu­er­te wochen­lan­ge Medi­en­de­bat­te, eine Affä­re. Kon­kre­te Zah­len lie­gen kei­ne vor, um wor­um es eigent­lich geht, ist den meis­ten auch egal. Selbst die sonst ja manch­mal recht ver­nünf­ti­ge taz hat eini­ge Wochen lang gemeint, es sei am bes­ten, sich auf die Sei­te der CDU zu stel­len (seit die Leit­ar­ti­kel zum The­ma nicht mehr von Chris­ti­an Fül­ler geschrie­ben wer­den, ist die Hal­tung wie­der etwas rea­lis­ti­scher und weni­ger skan­dal­hei­schend gewor­den). Jeden­falls scheint mir lang­sam der Mit­te-Links-Öffent­lich­keit und ihren Sprach­roh­ren deut­lich zu wer­den, dass Anga­ben der CDU viel­leicht zumin­dest über­prüft wer­den soll­ten, bevor sie als Wahr­heit abge­druckt wer­den. In der letz­ten Zeit (und ver­ein­zelt, ver­steckt auch schon zuvor) gab es dann auch ein paar emp­feh­lens­wer­te Arti­kel zum Thema:

> Spie­gel-Inter­view mit Wla­di­mir Kami­ner („Rus­sen­dis­ko“)
> Kom­men­tar von Phil­ipp Dudek aus der taz von heute
> Kom­men­tar aus der taz vom 5.3. von Ulri­ke Herrmann
> Kom­men­tar aus der taz vom 1.3. von Chris­ti­an Semler
> Ana­ly­se der Spie­gel­be­richt­erstat­tung in der taz vom 9.2. von Bet­ti­na Gaus

Altes aus Xanga, Teil XI

Wed­nes­day, Octo­ber 22, 2003

Sammelfilmkritik

Huh, lei­der gar nicht so ein­fach, so ein Web­log aktu­ell zu hal­ten. Eigent­lich wür­de ich hier & jetzt ger­ne noch was über Wha­le Rider (Eth­no­öko­kitsch, gefiel mir eini­ger­ma­ßen gut), einen indi­schen Film namens Waves sowie über Herrn Leh­mann (Genau so waren die 80er Jah­re in Ber­lin, ich – Jahr­gang 1975 – bin mir da ganz sicher!) schrei­ben, kom­me aber gra­de nicht dazu. Also bemer­ke ich ein­fach nur, dass ich neu­lichs (ist auch schon wie­der fast zwei Wochen her) im Rah­men von body.city im fast men­schen­lee­ren Haus der Kul­tu­ren der Welt in Ber­lin Reason, Deba­te and a Sto­ry von Rit­wik Ghat­ak ange­schaut habe: ein ben­ga­li­scher Schwarz­weiss-Film aus dem Jahr 1974, mit ziem­lich ver­wa­ckel­ten eng­li­schen Unter­ti­teln. Body.city schreibt dazu: 

In sei­nem Film por­trä­tiert sich Ghat­ak selbst als den trin­ken­den und aus­ge­laug­ten Intel­lek­tu­el­len Neelkan­tha. Er unter­nimmt eine Art Schel­men­rei­se durch Ben­gal, um sich mit sei­ner von ihm getrennt leben­den Frau zu ver­söh­nen. Der Regis­seur flicht unter­schied­li­che Sti­le und Bil­der inein­an­der. Sei­ne Palet­te reicht von der vul­gä­ren Kalen­der­kunst über kit­schi­ge Lie­bes­fil­me und einen abs­trak­ten moder­nen Toten­tanz bis hin zum Lied­gut der Baul.

War­um ich das erwäh­ne? Weil – neben der inhalt­li­chen Ebe­ne – tat­säch­lich vor allem eini­ge Stil­ele­men­te span­nend waren: die hier „Toten­tanz“ genann­te abs­trak­ten Zwi­schen­blen­den, Groß­auf­nah­men, durch­cho­reo­gra­phier­te Ver­fol­gungs­jag­den und Schie­ße­rei­en im Wald, sowie in groß­for­ma­ti­ge Land­schafts­bil­der glei­ten­de Lie­bes­sze­nen. Ziem­lich viel davon lässt sich auch in neue­ren Bol­ly­wood-Fil­men fin­den. Und das fin­de ich durch­aus erwähnenswert.


Sun­day, July 13, 2003

Miscellaneous

Jede Men­ge Arbeit, des­we­gen wenig Zeit für Ein­trä­ge hier, zum Aus­gleich des­we­gen drei auf ein­mal: Die­ses Wochen­en­de habe ich in Karls­ru­he ver­bracht, und zwar vor allem des­we­gen, weil ich auf dem Linux­tag am Sams­tag den vom Netz­werk Neue Medi­en e.V. orga­ni­sier­ten Initia­ti­ven-Info­stand betreut habe, d.h. ca. 300 Leu­ten einen Fly­er mit kur­zen Tex­ten zu ver­schie­de­nen netz­po­li­ti­schen Initia­ti­ven in die Hand gedrückt, die eine oder ande­re Fra­ge beant­wor­tet und auch ein biß­chen dis­ku­tiert. War nett, und inter­es­sant, wie ver­schie­den die Reak­tio­nen des von Sun/IB­M/HP-Mit­ar­bei­te­rIn­nen bis hin zum klas­si­schen Geek-Coder rei­chen­den Publi­kums waren. Und ganz abge­se­hen davon war es ganz ein­drucks­voll, den Wirt­schafts­fak­tor „Open Source“ mal plas­tisch vor Augen zu sehen.

Da schon mal in Karls­ru­he, und da Angie auch Zeit hat­te, haben wir den Abend dann dazu genutzt, ins Kino zu gehen und uns VERSCHWENDE dei­ne JUGEND ange­schaut. 1980er Jah­re, vie­le Remi­ni­sze­nen an mei­ne jüngs­te Ver­gan­gen­heit (von den Eis­sor­ten bis zum Daten­trä­ger der Zukunft, der CD), eine schi­cke CGA-Pixel-Schrift für die Beschrif­tun­gen, net­te Musik, und eine bemit­lei­dens­wer­te, weil voll­kom­men über­for­der­te Haupt­fi­gur. Unter­hal­tung, bringt einen aber immer­hin dazu, noch­mal dar­über nach­zu­den­ken, was NDW denn jetzt eigent­lich wirk­lich war, wie­viel einem selbst davon mit 10 bis 15 Jah­ren bewusst gewe­sen und gewor­den ist, und wie Trends und Moden so funktionieren.

Karls­ru­he stand auch am Sonn­tag noch, da gab’s dann sci­ence + fic­tion im ZKM. Auch wenn der Name erst­mal ande­res ver­mu­ten lässt, geht’s bei sci­ence + fic­tion nur am Ran­de um Sci­ence Fic­tion, haupt­säch­lich aber um das Wech­sel­spiel zwi­schen Science/Wissenschaft auf der einen und Fiction/Kunst/Gesellschaft/Diskursivität auf der ande­ren Sei­te. Und das in einem ziem­lich span­nen­den Aus­stel­lungs­kon­zept, gespons­ort und ins Leben geru­fen von der Volks­wa­gen­stif­tung. Auf den ers­ten Blick sieht die Aus­stel­lung win­zig aus (vgl. Aus­tel­lungs­kon­zept): drei, vier grö­ße­re Instal­la­tio­nen, ein paar Vir­tri­nen, ein paar selt­sa­me oran­ge­ne For­men mit Tele­fon­mu­scheln dran. Aber trotz­dem waren zwei Stun­den fast zu knapp, um sich damit zu beschäf­ti­gen. Im Unter­ti­tel der Aus­stel­lun­gen geht’s um Nano­tech und kul­tu­rel­le Glo­ba­li­sie­rung – dazwi­schen lie­gen vor allem Neu­ro­wis­sen­schaf­ten, Ful­le­re­ne und die Zukunfts­for­schung. Beson­ders ein­drucks­voll fand ich eigent­lich fast alles, nen­nen möch­te ich die Wild­Card-Instal­la­ti­on von Dell­brüg­ge und de Moll, bei der auf gro­ßen her­aus­zieh­ba­ren Kar­ten State­ments von Künst­le­rIn­nen und Wis­sen­schaft­le­rIn­nen zu The­men der Zukunft ver­ar­bei­tet wur­den. Wis­sen­schaft und Kunst gehen hier flie­ßend inei­anan­der über. Der spie­geln­de Eth­no­ex­pe­di­ti­ons­bus von Chris­toph Kel­ler war mir dage­gen etwas zu sophisti­ca­ted begrün­det, Lacan muss nicht sein. Die flie­ßen­den Über­gän­ge zwi­schen Kunst und Wis­sen­schaft waren auch sehr schön zu sehen in der Wand­pro­jek­ti­on von hand­schrift­li­chen Skiz­zen und Noti­zen zu wis­sen­schaft­li­chen und künst­le­ri­schen Pro­jek­ten. Wäre eine eige­ne Arbeit wert, sich damit zu beschäf­ti­gen! Rund­her­um Vitri­nen – pla­ka­ti­ves Aus­stel­lungs­stück oben in der Vitri­ne, z.B. Joda aus Star Wars oder auch ein ein­ge­leg­tes Gehirn – aus dem Vitri­nen­schrank raus­zieh­bar dann span­nen­de Erläu­te­rungs­schub­la­den. Net­tes Inter­face! Was gibt’s noch: zum Bei­spiel die Links und Essays zum theo­re­ti­schen Hin­ter­grund der Aus­stel­lung. Hat mir gefal­len, schö­nes Kon­zept, und auch die Wech­sel­wir­kun­gen zwi­schen Wis­sen­schaft und gesell­schaft­li­chen Dis­kur­sen (ob Sci­ence Fic­tion, Kunst oder Feul­lie­ton) sind etwas, was ich sicher­lich wei­ter im Auge behal­ten wer­de. Die Aus­stel­lung sci­ence + fic­tion läuft noch bis zum 17.08. in Karls­ru­he und wan­dert dann weiter. 

Und Bücher gibt’s übri­gens auch zu sci­ence + fic­tion: den Aus­stel­lungs­ka­ta­log mit Inter­views mit den betei­lig­ten Künst­le­rIn­nen, und die Essays.

P.S.: Und ganz zum Schluss noch der Hin­weis auf einen kwei­te­ren kürz­lich ange­se­he­nen Film: Bollywood/Hollywood von Deepa Meh­ta wer­den Kli­schees aus indi­schem und ame­ri­ka­ni­schem Film gut durch­mixt und gera­ten zu mei­ner Mei­nung nach sehr humor­voll gewor­de­nen Mischung, die aber wahr­schein­lich nicht bei jeder und jedem auf Anklang stößt. Jeden­falls gab’s eini­ge schlech­te Kri­ti­ken, von wegen ein­falls­los etc. – ich hab eher Selbst­iro­nie und ein ziem­lich gelun­ge­nes Spiel mit Ste­reo­ty­pen gefun­den, das zu einem sicher­lich über­dreh­ten, für Som­mer­näch­te aber wun­der­voll geeig­ne­ten Film gewor­den ist.


Tues­day, June 17, 2003

Google-Kunst

Goog­le hat sei­ne Logo zur Abwechs­lung mal im Stil von MC Escher gestal­tet – und ver­linkt auf die Bil­der­su­che, die allen Copy­right­fra­gen zum trotz recht erfolg­reich ist.

> escher.gif (GIF-Gra­fik, 276x110 Pixel)

> Bil­der­su­che


Tues­day, June 10, 2003

Menschen zu Pixeln?

In Bar­ce­lo­na foto­gra­fiert Spen­cer Tunick 7.000 nack­te Men­schen auf öffent­li­chen Plät­zen (sie­he Spie­gel-Arti­kel unten). Aller­dings fra­ge ich mich, ob das gan­ze nicht viel­leicht noch ein Stück ein­drucks­vol­ler gewe­sen wäre, wenn – dank Com­pu­ter­un­ter­stüt­zung ist sowas heu­te ja rela­tiv ein­fach mög­lich – nicht amor­phe Men­schen­men­gen foto­gra­fiert wor­den wären, son­dern Bil­der? 7000 Leu­te sind recht­eckig ange­ord­net immer­hin 70 x 100 Pixel, und wenn Han­dy­dis­plays mit sowas klar­kom­men, war­um dann nicht auch Künst­ler? Auf die­sem Pixel­ras­ter hät­ten dann mit Haut- bzw. Haar­far­be Figu­ren ange­ord­net wer­den kön­nen – z.B. die Wör­ter LOVE und HATE. Oder viel­leicht sogar (hier wür­de es schon etwas kniff­li­ger) Grau­stu­fen­bil­der. Men­schen zu Pixeln? 

> Foto­kunst: „Bar­ce­lo­na legt die Klei­der ab“ – Pan­ora­ma – SPIEGEL ONLINE


Sun­day, May 25, 2003

Matrix zwei

Einer der im in der letz­ten Zeit im Vor­feld sicher­lich mit am meis­ten gehyp­te Film ist sicher­lich der zwei­te Teil der Matrix-Tri­lo­gie, Matrix Rel­oa­ded. Und eigent­lich macht es fast kei­nen Sinn, noch eine wei­te­re Bespre­chung dazu zu schrei­ben, weil so gut wie jede Kul­tur­sei­te jeder Zei­tung das schon getan hat. Sich den all­ge­mein doch eher zwie­späl­tig aus­ge­fal­le­nen Bewer­tun­gen anzu­schlie­ßen, fällt nicht schwer: guter Action­film, aber dafür zu viel Phi­lo­so­phie, schlech­te Fort­set­zung, selt­sa­me Wen­dung, eigent­lich nur eine Masche, um Video­spie­le und Mer­chan­di­se zu ver­kau­fen. Usw. usf.

Des­we­gen hier nur ein paar höchst sub­jek­tiv gefärb­te Ein­drü­cke aus der Dop­pel­vor­stel­lung Matrix + Matrix Rel­oa­ded im Fried­richs­bau. Vol­les Haus, gute Stim­mung, bei Matrix eins waren mir eini­ge der grau­sa­me­ren Sze­nen gar nicht mehr in Erin­ne­rung gewe­sen. Dafür fällt mir jetzt auch der poten­ti­ell sys­tem­kri­ti­sche Cha­rak­ter auf: der Film lässt sich nicht nur radi­kal­kon­struk­ti­vis­tisch als Meta­pher auf unse­re ein­ge­schränk­te Wahr­neh­mung der Wirk­lich­keit lesen, son­dern auch sozi­al­kon­struk­ti­vis­tisch als Meta­pher auf den unsicht­ba­ren Käfig aus Nor­men und Insti­tu­tio­nen, den wir nicht wahr­neh­men kön­nen, weil wir dar­in auf­ge­wach­sen sind.

Der Film endet, kur­ze Pau­se, die Mög­lich­keit, noch mal etwas fri­sche Luft zu schnap­pen. Drau­ßen sieht alles unwirk­lich aus, die visu­el­le und musi­ka­li­sche Geschwin­dig­keit des Films steckt einem in den Glie­dern. Dann Teil II: Der Vor­spann sieht pro­fes­sio­nel­ler, glat­ter aus, damit aber auch weni­ger authen­tisch. In den letz­ten paar Jah­ren schei­nen Com­pu­ter­buch­sta­ben gro­ße Fort­schrit­te gemacht zu haben. Scha­de eigent­lich. Die Unix-Befeh­le sind aber dafür gleich geblie­ben. Unklar­heit dar­über, wann in der Hand­lungs­zeit Teil II ein­setzt. Wochen oder Jah­re nach dem ers­ten Teil? Aus den rebel­li­schen Out­cast-Cyber­punks sind jeden­falls kaum noch rebel­li­sche (oder wenn, dann in dem Sin­ne, in dem sich Cpt. Picard der ers­ten Direk­ti­ve wider­setzt) Tei­le der Star­fleet, par­don, Zion-Flot­te gewor­den. Sol­da­ten, ein­ge­bun­den in die Chain of Com­mand. Die Nebu­kad­ne­zar ist nur eines von vie­len Schif­fen (war das nicht ursprüng­lich mal ein Hover­craft, sehen Hover­crafts nicht eigent­lich ganz anders aus?). Die optisch ein­drucks­volls­te Sze­ne: eine sehr rea­lis­ti­sche Dar­stel­lung der Matrix, par­don, des visua­li­sier­ten, imersi­ven Cyber­space a la Gib­son ist die „Gate Vir­tu­al Ope­ra­tor“; im weiß der Zukunfts­vi­si­on aus 2001 wer­den per inter­ak­ti­ver imersi­ver Group­ware Lan­de­plä­ne wie Bau­klöt­ze ver­scho­ben. Der Büro­ar­beits­platz der Zukunft?

Wir sind in Zion ange­kom­men: was alles in eine stark auf Tech­nik basie­ren­de unter­ir­di­sche Stadt rein passt, ist schon erstaun­lich. Die Geo­me­trie bleibt unklar und der Ster­nen­him­mel besteht aus Schein­wer­fern. Abge­se­hen von der God-is-a-DJ-Anspra­che von Mor­pheus gefällt die sich anschlie­ßen­de Tanz-und-Sex­ein­la­ge durch­aus. Ob es Absicht ist, jeweils so irgend­wo im ers­ten Drit­tel der Fil­me aktu­el­le Musik unter­zu­brin­gen? An der Stel­le lässt sich viel­leicht auch anmer­ken, dass das Pro­dukt­pla­ce­ment lei­der auch dazu geführt hat, das klas­sisch-stil­bil­den­de Nokia in schwarz durch irgend­wel­chen Out­door­han­dys zu ersetzen.

Lie­bes­ge­schich­ten­kitsch, Der-auf­rich­ti­ge-wah­re-Über­zeug­te-setzt-sich-poli­tisch-durch-Kitsch, zurück in die Matrix. Neo-ist-Super­man-Kitsch (aber erst nach der Prü­ge­lei), mit Dank an den Comic­ver­lag im Abspann. Eigent­lich könn­ten Tri­ni­ty und Neo in dem Film auch gleich­star­ke Figu­ren ver­kör­pern; sym­me­trisch genug ange­legt (Wie­der­be­le­bung!) ist die Rol­le ja. Aber sie bleibt sein Side­kick, der wah­re ech­te Aus­er­wähl­te ist er. Oder dann doch nicht.

Die zwei­te ein­drucks­voll in Erin­ne­rung geblie­be­ne Sze­ne ist nicht die Auto­ver­fol­gungs­jagd (wie­so soviel Phy­sik in einem Com­pu­ter­sys­tem?), son­dern die Begeg­nung zwi­schen Neo und dem Archi­tek­ten: zwei pro­gam­ma­ti­sche Agen­ten tref­fen sich, und – die ein­zig gro­ße Leis­tung des Fil­mes – alles, was wir über Neo wuss­ten, ver­än­dert sei­ne Bedeu­tung. Out­cast, Hacker, Ret­ter der Mensch­heit? Von wegen – das Sys­tem denkt in grö­ße­ren Zusam­men­hän­gen und Zeit­ein­hei­ten und schafft sich regel­mä­ßig sei­ne eige­ne Oppo­si­ti­on, um den aus hygie­nisch-mathe­ma­ti­schen Grün­den not­wen­di­gen Reboot ein­zu­lei­ten, samt Keim­zel­le für die nächs­te Revo­lu­ti­on. Uner­find­li­cher­wei­se kom­men gewis­se hor­mo­nel­le Ungleich­ge­wichts­zu­stän­de dazwi­schen, und der Zuschau­er bleibt bis in den Herbst allei­ne mit der Fra­ge, ob dass den nun wirk­lich die rich­ti­ge Tür gewe­sen ist.

Pro­gno­sen für Matrix III: Wenn’s schlecht läuft, noch mehr Akti­on, noch weni­ger Sinn hin­ter den Phi­lo­so­phie­lek­tio­nen, ein wun­der­sa­mer Wan­del des Musik­stils fürs ers­te Drit­tel und ein Mensch und Mensch gewor­de­ne Maschi­ne (Smith als Virus) beglü­cken­des Hap­py End. Oder noch schlim­mer: alles nur ein böser Traum oder (eXis­tenz) nur ein Com­pu­ter­spiel. Wenn’s gut läuft, kommt in der Syn­the­se alles anders, Cybor­gi­sie­rung, Macht­kämp­fe in der Matrix und Macht­kämp­fe in Zion, die zu neu­en Alli­an­zen füh­ren. Die Ent­schei­dun­gen sind längst gefallen.

Altes aus Xanga, Teil X

Satur­day, May 03, 2003

Dr. Who?

Eines der unbe­kann­te­ren Wer­ke von Dou­glas N. Adams ist ein Skript für die BBC-Fern­seh­se­rie Dr. Who mit dem Titel „Shada“. Die BBC bringt nun die­ses Skript dan­kens­wer­ter­wei­se als „Web­cast“ zum Leben – ein mit Flash-Ani­ma­tio­nen unter­stütz­tes Hör­spiel, als eine Hom­mage an den vor einem Jahr ver­stor­be­nen Dou­glas Adams. 

> BBC – Cult Tele­vi­si­on – Doc­tor Who Homepage


Fri­day, April 25, 2003

Diaspora-Wahlkampf im Kino

… die Grü­nen am Sym­pa­thisch­ten, wenn sie denn mal auf Pla­ka­ten, Podi­ums­dis­kus­sio­nen oder im Gespräch mit Jugend­li­chen vor­ka­men – und nicht nur als Stan­dard­stand­ort­nach­teil in Wich­manns Stan­dard­spruch. Herr Wich­mann von der CDU ist ein Doku­men­tar­film, der hart an Real­sa­ti­re grenzt, oder manch­mal auch ganz klar Real­sa­ti­re ist. Da gibt es den Wahl­kämp­fer Wich­mann, 25 Jah­re jung, CDU, Jun­ge Uni­on, Jura-Stu­dent in Ber­lin, Kreis­tags­ab­ge­ord­ne­ter in der Ucker­mark, der sich Hoff­nun­gen macht, als Direkt­kan­di­dat den letz­ten Außen­mi­nis­ter der DDR, Meckel (SPD) zu besie­gen. Am Schluss sind all sei­ne Anstren­gun­gen inkl. A0-Pla­ka­ten dann doch gra­de mal einen Pro­zent­punkt wert. Bis dahin ver­folgt die Kame­ra den Wahl­kämp­fer und sei­ne Freun­din (Rea­li­ty-TV? Aber nicht doch …) und vor allem die vie­len Pas­san­tin­nen und Pas­san­ten, die an Wahl­kampf­ma­te­ri­al und hoh­len Ver­spre­chen (Wich­mann hat eine wun­der­ba­re Gabe, nie­mand aus­re­den zu las­sen, jedem nach dem Wort zu reden und nur ganz sel­ten mal schlag­fer­tig zu sein) nicht wirk­lich inter­es­siert sind. Im Alters­heim (so holt die CDU also ihre Stim­men) weiss Wich­mann nicht, was er sagen soll, und bei Jugend­ver­an­stal­tun­gen macht er sich selbst zum völ­lig indis­ku­ta­blen Kan­di­da­ten, indem er gegen „Kuschel­päd­ago­gigk“ argu­men­tiert statt sich auf eine Dis­kus­si­on einzulassen.

Eher schreck­lich als lus­tig sind dann die Sze­nen, wo stolz mit der Ableh­nung des Zuwan­de­rungs­ge­set­zes und ziem­lich viel Natio­nal­stolz argu­men­tiert wird. Hilft aber alles nichts, Wich­mann kämpft gegen Wind­müh­len, da hilft auch ein Lob von Frau Mer­kel für den „jun­gen Mann“ nichts.

Herr Wich­mann von der CDU ist ziem­lich viel ost­deut­scher All­tag 2002, ziem­lich viel Wahl­kampf­all­tag, ziem­lich viel Poli­tik­ver­dros­sen­heit – und erreg­te im klei­nen Wohn­zim­mer­ki­no des Fried­richs­baus in der „grü­nen“ Stadt Frei­burg vor allem Lacher und ab und zu ungläu­bi­ge Aus­ru­fe. Es bleibt die Hoff­nung, dass poli­tik­ver­dros­se­ne Men­schen viel­leicht irgend­wann Leu­te wäh­len, die sich tat­säch­lich dafür inter­es­sie­ren, was die Wäh­le­rIn­nen bedrückt, statt sich mit hohen Sprü­chen fri­schen Wind vor­gau­keln zu lassen. 

> Film bei BR-online: Denk ich an Deutsch­land: Herr Wich­mann von der CDU


Tues­day, April 15, 2003

Lieblingsonlinecomic

Irgend­wie schon selt­sam. Wie an jedem Wochen­tag noch kurz der Blick auf den Uni­corn Jel­ly Online­co­mic (Gen­re: phi­lo­so­phi­sche Sci­ence Fic­tion) – aber irgend­was ist anders als sonst. Ach so, ja. Der Maus­klick wäre unnö­tig gewe­sen – Uni­corn Jel­ly ist end­gül­tig vor­bei. Die Rät­sel sind gelöst, der Jahr­hun­der­tau­sen­de umspan­nen­de Hand­lungs­bo­gen hat sein Ende und sei­nen Anfang gefunden. 

Scha­de. Uni­corn Jel­ly war immer anders als erwar­tet, die Cha­rak­te­re waren leben­di­ger als sonst irgend­wo im Web und gleich­zei­tig selt­sa­mer. Die Wen­dun­gen der Geschich­te unvor­her­seh­ba­rer, die poe­ti­schen Momen­te poe­ti­scher, die Trau­er um die Toten trau­ri­ger und die Scher­ze witziger. 

Viel­leicht war es gra­de die Form Fort­set­zungs­ro­man, die Uni­corn Jel­ly zu etwas beson­de­rem gemacht hat, die die plötz­li­chen Hand­lungs­strang­wech­sel der mit Del­xue­Paint von Jen­ni­fer Reitz hand­ge­zeich­ne­ten Fol­gen erträg­lich gemacht hat. Ich bin nicht von Anfang an dabei gewe­sen, son­dern habe irgend­wo in der Mit­te ange­fan­gen, dann erst­ein­mal den ers­ten Teil gele­sen und mich dann jeden Mon­tag wie­der gefreut, dass eine neue Uni­corn Jel­ly-Fol­ge nach dem comic­lo­sen Wochen­en­de da war. Zuver­läs­sig, jeden Tag (anders als z.B. die taz heu­te). Uni­corn Jel­ly jetzt von Anfang bis Ende lesen zu kön­nen, dürf­te doch einen ganz ande­ren Lese­ef­fekt haben. Am Stück? Naja, es sind über 600 Fol­gen – das wür­de dann doch ganz schön lan­ge dauern. 

Ich bin jeden­falls gespannt, ob es ein Nach­fol­ge­pro­jekt geben wird. Schön wär’s jedenfalls!

> UNICORN JELLY ani­me man­ga comic strip by Jen­ni­fer Dia­ne Reitz


Mon­day, March 24, 2003

Internet statt Propaganda

Bis jetzt scheint sich das Inter­net als wir­kungs­vol­les Gegen­mit­tel gegen die Medi­en­pro­pa­gan­da der Kriegs­par­tei­en durch­zu­set­zen. Dies gilt nicht nur für Sei­ten wie Indy­me­dia oder auch Wiki­pe­dia, auf denen Frei­wil­li­ge Berich­te ein­stel­len, und in einem erstaun­lich hohen Maß auch für die eta­blier­ten Medi­en (vom Tages­schau-Ticker bis Spie­gel-online) son­dern auch für spe­zi­ell zur (kri­ti­schen) Beob­ach­tung des Irak-Kriegs eta­blier­te Webprojekte.

Iraq Body Count ver­sucht mit einem Netz­werk von Frei­wil­li­gen aus­ge­hend von Pres­se­be­rich­ten eine stän­dig aktua­li­sier­te Mini­mal- und Maxi­mal­ab­schät­zung der zivi­len Kriegs­to­ten durch­zu­füh­ren; die Daten­grund­la­ge wird dabei genau bekannt­ge­ge­ben, Ban­ner ste­hen zum Ein­bin­den in Web­sites bereit.

Elec­tro­nic Iraq ver­sam­melt Berich­te direkt aus dem Irak und kom­bi­niert die­se mit einer Über­sicht über die welt­wei­te Presse.

> Iraq Body Count
> Elec­tro­nic Iraq


Sun­day, March 23, 2003

Nachtrag: 22032003

Inzwi­schen sind auf Indy­me­dia auch eini­ge Bil­der von der Demo am 22.03. zu fin­den: indy­me­dia ger­ma­ny | Bil­der von der Frei­bur­ger Anti-Kriegs­de­mo | 22.03.2003 23:33; aller­dings mehr aus dem anti­ka­pi­ta­lis­ti­schen Block heraus …

Altes aus Xanga, Teil VII

Mon­day, Decem­ber 23, 2002

Google Doodle

Goog­le ist nicht nur der (un)umstrittene Such­ma­schi­nen­markt­füh­rer, son­dern hat auch einen Sinn für Humor. Unter bewuss­ter Miß­ach­tung der eige­nen Cor­po­ra­te Iden­ti­ty ändert sich das Goog­le-Logo regel­mäs­sig zu Fest­ta­gen und beson­de­ren Anläs­sen. Eini­ge Bei­spie­le sind hier verlinkt …

> Goog­le Holi­day Logos (Weih­nach­ten 2001)

> Goog­le Holi­day Logos (Weih­nach­ten 2002)

Kino: Son de Mar

Was pas­siert, wenn anti­ke Mytho­lo­gie moder­ni­siert und ver­filmt wird? Dann kommt ein Film wie Son de Mar her­aus – eigent­lich eine ein­fa­che Drei­ecks­ge­schich­te, aber sym­bol­haft auf­ge­la­den. Als Film-an-sich fand ich Son de Mar packend, aber fast zu sehr mit Kitsch und Ner­ven­kit­zel voll­ge­la­den. Als ver­film­te Mytho­lo­gie – ich muss­te an Chris­toph Rans­mayrs Letz­te Welt den­ken –, als eine gro­ße Anspie­lung auf die Odys­see, als Ant­wort auf die Fra­ge danach, wie die Lie­bes­ge­schich­te eines Uli­ses heu­te aus­se­hen kann, hat­te der Film durch­aus etwas. Dazu gehört gewi­ßer­ma­ßen auch das tra­gi­schen Ende, das mir eben­falls bes­ser in der grie­chi­schen Klas­sik als im Film auf­ge­ho­ben schien, und das ich viel­leicht lie­ber gele­sen als betrach­tet hätte. 

> ~~~~~son de mar~~~~~


Tues­day, Decem­ber 10, 2002

Das Ergebnis stimmt

Als Dele­gier­ter für den grü­nen Bun­des­par­tei­tag in Han­no­ver gehö­re ich zu denen, die mit ihrer Stim­me dazu bei­getra­gen haben, dass die Zwei­drit­tel­mehr­heit für die Aus­set­zung der Tren­nung von Amt und Man­dat nicht erreicht wur­de. Ich bin nicht ganz glück­lich mit dem Weg (d.h. mit einer knap­pen Sperr­mi­no­ri­tät bei einer sehr kon­tro­ver­sen Fra­ge statt mit Ein­sicht bei Fritz Kuhn und Clau­dia Roth), wohl aber mit dem Ergeb­nis: Im Früh­jahr 2003 kann jetzt über die Fort­füh­rung oder Auf­he­bung der Tren­nung von Amt und Man­dat urab­ge­stimmt wer­den, ohne dass die­se Fra­ge der inner­par­tei­li­chen Demo­kra­tie mit einer bestimm­ten Per­so­nal­ent­schei­dung ver­quickt wäre. Im Gegen­satz zu eini­gen ande­ren Mit­glie­dern der Grü­nen glau­be ich näm­lich nicht, dass jeg­li­che Sat­zungs­re­ge­lun­gen voll­kom­men sinn­los ist und es am bes­ten wäre, alles der frei­en Ent­schei­dung der jewei­li­gen Dele­gier­ten zu über­las­sen. Demo­kra­tie tut manch­mal weh, gera­de, wenn es dar­um geht, die Eta­blie­rung von Macht­zirk­len ein­zu­schrän­ken. Und Ent­schei­dun­gen, die weh­tun, wer­den im Rausch des Augen­blicks häu­fig nicht ger­ne gefällt. Da ist es also sinn­voll, wenn eine Sat­zung – die dann aber auch akzep­tiert wer­den muss – Din­ge erzwingt.

Natür­lich gibt es auch mit Sat­zungs­re­ge­lun­gen Macht­zu­sam­men­bal­lun­gen usw. – etwas ande­res anzu­neh­men, wäre höchst naiv und wür­de viel zu viel von dem demo­kra­ti­schen Tool Sat­zung ver­lan­gen. Aber das Stück, das eine Sat­zung zu gere­gel­ten Macht­struk­tu­ren bei­tra­gen kann, das soll eine Sat­zung auch dazu bei­tra­gen, fin­de ich.

Zurück zum Par­tei­tag: Das Ergeb­nis fin­de ich gut, und hof­fe, dass der neue Vor­stand jetzt eben nicht als geun­ke­rufter Ãœber­gangs­vor­stand behan­delt wird, son­dern sich in die Rei­he erfolg­rei­cher grü­ner Bun­des­vor­stän­de ein­reiht. Und dazu hof­fe ich, wer­den nicht nur Büti­ko­fer und Beer, son­dern auch Men­schen wie die Bei­sit­ze­rIn­nen Kat­ja Husen und Omid Nou­ri­pour bei­tra­gen – die übri­gens bei­de für den von Josch­ka Fischer ange­mahn­ten Gene­ra­ti­ons­wech­sel in der Par­tei stehen.

Und noch ein letz­tes Wort zum Par­tei­tag: Scha­de war es, dass über die Sat­zungs­fra­gen – und auch wol­kig und mehr als Schau­lau­fen über die poli­ti­sche Lage – sehr lan­ge dis­ku­tiert wur­de, und dar­über vie­le vie­le Anträ­ge aus den Kreis­ver­bän­den schlicht und ein­fach ver­tagt wur­den, was oft gleich­be­deu­tend mit igno­riert wer­den ist. Dazu gehört auch ein Antrag aus Frei­burg, in dem die Bei­be­hal­tung einer 50%-BahnCard von der Bahn AG gefor­dert wird. Hier wäre ein grü­nes Signal schön gewesen.


Sun­day, Novem­ber 10, 2002

Was wäre, wenn …?

Ham­mer­schmitt, Mar­cus (2002): Poly­Play. Ham­burg / Ber­lin: Argu­ment. 187 Sei­ten, 12 Euro.

Ein Buch, zu dem sich lei­der nicht all­zu­viel sagen lässt. Nicht, weil es nicht von Inter­es­se wäre, son­dern weil es zuviel vor­weg­neh­men wür­de. Auf den ers­ten Blick ist das Buch harm­los – so harm­los, dass die Fra­ge auf­kommt, ob es nicht etwas unter dem Niveau von Ham­mer­schmitt ange­sie­delt ist. Eine Alter­na­tiv­welt­ge­schich­te, in der im Set­ting »DDR hat die BRD nach der Wen­de über­nom­men« Kom­mis­sar – nein, Ober­leut­nant – Kra­mer in einem Mord­fall ermit­telt, bei dem Jugend­sze­nen und Auto­ma­ten­spiel­ge­rä­te plötz­lich in Ver­bin­dung mit einer Sta­si-Ver­schwö­rung geraten.

Die Alter­na­tiv­welt-DDR sieht plau­si­bel aus, fast schon put­zig, und auch die ab und zu hin­ein­schnei­en­den Lehr­stun­den über die Geschich­te (im Schul­un­ter­richt, beim Zap­pen durchs Fern­seh­pro­gramm) wir­ken erst ein­mal so, als wür­de es hier dar­um gehen, sich vor­zu­stel­len, wie es denn hät­te gewe­sen sein kön­nen, wenn im Jahr 2000 in einer grö­ße­ren und für die Welt wirt­schaft­lich und poli­tisch extrem wich­ti­gen DDR statt­ge­fun­den hät­te. Ob da Rekla­me hängt, wie die Wes­sis sich auf­füh­ren, etc. War­um soll­te es so gewe­sen sein? Ham­mer­schmitts Erklä­rung erweckt den Anschein, plau­si­bel zu sein: wirt­schaft­li­che Pro­ble­me im Wes­ten, eine Abschot­tungs­po­li­tik in Ost­asi­en, inter­ne Strei­tig­kei­ten in den USA, und die – hand­ge­we­del­te – Ent­de­ckung einer omi­nö­sen neu­en Tech­no­lo­gie (der »Mül­ler-Loh­mann-Pro­zess«), die die DDR bald füh­rend auf dem Gebiet der Mikro­elek­tro­nik macht: Flach­bild­schir­me, Mobil­funk­te­le­fo­ne (»Mobis«), und wirt­schaft­li­cher Erfolg. Das Leben im plu­ra­lis­ti­schen Sozia­lis­mus sieht gar nicht mal so übel aus – und auch die klei­nen Fies­hei­ten (Josch­ka Fischer als Außen­mi­nis­ter der DDR und Kron­prinz des Staats­rats­vor­sit­zen­den, auch die Tages­zei­tung gibt’s wei­ter­hin) tra­gen eigent­lich nur dazu bei, dass Bild abzu­run­den. Dane­ben dann noch ein zwei­ter Hand­lungs­strang auf einer See­fes­tung, hat auch irgend­was mit Daten und Com­pu­ter­kri­mi­na­li­tät zu tun.

Soweit, so gut. Aber irgend­wann wird dann deut­lich, dass Ham­mer­schmitt den Leser oder die Lese­rin über etwas ganz ande­res beleh­ren möch­te: über die Unmög­lich­keit, in Sci­ence Fic­tion nicht nur plau­si­ble, son­dern tat­säch­lich funk­ti­ons­fä­hi­ge Alter­na­tiv­wel­ten durch­zu­spie­len, über die Fähig­keit des Men­schen, über­all Mus­ter und Gestal­ten zu erken­nen, und Wider­sprü­che hin­zu­neh­men. Das Ende ist über­ra­schend, und wer zu lan­ge mit­spielt, mag es auch scho­ckie­rend emp­fin­den. Denn das Ziel des Expe­ri­ments stellt sich als ein ganz ande­res her­aus – über das mehr zu sagen das Lesen des Romans doch beein­träch­ti­gen wür­de. Und damit ist schon fast zuviel verraten.


Satur­day, Novem­ber 02, 2002

Internet ist keine Einbahnstraße

Jeden­falls fän­de ich Kom­men­ta­re zu mei­nen Kom­men­ta­ren ganz nett. Direk­te Reak­tio­nen zu den Tex­ten funk­tio­nie­ren lei­der nur, wenn mensch sich selbst bei XANGA anmel­det, was ja nun nicht unbe­dingt sein muss – aber wer möch­te, kann sich auch in mei­nen „guest book“ ver­ewi­gen. (Und irgend­wann in fer­ner Zukunft ist das gan­ze hier viel­leicht auch mal ein Wiki statt ein Blog, dann wär’s noch eine gan­ze Spur interaktiver …).

Altes aus Xanga, Teil VI

Satur­day, Novem­ber 02, 2002

Zusammen bahnfahren

Ich glau­be zwar immer noch dar­an, dass sich auch poli­tisch noch etwas am neu­en Bahn­preis­sys­tem ändern las­sen könn­te – bei­spiels­wei­se die Bei­be­hal­tung der „alten“ 50%-BahnCard, ent­we­der als Ange­bot spe­zi­ell für Men­schen in Aus­bil­dung (und damit in der ‚for­ma­ti­ven‘ Pha­se des Bahn­fah­rens), oder aber als all­ge­mei­nes Ange­bot, das dann eben in der Anschaf­fung teu­rer ist und sich nicht mit den neu­en Rabat­ten kom­bi­nie­ren lässt. Des­we­gen ste­he ich auch unter einem ent­spre­chen­den Antrag für den nächs­ten Par­tei­tag von Bünd­nis 90/Die Grünen.

Soll­te die Bahn sich aber tat­säch­lich nicht erwei­chen las­sen und kom­pro­miss­los bei ihrem Sys­tem blei­ben, gibt’s immer­hin einen Licht­blick (und zwar schon in min­des­tens drei Inkar­na­tio­nen) – näm­lich inter­net­ba­sier­te Mit­rei­se­zen­tra­len für Bahn­rei­sen­de. Neben kom­mer­zi­el­len Ange­bo­ten bie­tet auch der alter­na­ti­ve Ver­kehrs­club Deutsch­land unter der URL www.ticket-teilen.de inzwi­schen ein Bahn-Sha­ring-Por­tal. Gute Idee, und viel­leicht lässt sich so – über den Umweg, ähm, zivil­ge­sell­schaft­li­chen Enga­ge­ments – doch eini­ges an neu­en Instru­men­ten in das ganz schnell unbe­weg­li­che neue Bahn­preis­sys­tem ein­bau­en. Inno­va­ti­on nennt sich sowas, oder?

P.S.: Auf mei­nen Brief hat die Bahn bis­her noch nicht geant­wor­tet. Und wer sein bis­he­ri­ges eige­nes Bahn­preis­sys­tem für so kom­pli­ziert erklärt, dass noch nicht mal Ein­stein es ver­steht (wie aktu­ell in der Wer­bung zu sehen, und wie heu­te zu recht in der taz kri­ti­siert), der muss irgend­wie ein ziem­lich komi­sches Bild sei­ner Mit­ar­bei­te­rIn­nen und Kun­dIn­nen haben. Aber was soll mensch auch von einem Bahn­chef Meh­dorn erwar­ten, der öffent­lich zugibt, es nicht län­ger als vier Stun­den in sei­nen eige­nen Zügen aus­zu­hal­ten? Und der – klar – erst­mal von sich auf ande­re schließt?


Thurs­day, Octo­ber 24, 2002

Ein USA-Deutschland-Vergleich

Nicht nur ange­sichts der mehr oder weni­ger aktu­el­len Kli­ma­ab­küh­lun­gen zwi­schen den bei­den Regie­run­gen (inkl. angeb­lich dann doch nicht exis­tie­ren­den For­de­run­gen) fin­de ich fol­gen­den Text ziem­lich span­nend – ein seit eini­gen Jah­ren in den USA leben­der Deut­scher beschreibt sei­ne Sicht der Unter­schie­de zwi­schen bei­den Kulturen.

> Com­pa­ri­son USA-Germany


Satur­day, Octo­ber 19, 2002

Kick it like Beckham

„Foot­ball vs. Indi­an coo­king.“ (The four word film review: Phoe­be, Aus­tra­lia)

Vor­ne­weg soll­te ich viel­leicht sagen, dass ich eher unsport­lich bin. Dass ich Fuß­ball mehr oder weni­ger für etwas schreck­li­ches hal­te, besten­sfalls für ein sozi­al­wis­sen­schaft­lich ana­ly­sier­ba­res Mas­sen­phä­no­men. Dass mei­ne Freun­din da ande­rer Mei­nung ist. Und dass mir „Kick it like Beck­ham“ (Bend it like Beck­ham) trotz­dem wirk­lich gut gefal­len hat. 

Der Film ist ein Mär­chen­film, soviel ist schon mal klar. Es ist ganz offen­sicht­lich, dass eini­ges an der Sto­ry mit dem Hap­py-End unrea­lis­tisch ist. Oder stimmt es wirk­lich, dass Fuß­ball­spie­le­rIn­nen ganz ohne Trai­ning in den Wochen davor und has­tig ohne Auf­wär­men ein­ge­wech­selt sofort von Talent­scouts ent­deckt wer­den? Aber das macht nichts; der Film ist trotz­dem (oder viel­leicht auch gera­de des­we­gen) toll. Und für eine Komö­die erstaun­lich ernsthaft.

Kurz zur Sto­ry: Jess, eigent­lich Jes­min­der, so aber nur von ihrer Mut­ter genannt, ist eine typi­sche indi­sche Bri­tin, macht gera­de ihr Abitur und hat eine gro­ße Lei­den­schaft: Fuß­ball. Sie spielt fan­tas­tisch und träumt davon, Fuß­bal­le­rin zu wer­den – bis­her spielt sie nur im Park mit ein paar Jungs aus der Gegend. Dort beob­ach­tet Jules sie, und nimmt sie mit zum Trai­ning der Frau­en­fuß­ball­mann­schaft. Cool – nur lei­der wis­sen Jess‘ Eltern nichts davon, und wenn sie was wüss­ten, wäre das gar nicht gut. Und natür­lich kommt es, wie’s kom­men muss: alle Tar­nung hilft nichts, Jess spielt ein­fach zu gut, als dass es ihre Eltern nicht mit­krie­gen wür­den. Und das Unglück mit Hap­py-End nimmt sei­nen Lauf. 

Neben­bei spie­len dann noch die Hoch­zeit ihrer Schwes­ter Pin­ky, die gro­ße Bedeu­tung des Zube­rei­ten­kön­nens eines ech­ten indi­schen Mahls für ihre Mut­ter und das Cri­cket-Team, in der Jess‘ Vater nicht spie­len durf­te, wich­ti­ge Rol­len. Mehr zu sagen wäre wahr­schein­lich zuviel ver­ra­ten. Nur soviel: Tony steht auf Beck­ham, Jess auf Joe, und Jules ist nicht les­bisch, auch wenn das in man­chen Zei­tungs­be­rich­ten anders klang und ihre Mut­ter davon über­zeugt ist.

Abge­se­hen von den mär­chen­haf­ten Zufäl­len ist Kick it like Beck­ham glau­be ich ein Film, der ziem­lich gut das Leben in einer hybri­den Gesell­schaft mit all sei­nen Chan­cen, Dop­pel­deu­tig­kei­ten und Pro­ble­men deut­lich macht. Und dabei gleich­zei­tig ziem­lich unter­halt­sam ist.

> Offi­zi­el­le Web­site des Films

> Rezen­si­on auf Programmkino.de


Fri­day, Octo­ber 11, 2002

Koalitionsverhandlungen

Nur ein klei­ner Hin­weis auf einen Stim­mungs­be­richt über die Koal­ti­ons­ver­hand­lun­gen in Spie­gel Online: 

> Tage der bit­te­ren Wahr­heit: War­te nur ein Weil­chen… – Poli­tik – SPIEGEL ONLINE


Wed­nes­day, Octo­ber 09, 2002

Koalitions… ja, was eigentlich?

Zur Zeit wird dar­über ent­schie­den, was im Koali­ti­ons­ver­trag von SPD und Grü­nen ste­hen wird. Neu­en Pres­se­be­rich­ten ist zu ent­neh­men, dass die SPD inzwi­schen wie­der zu ihrem alten Dog­ma zurück­ge­fun­den hat: Das, was wir wol­len, ist rich­tig, alles ande­re ein gro­ßes Zuge­ständ­nis. Aber auch klei­ne­re Indi­zi­en wei­sen dar­auf hin, dass die lau­fen­den Aus­ein­an­der­set­zun­gen von den bei­den Par­tei­en ganz unter­schied­lich gewer­tet wer­den. So ist auf der Web­site von Bünd­nis 90/Die Grü­nen die Rede davon, dass hier die Ver­hand­lun­gen für die Koali­ti­on ’02-’06 stattfinden:

Grüne: Die Verhandlungen

Bei der SPD dage­gen ist von Koali­ti­ons­ver­hand­lun­gen nichts zu sehen. Hier sind es schlicht (ganz in rot gehal­te­ne) Koali­ti­ons­ge­sprä­che:

Gespräche

Das lässt als Indiz für das Ver­hand­lungs­kli­ma und die Bewer­tung und Umset­zung der Ergeb­nis­se nichts gutes ahnen. Sind doch Gesprä­che eher etwas unver­bind­li­ches, die SPD hört sich mal an, was denn die Grü­nen zu ihren Plä­nen sagen. Ver­hand­lun­gen signa­li­sie­ren dage­gen: wir haben die glei­che Augen­hö­he, wir han­deln gemein­sam etwas aus, zu dem wir dann bei­de stehen. 

Nicht jedes unglück­li­che Omen muss sich letzt­lich als sol­ches erwei­sen. Die letz­ten Tage hel­fem einem aber nicht gera­de, dar­an zu glau­ben, dass das SPD-Team (übri­gens: sechs Män­ner und eine Frau; bei den Grü­nen steht’s 4:3) irgend­ei­nen Zwei­fel dar­an lässt, dass das ver­än­der­te Grö­ßen­ver­hält­nis am bes­ten kom­plett igno­riert wer­den soll­te. Hof­fen wir, dass es nicht dabei bleibt.

> BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Bundespartei

> SPD