Kreistagswahl im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald: Wer tritt an?

Bei der Gemein­de­rats­wahl in Gun­del­fin­gen wer­den die Stimm­zet­tel ver­hält­nis­mä­ßig ein­fach aus­se­hen, mal abge­se­hen davon, dass Stimm­zet­tel für Kom­mu­nal­wah­len, die ja die Mög­lich­keit geben, zu kumu­lie­ren und zu pana­schie­ren, nie ganz ein­fach sind. Jeden­falls tre­ten in Gun­del­fin­gen die vier Par­tei­en bzw. Wäh­ler­ver­ei­ni­gun­gen an, die auch jetzt im Gemein­de­rat sit­zen, und jede davon mit einer vol­len Lis­te mit 22 Per­so­nen (der aktu­el­len Frak­ti­ons­grö­ße nach: FW, GRÜNE, SPD, CDU). 

Etwas kom­pli­zier­ter ist die Lage bei der Kreis­tags­wahl. Das Land­rats­amt hat jetzt die zuge­las­se­nen Wahl­vor­schlä­ge ver­öf­fent­licht. Über den gan­zen Kreis betrach­tet sind es hier neun Lis­ten, die antre­ten: CDU, FW, GRÜNE, SPD tre­ten in allen Wahl­krei­sen mit (weit­ge­hend) vol­len Lis­ten an. Vol­le Lis­te heißt bei der Kreis­tags­wahl: ein­ein­halb­mal so vie­le Kandidat*innen wie Plät­ze im jewei­li­gen Wahl­kreis zu ver­ge­ben sind. FDP, Lin­ke Lis­te (LISB), AfD, ÖDP und „Basis“ tre­ten hin­ge­gen nur in eini­gen Wahl­krei­sen oder nur mit weni­gen Kandidat*innen an. Auf­fäl­lig ist zudem der hohe Anteil an „wahl­kreis­frem­den“ Bewerber*innen bei LISB und AfD. 

Beson­ders kuri­os ist dies­be­züg­lich die ver­schwö­rungs­ori­en­tier­te Kleinst­par­tei „Basis“ – die­se hat­te zwar z.B. im Gun­del­fin­ger Amts­blatt groß ihren Antritt bei der Kreis­tags­wahl ver­kün­det. Wähl­bar ist sie aller­dings nur im Wahl­kreis 5 Bad Kro­zin­gen – und dort mit zwei Kan­di­da­ten aus Titi­see-Neu­stadt und zwei aus Gun­del­fin­gen an, also kei­ner Per­son aus dem Wahl­kreis selbst. Auch die ÖDP tritt nur im Wahl­kreis 5 an – ver­mut­lich, weil hier rela­tiv vie­le Sit­ze zu ver­ge­ben sind. 

Bei der AfD fällt auf, dass deren – meist sehr kur­zen Lis­ten – sehr oft Per­so­nen ent­hal­ten, die nicht aus dem jewei­li­gen Wahl­kreis kom­men. Gleich­zei­tig tritt die AfD in allen Wahl­krei­sen an. In fast allen Wahl­krei­sen hät­te sie auch Per­so­nen aus dem jewei­li­gen Wahl­kreis auf­stel­len kön­nen, hat sie aber nicht getan, son­dern die jeweils „ver­scho­ben“. Inter­es­san­te Tak­tik – soll bloß nie­mand näher wis­sen, wer das ist?

Tabel­la­risch zusam­men­ge­fasst sieht das alles so aus, wenn ich nichts über­se­hen habe (mei­ne kom­plet­te Tabel­le dazu):

Lis­te Sit­ze
2019
Kan­did.
2024
Anteil
Frau­en
Anteil
WK-extern
Anzahl
Lis­ten
CDU 20 83 24% 1% 10
FW 15 76 24% 0% 10
GRÜNE 14 85 46% 4% 10
SPD 9 87 33% 3% 10
FDP 4 34 15% 0% 6
AfD 3 23 30% 52% 10
Lin­ke Liste 1 21 38% 52% 10
Basis 4 0% 100% 1
ÖDP 2 0% 50% 1
Sum­me 66 415 30% 8%

* Die Sit­ze 2019 umfas­sen auch sechs Ausgleichssitze.

Was ich mir nicht ange­schaut habe, was aber theo­re­tisch auf Grund­la­ge der im oben ver­link­ten PDF auch mög­lich wäre, wäre ein Blick auf die kon­kre­ten Wohn­or­te im jewei­li­gen Wahl­kreis (teil­wei­se ballt sich das ziem­lich in ein­zel­nen Gemein­den je Lis­te …), auf das Alter – neben ein­zel­nen Schüler*innen, auch vie­le Rentner*innen, Geburts­jahr­gän­gen also zwi­schen 1943 und 2006 – und auf die Berufe.

Zumin­dest die Zahl der (ehe­ma­li­gen) Bürgermeister*innen habe ich aus­ge­zählt, dass sind bei der CDU, wenn ich mich nicht ver­zählt habe, 24 Pro­zent der Kandidat*innen, bei den FW 20 Pro­zent, bei der FDP sechs Pro­zent, bei der SPD drei Pro­zent und bei den GRÜNEN ein Kandidat. 

P.S.: Dann doch ein klei­nes Pro­gramm geschrie­ben, um das PDF des Land­rats­amts in ein maschi­nen­les­ba­res For­mat umzu­wan­deln. Das Ergeb­nis fin­det sich hier. Und dank der Spal­ten­sta­tis­tik-Funk­ti­on von Goog­le kann ich damit jetzt auch mit­tei­len, dass der Medi­an­wert beim Alter der Jahr­gang 1968 (Durch­schnitt: 1970) ist, dass Bürgermeister*in und Rentner*in die häu­figs­ten Beru­fe sind und dass die meis­ten Bewerber*innen aus Müll­heim, Bad Kro­zin­gen und Brei­sach kom­men. Und die häu­figs­ten Vor­na­men sind – ganz wie zu erwar­ten – Tho­mas, Micha­el und Jürgen.

Wahlwerbung im Briefkasten

Wahlwerbung

Nicht die schi­cken Spots, nicht die vie­len Köp­fe, die an Stra­ßen­la­ter­nen hän­gen – nein, wenn ich hier von Wahl­wer­bung spre­che, mei­ne ich das, was mein Brief­kas­ten so her­gibt. Es ist ja umstrit­ten, ob ein Auf­kle­ber „Kei­ne Wer­bung“ vor Wahl­wer­bung schützt. Par­tei­en und kom­mu­na­le Lis­ten sind ja schließ­lich – bekann­ter­ma­ßen – etwas ganz ande­res als schnö­de Wasch­mit­tel, Fit­ness­stu­di­os oder Billigangebote. 

Aus pro­fes­sio­nel­lem Inter­es­se sam­me­le ich ja, was ich in mei­nem Brief­kas­ten – der übri­gens kei­nen Auf­kle­ber trägt – so an Wahl­wer­bung fin­de. Bei die­ser Wahl ist es beson­ders viel. Ich habe mal durch­ge­zählt, geord­net nach Papierverbrauch:

  • Ein post­kar­ten­gro­ßes Zet­tel­chen (Fly­er­alarm oder so) von Jun­ges Frei­burg, auf dem sich die ers­ten vier Kan­di­da­tIn­nen vor­stel­len. Erin­nert an Wer­bung, die vor der Men­sa unter den Fahr­rad­ge­päck­trä­ger geklemmt wurde.
  • Ein bil­lig wir­ken­der A4-Wasch­zet­tel der AFD, ver­mut­lich deutsch­land­weit ver­teilt, erin­nert in der Hap­tik und Farb­ge­bung an Wer­bung für Auto­fens­ter oder Wasch­an­la­gen. „Nur wir sen­den die Bes­ten nach Euro­pa.“ Äh, nein.
  • Ein C6-lang-Fly­er von Frei­burg Lebens­wert, in dem vie­le Schlag­wor­te und Fotos der ers­ten zehn Plät­ze zu fin­den sind.
  • Ein C6-lang-Lepo­rel­lo der KULT mit Fotos aller Kan­di­da­tIn­nen und immer­hin fünf Sei­ten pro­gram­ma­ti­schem Text.
  • Ein Rechen­schafts­be­richt der FDP-Frak­ti­on im For­mat C6-lang-quer, dickes Papier, pro­fes­sio­nell gestaltet.
  • Ein gro­ßer Pro­spekt (A3) der Frei­en Wäh­ler, die umfang­reich über Pro­gramm und Kan­di­da­tIn­nen für die Wahl in Frei­burg infor­mie­ren. Dazu noch ein Ein­zel­fly­er (C6-lang) zwei­er Hand­wer­ker auf der FW-Liste.
  • Zwei Zei­tun­gen (Zei­tungs­druck auf Zei­tungs­pa­pier, viel rote Signal­far­be) der LINKE (Euro­pa) bzw. der Lin­ken Lis­te (Kom­mu­nal­wahl).
  • Zwei inno­va­tiv gefal­te­te Pro­duk­te der CDU (ein­mal ein dop­pel­tes Post­kar­ten­for­mat, das ist ein Kan­di­da­ten­fly­er, und ein­mal eine Art Stadt­plan, auf dem in äußerst pro­fes­sio­nel­ler Auf­ma­chung, auf Recy­cling­pa­pier, matt gedruckt, sämt­li­che Bewer­be­rIn­nen der CDU plus pro­gram­ma­ti­sche Aus­sa­gen zu fin­den sind).
  • Eine Post­kar­te eines Bewer­bers, ein C6-lang-Zet­tel­chen mit drei Kan­di­da­tIn­nen aus dem Stadt­teil und – wenn ich mich rich­tig erin­ne­re – schon vor eini­ger Zeit eine edel auf­ge­mach­te Bilanz­bro­schü­re der grü­nen Kom­mu­nal­frak­ti­on.
  • Und dann gibt es noch den eigent­li­chen Aus­lö­ser die­ses Blog­ein­trags – die SPD. Von der ich sage und schrei­be zehn Wer­be­kar­ten im Brief­kas­ten gefun­den habe. Dabei tritt die SPD nie als Lis­te ins­ge­samt auf, kann sie wohl auch nicht, son­dern es gibt einen klei­nen Pro­spekt (A5), in dem sich Kan­di­da­tIn­nen aus den umgren­zen­den Stadt­tei­len vor­stel­len, und dann noch ein­mal acht Sam­mel­post­kar­ten (C6-lang) und ein C6-lang-Fly­er, die jeweils einen Bewer­ber oder eine Bewer­be­rin vor­stel­len. Ich habe Platz 3 und Platz 18 jeweils dop­pelt, falls jemand tau­schen will. Ansons­ten noch 9, 11 und 14 (auf dicke­rem Papier), alle im Wahl­kampf-CI der SPD, sowie 13 in radi­kal abwei­chen­dem Design. Ach ja, und den Ein­zel­fly­er für Platz 6 nicht zu ver­ges­sen, der scheint beson­ders wich­tig zu sein.

Ob die­se Mate­ri­al­schlacht was bringt? Oder eher zu Ärger führt? Jeden­falls habe ich einen extrem inno­va­ti­ven Ver­bes­se­rungs­vor­schlag: Die Stadt bringt bei der nächs­ten Kom­mu­nal­wahl ein Sam­mel­al­bum her­aus, das güns­tig im Bür­ger­amt erwor­ben wer­den kann. Und dann darf mun­ter gesam­melt und getauscht wer­den, bis alle Lis­ten, die einem oder einer wich­tig sind, im Sam­mel­al­bum voll­stän­dig ein­ge­klebt sind, samt den Glit­zer-Extra-Sti­ckern mit den Haupt­aus­sa­gen zum Wahl­pro­gramm, und den Logos der Lis­ten mit Geruchs­ef­fekt. Alter­na­tiv wäre auch eine städ­ti­sche (oder viel­leicht gleich eine EU-wei­te?) Wahl­wer­benorm denk­bar, in cm² je Per­son defi­niert, immer im glei­chen For­mat. Das wür­de für Fair­ness und einen Fokus auf Inhal­te sor­gen, da bin ich mir sicher. Oder, als letz­te Mög­lich­keit: der „Dan­ke, ich weiß schon, wen ich wäh­len werde“-Aufkleber für den Brief­kas­ten, ver­teilt mit der Wahlbenachrichtigung.