Wahlparadoxien

Heu­te habe ich mich an zwei Wah­len betei­ligt, zwei­mal ist nicht das raus­ge­kom­men, was ich gewählt habe, trotz­dem fin­de ich die Ergeb­nis­se in Ordnung.

Die ers­te Wahl war auf dem Lan­des­par­tei­tag von Bünd­nis 90/Die Grü­nen, der heu­te und ges­tern in Bad Kro­zin­gen getagt hat. Dort wur­de Dani­el Mou­rat­i­dis zum neu­en Lan­des­vor­sit­zen­den gewählt. Wie gesagt – gewählt habe ich ihn nicht, aber ich traue ihm zu, sowohl inte­gra­tiv und boden­stän­dig zu wir­ken als auch eige­ne Per­sön­lich­keit zu ent­fal­ten, und damit ist Dani­el sicher­lich eine gute Wahl für die Lan­des­spit­ze der Par­tei (der Rest des Par­tei­tags war bis auf ein paar Albern­hei­ten ges­tern abend eher lang­wei­lig – wie immer, wenn Grü­ne ver­su­chen, kon­tro­vers über Umwelt­the­men zu reden). Gefreut hat mich, dass ein aus mei­ner Sicht gutes Ver­fah­ren zum The­ma Grund­ein­kom­men beschlos­sen wur­de – unge­fähr ein Jahr lang soll ein akti­ver Mei­nungs­bil­dungs­pro­zess in der Par­tei dazu erfol­gen, am Ende soll eine gut durch­dach­te grü­ne Posi­ti­on zu Grundeinkommen/Grundsicherung/etc. stehen.

Die zwei­te Wahl, die anders gelau­fen ist, als ich abge­stimmt habe, war der Frei­bur­ger Bür­ger­ent­scheid zum Ver­kauf der Stadt­bau. Bis zum Schluss war ich mir unsi­cher, wie ich abstim­men soll, habe dann aber doch brav mein Kreuz bei „nein“ gemacht. Die über­wäl­ti­gen­de Mehr­heit der Frei­bur­ger Bür­ge­rIn­nen sah das anders, etwa 70 Pro­zent haben für „ja“ gestimmt, also gegen den Ver­kauf der Stadt­bau und der städ­ti­schen Woh­nun­gen. Damit ist die Pri­va­ti­sie­rungs­lö­sung zum Kas­se­fül­len erst ein­mal aus dem Spiel – ich bin gespannt, ob jetzt tat­säch­lich die ange­droh­ten düs­tern Zei­ten auf Frei­burg zukom­men, oder ob die Stadt­rats­frak­tio­nen jen­seits der Bür­ger­ent­scheids­blö­cke einen Frei­bur­ger Weg aus der Haus­halts­mi­se­re fin­den wer­den. Hoff­nun­gen habe ich da eini­ge; der äuße­re Zwang mag das sei­ne zum Zustan­de­kom­men der­ar­ti­ger Lösun­gen beitragen.

> Infos zum Bür­ger­ent­scheid und Ergebnis
> Über­blick über die Ergeb­nis­se in den Stadt­tei­len (zeigt schön, wo reich und arm wohnen …)

Rosa Brillen und rosa T‑Shirts

In der taz von vor­ges­tern gab es einen Arti­kel, der sich für geschlech­ter­ge­trenn­te Päd­ago­gik stark mach­te. Mich hat an dem Arti­kel meh­re­res gestört, des­we­gen habe ich einen Leser­brief dazu geschrie­ben – der wur­de heu­te auch abge­druckt:

Eine Art Normierungsanstalt

betr.: „Geschlech­ter­ge­rech­te Päd­ago­gik kann hel­fen“, taz vom 25. 10. 06
Ulri­ke Graff scheint, so ver­ste­he ich jeden­falls den Arti­kel, aus posi­ti­ven Erfah­run­gen mit Mäd­chen­grup­pen dar­auf zu schlie­ßen, dass auch mono­edu­ka­ti­ve Jun­gen­grup­pen Frei­räu­me „für Selbst­be­stim­mung geben, die über Geschlech­ter­ste­reo­ty­pen hin­aus­ge­hen kann“. Ich befürch­te, dass genau das nicht der Fall ist – nicht auf­grund bio­lo­gi­scher Dif­fe­ren­zen, son­dern auf­grund unter­schied­li­cher kul­tu­rel­ler Refe­ren­zen: Eine Mäd­chen­grup­pe ist ein Frei­raum im Sys­tem hege­mo­nia­ler Männ­lich­keit – eine Jung­sgrup­pe kann schlimms­ten­falls genau das Gegen­teil sein, also eine Art Nor­mie­rungs­an­stalt zur Ver­stär­kung hege­mo­nia­ler Männlichkeitsvorstellungen.
Män­ner­do­mi­nier­te Grup­pen sons­ti­ger Art (Bun­des­wehr, Forst­ver­wal­tung, Feu­er­wehr …) haben jeden­falls der­ar­ti­ge Ten­den­zen – da traut sich nie­mand, mal ganz unab­hän­gig vom Ste­reo­typ, ein rosa T‑Shirt zu tra­gen. Inso­fern tei­le ich den Opti­mis­mus nicht.
Zudem sehe ich einen Wider­spruch in der Argu­men­ta­ti­on von Graff: Auch ich gehe davon aus, dass die Viel­falt inner­halb der Geschlech­ter grö­ßer ist als zwi­schen ihnen. Aber wenn das so ist, dann macht es doch erst recht kei­nen Sinn, nach Geschlecht zu tren­nen. Müss­te es nicht viel eher eine Päd­ago­gik geben, die zum einen viel stär­ker als heu­te an den indi­vi­du­el­len Stär­ken und Schwä­chen der Kin­der ansetzt, und die zum ande­ren, wenn denn nach „Typen“ getrennt gehan­delt wer­den soll, eher zwi­schen Star­ken und Schwa­chen, Schüch­ter­nen und Extro­ver­tier­ten unterscheidet?
TILL WESTERMAYER, Freiburg

Das Wetter: Freiburg bricht Deutschlandrekord

Mit 27,6 °C hat Frei­burg heu­te den Deutsch­land­re­kord für einen der wärms­ten letz­ten Okto­ber­ta­ge gebro­chen. Das Ther­mo­me­ter an der Apo­the­ke, an der ich immer mit der Stra­ßen­bahn vor­bei­fah­re, zeig­te zwar nur 22 °C, aber warm war es defi­ni­tiv. Und gleich­zei­tig Erkäl­tungs­wet­ter – ab unge­fähr halb sechs wur­de es ziem­lich schnell ziem­lich kalt und windig.

> http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,444957,00.html

Bürgerentscheid Wohnungsverkauf

Hier in Frei­burg beginnt jetzt ja all­mäh­lich die hei­ße Pha­se des Wahl­kampfs um den Bür­ger­ent­scheid zum geplan­ten Ver­kauf der Stadt­bau. Pla­ka­te gese­hen habe ich bis­her von der Lin­ken Lis­te (für ein Ver­bot des Woh­nungs­ver­kaufs) und in einer zum Teil abge­stimm­ten Kam­pa­gne (gegen ein Ver­bot des Woh­nungs­ver­kaufs) vom Jun­gen Frei­burg (klein und selt­sam) sowie von CDU und Grü­nen. Gra­fisch über­zeu­gen mich dabei die schwarz-weiß-rot gehal­te­nen Pla­ka­te der Lin­ken Lis­te am meis­ten – redu­zier­te Typo­gra­phie + Schwarz-weiß-Foto von Betrof­fe­nen oder so. Ich selbst bin noch hin und her­ge­ris­sen: prin­zi­pi­ell fin­de ich, dass Städ­te nicht ohne Not auf Gestal­tungs­spiel­raum ver­zich­ten sol­len. Aller­dings schei­nen mir bei­de Vari­an­ten – Stadt­bau­ver­kauf ja oder nein – dar­auf hin­aus­zu­lau­fen. Im einen Fall fällt ein wich­ti­ges Ele­ment städ­ti­scher Woh­nungs­po­li­tik weg. Und dass Pri­va­te das prin­zi­pi­ell bes­ser machen, sehe ich nicht.* Die Stadt­bau könn­te ver­mut­lich anders auf­ge­stellt und bes­ser orga­ni­siert wer­den** – aber ob sie als ein der­zeit Gewinn abwer­fen­der Betrieb der Stadt ver­kauft wer­den muss? Und im ande­ren Fall droht das städ­ti­sche Finanz­pro­blem noch grö­ßer zu wer­den, wenn die Argu­men­te der Ver­kaufs­be­für­wor­te­rIn­nen stim­men. Bei­des fin­de ich nicht gut. Glück­li­cher­wei­se sind’s noch ein paar Tage bis zur Abstim­mung am 12.11. – viel­leicht über­zeugt mich die eine oder ande­re Sei­te dann noch.

Was ich eigent­lich ger­ne hät­te, wäre ein Ver­kauf nur eines rela­tiv klei­nen Teils der Stadt­bau (also etwa der Hälf­te der Woh­nun­gen), um so ein biß­chen Geld rein­zu­ho­len, und ansons­ten einen Bür­ger­haus­halts­pro­zess (z.B. so), bei dem nicht an der Ein­zel­fra­ge Woh­nungs­bau, son­dern im abge­stimm­ten Gesamt­kon­zept die Bewoh­ne­rIn­nen der Stadt dar­über ent­schei­den, wo gespart wer­den soll und wo finan­zi­el­le Prio­ri­tä­ten gesetzt wer­den müs­sen. Ob der Erhalt städ­ti­scher Zuschüs­se an Ver­ei­ne da so eine gute Idee sind (die CDU nutzt das als ein Argu­ment auf ihren Pla­ka­ten), müss­te dann zum Bei­spiel dis­ku­tiert wer­den. War­um – um bei die­sem Ein­zel­bei­spiel zu blei­ben – nicht hier etwas machen, was im Zusam­men­hang mit der Stu­di­en­ge­büh­ren­debat­te immer wie­der vor­ge­bracht wird, da aber m.E. nicht so sinn­voll ist (weil öffent­li­che Bil­dung etwas anders ist als die Unter­stüt­zung von Sport­ver­ei­nen): städ­ti­sche Zuschüs­se umstel­len von einem insti­tu­tio­nel­len Zuschuss an Ver­ei­ne auf ein an Per­so­nen (mög­li­cher­wei­se nur bestimm­te Per­so­nen­grup­pen wie Kin­der oder Men­schen mit gerin­gem Ein­kom­men) gekop­pel­tes Gut­schein­sys­tem, das bei Ver­ei­nen (das Spek­trum wäre fest­zu­le­gen) ein­ge­löst wer­den kann und dort finan­zi­el­le Zuschüs­se der Stadt bringt. Damit wäre eine sehr viel genaue­re und spar­sa­me­re Mit­tel­ver­wen­dung und ‑steue­rung möglich.

* Ver­glei­che z.B. aktu­el­le Mel­dun­gen im Spiegel

** P.S.: Weiß jemand eine güns­ti­ge, zwei bis drei Zim­mer gro­ße Erd­ge­schoß­woh­nung für jun­ges Paar mit Kind und Katze?

Neues von gestern

After the storm IVIch habe gra­de eini­ge Bil­der in FlickR ein­ge­stellt, dabei ist mir auf­ge­fal­len, dass ich das neben­ste­hen­de Bild (und ein paar wei­te­re) ja eigent­lich gemacht hat­te, um zeit­nah­zu doku­men­tie­ren, wie der Sturm am 3. Okto­ber in Frei­burg eine Spur der Ver­wüs­tung hin­ter­las­sen hat – umge­fal­le­ne Bäu­me haben nicht nur Stra­ßen blo­ckiert und Autos zer­quetscht, son­dern lagen (1 Baum) auch vor den Türen des EC-Cafes an der Uni Freiburg.

> Weni­ge Minu­ten nach dem Gesche­hen hat fud­der schon dar­über berichtet