So ’ne Art Jahresrückblick, Teil III: Mein digitales Leben 2019 (A‑Z)

BUGA XXXIII

Apple. Bis Anfang 2019 lag mei­ne letz­te Begeg­nung mit Apple-Gerä­ten schon rund zwan­zig Jah­re zurück (das Lay­out des u‑as­ta-info wur­de im Frei­bur­ger u‑asta stan­des­ge­mäß auf Mac­in­tosh-Com­pu­tern durch­ge­führt). Dann gab’s ein Dienst-iPho­ne (Android ist unse­rer IT-Abtei­lung zu unsi­cher, das bis dahin ver­wen­de­te Win­dows-Pho­ne lief aus) und wenig spä­ter auch ein Dienst-iPad. bei man­chen Ges­ten und Bewe­gun­gen hat es eine Wei­le gedau­ert, die Bedien­bar­keit ist meis­tens bes­ser als bei Android-Gerä­ten, man­ches ist aber auch umständ­li­cher. Schön ist die naht­lo­se Inte­gra­ti­on über die iCloud zwi­schen Smart­phone und Pad, sehr gut gefällt mir die Mög­lich­keit, hand­schrift­li­che Noti­zen auf dem Tablet zu machen, da habe ich bis­her in der Android-Welt nichts ver­gleich­ba­res gese­hen. Weni­ger gut: die immer noch etwas ruckeln­de Zusam­men­ar­beit mit der MS-Office-Umge­bung auf dem Arbeitscomputer.

Blog. Im Rück­blick hat es sich schon etwas län­ger ange­deu­tet, eigent­lich schon seit Sep­tem­ber 2017, aber über­la­gert durch Ein­mal­ef­fek­te (ein hoch­kon­tro­ver­ser Arti­kel zur OB-Wahl in Frei­burg 2018!) wur­de es in der Jah­res­sta­tis­tik erst 2019 sicht­bar: die Blog­zu­grif­fe sind noch ein­mal etwa um ein Drit­tel gesun­ken und lie­gen jetzt bei rund 16.000 Views, wäh­rend es die Jah­re davor noch rund 24.000 waren. Das ist nicht nur ein Effekt davon, dass ich weni­ger zum Blog­gen kom­me – auch die Zugriffs­zah­len auf ein­zel­ne Arti­kel sind deut­lich gesun­ken. Vor­satz für 2020: nicht so sehr auf die Zah­len schau­en, son­dern wei­ter das in die­ses Gemischt­wa­ren-Blog stel­len, was ich inter­es­sant und rele­vant fin­de. Man­ches fin­det sei­ne Leser*innen – etwa ein Blog­bei­trag zur grü­nen Hei­mat­de­bat­te, der 2019, zwei Jah­re nach dem Erschei­nen, in der Alter­na­ti­ven Kom­mu­nal-Poli­tik ver­öf­fent­licht wurde.

Com­pu­ter. Im Win­ter 2019 die erschre­cken­de Nach­richt: Win­dows 7 läuft aus. Muss ich wohl auch pri­vat das beruf­lich seit die­sem Jahr genutz­te Win­dows 10 ange­hen. Dis­rup­ti­on heißt ja vor allem, Gewohn­hei­ten zu durchbrechen.

Digi­ta­li­sie­rungs­de­bat­te. Erschre­ckend, wie oft die immer glei­chen Debat­ten wie­der geführt wer­den (zum Teil seit Ende der 1990er Jah­re). Mit­ten in der digi­ta­len Revo­lu­ti­on ist die Welt eher unüber­sicht­lich. Alle zwei Jah­re gibt es einen neu­en Hype, und die ganz gro­ßen Vor­her­sa­gen sind bis­her nicht ein­ge­tre­ten. Oder pas­sie­ren so schlei­chend, dass es nie­mand merkt. Dafür hat jetzt jeder eine Strategie. 

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Immer Ärger mit der Digitalisierung, hier: DHL

Letz­ten Frei­tag bestell­te ich mit ein paar Klicks auf der Sei­te eines gro­ßen Spiel­zeug­her­stel­lers mit L ein inter­es­sant erschei­nen­des Bau­set. Beim Aus­fül­len des Adress­for­mu­lars bot der Brow­ser mir Aus­füll­hil­fen an. Manch­mal gibt es Fel­der „Stra­ße plus Haus­num­mer“, manch­mal sind das zwei Fel­der. Es kam, wie es kom­men muss­te: Im End­ef­fekt lan­de­te wohl kei­ne Haus­num­mer bei LEGO. Mir fiel das aller­dings weder beim Aus­fül­len der Fel­der noch in der Bestell­be­stä­ti­gung auf.

Mon­tag dann die freu­di­gen Mails von DHL: das Paket sei unter­wegs, es wür­de jetzt ver­sandt. So weit, so gut. Mal abge­se­hen davon, dass mein Wunsch­zu­stell­tag auf Mitt­woch fest­ge­legt wor­den sei. Das irgend­wann mal ange­ge­ben zu haben, dar­an konn­te ich mich nicht erin­nern. Am Diens­tag dann die nächs­te Mail: nein, eine Zustel­lung am Mitt­woch sei nicht mög­lich, es wer­de jetzt doch schon Diens­tag zuge­stellt. Diens­tag Abend hieß es dann

„Lei­der konn­ten wir sie unter der ange­ge­be­nen Adres­se nicht fin­den. Wir ver­su­chen es wei­ter. Soll­te die Zustel­lung nicht gelin­gen, müs­sen wir Ihr Paket mit der Sen­dungs­num­mer … lei­der an den Absen­der zurück senden.“

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Bits und Bäume und dazwischen Zwischenräume

„Nach­hal­tig­keit“ und „Digi­ta­li­sie­rung“ sind zwei der gro­ßen The­men unse­rer Zeit. Inso­fern fand und fin­de ich es eine groß­ar­ti­ge Idee, die Schnitt­men­ge zwi­schen die­sen bei­den Ent­wick­lun­gen genau­er zu beleuch­ten, wie dies mit der Kon­fe­renz „Bits und Bäu­me“ an die­sem Wochen­en­de in Ber­lin umge­setzt wurde. 

Ich will jetzt gar kei­nen Kon­fe­renz­be­richt im übli­chen Sin­ne schrei­ben. Es gab unge­fähr 130 ver­schie­de­ne Ver­an­stal­tun­gen, rund 1300über 1700 Leu­te waren da, und die TU Ber­lin ver­wan­del­te sich für zwei Tage in ein wuse­li­ges Öko-Tech-Camp. Wer ein­zel­ne der Vor­trä­ge nach­gu­cken will, kann die­se auf der Medi­en­sei­te des CCC fin­den – es lohnt sich durch­aus, vom 8‑Minuten-„Sporangium“ bis zu den gro­ßen Podi­en und Panels. Und wer ganz knapp wis­sen möch­te, war­um das mit der Digi­ta­li­sie­rung und der Nach­hal­tig­keit nicht so ein­fach ist, soll­te sich die Eröff­nungs­vor­trä­ge von Til­man Sant­a­ri­us und von Lorenz Hil­ty anschau­en. Ich ver­ra­te schon mal: Rebound-Effek­te haben eini­ges damit zu tun.

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Kurz: Wichtige Themen

Wel­che The­men die „öffent­li­che Mei­nung“ domi­nie­ren, und wie es dazu kommt, ist kom­pli­ziert (wer es näher wis­sen will: Medi­en­wis­sen­schaft und die sozio­lo­gi­sche Dis­kurs­theo­rie geben Hinweise). 

Zwei Din­ge möch­te ich aber fest­hal­ten. Ers­tens: nur weil etwas in der öffent­li­chen Mei­nun­gen domi­nant ist, heißt das noch lan­ge nicht, dass es sich dabei um ein wich­ti­ges Pro­blem han­delt, und umge­kehrt gilt das glei­che: ein The­ma kann wich­tig sein, aber auch extrem unin­ter­es­sant. Wir ste­cken mit­ten in einem gra­vie­ren­den Kli­ma­wan­del, und die Maß­nah­men dage­gen lau­fen schlep­pend an und grei­fen nicht. Es scheint ein sta­tis­tisch nach­weis­ba­res Insek­ten­ster­ben zu geben. Die Digi­ta­li­sie­rung wirft ziem­lich viel um, dar­über wie arbeits- und sozi­al­po­li­ti­sche Ant­wor­ten aus­se­hen könn­ten, wird kaum dis­ku­tiert. Welt­po­li­tisch ver­schie­ben sich gra­de die Gewich­te – wel­che Rol­le soll und wird die EU dabei spie­len? Auch dar­über wird ver­hält­nis­mä­ßig wenig gere­det. Und wich­tig sind die­se The­men allesamt.

Zwei­tens: Journalist*innen und die klas­si­schen Mas­sen­me­di­en tra­gen, auch wenn Auf­la­gen­zah­len zurück­ge­hen, immer noch in star­kem Maße dazu bei, was als öffent­li­che Mei­nung wahr­ge­nom­men wird. Hier liegt ein wich­ti­ger Teil media­ler Ver­ant­wor­tung. „Neue Medi­en“ tra­gen seit min­des­tens zehn Jah­ren dazu bei, Skan­da­li­sier­ba­res zu skan­da­li­sie­ren. Und so rich­tig domi­nant für die öffent­li­che Mei­nung wird es, wenn klas­si­sche und neue Medi­en inein­an­der grei­fen und in einem gegen­sei­ti­gen Reso­nanz­pro­zess ver­stär­ken. Damit kön­nen The­men gesetzt wer­den. Hier lohnt der Blick auf die bereits 2017 durch­ge­führ­te Ana­ly­se des Moni­tors zu Talk­show­the­men. Und hier liegt, ich wie­der­ho­le es noch ein­mal, eine mas­si­ve Ver­ant­wor­tung der Medi­en­schaf­fen­den dafür, wie sich das gesell­schaft­li­che Kli­ma in Deutsch­land wei­ter entwickelt.

re:publica, oder: das Gute im Netz

Die jun­ge Fern­seh­schaf­fen­de Sophie Pass­mann lie­fert den pas­sen­den Ein­stieg für mei­nen Bericht über die re:publica 2018.

Mein Fazit zur #rp18: Digi­ta­li­sie­rung: wich­ti­ges The­ma, soll­ten wir mal ran. 

Und spricht damit, ganz uniro­nisch, die größ­te Schwä­che und die größ­te Stär­ke der wie immer viel zu vol­len (so unge­fähr 20.000 Besucher*innen, 500 Panels, 50.000 Tweets und 30.000 Bäl­le im Bäl­le­bad, unzäh­li­ge Sei­fen­bla­sen) Ver­an­stal­tung an. Die re:publica ist nach wie vor eine Netz­po­li­tik-Kon­fe­renz, kei­ne Digitialisierungskonferenz. 

Also, viel­leicht ist das. Viel­leicht habe ich auch wie­der mal nur die fal­schen Panels erwischt/ausgesucht.

Am zwei­ten re:publica-Tag war die­ser Unter­schied zwi­schen Digi­ta­li­sie­rung und Netz­po­li­tik für mich eher so ein vages Gefühl. Auch, weil sich ganz viel gar nicht so anders anfühl­te und anhör­te, als bei mei­nem letz­ten re:publica-Besuch. Und der ist schon fünf Jah­re her.

Heu­te hör­te ich dann einen Vor­trag von Jea­nette Hof­mann, Urge­stein der Netz­for­schung in Deutsch­land, und Ron­ja Kniep, bei­de vom Wis­sen­schafts­zen­trum Ber­lin, der ganz gut zu die­sem vagen Gefühl pass­te und das ordent­lich aka­de­misch kon­tex­tua­li­sier­te. Die bei­den gin­gen der Fra­ge nach, ob Netz­po­li­tik in Deutsch­land ein ordent­li­ches Poli­tik­feld ist. Dafür braucht es, so der theo­re­ti­sche Hin­ter­grund, ins­be­son­de­re ein gesell­schaft­lich akzep­tier­tes Schutz­gut. Also sowas wie „Netz­frei­heit“.

Kur­zer his­to­ri­scher Abriß: In den 1980ern gab’s, netz­po­li­tisch gese­hen, auf der einen Sei­te das staat­li­che Bun­des­post­mo­no­pol, auf der ande­ren Sei­te eine Com­pu­ter­sub­kul­tur (Hacker, CCC, Foe­bud, FifF etc.), und ein paar aka­de­mi­sche Fans der neu­en Tech­nik (ers­te E‑Mail in Deutsch­land an der Uni Karls­ru­he). Nischen und Infra­struk­tur­po­li­tik also.

In den 1990er Jah­ren geht’s auf der Daten­au­to­bahn in die Infor­ma­ti­ons­ge­sell­schaft. Der Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­markt wird libe­ra­li­siert, und über­haupt domi­nie­ren wirt­schaft­li­che Sich­ten auf das Netz, das jetzt als Are­na für ver­schie­de­ne Dienst­leis­tun­gen dis­ku­tiert wird. 

Mit den 2000er Jah­ren tritt erst­mal die Netz­po­li­tik als eigen­stän­di­ger Poli­tik­be­reich ins Licht der Öffent­lich­keit. Becke­dahl und Notz, Frei­heit-statt-Angst-Demos, eine Zen­sur­su­la-Bewe­gung, der Auf­stieg (und Fall) der Pira­ten­par­tei. Auch die 1980er-Sub­kul­tur-Initia­ti­ven tau­chen, teils in gewan­del­ter Form, wie­der auf. Daten­schutz kommt dazu. Ins­ge­samt wird die Idee, dass ein frei­es und offe­nes Netz etwas schüt­zens­wer­tes sein könn­te, also ein Schutz­gut, zum gesell­schaft­lich akzep­tier­ten Deu­tungs­mus­ter. Die Netz­po­li­tik, wie wir sie ken­nen, ist gebo­ren. Und gebloggt wird auch darüber.

Die 2010er Jah­re sind dann in die­ser kur­zen Geschich­te der Pen­del­schlag zurück. Klar, die Daten­schutz­grund­ver­ord­nung und der Cam­bridge-Ana­ly­ti­ca-Skan­dal sind in aller Mun­de, aber noch wich­ti­ger sind „Digi­ta­li­sie­rung“ – vor allem wirt­schaft­lich gedacht – und „Cyber­crime“ bzw. „Cyber­se­cu­ri­ty“, also sicher­heits­po­li­ti­sche Über­le­gun­gen. Netz­po­li­tik als eige­nes Poli­tik­feld ver­liert an dis­kur­si­ver Deu­tungs­macht – und damit ver­än­dert sich auch der poli­ti­sche Mög­lich­keits­raum. (Und das, so Hof­mann, ist ein deut­lich grö­ße­res Pro­blem als die Fra­ge Digi­ta­li­sie­rungs­mi­nis­te­ri­um ja/nein).

Soweit der holz­schnitt­ar­ti­ge Abriß des schon auf nur drei­ßig Minu­ten gekürz­ten Vor­trags von Hof­mann und Kniep über ihre For­schungs­ar­beit. Eine Ses­si­on von ein paar hun­dert, voll, aber nicht auf der ganz gro­ßen Bühne.

Und irgend­wie trifft die­se Unter­schei­dung eben ganz gut auf mei­ne Wahr­neh­mung der dies­jäh­ri­gen re:publica zu. Dis­clai­mer: das mag an mei­ner Aus­wahl an Ver­an­stal­tun­gen gele­gen haben – vie­len Medi­en­po­li­tik und Medienmacher*innen, ein biss­chen Kon­zept- und Akti­ons­kunst, eini­ges zu Open Cul­tu­re und auch ein biss­chen was zu Daten­schutz. Viel­leicht wür­de mein Bild ganz anders aus­se­hen, wenn ich mir mehr der „Part­ner­ses­si­ons“ der Wer­be­part­ner ange­schaut hät­te (ein Vor­trag einer Auto­desk-Frau zu den Poten­zia­len von Robo­tern und KI für den Bau einer bes­se­ren Welt ging in die­se Rich­tung), oder die Tracks zu Arbeit oder Gesundheit.

In mei­ner Panel-Aus­wahl, und auch in eini­gen Gesprä­chen, war es aber so, dass in den Panels viel über Netz­po­li­tik gere­det wur­de – alles mög­li­che, was mit dem media­len Kom­mu­ni­ka­ti­ons­raum Netz, den dort beweg­ten Daten und ihrem Schutz sowie mit der dar­un­ter­lie­gen­den Sozio­tech­nik zu tun hat­te – und kaum über Digi­ta­li­sie­rung. (Und um den Umgang mit rech­tem Hass im Netz, viel­leicht war dass das eigent­li­che gro­ße The­ma). Jeden­falls: um das freie und offe­ne Netz, um die „Zurück­er­obe­rung“ des Internets.

Ganz anders das Bild, das sich auf dem Gelän­de bot: schon am Ein­gang begrüß­te der Postbot*innen hin­ter her fah­ren­de Post­bot, eine schnu­cke­li­ge Art Geträn­ke­box auf Rädern. An min­des­tens jedem zwei­ten Stand hin­gen VR-Bril­len. Und zwi­schen Bit­co­in-Start­ups und Tech for Good, neu­er Arbeits­welt und Goog­le-AIs ging es an den Stän­den um Digi­ta­li­sie­rung, wie das halt heu­te so gemacht wurde.

Viel­leicht wäre Sepia als Leit­far­be bes­ser gewe­sen als das pop­pi­ge Grün der Green Screens. Nost­al­gie für den uto­pi­schen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­raum, um den „wir“ in den 2000er Jah­ren gekämpft haben. Ver­traut­heit mit dem Tagungs­ort, der STATION Ber­lin. Selbst das WLAN erkann­te einen wie­der. Oder doch Begeis­te­rung dar­über, wie nor­mal das alles inzwi­schen ist?

War­um blog­ge ich das? Hey, ein re:publica-Besuch ohne Blog­post dazu wäre ja irgend­wie schräg.