Auf dem Weg zu einer digital fundierten Halbtagsgesellschaft?

Inspiring spring V

Ganz am Ende der Dis­kus­si­on im Work­shop „Digi­ta­li­sie­rung“ (oder, wie er offi­zi­ell hieß: Mensch und Maschi­ne oder Mensch als Maschi­ne) beim grü­nen Auf­takt für das Grund­satz­pro­gramm pas­sier­te etwas. Da gab es einen Impuls, der gut an den Anfang der Debat­te gepasst hät­te. Ein Zukunfts­for­scher, der uns inter­es­siert zuge­hört hat­te, mach­te uns dar­auf auf­merk­sam, dass der Zeit­ho­ri­zont unse­rer Dis­kus­si­on ver­rutscht war. 

2020 soll das neue Grund­satz­pro­gramm das Licht der Welt erbli­cken. Und es soll bis – so jeden­falls die Ansa­ge von Robert Habeck – plus minus bis zum Jahr 2040 hal­ten. Das ist die Welt, in der zum Bei­spiel mei­ne Kin­der etwa drei­ßig Jah­re alt sein wer­den. Von heu­te aus: 22 Jah­re in der Zukunft – 22 Jah­re zurück hie­ße 1996. Da war ich am Anfang mei­nes Stu­di­ums. Ja, es gab da schon PCs mit dem brand­neu­en Betriebs­sys­tem Win­dows 95. Mobil­te­le­fo­ne waren noch pri­mär Tele­fo­ne und kei­ne mobi­len Fens­ter zur Welt. Mein Com­pu­ter hat­te noch ein Dis­ket­ten­lauf­werk, das Stu­di­um lief im Magis­ter- und noch nicht im Bache­lor-/Mas­ter-Sys­tem, und es war ziem­lich cool, auf den Infor­ma­tik-Work­sta­tions unter Sola­ris mit einer der ers­ten Fas­sun­gen des Net­scape Navi­ga­tors im Netz sur­fen zu kön­nen, ohne auf Tele­fon­kos­ten ach­ten zu müs­sen. Macs waren zum Lay­ou­ten da (und stan­den als hübsch geform­te Käs­ten rum), Moni­to­re hat­ten Röh­ren, und in einem Hiwi-Job gab es tat­säch­lich NeXT-Cubes als Arbeits­rech­ner. Aber ich schwei­fe ab. 

Was ich sagen will, und was dann doch wie­der etwas mit der Inter­ven­ti­on am Ende des Work­shops zu tun hat: 22 Jah­re in der Zukunft ist gera­de mit Blick auf Digi­ta­li­sie­rungs­the­men ganz schön weit weg. Es wäre ziem­lich ver­mes­sen, jetzt mit Sicher­heit sagen zu wol­len, wel­che der heu­te gehyp­ten Tech­no­lo­gien sich bis dahin als soli­de Nor­ma­li­tät durch­ge­setzt haben, wel­che aus dem Aus plötz­lich aufs Spiel­feld tre­ten, und wel­che völ­lig ver­ges­sen sein werden.

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Der langsame Pendelschlag des Zeitgeists

Was haben digi­ta­le Demo­kra­tie, fahr­schein­lo­ser Nah­ver­kehr, das bedin­gungs­lo­se Grund­ein­kom­men und Umsonst­lä­den gemein­sam? All das sind Ideen, die schon ein­mal popu­lär waren. Und die­se vier sozia­len Erfin­dun­gen, um einen Begriff von Robert Jungk zu gebrau­chen, sind sicher­lich nicht die ein­zi­gen radi­ka­len For­de­run­gen, die in den letz­ten Jah­ren wie­der­ent­deckt oder neu erfun­den wer­den. Und zwar nicht im Span­nungs­feld von Far­ce und Tragödie.

Vor eini­ger Zeit habe ich die Pira­ten­par­tei – als Bewe­gung ver­stan­den – mit den dama­li­gen neu­en sozia­len Bewe­gun­gen der 1970er Jah­re ver­gli­chen und eine gan­ze Rei­he – ober­fläch­li­cher? – Ähn­lich­kei­ten gefun­den. Die Wie­der­gän­ger der radi­ka­len Ideen, aber auch der Cha­rak­ter der Pira­ten als einer gesell­schaft­li­chen Par­ti­zi­pa­ti­ons­be­we­gung wirft für mich die Fra­ge auf, was hin­ter die­sem peri­odi­schen Wie­der­auf­le­ben steckt, für das sich ver­mut­lich noch vie­le wei­te­re Bei­spie­le fin­den las­sen wür­den. Sei es Occu­py und die sozia­le Revol­te der 1960er, viel­leicht auch der Natur­schutz- und Öko­ge­dan­ke, der eben­falls in Wel­len­be­we­gun­gen immer wie­der auftaucht. 

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