Kurz: Bahn paradox (Update)
Während Facebook seinen AGB-Supergau gerade noch einmal so überstanden hat (Rücknahme der strittigen Regelung, Einbezug der Facebook-NutzerInnen in die Entwicklung einer neuen AGB), kann die Deutsche Bahn AG unter Mehdorn nur noch als Anlass für Kopfschütteln dienen. Über 12.000 Leute haben sich bisher an der Aktion von Campact beteiligt, Herrn Mehdorn zum Rücktritt aufzufordern.
Heute kam dann die Antwortmail, der Absender „hartmut___mehdorn@bahn.de“ verheißungsvoll. Wenn’s kein Fake ist, ist die Bahn völlig übergeschnappt – und reagiert mit einer Standard-Adressfisch-Werbemail auf die Proteste. Im Wortlaut heißt es im Antwortschreiben nämlich:
Antwort: Es reicht, Herr Mehdorn!
Sehr geehrte Dame, sehr geehrter Herr,
vielen Dank für Ihr Interesse an unserem Unternehmen.
Der Winter zeigt sich auf bahn.de dieses Jahr von seiner ganz besonderen Seite. Nicht nur mit tollen neuen Angeboten, wie z.B. dem Dauer-Spezial mit BahnCard-Rabatt für alle BahnCard 25-Inhaber oder auch dem London-Spezial ab 49,- Euro für Ihr ganz persönliches Winterwochenende in der quirligen Metropole Großbritanniens. Auch einige Tipps für Ihren Ski- und Winterausflug haben wir für Sie parat. Wie wäre es beispielsweise mit einem Wintercanyoning-Wochenende in den Allgäuer Hochalpen?! Die Bahn bringt Sie hin. Viel Vergnügen bei Ihrer nächsten Bahnreise wünscht Ihnen
die Deutsche Bahn AG.
Das erscheint mir nicht ganz als der richtige Textbaustein. Anders gesagt: eine Frechheit. Zumindest hätten ’se den Datenbestand ja mal abgleichen können – als BahnCard-50-Kunde im bahn-comfort-Bereich sollte ich ja schon in irgendwelchen Datenbanken erfasst sein. Übrigens: ich fahre gerne Bahn – aber eigentlich lieber nicht mit hunderten von Spezialangeboten, sondern alltags, zu günstigen Tarifen und in komfortablen und gut vertakteten Zügen.
Update: Ich sehe gerade, dass campact schon vor ein paar Tagen darüber gebloggt hat, dass andere AktivistInnen eine noch skurrilere Mail erhalten haben. Über dem Werbeblock war da wohl noch die Zeile „Ich werde ab dem 13.02.2009 bis zum 30.04.2009 außer Haus sein.“ eingefügt.
Kurz: wahl.de hat gerade noch gefehlt
Ne, ernsthaft: was http://wahl.de da auf die Beine gestellt hat, ist beachtlich. Was new thinking oder Nielsen – mehr oder weniger erfolgreich – von Hand gemacht haben, läuft hier automatisiert und wunderbar durchsuchbar ab: welche Partei, welche Politikerin und welcher Politiker ist auf YouTube, Facebook, Twitter und Flickr wie präsent? Und wie hat sich das mit der Zeit verändert? Damit gibt es eine gute Grundlage dafür, das allgemeine „Wir sind erster“-Geschrei ein bißchen auf eine sachliche Basis zu stellen.
Angekündigt sind weitere nette Dinge, z.B. ein Twitter-Aggregator für zwitschernde PolitikerInnen. Damit könnten dann, wenn die das so implementieren, wie ich es vermute, z.B. alle aktuellen Tweets grüner MdBs ausgewählt werden. Sowas fände ich hilfreich. Und ein Blog gibt es auch.
Klar hat wahl.de auch noch die eine oder andere Lücke und Macke (z.B. halte ich die Aussage für gewagt, hochranginge Facebook-User generell als Fake zu behandeln
Kurz: The International
Nachdem wir uns nicht so recht entscheiden konnten, haben meine Liebste und ich uns gestern Tom Tykwers „The International“ angesehen. Worum geht es? The International ist ein Polit-Thriller, in dem ein Interpol-Agent und seine Kollegin vom FBI versuchen, eine in Waffenhandel und Konflikt-Schüren verstrickte luxemburger Bank hochgehen zu lassen. Diese streckt vor nichts zurück, und jeder aus der Bank, der Aussagen will, ist nach kürzester Frist tot – meistens recht gezielt, eine Szene, eine symbolträchtige Schießerei im Guggenheim-Museum (das echte kam dabei nicht zu Schaden), artet etwas ins unsinnig Blutige aus. Dafür gab’s schöne Architektur und Stadtlandschaften.
Ich will jetzt aber gar keine Filmkritik abliefern, sondern frage mich, ob andere den Film auch so wahrgenommen haben wie ich, nämlich als ziemlich vielschichtige Angelegenheit mit eindeutig politischem Subtext. Das fängt mit dem Titel an – laut Wikipedia kann „The International“ nämlich nicht einfach nur der/die Internationale meinen, sondern eben auch die diversen kommunistischen und sozialistischen Bünde (4. Internationale und so) und das Lied „Die Internationale“. So gesehen kann der Film dann als Experiment über den globalen Kapitalismus (und die Rolle von Banken, Konzernen, PolitikerInnen und Staaten) gelesen werden, als aktionsreiche Kapitalismuskritik, die am Ende den Heldenmythos des Genre kippt – und offen lässt, ob, wenn denn der Held scheitert, Senatsanhörungen tatsächlich das bessere Mittel gegen üble Machenschaften sind.
Bleibt die Frage: hat „The International“ eine implizite politische Botschaft, und wenn ja, welche? Und was würde Attac dazu sagen?