Es scheint so, als würde es in Hamburg tatsächlich zu einer schwarz-grünen Koalition kommen, was so zu hören ist. Wenn ich gefragt werde, was ich davon halte, dann habe ich bisher gesagt, dass ein Koalitionsvertrag, der auf dem CDU-Parteitag nur eine knappe Mehrheit bekommt und denen richtig Bauchweh macht, ein klares Signal dafür wäre, dass die grünen VerhandlerInnen auf dem richtigen Weg sind, und eine solche Koalition inhaltlich tatsächlich was bringt. Beim Surfen bin ich jetzt auf diesen Kommentar in einem Blog der „Welt“ gestoßen. Und der klingt nach genau den richtigen Weichenstellungen: schwarz-grün nicht als Wunschprojekt, sondern als geschickt nutzbare machtpolitische Option, um grüne Projekte voranzubringen. Vielleicht bin ich zu optimistisch – aber wenn die konservative Stimmung zu schwarz-grün so bleibt, dann läuft’s in Hamburg richtig.
Ein Grün ist ein Grün ist … live vom Länderrat (Update 6)
Live vom grünen Länderrat in Berlin – gerade eben läuft die Debatte zum Fünf-Parteien-System. Sowohl in der politischen Rede von Reinhard Bütikofer als auch bei allen bisherigen RednerInnen – alle MdBs, gerade mit viel Applaus Renate Künast – gab es dazu nur eine Botschaft: wir sind grün, wir verabschieden uns von „natürlichen Bündnissen“ (ohne jedoch Äquidistanz zu sehen), wir stehen für bestimmte Inhalte (dazu gleich mehr), und wir sind für alle Koalitionen offen, in denen wir diese Inhalte umsetzen können.
„Ein Grün ist ein Grün ist … live vom Länderrat (Update 6)“ weiterlesen
Länderrat 2008 aktuell
((Aktuelles direkt vom Länderrat hier.))
Morgen und übermorgen bin ich in Lüneburg, dann geht’s weiter nach Berlin, für die letzten Reste re:publica wird’s leider zu knapp (aber vielleicht nächstes Jahr?), am Abend geben die Grünen ’ne Slamrevue zu 1968 und am Samstag ist dann von 10–18 Uhr der Länderrat aka „kleiner Parteitag“, wie ja schon angekündigt. Wobei die 18 Uhr nicht so ganz kompatibel mit den Zugverbindungen in den wilden Süden sind, werde also wohl doch etwas früher gehen (müssen).
Zu den Anträgen:
D: Datenschutz/BKA-Gesetz stoppen klingt sinnvoll, Julia Seeliger begründet, warum es noch mehr Sinn macht, sich auf ein Thema zu konzentrieren und nicht alles mit reinzupacken.
K: Kinderpolitik – hier liegen drei Anträge vor, die allerdings wohl ergänzend und nicht alternativ zu verstehen sind. Wichtig (und soweit ich das sehe auch sinnvoll) erscheinen mir vor allem die 11 grünen Forderungen zur Kinderpolitik (speziell zum Kampf gegen Kinderarmut), was ich dagegen vom Bildungs-Soli halten soll, weiss ich noch nicht so genau – wurde auch auf der BAG-Sitzung WHT eher kritisch diskutiert.
Ö: Ökobonus – der Ökobonus ist eine insbesondere von Gerhard Schick ins Rennen gebrachte Idee, Umwelt- und Sozialpolitik miteinander zu verknüpfen. Hier soll wohl auf dem Länderrat diskutiert, aber noch nicht beschlossen werden; letzteres würde mir etwas zu schnell gehen.
BTW-01: Es wird vorgeschlagen, der BDK vorzuschlagen, ein Spitzen-Tandem für die Bundestagswahl zu benennen, auf Urwahlen zu verzichten und zugleich dem Bundesvorstand vorzuschlagen, dafür Renate Künast und Jürgen Trittin zu unterstützen. Kurz gesagt: die Selbstinthronisation der beiden wird damit abgenickt, wenn auch mit ein paar strukturellen Umwegen. Positiv: die ja doch mit einiger Geschlechtergerechtigkeit versehene grüne Doppelspitze wird damit offiziell auch für die Bundestagswahl 2009 festgezurrt; beim letzten Mal – Joschka! Joschka! – durfte damit nicht argumentiert werden. Negativ: dass der medial gestützte und damit dann auch legimierte Selbstbenennungsprozess der SpitzenkandidatInnen so unterstützt wird und keinen Raum für Demokratie lässt.
Dann gibt es noch eine ganze Reihe Resolutionen – insbesondere auch eine sehr umfangreiche zur klassischen Medienpolitik, ob ich da noch da sein kann, muss sich aber erst mal zeigen.
Und welcher dieser vielen Tagesordnungspunkte wird die meiste Medienöffentlichkeit bekommen? Ich tippe auf den einzigen ohne Beschlussvorlage – die Aussprache zur veränderten Parteienlandschaft.
Warum blogge ich das? Für mehr Transparenz im politischen Prozess – und weil ich noch bis heute um etwa Mitternacht Anregungen und Kommentare dazu lesen kann, wenn jemand was dazu sagen will.
Kurzeintrag: Heute um acht mal wieder das Licht ausschalten (Update 2)
Heute (Samstag, 29.3.2008) findet weltweit die Earth Hour statt. Um 20 Uhr lokaler Zeit soll für eine Stunde das Licht ausgemacht werden: eine Aktion des WWF. Australien hat’s schon mal vorgemacht. Da startete die Idee letztes Jahr auch. Allerdings scheint Europa bei der Aktion weitgehend außen vor zu bleiben, warum auch immer.
Update zu Kurz gefragt: Licht an oder aus?
Update: Den witzigsten Hinweis auf die Aktion habe ich hier gefunden. Da heißt es nämlich:
sudo crontab -e
00 20 29 03 * /sbin/poweroff
Update 2: Ein paar Fotos von der Aktion weltweit sind bei Reuters zu finden; ein Kommentar dazu, warum Deutschland außen vor blieb – samt Rückblick auf die Licht-Aus!-Aktion – gibt es bei Treehugger.
Discounter und ihre Kosten (Update)
Seit ein paar Tagen wird darüber diskutiert, dass die Discounter-Kette Lidl Beschäftigte übelst ausspioniert hat – die Debatte schlägt weite Kreise, im bürgerrechtlich-datenschützerischen Umfeld kursiert schon ein Vorschlag für ein neues Firmenlogo. Dass der privatwirtschaftliche Big-Brother-Trieb dem staatlichen in nichts nachsteht, ist so neu nun allerdings auch wieder nicht. Und während die mit Payback-Karte zahlenden KundInnen das zumindest freiwillig tun, geht die intime Überwachung von relativ wehrlosen – Betriebsräte und so’n Zeug mögen die Discounter, wenn ich das so pauschal sagen darf, ja auch nicht – abhängig Beschäftigten in ihrer Verwerflichkeit noch um einiges über das sonstige Gebaren hinaus. Um es klar zu sagen: die Arbeitsbedingungen bei Discountern sind einer der Gründe, warum ich versuche, zu vermeiden, dort einzukaufen. Und das gilt eben nicht nur für Lidl, sondern für alle, die in diese Preisklasse hinabreichen.
Julia Seeliger weist nun darauf hin, dass unsere Bundestagsabgeordnete – und wirtschaftspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion – Kerstin Andreae einen Vier-Wochen-Boykott von Lidl fordert. Und Julia hat völlig recht damit, dieses zurückzuweisen. Auf den ersten Blick mag der Vorschlag logisch erscheinen: ein Wirtschaftsunternehmen hält sich nicht an den ordnungspolitischen Rahmen, wird a. juristisch belangt und b. symbolisch auch von VerbraucherInnen-Seite mit Missachtung – sprich: Kaufboykott – bestraft. Danach gelobt es Besserung und alles ist wieder grün und sozial in der Marktwirtschaft. Wenn es denn so wäre, und wenn derartiges der einzige Grund für einen Boykott wäre. Nur passieren fast jede Woche bei den großen Billighändlern Dinge, die hart an der Grenze zum Illegalen liegen: das zeigen die gewerkschaftlichen Schwarzbücher ebenso wie die entsprechenden Pressemeldungen. (Mal ganz abgesehen von den Bedingungen bei Zulieferer-Firmen in anderen Ländern oder der ökologischen und gesundheitlichen Qualität von billig hergestellten Produkten).
Und ganz prinzipiell stellt sich die Frage, ob die grenzwertigen Arbeitnehmerinnen-Rechte und das entsprechende Lohnniveau bei derartigen Unternehmungen nicht schon im kalkulatorischen Ansatz vorgesehen sind. Wenn das so ist, dann wäre es besser, wenn Kerstin statt der Boykottforderung, die ja auch so ein bißchen Kapitulation vor dem Kapital enthält, zum Beispiel das Thema Mindestlohn in den Vordergrund rücken würde. Das heißt dann aber auch: mehr Ordnungsrecht. Und auch, wenn ich von Gewerkschaften nicht immer viel halte – in diesem Bereich sind sie weiterhin unbedingt notwendig.
Warum blogge ich das? Weil das kleine Beispiel „Lidl überwacht Angestellte“ exemplarisch deutlich macht, dass zur rechtlichen Einhegung von Kapitalismus und Globalisierung auch eine entsprechende Kontrolle und Durchsetzung der Rechtslage gehört – ohne journalistische Recherchen (in diesem Fall des „Stern“) passiert sonst sehr selten etwas.
Update: (10.04.2008) Lidl behauptet, aufgrund der (Berichte über die) Videoüberwachung spürbare Umsatzeinbußen zu erleiden. Interessant, wenn’s denn stimmt.