Auch das u‑asta-info der u‑bote (Ausgabe #779, pdf) des Freiburger u‑asta hat inzwischen das Thema „Platz der Alten Synagoge“ aufgenommen und widmet ihm die Titelgeschichte, zwei Kommentare und einen satirischen Ausblick. Einhelliger Tenor: so ein leerer Platz ist unerwünscht. Sehe ich auch so, und wenn jetzt noch der Gender-Kasten im Artikel selbst berücksichtigt worden wäre, wäre ich restlos glücklich.
Uni Freiburg: offen, demokratisch, frei?
Nach dem herbstlichen „Zukunftskongress“ (siehe auch hier) fand vor kurzem – im Rahmen eines Marketing- und Strategieprozesses zum Rebranding der Freiburg University ein „Zukunftsworkshop“ zur „strategischen Identität“ der Universität Freiburg statt. Ich hatte zuviel anderes um die Ohren, als mich um eine Einladung dazu zu kümmern.
Trotzdem – oder vielleicht gerade deswegen – habe ich mir mit großem Interesse die Ergebnisse dieses gruppenübergreifenden Workshops angeschaut.
Auf dem Workshop wurde fleißig „getaggt“, bzw. es wurden gruppenspezifisch Adjektive gesucht, die am besten beschreiben, wie die Universität sich selbst sieht bzw. sehen will. Genauer gesagt: der Satz „Universität ist für mich …“ musste vervollständigt werden.
Heraus kam dann eine „Gesamtwolke“ – und die hat es in sich. In absteigender Reihenfolge am häufigsten genannte Adjektive (maximal wären 100 Nennungen möglich gewesen, wenn ich das System richtig verstanden habe) sind nämlich weder „exzellent“ noch „konkurrenzfähig“, sondern:
- offen (62 Nennungen)
- vielfältig (48 Nennungen),
- demokratisch (46 Nennungen),
visionär (46 Nennungen), - frei (44 Nennungen),
kommunikativ (44 Nennungen)
realistisch(44 Nennungen) - innovativ (42 Nennungen),
- kreativ (38 Nennungen),
- kooperativ (37 Nennungen),
- menschlich (35 Nennungen),
schöpferisch (35 Nennungen) und
sozial (35 Nennungen).
Abgesehen mal davon, dass „nachhaltig“ auch nur unter ferner liefen landete („gleichberechtigt“ hat immerhin 35 Nennungen, doppelt so viele wie „exzellent“ mit 17 Nennungen), gefällt mir dieses Bild einer Universität sehr gut. Ich bin überzeugt davon, dass eine Universität, auf die all diese Adjektive mit Recht drangeschrieben werden können, eine sehr gute Universität wäre.
Es bleibt aber natürlich auch die Frage, ob es einfach nur die „üblichen Verdächtigen“ waren, die sich die Zeit genommen haben, an diesem Workshop teilzunehmen, und die dazu auch eingeladen wurden – und dass z.B. bei eine Repräsentativerhebung über alle Universitätsmitglieder doch andere Adjektive vorne drangestellt werden würden. Wie dem auch sei – ich bin jetzt gespannt, was davon jetzt im „Leitbildprozess“ übrigbleibt und wie die kommissarische Unileitung damit weiter umgeht.
Warum blogge ich das? Weil ich das Ergebnis dieses Workshops doch unerwartet und damit interessant fand.
Kurzeintrag: Kommunalwahl Schleswig-Holstein (Update 3: Jamaika?)
Nach ersten Trendaussagen haben bei der heutigen Kommunalwahl in Schleswig-Holstein beide größeren Parteien deutlich Verluste hinnehmen müssen (CDU: ‑10 Punkte, SPD, ‑4 Punkte), während die kleineren Parteien mehr oder weniger deutliche Stimmgewinne hatten. Beim NDR heißt es dazu:
Nach einer ersten Schätzung der Landeswahlleiterin liegt die CDU bei 40,1 Prozent, das sind 10,7 Punkte weniger als 2003. Die SPD verliert 3,6 Punkte und erreicht 25,7 Prozent. Die Grünen liegen landesweit bei 9,6 Prozent (2003: 8,4 Prozent), die FDP bei 8,3 Prozent (5,7). Die Linke kommt auf Anhieb auf 7,3 Prozent, der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) erreicht 3,0 Prozent (2003: 2,5 Prozent). (Quelle)
Mit dazu beigetragen hat möglicherweise auch das Verbot der bisherigen 5%-Hürde; damit ist das Risiko, Stimmen, die an kleine Parteien gehen, effektiv zu verlieren, gesunken. Wie dem auch sei, auf jeden Fall sind die 9,6 % ein gutes grünes Ergebnis. Mal schauen, ob es bei diesen Trendaussagen bleibt, und schon mal herzlichen Glückwunsch in den Norden!
Update: Sehr schön einige Einzelergebnisse – so sind die Grünen in Lübeck in zwei Wahlkreisen stärkste Partei, in Kiel in vier Wahlkreisen zweitstärkste Partei mit Prozentsätzen um die 20 %. Interessant finde ich das doch überraschend gute Abschneiden der LINKEN – auch im Hinblick darauf, dass wir in Baden-Württemberg 2009 Kommunalwahlen haben werden.
Update 2: Ein interessanter Nebeneffekt des Kieler Ergebnisses ist, dass die bisher dort regierende schwarz-grüne Koalition nun keine Mehrheit mehr hat.
Update 3: (26.05.2008) Die WELT – wer auch sonst – diskutiert das Wahlergebnis als Startschuss für Jamaika-Koalitionen in vielen Städten und Gemeinden. Und zitiert den Landesvorsitzenden der Grünen Schleswig-Holstein, Robert Habeck, damit, dass es tatsächlich eine Wählerwanderung von der CDU zu den Grünen (im Endergebnis sogar bei 10,3%) gegeben habe, insbesondere im Hamburger Umland.
Kurzeintrag: V wie Videoüberwachung
Die Freiburger Verkehrs-AG (VAG) plant nach dem Ess- und Trinkverbot jetzt nicht nur, ihre zehn Flagschiffstraßenbahn mit Videokameras auszustatten (der Test läuft schon), nein, sie will auch die Aufnahmen der jetzt schon existierenden Haltestellenkameras speichern. Alles im Namen der Sicherheit. Konkrete Zahlen über sicherheitsrelevante Vorfälle in Straßenbahnen will sie allerdings nicht nennen. Und zur Legitimation gab’s eine recht tendenziöse Befragung im Internet und in den Bahnen. Seltsamer Kurs.
Sozialismus mit Frühlingsblumen, oder: ein „prager frühling“ macht noch keinen Sommer
Inzwischen habe ich die Erstausgabe dann auch mal in die Hände gekriegt. Die Rede ist vom prager frühling, einem „Magazin für Freiheit und Sozialismus“, wie es im Untertitel heißt. Wer die 5 Euro nicht investieren will, kann auf der Magazin-Website auch in ein paar ausgewählte Artikel hineinschnuppern. So richtig aufmerksam geworden bin ich auf das neue Magazin durch den Blogeintrag bei Julia. Aber auch die taz hat schon eine Besprechung veröffentlicht. Für ausgewählte Werte von Rampenlicht steht der prager frühling also gerade ziemlich in demselben.
Worum geht’s? Innerhalb der LINKEN gibt es eine emazipatorische Strömung, als prominentes Gesicht davon ist vermutlich Katja Kipping, stellvertretende Parteivorsitzende und MdB zu nennen. Zusammen mit Jörg Schindler, Kolja Möller, Lena Kreck und Norbert Schepers bildet sie die Redaktion des prager frühling. Im Editorial der Erstausgabe wird auch die – mich wie sicher einige andere auch in einiges Erstaunen versetzende – Namenswahl begründet. Zugleich ist damit die programmatische Ausrichtung abgesteckt:
Als im Jahr 1968 viele BürgerInnen der damaligen CSSR, darunter auch viele erklärte KommunistInnen, versuchten, einen „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ zu schaffen, war der real existierende Sozialismus bereits – heute wissen wir das – gescheitert: in ökonomischer, humanistischer und politisch-demokratischer Hinsicht, nicht zuletzt intellektuell und kulturell. Aus der Krise des Poststalinismus entstand eine vielfältige und lebendige linke Diskussion; im Osten wie in der Linken Westeuropas. Ihr Maßstab: Sozialismus mit Freiheit und Demokratie tatsächlich vereint, und zugleich eine kulturelle Befreiung. Der Prager Frühling […] war zugleich der Bruch mit einer paternalistischen Sozialismuskonzeption, die das Ziel der Umwerfung aller Unterdrückungsverhältnisse aufgegeben und statt dessen auf gedankliche Uniformen und kulturelle Rangabzeichen gesetzt hatte.
Mit dem Magazin prager frühling will die Redaktion „Sozialismus wieder in den Köpfen und Herzen der Menschen mit Frühlingsblumen statt mit dem Aschgrau der WBS70-Wohnblockreihen“ verknüpfen.
Soweit der Anspruch. Wie sieht es nun mit der Umsetzung aus? „Sozialismus mit Frühlingsblumen, oder: ein „prager frühling“ macht noch keinen Sommer“ weiterlesen