Gebührenkompass 2008: Unzufriedenheit steigt (Update)

Die Abtei­lung Mar­ke­ting der Uni Hohen­heim betreibt seit eini­ger Zeit einen Gebüh­ren­kom­pass. In einer aktu­el­len Pres­se­mit­tei­lung heißt es zu den neus­ten Entwicklungen:

In rund 6.150 Ein­zel­in­ter­views hat­ten Gebüh­ren-Scouts des Hohen­hei­mer Lehr­stuhls für Mar­ke­ting die Zufrie­den­heit der Stu­die­ren­den an allen 54 Uni­ver­si­tä­ten mit Stu­di­en­ge­büh­ren der Repu­blik im Mai 2008 erho­ben. Dem­nach schaff­te es kei­ne Uni­ver­si­tät, ihre Stu­die­ren­den beim The­ma Stu­di­en­ge­büh­ren wirk­lich zufrie­den zu stel­len. Im Bun­des­durch­schnitt ver­ga­ben die Gebüh­ren­zah­ler ihren Uni­ver­si­tä­ten die Schul­no­te 4–5. Im Vor­jahr war es noch eine 3–4 gewesen.

Nicht nur die Unzu­frie­den­heit, auch der Anteil der Gebüh­ren­geg­ne­rIn­nen wächst. Der Lei­ter der Stu­die, Prof. Dr. Mar­kus Voeth, inter­pre­tiert dies in der Pres­se­mit­tei­lung als Her­aus­for­de­rung für die Uni­ver­si­tä­ten: „Aller­dings kön­nen sich die Stu­die­ren­den noch nicht als Kun­den füh­len.“ Das sol­len die Unis also ändern, indem sie z.B. bes­ser über die Gebüh­ren­ver­wen­dung informieren.

Die Ergeb­nis­se las­sen sich aber auch anders lesen: ins­be­son­de­re dort, wo Gebüh­ren ein­ge­führt wur­den, bzw. nach­dem jetzt tat­säch­lich gezahlt wer­den muss, zeigt sich, dass die damit bei eini­gen ver­bun­de­nen Hoff­nun­gen auf bes­se­re Stu­di­en­be­din­gun­gen über­wie­gend nicht erfüllt wer­den. Wenn davon aus­ge­gan­gen wird, dass sich dar­an nicht so schnell etwas ändert (weil Stu­di­en­ge­büh­ren z.B. struk­tu­rell gar nicht in der Lage dazu sind, die Qua­li­tät der Leh­re und der Stu­di­en­be­din­gun­gen erheb­lich zu ver­bes­sern), dürf­te die Akzep­tanz rapi­de abneh­men – und mög­li­cher­wei­se, auch nach den Erfol­gen in Hes­sen und (ein­ge­schränkt) in Ham­burg – zu einem Neu­auf­le­ben von Pro­tes­ten führen.

War­um blog­ge ich das? Als Update zu die­sem Ein­trag. und weil das Ergeb­nis umso mehr Rele­vanz hat, als – so lese ich zumin­dest die PM – hin­ter der Umfra­ge eigent­lich das Inter­es­se steckt, Gebüh­ren zu legitimieren.

P.S.: Sie­he auch hier (SpOn).

Update: (29.6.2008) Zum The­ma Stu­di­en­ge­büh­ren gibt es jetzt neu auch den Bund der Stu­di­en­ge­büh­ren-Zah­ler, der es sich wohl zum Ziel gesetzt hat, wenn es denn Gebüh­ren gibt, für deren sinn­vol­le Ver­wen­dung zu kämp­fen. Fin­de ich hoch­schul­po­li­tik-stra­te­gisch betrach­tet inter­es­sant, bin mir aller­dings noch nicht sicher, ob eine der­ar­ti­ge Instanz, wenn sie denn funk­tio­niert, nicht letzt­lich dazu bei­trägt, Gebüh­ren ins­ge­samt zu legi­ti­mie­ren – „es gibt ja den bdsz, die gucken schon, dass alles mit rech­ten Din­gen zugeht“.

Kurz: u‑asta bleibt beliebt

Professionality
Der u‑asta pro­du­ziert mas­sen­wei­se ehe­ma­li­ge Aktive.

Auch wenn’s bei mir inzwi­schen eher mit nost­al­gi­schen Gefüh­len ein­her­geht, fin­de ich die vor­bild­li­cher­wei­se bereits jetzt ver­öf­fent­lich­ten vor­läu­fi­gen Wahl­er­geb­nis­se zu den Frei­bur­ger AStA-Wah­len doch immer noch inter­es­sant genug, um mal einen Blick drauf zu wer­fen. Dank buf a und buf b – der seit eini­gen Jah­ren prak­ti­zier­ten Anti­de­mo­kra­tie­maß­nah­men­um­ge­hungs­stra­te­gie der zwei Lis­ten – ist auch die­ses Jahr wie­der eine gute abso­lu­te Mehr­heit für buf – und damit für den u‑asta – her­aus­ge­kom­men (10 Sit­ze statt vor­her 10 Sit­ze) (sie­he auch hier). Ande­re Grup­pen blei­ben mar­gi­nal – Julis ver­lie­ren ihren Sitz, Jusos gewin­nen einen dazu, der RCDS hat zwei Sit­ze. Auch alter­na­ti­ve Insti­tu­tio­nen mit fluk­tu­ie­ren­der Mit­glied­schaft kön­nen, wie die­se Ergeb­nis­se bewei­sen, jahr­zehn­te­lan­ge Sta­bi­li­tät pro­du­zie­ren. Inter­es­sant viel­leicht noch: die auf buf b ange­tre­ten zwei Ver­tre­te­rIn­nen von Linke.SDS wur­den wohl nicht gewählt, hier sind auch Ver­lus­te im Ver­gleich zur grün unter­stütz­ten buf a zu sehen.

Kurz: Links-alternative Grüne in Freiburg jetzt eigenständig

Coin­neach McCa­be und Moni­ka Stein – das sind die bei­den grü­nen Stadt­rä­tIn­nen, die aktiv den Kon­takt zur links-alter­na­ti­ven Sze­ne in Frei­burg gehal­ten haben und dafür gesorgt haben, dass The­men wie die Schat­ten­par­ker, die diver­sen Ver­bo­te, die Poli­zei­po­li­tik usw. trotz grü­nem OB auf der Agen­da blie­ben. Der Rest der Frak­ti­on hat sich dage­gen in letz­te Zeit v.a. durch ein mehr oder weni­ger gro­ßes Ange­kom­men­sein im Bür­ger­tum aus­ge­zeich­net. Jetzt haben Coin­neach und Moni­ka ihren Aus­tritt aus der Stadt­rats­frak­ti­on und die Grün­dung einer Grün-Alter­na­ti­ven Lis­te ange­kün­digt. Mehr dazu steht in der Badi­schen Zei­tung und – dort im Ton­fall sehr über­rascht und ver­wun­dert – bei Grü­nes Frei­burg. Im Gegen­satz zu Johan­nes kann ich den Schritt der bei­den ganz gut nach­voll­zie­hen und bin gespannt, was das jetzt alles für Kon­se­quen­zen hat (u.a. auch dazu, wie der grü­ne Stadt­ver­band damit umgeht). Schließ­lich sind in knapp einem Jahr Gemeinderatswahlen …

Kurz: Kerstin Andreae sorgt für Unruhe (Update 2)

Visiting the "Dachswanger Mühle" farm - III
Kers­tin And­reae (auf Wahlkreistour)

Die grü­ne Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te Kers­tin And­reae, Frei­bur­ger Wahl­kreis­ab­ge­ord­ne­te und wirt­schafts­po­li­ti­sche Spre­che­rin der grü­nen Bun­des­tags­frak­ti­on, wäre ger­ne Spit­zen­kan­di­da­tin der baden-würt­tem­ber­gi­schen Grü­nen. Dar­über wird im Herbst ent­schie­den. Mög­li­cher­wei­se wird dann auch mit­ent­schei­dend sein, ob ihr Wer­be­state­ment auf einer Anzei­ge der arbeit­ge­ber­fi­nan­zier­ten Lob­by­grup­pe „Initia­ti­ve Neue Sozia­le Markt­wirt­schaft“ ein ein­ma­li­ger Aus­rut­scher bleibt, um für die Ver­bin­dung von Öko­lo­gie und Öko­no­mie zu wer­ben, oder ob sie den Weg von Scheel und Metz­ger ins wirt­schafts­li­be­ra­le Abseits geht. Dis­ku­tiert wird das der­zeit hier, hier und auch hier.

Update: (25.6.2008) In einem offe­nen Brief nimmt Kers­tin aus­führ­lich Stel­lung zu die­ser Anzeige.

Update 2: (18.7.2008) Bei der gest­ri­gen Nomi­nie­rungs­ver­samm­lung gab es zwar kri­ti­sche Fra­gen zu Afgha­ni­stan, die oben ange­spro­che­ne The­ma­tik wur­de nicht pro­ble­ma­ti­siert. Gewählt wur­de Kers­tin schließ­lich mit etwa 75 % der abge­ge­be­nen Stimmen.

Schweden totalüberwacht

In der gedruck­ten taz, die ich heu­te in der Stra­ßen­bahn gele­sen habe, stand noch, dass das neue schwe­di­sche Über­wa­chungs­ge­setz erst­mal über­ra­schend in den Aus­schuss ver­wie­sen wur­de, bei netzpolitik.org und in der Online-Aus­ga­be der taz ist dann schon zu lesen, dass eben­so über­ra­schend heu­te mor­gen doch noch dem Gesetz zuge­stimmt wurde. 

Lulea Gammelstad: Museum Village I
Rikste­le­fon – durch­sich­tig und abgehört

Damit darf der schwe­di­sche Aus­lands­ge­heim­dienst sämt­li­che elek­tro­ni­sche Kom­mu­ni­ka­ti­ons­me­di­en über­wa­chen, die Schwe­dens Gren­zen über­que­ren – nicht nur in Bezug auf Ver­bin­dungs­da­ten, son­dern auch inhalt­lich. Und bekommt dafür extra einen zwei­ten Super­rech­ner. Tech­no­lo­gisch erin­nert mich das sehr an die Zen­sur-Zen­tra­len Chi­nas etc. – selbst eMails zwi­schen schwe­di­schen Bür­ge­rIn­nen wer­den zur Aus­lands­kom­mu­ni­ka­ti­on, sobald einer der bei­den betei­lig­ten Ser­ver im Aus­land steht (Goog­le-Mail, Yahoo, Hot­mail, Gmx, …).

So weit, so schlecht. Das gan­ze kann zwar Moti­va­ti­on dafür sein, hier­zu­lan­de noch etwas über­zeug­ter gegen ent­spre­chen­de Schäub­le-Befug­nis­se anzu­ge­hen. Wenn Schwe­den jedoch dem Ruf des pro­gres­si­ven Skan­di­na­vi­ens gerecht wer­den will, blei­ben dem Land eigent­lich nur zwei Wege. Ent­we­der wird das Gesetz zurück­ge­nom­men (frei­wil­lig, oder über den Euro­päi­schen Gerichts­hof für Men­schen­rech­te, wo es wohl Kla­gen geben soll) – oder das Gesetz wird so ergänzt, dass alle Bür­ge­rIn­nen des Lan­des Zugriff auf die­se Über­wa­chungs­da­ten bekom­men. Dann wären wir bei David Brins „Trans­pa­rent Socie­ty“ (oder auf dem Weg dahin). Ob ich das dann gut fän­de, weiss ich nicht – es wäre aber zumin­dest der logisch nächs­te Schritt in Rich­tung einer post-pri­va­ten Gesell­schaft und wür­de zur bis­he­ri­gen Posi­tio­nie­rung Schwe­dens in die­sem Bereich pas­sen (es gibt dort bei­spiels­wei­se kein Steuergeheimnis).

Eine letz­te Über­le­gung geht noch­mals in eine ande­re Rich­tung: so ein biß­chen habe ich ja – ohne jetzt ver­schwö­rungs­theo­re­tisch wer­den zu wol­len – den Ver­dacht, dass Geset­ze wie das in Schwe­den gera­de beschlos­se­ne eigent­lich nur einen lan­ge exis­tie­ren­den Sta­tus quo lega­li­sie­ren. Ich den­ke da z.B. an Eche­lon, aber auch an die gan­zen Spio­na­ge­skan­da­le bei Lidl, Tele­kom und Co. Es wäre jeden­falls wohl falsch, davon aus­zu­ge­hen, dass elek­tro­ni­sche Kom­mu­ni­ka­ti­on heu­te über­wa­chungs­frei abläuft, und erst mit Geset­zen wie dem neu­en schwe­di­schen Über­wa­chung stattfindet.

War­um blog­ge ich das? Weil ich es erstaun­lich fin­de, wie schnell und mit letzt­lich doch wenig all­ge­mei­nen Pro­tes­ten der­ar­ti­ge Geset­ze ver­ab­schie­det wer­den können.