Kurz: Darf die „GALFR“ grün sein?

Moni­ka Stein und Coin­neach McCa­be agie­ren – nach­dem sie inzwi­schen aus Par­tei und Frak­ti­on aus­ge­tre­ten sind (auch die taz berich­tet zwi­schen­zeit­lich aus der angeb­li­chen „grü­nen Idyl­le“ Frei­burg) – im Gemein­de­rat als Grü­ne Alter­na­ti­ve Frei­burg. In einem Blog­ein­trag erläu­tern sie, was grün für sie heißt:

„Wir ver­ste­hen unter grü­ner Poli­tik die Ver­bin­dung von Öko­lo­gie, Selbst­be­stim­mung, leben­di­ger Demo­kra­tie und Gerech­tig­keit. Wir wol­len unse­re Mit­bür­ge­rIn­nen zu Mit­be­stim­mung und einem kri­ti­schen Bewusst­sein auf­ru­fen, Bür­ger­rech­te durch­set­zen und ein kon­struk­ti­ves demo­kra­ti­sches Mit­ein­an­der ermöglichen.“ 

Die­se Erläu­te­rung ist not­wen­dig gewor­den, weil der Kreis­vor­stand von Bünd­nis 90/Die Grü­nen des KV Frei­burg inzwi­schen öffent­lich (in der Badi­schen Zei­tung und im Grü­nen Tele­gramm) ange­kün­digt hat, über recht­li­che Schrit­te bezüg­lich der Ver­wen­dung des Labels „grün“ nachzudenken. 

Ich weiss noch nicht so genau, was ich von die­ser neus­ten Ent­wick­lung hal­te, mei­ne aber schon, dass das so ein biß­chen nach Nach­tre­ten sei­tens der Par­tei klingt. Viel­leicht wäre „grün-alter­na­tiv“ (also mit Bin­de­strich statt falsch geschrie­ben getrennt) ein Begriff, der deut­li­cher macht, dass Moni­ka und Coin­neach nicht für „bünd­nis-grün“ ste­hen, sich aber doch in die­ser poli­ti­schen Denk­tra­di­ti­on sehen.

Spin am Beispiel Studienanfängerzahlen

Zum The­ma Stu­di­en­an­fän­ger­zah­len lie­gen heu­te zwei Pres­se­mit­tei­lun­gen in mei­ner Mail­box. Die ers­te kommt von der grü­nen Bundestagsfraktion:

Erneut haben mehr jun­ge Men­schen auf ein Stu­di­um ver­zich­tet. Laut Sta­tis­ti­schem Bun­des­amt san­ken die Zahl der Stu­di­en­an­fän­ge­rin­nen und ‑anfän­ger um fünf Pro­zent. Dazu erklärt Kai Geh­ring, hoch­schul­po­li­ti­scher Sprecher:

Der Rück­gang der Stu­di­en­an­fän­ger­zah­len ist ein pein­li­ches Armuts­zeug­nis für die Hoch­schul­po­li­tik von Bund und Län­dern. Weni­ger Stu­di­en­an­fän­ger sind ein Alarm­si­gnal an die Wis­sen­schafts­mi­nis­ter in Bund und Land.

Die zwei­te, ein paar Stun­den spä­ter, von Bil­dungs­mi­nis­te­rin Schavan:

Bun­des­bil­dungs­mi­nis­te­rin Annet­te Scha­van sag­te am Diens­tag in Bonn: „Der Abwärts­trend bei der Ent­wick­lung der Stu­di­en­an­fän­ger­zah­len ist gestoppt. Seit 2007 haben end­lich wie­der mehr jun­ge Men­schen ein Stu­di­um auf­ge­nom­men als im Jahr zuvor. Damit zeigt der Hoch­schul­pakt ers­te Wir­kung. Wir rech­nen auch künf­tig mit stei­gen­den Zah­len bei den Studierenden. […]“ 

Beim Sta­ti­schen Bun­des­amt gibt es unter­schied­li­che Daten: die Zahl der Stu­die­ren­den ist von 2005 nach 2006 gesun­ken, und liegt auch im WS 2007/08 etwas unter den Vor­jah­res­zah­len. Zur Zahl der Stu­di­en­an­fän­ge­rIn­nen heißt es auf einer Pres­se­kon­fe­renz im Dezem­ber 2007, dass die­se 2007 im Ver­gleich zum Vor­jahr um 4 % gestie­gen ist. Von 2003 bis 2006 ist die Zahl der Stu­di­en­an­fän­ge­rIn­nen dage­gen jedes Jahr gesun­ken, auch die „Stu­di­en­an­fän­ger­quo­te“ (d.h. der Anteil der Stu­di­en­an­fän­ge­rIn­nen an der gleich­alt­ri­gen Bevöl­ke­rung) ist in die­sem Zeit­raum jedes Jahr gesun­ken und erreicht 2007 mit 36,6 % auch noch lan­ge nicht die Wer­te von 2005 oder den Vor­jah­ren. Eine neue­re Pres­se­mit­tei­lung dazu habe ich nicht gesehen.

In der Hei­den­hei­mer Neue Pres­se fin­det sich zumin­dest eine Erklä­rung, war­um das The­ma jetzt auf die Agen­da gelangt:

War­um die Deut­sche Pres­se­agen­tur (dpa) ges­tern die eini­ge Mona­te alten Anga­ben mit dem Jah­res­er­geb­nis von 2003 ver­glich und zur Schlag­zei­le „Immer mehr jun­ge Men­schen ver­zich­ten auf ein Stu­di­um“ gelang­te, bleibt ein Geheim­nis. Tat­säch­lich könn­te das Jahr 2007 zum Wen­de­punkt wer­den nach mehr­jäh­ri­gem Rück­gang der Bereit­schaft jun­ger Men­schen, nach bestan­de­nem Abitur ein Stu­di­um anzu­schlie­ßen. Denn die end­gül­ti­gen Zah­len für 2007, die mitt­ler­wei­le aus den Län­dern gemel­det wur­den, über­tref­fen die vor­läu­fi­gen Anga­ben offen­bar noch. Von einem Plus von 4,7 Pro­zent ist jetzt bereits die Rede. 

Damit blei­ben alle Unklar­hei­ten offen – die Daten­grund­la­ge scheint tat­säch­lich das oben bereits ange­spro­che­ne Mate­ri­al zu sein. Das gibt beim direk­ten Ver­gleich 2006/2007 erst ein­mal Scha­van recht – der mehr­jäh­ri­ge Trend bleibt jedoch sicht­bar. Es bleibt also offen, ob es sich bei die­sen Zah­len tat­säch­lich um das Ende des „Abwärts­trends“ han­delt, wie Scha­van es inter­pre­tiert, oder ob der Trend wei­ter nach unten zeigt, wie es Geh­ring es dar­stellt. Das wird sich erst in den nächs­ten Jah­ren zeigen. 

Inter­es­sant ist es jeden­falls schon, wie hier auf­grund der sel­ben Quel­le ganz unter­schied­li­che poli­ti­sche Ein­schät­zun­gen ver­mit­telt wer­den, indem unter­schied­li­che Ver­gleichs­jah­re her­an­ge­zo­gen wer­den. Den Daten dürf­te es egal sein; als Faust­re­gel bleibt viel­leicht die Ein­sicht, dass die Latenz­zeit poli­ti­scher Maß­nah­men mit­un­ter beträcht­lich sein kann, was aber nicht unbe­dingt immer berück­sich­tig wird, wenn die­se gelobt wer­den, und dass es hilf­reich ist, sich im Zwei­fels­fall die Daten­grund­la­ge selbst anzuschauen. 

War­um blog­ge ich das? Viel­leicht trägt’s zur hoch­schul­po­li­ti­schen Auf­klä­rung bei.

„Die Universität ist noch nicht reif für eine Frau“ (Update 2: der Fall erreicht „nature“)

Dass die Uni­ver­si­tät Frei­burg noch nicht reif für eine Frau ist, sage nicht ich, son­dern das hat gera­de – bedau­ernd – der Uni­ver­si­täts­rats­vor­sit­zen­de Weit­zmann mit­ge­teilt. Und zwar im öffent­li­chen Teil der Senats­sit­zung, in der soeben der Rek­tor gewählt wur­de. Damit war er nicht der ein­zi­ge, bei dem zwi­schen den Zei­len eine gro­ße Sym­pa­thie für Prof. Eli­sa­beth Che­au­ré her­aus­zu­hö­ren war. Auch Prof. Schwen­gel hat in sei­nem gewun­den-grund­sätz­li­chen Bericht aus der Senats­fin­dungs­kom­mis­si­on ziem­lich deut­lich anklin­gen las­sen, dass die drei Bewer­bun­gen, die zuletzt noch im Ren­nen waren, min­des­tens gleich­wer­tig waren. Und eben­so war aus fast allen Wort­mel­dun­gen der Senats­mit­glie­der her­aus­zu­hö­ren, dass die Chan­ce, auch auf höchs­ter Füh­rungs­ebe­ne deut­lich zu machen, dass die Uni­ver­si­tät es ernst mit Gleich­stel­lung meint, eigent­lich bes­ser genutzt wor­den wäre.

Abge­stimmt wur­de dann trotz­dem – zumin­dest öffent­lich bekun­det und an einen ent­spre­chen­den Fach­schaf­ten­be­schluss gebun­den – selbst von den vier Stu­die­ren­den im Senat im Sin­ne der Staats­rai­son: das Ergeb­nis des for­mal kor­rek­ten Ver­fah­rens wird akzep­tiert, die Uni­ver­si­tät steht geschlos­sen zu ihrer Führung. 

In Zah­len waren es dann aller­dings doch 11 Nein-Stim­men und 4 Ent­hal­tun­gen; mit 18 Ja-Stim­men war die Mehr­heit für Prof. Hans-Jochen Schie­wer damit zwar ein­deu­tig, aber nicht über­wäl­ti­gend (Kon­stan­tin weist dar­auf hin, dass ein ja irgend­wie erwart­ba­res stu­den­ti­sches Nein zu einem Ergeb­nis von 13 14:15:4 geführt hät­te; einer der weni­gen Momen­te, wo die stu­den­ti­schen Senats­mit­glie­der mal ech­ten Ein­fluss hat­ten – und damit auch die FSK, die die gewähl­te Linie vor­ge­ge­ben hatte). 

Ob mit die­sem Ergeb­nis der nach dem Abgang des „Hoff­nungs­trä­gers“ Voss­kuh­le ver­miss­te Schwung wie­der zurück­kommt, bleibt abzu­war­ten. Sub­stan­ti­ell bedeu­tet das Ergeb­nis, dass sich nicht viel ändern wird. Aus dem kom­mis­sa­ri­schen Rek­tor wird der tat­säch­lich amtie­ren­de Rek­tor, das Rek­to­rat bleibt, inter­es­sant ist nun, wer als Vizerektor/in bestellt wird.

Viel­leicht aber ist selbst die­ses Wahl­er­geb­nis ein Schritt für mehr Gleich­be­rech­ti­gung an der Uni­ver­si­tät Frei­burg. Nicht nur hat fast jede/r das Wort im Mund geführt – auch der frisch­ge­wähl­te Rek­tor leg­te viel Empha­se dar­auf, in Zukunft ganz viel für die För­de­rung jun­ger Wis­sen­schaft­le­rin­nen (hof­fent­lich dann auch jun­ger Wis­sen­schaft­ler in ähn­li­chen Lebens­si­tua­tio­nen) und für die Chan­cen­gleich­heit an der Uni­ver­si­tät tun zu wol­len. Ob das vor ein paar Wochen auch schon so gewe­sen wäre, kann nicht gesagt wer­den. Ich glau­be es aller­dings nicht. Der Ein­wand eines Dekans, mit dem Ver­zicht auf eine Frau als Rek­to­rin auch die Gleich­stel­lungs­vor­ga­ben bei Beru­fun­gen ins Absur­de zu füh­ren, muss damit nicht unbe­dingt zutreffen.

Gab es Über­ra­schun­gen? Das Wahl­er­geb­nis war sicher kei­ne, ich hat­te es jeden­falls unge­fähr so erwar­tet. Was mich über­rascht hat, war der Ver­trau­ens­vor­schuss der stu­den­ti­schen Senats­mit­glie­der, die sich öffent­lich dazu bekannt haben, das Ver­fah­ren zu akzep­tie­ren und Schie­wer mit­zu­wäh­len. Wenig über­ra­schend viel Unmut zwi­schen den Zei­len – auch bei eini­gen Pro­fes­so­rIn­nen – über das Wahl­ver­fah­ren selbst und das star­ke Gewicht des Uni­ver­si­täts­rats. Tat­säch­lich über­ra­schend für mich das Gewicht, dass Exzel­lenz­in­itia­ti­ve, Ran­kings und Manage­ments­rhe­to­rik inzwi­schen gewon­nen haben. Die Saat des Wett­be­werbs ist hier sicht­lich auf­ge­gan­gen. Die jeden­falls nicht glän­zend zu nen­nen­de Vor­stel­lungs­re­de des neu­en Rek­tors wim­mel­te nur von Qua­li­täts­ma­nage­ment, Refe­ren­zen auf Leis­tung und Exzel­lenz (auch in der Leh­re), Manage­ment­me­tho­den und Wett­be­wer­ben (zwi­schen den vie­len Unver­bind­lich­kei­ten waren auch ein paar posi­ti­ven Häpp­chen für jede/n versteckt).

Es wur­de klar, dass die Uni­ver­si­tät Frei­burg ver­su­chen wird, sich als euro­päi­sche Spit­zen­uni­ver­si­tät zu posi­tio­nie­ren. Ob dies tat­säch­lich über den Werk­zeug­kas­ten der BWL gelin­gen kann, muss dahin­ge­stellt blei­ben. Sowohl Prof. Schwen­gel als auch der neue Rek­tor fan­den sich jeden­falls als Uni­ver­si­tät in der Zei­ten­wen­de, in einer Pha­se der Unsi­cher­heit, in einer his­to­ri­schen Situa­ti­on. Auch die Eli­te­uni­ver­si­tät Frei­burg schaut gebannt auf die Schlan­ge Exzel­lenz­in­itia­ti­ve II. Als Reak­ti­on auf Unsi­cher­heit und Her­aus­for­de­run­gen wur­de – und da war mir dann eher unbe­hag­lich zumu­te – von allen Sei­ten nicht nur Zusam­men­halt, son­dern vor allem auch eine star­ke Füh­rung gewünscht; die Sehn­sucht nach „dem star­ken Mann“ scheint es in der wahr­ge­nom­me­nen Kri­se auch im pro­fes­so­ra­len Kor­pus zu geben. Weder der jetzt Gewähl­te noch Prof. Che­au­ré ent­spre­chen, so wirkt es jeden­falls momen­tan, die­sem Phä­no­typ. Das kann nur gut sein für das Bin­nen­ver­hält­nis der Universität.

War­um blog­ge ich das? Weil ich es span­nend fand, die Debat­te mit­zu­er­le­ben. Nicht als ein­zi­ger übri­gens: der Senats­saal 1199 war gut gefüllt. Vom Ver­fah­ren her bot die Uni dabei aller­dings kein gutes Bild. Das Mikro war sehr lei­se, der Bea­mer warb mun­ter für Win­dows, und statt um 15:15 zu begin­nen, wur­de die Öffent­lich­keit, kaum hat­te sie sich gesetzt, erst ein­mal für eine hal­be Stun­de aus dem Saal gewor­fen. Was in die­ser hal­ben Stun­de unter den gewähl­ten Senats­mit­glie­dern pas­sier­te, wird wohl eben­so Geheim­nis blei­ben wie die Fra­ge, wel­ches Uni­ver­si­täts­rats­mit­glied für die lega­le, aber doch äußerst uner­war­te­te Nach­no­mi­nie­rung in der Kan­di­da­ten­fra­ge ver­ant­wort­lich war. Mein Tipp: den Senats­mit­glie­dern wur­de die Lega­li­tät des gewähl­ten Pro­zes­ses ver­deut­licht. Aber das ist nur Spekulation.

Update: (30.7.2008) Die Badi­sche Zei­tung berich­tet heu­te groß dar­über, dass Prof. Che­au­ré das Wis­sen­schafts­mi­nis­te­ri­um auf­ge­for­dert hat, zu prü­fen, ob die Rek­to­ren­wahl in Frei­burg recht­mä­ßig war. Sie begrün­det dies einer­seits mit dem Ver­fah­ren der nach­träg­li­chen Zulas­sung eines wei­te­ren Bewer­bers, zum ande­ren aber auch damit, dass die Wahl nicht dem Gleich­stel­lungs­kon­zept der Uni ent­spro­chen hat (u.a., weil in der Stel­len­aus­schrei­bung expli­zit Frau­en zur Bewer­bung auf­ge­for­dert waren). 

Inter­es­sant dabei fin­de ich, wel­cher Stel­len­wert dabei dem auch hier als Über­schrift gewähl­ten Satz zukommt, dass die Uni­ver­si­tät noch nicht reif für eine Frau sei. Ich hat­te Herrn Weit­zmann in der Sit­zung des Senats so ver­stan­den, dass er mit die­sem Satz aus­drü­cken woll­te, dass er die Bewer­bung von Prof. Che­au­ré inhalt­lich sehr gut fand, dass es aber nicht mög­lich war, dafür eine Mehr­heit im Uni­ver­si­täts­rat zu fin­den. In der BZ wird dage­gen Adel­heid Hepp von der Unter­stüt­ze­rIn­nen-Grup­pe für Prof. Che­au­ré mit der Aus­sa­ge zitiert, dass sie die­sen Satz dis­kri­mi­nie­rend fin­de. Hier scheint es also sehr unter­schied­li­che Inter­pre­ta­ti­on zu geben. 

Ich kann ver­ste­hen, dass der Satz als dis­kri­mi­nie­rend emp­fun­den wer­den kann (ins­be­son­de­re, wenn der Kon­text nicht klar ist). Genau betrach­tet wird hier jedoch nicht gesagt, dass die Frau nicht geeig­net sei, son­dern dass die Uni­ver­si­tät – über die der Satz ja eine Aus­sa­ge macht – ein Pro­blem hat. Dann ist jedoch nicht der Satz dis­kri­mi­nie­rend, son­dern die Tat­sa­che, dass er als zutref­fen­de Beschrei­bung der Umstän­de und Zustän­de ver­stan­den wer­den muss. Wenn die Uni­ver­si­tät Frei­burg ein Ort wäre, an dem es kei­ne geschlechts­spe­zi­fi­sche Dis­kri­mi­nie­rung gibt, wäre es falsch, einen sol­chen Satz zu äußern. Wenn es jedoch stimmt, dass die Uni­ver­si­tät damit ein Pro­blem hat, dann ist er nicht dis­kri­mi­nie­rend, son­dern letzt­lich eine schal­len­de Ohr­fei­ge für alle Uni­ver­si­täts­rats­mit­glie­der (egal wel­chen Geschlechts), die Prof. Che­au­ré ver­hin­dern wollten.

Der zwei­te mög­li­che Vor­wurf in der Kri­tik an besag­tem Satz, näm­lich der, dass Prof. Che­au­ré so auf ihr Geschlecht redu­ziert wird, ist m.E. schon eher rich­tig. Dass hat aller­dings auch viel damit zu tun, dass vor der Wahl genau mit dem Argu­ment, dass es gut wäre, wenn die Uni mal eine Frau an die Spit­ze set­zen wür­de, haus­sie­ren gegan­gen wur­de (auch von mir). 

Rele­vant fin­de ich übri­gens auch, dass eine ande­re Aus­sa­ge nicht viel stär­ker betrach­tet wird, näm­lich die von Prof. Schwen­gel (ich mei­ne jeden­falls, dass u.a. er dies gesagt hat; auch in der Rede von Herrn Weit­zmann waren mög­li­cher­wei­se ähn­li­che Aus­sa­gen ent­hal­ten), dass ja „eigent­lich“ alle Bewer­be­rIn­nen gleich gut gewe­sen sein. An der lässt sich mei­nes Erach­tens näm­lich viel stär­ker deut­lich machen, dass bei glei­cher­ma­ßen geeig­ne­ten Bewer­be­rIn­nen Geschlecht als dis­kri­mi­nie­ren­der Fak­tor ver­wen­det wurde.

Update 2: (8.8.2008) Inzwi­schen wird auch in natu­re news über die Frei­bur­ger Rek­tor­wahl berichtet. 

Kurz: Die Überraschung der Überraschung ist der altbekannte Vizerektor

Vor einer Woche war er der Favo­rit, vor dem Wochen­en­de hat­te nach einer über­ra­schen­den Ent­schei­dung der Fin­dungs­kom­mis­si­on nie­mand mehr mit ihm gerech­net, dann wur­de er eben­so über­ra­schend doch noch nach­no­mi­niert und – wenn die Quel­len der Badi­schen Zei­tung stim­men – soeben als Rek­tor­kan­di­dat vom Uni­ver­si­täts­rat gewählt: die Rede ist von Prof. Dr. Hans-Jochen Schie­wer (Media­vis­tik und der­zeit kom­mis­sa­ri­scher Rek­tor). Dass der Senat, der am Mitt­woch die letz­te Ent­schei­dung trifft, jetzt doch noch quer­schießt, hal­te ich für unwahr­schein­lich – und die his­to­ri­sche Chan­ce, eine Frau als Rek­to­rin zu wäh­len, damit für vertan.

Vor der Entscheidung: Drei-Rektoren-Jahr oder erste Frau im Amt?

550 years I
Dar­um geht es: wer wird
zukünf­tig im Rek­to­rat sitzen?

Die Badi­sche Zei­tung (Hin­weis via Grü­nes­Frei­burg) berich­tet, dass das Feld der drei­zehn Bewer­be­rIn­nen um die Rek­to­rats­nach­fol­ge für die Uni­ver­si­tät Frei­burg nach der Ent­schei­dung der Fin­dungs­kom­mis­si­on auf eine Zwei­er­lis­te geschrumpft ist. Auf der ste­hen jetzt noch die Deka­nin der Phi­lo­lo­gi­schen Fakul­tät und lang­jäh­ri­ge Gleich­stel­lungs­be­auf­trag­te der Uni, Prof. Dr. Eli­sa­beth Che­au­ré (Sla­wis­tik) und der Dekan der Medi­zi­ni­schen Fakul­tät, Prof. Dr. Chris­toph Peters (Mole­ku­lar­me­di­zin).

Wenn das so stimmt, han­delt es sich hier tat­säch­lich um eine sehr span­nen­de Kon­stel­la­ti­on: lang­jäh­ri­ges poli­ti­sches Enga­ge­ment in der Uni vs. Pro­fi­lie­rung in der Exzel­lenz­in­itia­ti­ve, Geis­tes­wis­sen­schaft vs. tech­ni­sche Natur­wis­sen­schaft, und nicht zuletzt natür­lich auch die ers­te Frau vs. ein wei­te­rer Mann in der lan­gen Rei­he der Frei­bur­ger Rektoren. 

Die Ent­schei­dung über die­se Fra­gen trifft am Mon­tag der Uni­ver­si­täts­rat, der aus sechs exter­nen und fünf inter­nen Mit­glie­dern besteht. Je nach­dem, wer gefragt wird, wird hier eine – die Tei­lung nach intern/extern über­grei­fen­de – Pro­gno­se von 5:6 für den Kan­di­da­ten oder für die Kan­di­da­tin abge­ge­ben; jeden­falls sieht nie­mand mehr als eine knap­pe Mehr­heit. Die Ent­schei­dung des Uni­ver­si­täts­rats wird dann am Mitt­woch dem Senat zur Annah­me oder Ableh­nung vorgelegt. 

Ich bin gespannt, ob die Uni­ver­si­tät den Schritt wagt, nach der Ent­schei­dung der Fin­dungs­kom­mis­si­on noch ein­mal zu über­ra­schen und tat­säch­lich Frau Che­au­ré zu wäh­len – und damit ein deut­li­ches Signal auch für eine inter­ne Moder­ni­sie­rung und ein Kli­ma der Zusam­men­ar­beit zu set­zen. Wenn, wie z.B. von der grü­nen Land­tags­ab­ge­ord­ne­ten The­re­sia Bau­er (anläss­lich der letzt­ma­li­gen Wahl von Alt­rek­tor Jäger) gefor­dert, alle Hoch­schul­mit­glie­der wäh­len dürf­ten, statt die eigent­li­che Ent­schei­dung einem klei­nen auf­sichts­rat­ähn­li­chen Gre­mi­en zu über­las­sen, hät­te Frau Che­au­ré auf jeden Fall mei­ne Stimme.

War­um blog­ge ich das? Weil in der baden-würt­tem­ber­gi­schen Hoch­schul­ge­setz­ge­bung der Ein­fluss der Rek­to­rIn­nen doch ziem­lich groß ist – und es des­we­gen für die wei­te­re Ent­wick­lung der Uni­ver­si­tät Frei­burg ziem­lich wich­tig ist, wer am Mon­tag vor­ge­schla­gen wird.