Das „Institut solidarische Moderne“ – eine Namenskritik

Die taz berich­tet heu­te über die für mor­gen anvi­sier­te Grün­dung eines „Insti­tut Soli­da­ri­sche Moder­ne“ als rot-rot-grü­nem Think-tank:

Die trei­ben­den Kräf­te der ISM-Grün­dung sind die SPD-Poli­ti­ker Her­mann Scheer und Andrea Ypsi­lan­ti, der grü­ne Euro­pa­par­la­men­ta­ri­er Sven Gie­gold und Kat­ja Kip­ping, Vize­che­fin der Links­par­tei. Unter­stützt wird die ISM unter ande­rem von Anke Mar­ti­ny, Juso-Che­fin Fran­zis­ka Droh­sel, dem Rechts­exper­ten der Links­frak­ti­on, Wolf­gang Nes­ko­vic, und dem Grü­nen Arvid Bell.

Ergänzt wird die­se Grup­pe um Wis­sen­schaft­le­rIn­nen und ande­re Persönlichkeiten. 

Das klingt alles erst­mal ziem­lich gut. Aller­dings kann ich mich – wenn das alles so stimmt – auch Ste­fan Rei­ne­cke anschlie­ßen, der im Kom­men­tar dazu schreibt: 

Das größ­te Hin­der­nis für Rot-Rot-Grün liegt frei­lich noch auf einer ande­ren Ebe­ne. Man ist zwar gegen Neo­li­be­ra­lis­mus und AKWs, für die Bür­ger­ver­si­che­rung und öko­lo­gi­schen Umbau. Aber es fehlt eine zün­den­de Vision.

Trotz­dem ist das eigent­lich gar nicht der Anlass für die­sen Blog-Bei­trag. Viel­mehr mag ich den Namen „Insti­tut Soli­da­ri­sche Moder­ne“ nicht (ob die Domain schon reser­viert ist)?. Mal schau­en, ob der Grün­dungs­kreis das mor­gen so bei­be­hält – ver­mut­lich schon. Hier den­noch mei­ne drei Kri­tik­punk­te, die sich vor allem am Namen festmachen.

1. ISM – war da nicht was? Mei­ne ers­te Asso­zia­ti­on ist jeden­falls die INSM – die neo­li­be­ra­le „Initia­ti­ve Neue Sozia­le Markt­wirt­schaft“. Mag ja sein, dass die­se Ähn­lich­keit bewusst gewählt ist, so als kom­mu­ni­ka­ti­ver Gue­ril­la-Akt. Beson­ders klug fin­de ich das jedoch nicht.

2. Mir ist der Name zu sozi­al­de­mo­kra­tisch. Aber gut – wenn zwei der drei Grün­dungs­strö­mun­gen sozi­al­de­mo­kra­tisch sind, muss das viel­leicht so sein. Natür­lich ist „soli­da­risch“ auch ein grü­ner Begriff, und ein – inzwi­schen weit­ge­hend aner­kann­tes – grü­nes The­ma. Trotz­dem: gera­de wenn die­ser Think-tank sich um die­ses Auf­ga­ben­feld küm­mern will (wie­der laut taz) …

Die tra­di­tio­nel­le Lin­ke des Indus­trie­ka­pi­ta­lis­mus habe die öko­lo­gi­sche Kri­se nicht aus­rei­chend begrif­fen und sei zu stark auf „Erwerbs­ar­beit“ focus­siert. Die neue Lin­ke müs­se sich auch um „öko­lo­gi­sche Gerech­tig­keit“ küm­mern und fra­gen wie man ohne „sozia­le Brü­che“ Abschied vom „quan­ti­ta­ti­vem Wachs­tum“ neh­men kann. 

… dann fra­ge ich mich schon, ob „soli­da­risch“ das rich­ti­ge Adjek­tiv ist. Ich wür­de ja sagen, dass eigent­lich „grün“ hier viel bes­ser passt, oder zumin­dest „sozi­al-öko­lo­gisch“. Viel­leicht wäre auch eine ganz neue Wort­schöp­fung not­wen­dig. Oder eben bei­des – „Insti­tut für eine soli­da­ri­sche und öko­lo­gi­sche Moderne“.

3. Mir ist der Name zu modern. Mit Beck, Gid­dens & Co. sind wir in der „zwei­ten Moder­ne“, der „Nach­mo­der­ne“, der „spä­ten Moder­ne“ oder der „refle­xi­ven Moder­ne“ ange­kom­men. Und gera­de, wenn es um eine „neue neue Lin­ke“ geht, wobei die Grenz­zie­hung ja wohl – s.o. – wie­der­um die Abgren­zung vom Fokus auf Erwerbs­ar­beit ist – fra­ge ich mich, ob die Epo­che der (ers­ten, …) „Moder­ne“ eigent­lich wirk­lich der rich­ti­ge Bezugs­punkt ist. Für mich schwin­gen da Tra­ban­ten­städ­te im inter­na­tio­na­len Stil, auto­ge­rech­te Städ­te und for­dis­ti­sche Arbeits­ver­hält­nis­se mit. Gleich­zei­tig lässt sich der Begriff „Moder­ne“ auch mit Latour angrei­fen. Gera­de wenn es dar­um geht, Soli­da­ri­tät nicht nur auf (heu­ti­ge und zukünf­ti­ge) Men­schen zu beschrän­ken – das wäre übri­gens die m.E. ein­zi­ge Mög­lich­keit, den Fokus auf den öko­lo­gi­schen Umbau der moder­nen Indus­trie­ge­sell­schaft ins Adjek­tiv „soli­da­risch“ hin­ein­zu­den­ken – also gera­de dann zeigt Latour, wie die Moder­ne als Ord­nungs­sys­tem den Men­schen allei­ne stellt. 

Wenn ich die Leu­te, die bis­her öffent­lich damit in Ver­bin­dung gebracht wer­den, rich­tig ein­schät­ze, dann will die­ser Think-tank eigent­lich sowas wie ein „Insti­tut für eine soli­da­ri­sche, eman­zi­pier­te und öko­lo­gi­sche Gesell­schaft“ sein. Nun ist auch Ifese­oeGe kein beson­ders gutes Akro­nym. Und ISOE, IÖW etc. gibt es auch schon. Und ver­mut­lich soll der Name auch noch ernst­haft klin­gen (also nichts mit „Gesell­schaft 2.0“ oder so). Dass alles zusam­men­zu­brin­gen, dürf­te nicht so ein­fach sein. Die geball­te Ener­gie des Grün­dungs­krei­ses müss­te aber eigent­lich in der Lage sein, was bes­sers zu fin­den. Oder wenn das nicht, dann zumin­dest dafür zu sor­gen, dass die Buch­sta­ben­kom­bi­na­ti­on ISM in ein paar Jah­ren pro­gres­siv, eman­zi­pa­to­risch und öko­lo­gisch nach­hal­tig klingt.

War­um blog­ge ich das? Weil ich die­se Initia­ti­ve sehr span­nend fin­de und neu­gie­rig bin, was draus wird. Und weil mir der Name nicht gefällt.

Update: Wenn der Link stimmt, den Björn Böh­ning gera­de rum­schick­te, dann könn­te solidarische-moderne.de der Web­auf­tritt sein (Inhal­te feh­len noch, viel­leicht ist’s auch nur ein Kon­zept). Da steht als Name „die­Soli­da­ri­scheMo­der­ne . Cross­over-Insti­tut“. Ist ein biß­chen schi­cker, und Punkt 1 mei­ner Kri­tik trifft dann nicht zu, aber die Punk­te 2 und 3 blei­ben bestehen. Vor allem, wen der Ban­ner wei­ter­hin „Sozia­le Gerech­tig­keit, sozia­le Öko­lo­gie, sozia­le Öko­no­mie“ heißt. Einem „Cross­over-Insti­tut“, das die „öko­lo­gi­sche Öko­no­mie“ und die „öko­lo­gi­sche Gerech­tig­keit“ ver­gisst, fehlt was.

Update des Updates: Die ein­zi­gen drei Punk­te, die schon Inhal­te brin­gen, sind „Mit­glied wer­den“, „News­let­ter bestel­len“ und Kon­takt. Und da steht dann doch wie­der „Insti­tut soli­da­ri­sche Moder­ne e.V.“ als Name.

Noch ein Nach­trag: Der Inha­ber der Domain ist der Jena­er Sozio­lo­ge Ste­phan Les­se­nich, der neben den oben genann­ten Poli­ti­ke­rIn­nen immer wie­der mit dem „ISM“ in Ver­bin­dung gebracht wird – scheint also tat­säch­lich die Domain des Insti­tuts zu sein/zu wer­den. Und zumin­dest Goog­le kennt den Begriff „soli­da­ri­sche Moder­ne“ nur im Zusam­men­hang mit der Institutsgründung.

Web­site zu: solidarische-moderne.de ist jetzt mit einem Pass­wort­schutz ver­se­hen. War wohl noch nicht für die Öffent­lich­keit gedacht.

Update: (31.01.2010, 20:30 Uhr) Die Web­site solidarische-moderne.de ist jetzt wohl offi­zi­ell in Betrieb. U.a. fin­det sich dort auch die Gründungserklärung.

Kurz: Warum ich mir kein iPad kaufen werde

Eigent­lich wäre der Hype um das Apple-iPad einen lan­gen Arti­kel wert. Die Zeit dafür habe ich aber gera­de nicht. Eine gute Aus­ein­an­der­set­zung damit, war­um das iPad nicht nur toll ist, fin­det sich bei netz­wer­tig. Das wich­tigs­te dar­an ist mir fol­gen­der Absatz:

Das iPad ist damit nicht weni­ger als der größ­te Angriff auf das, was Zit­train in „The Future Of The Inter­net And How To Stop It“ als die Gene­ra­ti­vi­tät der End­ge­rä­te bezeich­ne­te. Gene­ra­ti­vi­tät bedeu­tet, die End­nut­zer und Dritt­an­bie­ter bestim­men, wofür ein Gerät, ein Dienst, eine Tech­no­lo­gie, ein Stan­dard benutzt wird. Lap­top-Her­stel­ler kön­nen genau­so wenig wie Micro­soft oder Apple beim Mac beein­flus­sen, wel­che Pro­gram­me für die Sys­te­me geschrie­ben und ver­trie­ben werden. 

Genau das scheint mir der Kern der Sache zu sein: das iPad (und das iPod, und das iPho, und so wei­ter) sind zwar „eigent­lich“ voll­wer­ti­ge Com­pu­ter, aber sie sind auf ein (durch Apple) kon­trol­lier­tes Maß an „Apps“ zuge­schnit­ten. Das hat den Vor­teil des naht­lo­sen Funk­tio­nie­rens – und den Nach­teil, dass ein iP*d nicht frei pro­gram­mier­bar ist (z.B. kei­ne Flash-basier­ten Web­sites – das bezieht sich nicht nur auf das Abspie­len von Fil­men, son­dern z.B. auch auf web­ba­sier­te Com­pu­ter­spie­le), ver­mut­lich sei­ne Medi­en größ­ten­teils aus Apple-kon­trol­lier­ten Biblio­the­ken bezie­hen wird, nicht mit dem USB-Stan­dard kom­pa­ti­bel ist (selbst um Digi­tal­fo­tos aus einer Kame­ra aus­zu­le­sen, braucht es Extra­hard­ware – das wird wohl erst recht für z.B. exter­ne Fest­plat­ten, exter­ne DVD-Play­er oder Tas­ta­tu­ren von Dritt­an­bie­tern gel­ten). Dazu kommt die Not­wen­dig­keit, für die Monats­da­ten­ra­te zu bezah­len, um die Funk­tio­na­li­tät des Geräts nut­zen zu kön­nen. Das alles heißt z.B. auch: es wird nie ein lega­les „Linux for iP*d“ geben. 

So gut ich mir auch vor­stel­len kann, dass ein iP*d ein net­tes Ding ist – und so viel schö­ner es als mein Net­book aus­sieht: solan­ge ich nicht selbst bestim­men kann, wel­che Pro­gram­me dar­auf lau­fen, kau­fe ich mir sowas nicht.

Nach­trag: Wer das so ähn­lich sieht, kann bei die­ser „defec­ti­ve by design“-Petition (Ach­tung: Ser­ver lang­sam!) zum The­ma iPad und Digi­tal Rights Manage­ment (DRM) mit­ma­chen und mit sei­ner oder ihrer Unter­schrift sagen: „Mr. Jobs, The iPad’s unpre­ce­den­ted use of DRM to con­trol all capa­bi­li­ties of a gene­ral pur­po­se com­pu­ter is a dan­ge­rous step back­ward for com­pu­ting and for media dis­tri­bu­ti­on. We demand that Apple remo­ve all DRM from its devices.“

Neu kaufen oder reparieren lassen? Diesmal: mein Fotoapparat

Canon

Seit März 2005 (Foto einer Blind­schlei­che – eines der ers­ten Bil­der) habe ich die Canon EOS 300D – für mich immer noch eine der bes­ten digi­ta­len Spie­gel­re­flex­ka­me­ras im noch eini­ger­ma­ßen bezahl­ba­ren Preis­seg­ment. Seit­dem habe ich ziem­lich genau 25.000 Fotos damit gemacht. Pünkt­lich zum Ende des grü­nen Neu­jahrs­emp­fangs am 16.1. die­sen Jah­res gab es dann komi­sche Geräu­sche und kei­ne Bil­der mehr (was nicht nur auf­grund des gleich noch aus­ge­führ­ten Punk­tes scha­de ist, son­dern weil es wun­der­ba­res son­ni­ges Win­ter­wet­ter und ein tol­les Land­schafts­pan­ora­ma in Kirch­zar­ten gab, dass ich – neben diver­sen Poli­ti­ke­rIn­nen – auch ger­ne noch foto­gra­fiert hätte).

Heu­te kam nun der Kos­ten­vor­anschlag – eine Repa­ra­tur wür­de 184 € kos­ten (abzüg­lich der 30 €, die für das Erstel­len des Kos­ten­vor­anschlags zu zah­len waren, und die damit wohl ver­rech­net wer­den, wenn ich das rich­tig ver­stan­den habe). Das ist ziem­lich viel Geld. Eine neue Canon EOS 450D oder 500D – also das aktu­el­le Modell in der glei­chen Rei­he – kos­tet etwa drei- bis vier­mal so viel. Und bie­tet eini­ge ver­lo­cken­de Eigen­schaf­ten. Gar nicht so sehr die natür­lich in den letz­ten fünf Jah­ren rasant gewach­se­nen Mega­pi­xel, son­dern eher der deut­lich aus­ge­bau­te ISO-Bereich. Bei der Canon EOS 300D ist bei 1600 ISO Schluss, und das gibt schon sehr ver­rausch­te Bil­der – die 450D und erst recht die 500D gehen deut­lich wei­ter. Fak­tisch heißt das, dass es mög­lich ist, auch bei rela­tiv schlech­ten Licht­ver­hält­nis­sen noch ohne Blitz zu foto­gra­fie­ren. Mach(t)e ich zwar bis­her auch schon, aber weil eben nur bis 800 ISO noch eini­ger­ma­ßen rausch­freie Bil­der raus­ka­men, bedeu­te­te das im Umkehr­schluss Ver­schluss­zei­ten von 1/8 bis zu einer Sekun­de. Und so lan­ge hal­ten Men­schen nor­ma­ler­wei­se nicht still – weder die, die nach­her auf dem Bild zu sehen sein sol­len, noch der, der den Foto­ap­pa­rat in der Hand hält.

Für mich ich klar, dass ich wei­ter­hin mit einer digi­ta­len Spie­gel­re­flex­ka­me­ra foto­gra­fie­ren möch­te. Ich habe zwar noch eine klei­ne „Point-and-Shot“-Kamera, aber die Qua­li­tät ist (obwohl die bei den Mega­pi­xeln etc. deut­lich bes­ser abschnei­det) doch stark unter­schied­lich. Beson­ders deut­lich wird das bei Makro­auf­nah­men und über­all, wo Tie­fen­schär­fe (also der ver­schwom­men wer­den­de Hin­ter­grund) eine Rol­le spielen. 

Damit ste­he ich jetzt vor der Ent­schei­dung: Neu­kauf des Nach­fol­ge­mo­dells oder Repa­ra­tur der EOS 300D? Für einen Neu­kauf spre­chen die Ver­bes­se­run­gen gegen­über der 300D. Ande­rer­seits sind unge­fähr 500 € doch rela­tiv viel, und ich weiss nicht, ob ich die jetzt aus­ge­ben will (oder ob nicht z.B. ein licht­stär­ke­res Objek­tiv eine bes­se­re Inves­ti­ti­on wäre). 

Für eine Repa­ra­tur spricht neben der mone­tä­ren Fra­ge vor allem mein öko­lo­gi­sches Gewis­sen: ich habe kei­ne Ahnung, wie die Öko­bi­lanz einer Digi­tal­ka­me­ra aus­sieht, aber der lang­fris­ti­ge Gebrauch ist auf jeden Fall sinn­voll – da hät­te ich eigent­lich auch ger­ne ein Modell, das auch ent­spre­chend gebaut ist. Das wür­de dann aber ver­mut­lich doch deut­lich mehr kos­ten als die aktu­el­len drei­stel­li­gen Canon-Model­le. Der EOS 300D ist der inten­si­ve Gebrauch inzwi­schen durch­aus anzu­se­hen – im Foto­ge­schäft wur­den erst­mal die Krat­zer am Gehäu­se und am Griff notiert. Das hat aber auch was damit zu tun, dass viel Kunst­stoff ver­baut ist – auch in der Mechanik. 

Jeden­falls ste­he ich jetzt vor der Fra­ge „Neu kau­fen oder repa­rie­ren las­sen?“ und kann mich nicht so recht ent­schei­den. Für Inputs sowohl dazu wie auch zur Qua­li­tät der 450D/500D wäre ich daher dankbar.

War­um blog­ge ich das? Crowd­sour­cing – und weil’s ein schö­nes Bei­spiel für Ent­schei­dungs­punk­te in nach­hal­ti­gen Lebens­sti­len darstellt.