Zehn Dinge, die ich am Wochenende getan habe (und zwei, die ich nicht getan habe)

mosaik

Hier sind zehn Din­ge, die ich an die­sem Wochen­en­de getan habe:

1. Ich bin ziem­lich viel Zug gefah­ren – ins­ge­samt so an die 15 Stun­den. Und dank der taz über­wie­gend in der ers­ten Klas­se. Die sich von der zwei­ten dadurch unter­schei­det, dass sie lee­rer ist, dass Zei­tun­gen aus­le­gen, dass zwi­schen den Sit­zen mehr Abstand ist – und dass es schwie­ri­ger ist, beim Zug­fah­ren zu arbei­ten, weil der Abstand zwi­schen Sitz und Tisch zu groß ist.
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„Girls’ days“, „boys’ days“ und das Genderdilemma

Construction work

Heu­te ist ja Girls’ day, also ein Tag, an dem bun­des­weit Mäd­chen (vor allem) män­ner­do­mi­nier­te Beru­fe ken­nen­ler­nen sol­len. Ob die­ser seit zehn Jah­ren durch­ge­führ­te Tag tat­säch­lich Wir­kung auf die Berufs­wahl zeigt, ist umstrit­ten (in der gedruck­ten taz von heu­te war dazu auch eine schö­ne Comic-Repor­ta­ge). Die Orga­ni­sa­ti­on „Girls’ day“ geht jeden­falls davon aus, dass sich zumin­dest das Geschlech­ter­bild der betei­lig­ten Fir­men ändert – das wäre ja auch schon was.

Als geschlech­ter­ste­reo­ty­pen bre­chen­de Inter­ven­ti­on fin­de ich das Kon­zept gar nicht so schlecht. Jetzt kommt u.a. von Bun­des­fa­mi­li­en­mi­nis­te­rin Schrö­der die For­de­rung, par­al­lel auch einen „Boys’ day“ durch­zu­füh­ren (sie­he auch das grü­ne Män­ner­ma­ni­fest). Also Jun­gen in eher „weib­li­che“ Berufs­fel­der hin­ein­schnup­pern zu las­sen. Auch das klingt für sich genom­men erst ein­mal nach einer sinn­vol­len Intervention.

Trotz­dem bin ich mir unsi­cher, ob ich das Kon­zept inge­samt gut fin­de. Das hat etwas mit der unkla­ren Wir­kung zu tun, vor allem aber mit der dunk­len Sei­te vie­ler gen­der-bezo­ge­ner Maß­nah­men, näm­lich dem Rei­fi­zie­rungs­ef­fekt („Ver­ding­li­chung“). Kurz gesagt: gera­de dadurch, dass es Ange­bot spe­zi­ell für Frau­en bzw. spe­zi­ell für Män­ner gibt, gera­de dadurch, dass beson­ders auf das Geschlecht geach­tet wird, wird des­sen sozia­le Rele­vanz gestärkt. Selbst ein „Girls’ day“ kann da mög­li­cher­wei­se den para­do­xen Effekt haben, die Vor­stel­lung zu stär­ken, dass die dort besuch­ten Berufs­fel­der „Män­ner­ar­beit“ dar­stel­len – schließ­lich wird ein gro­ßer Auf­wand betrie­ben, um ein­mal im Jahr die Aus­nah­me „auch Mäd­chen kön­nen das“ sicht­bar zu machen. 

Zudem wird, gera­de wenn es „Girls’ days“ und „Boys’ days“ gibt, auf einer Meta­ebe­ne die Bot­schaft ver­mit­telt „Mäd­chen und Jun­gen sind unter­schied­lich und müs­sen – als Grup­pen – unter­schied­lich behan­delt wer­den“. Oder: „alle Mäd­chen inter­es­sie­ren sich ‚eigent­lich‘ nicht für Tech­nik, alle Jun­gen inter­es­sie­ren sich ‚eigent­lich‘ nicht für Human­dienst­leis­tun­gen – des­we­gen muss hier beson­de­rer Wer­be­auf­wand betrie­ben wer­den, um die­se ‚unty­pi­schen‘ Beru­fe schmack­haft zu machen“. Das mag als sta­tis­ti­sche Tat­sa­chen­be­schrei­bung stim­men (also: vie­le Mäd­chen …, vie­le Jun­gen), trifft aber eben auch die Mäd­chen, die sich auch ohne „Girls’ day“ für Tech­nik inter­es­sie­ren und die Jun­gen, die sich auch ohne „Boys’ day“ für z.B. das Erzie­hungs­we­sen begeistern.

Damit sind wir bei einem gene­rel­le­rem Dilem­ma gen­der­po­li­ti­scher Maß­nah­men: indem die Inter­es­sen von Frau­en bzw. von Män­nern als Grup­pen­in­ter­es­sen behan­delt wer­den, wer­den indi­vi­du­el­le Unter­schie­de der Kate­go­rie Geschlecht zuge­schrie­ben. Das ist des­we­gen ein Dilem­ma, weil ja bei­des stimmt: es ist ver­mut­lich so, dass eine Mehr­heit der Mäd­chen sich nach x Jah­ren Sozia­li­sa­ti­on und Schu­le weni­ger für Tech­nik inter­es­siert als die meis­ten Jun­gen. Es ist auch rich­tig, dass die hier ange­leg­te berufs­spe­zi­fi­sche Geschlech­ter­tren­nung sowohl indi­vi­du­ell (weil sie es allen, die eine dem „Geschlechts­ty­pi­schen“ zuwi­der­lau­fen­de Nei­gung haben, schwer macht) als auch gesell­schaft­lich (weil „Talen­te ver­geu­det wer­den“) ein Pro­blem dar­stellt. Nur tra­gen Maß­nah­men, die die­ses Pro­blem lösen wol­len, indem sie grup­pen­spe­zi­fi­sche Zuwei­sun­gen als grup­pen­spe­zi­fi­sche Eigen­schaf­ten the­ma­ti­sie­ren, immer auch dazu bei, die­se Zuwei­sun­gen zu stärken.

Und wo geht’s jetzt raus? Ver­mut­lich bleibt einem und einer prag­ma­tisch gese­hen zunächst ein­mal gar nichts ande­res übrig, als in Kauf zu neh­men, dass Maß­nah­men etwa aus dem Bereich des Gen­der Main­strea­mings ganz häu­fig den Neben­ef­fekt einer Rei­fi­zie­rung von Geschlechts­zu­schrei­bun­gen und damit eine Ver­tie­fung der Wahr­neh­mung „Män­ner und Frau­en sind unter­schied­lich“ mit sich brin­gen, und dass sie in vie­len Fäl­len trotz­dem sinn­voll sind. Es ist aber ganz gut, sich zumin­dest klar dar­über zu wer­den, dass die­se Maß­nah­men auch sol­che Kon­se­quen­zen haben können.

Eigent­lich müss­te es aber einen Schritt wei­ter gehen, das heißt hin zu einer poli­ti­schen The­ma­ti­sie­rung indi­vi­du­el­ler Unter­schie­de, die nicht an gesell­schaft­li­che Grup­pen gebun­den wird. Prak­tisch könn­te das am Bei­spiel „Girls’ day“ hei­ßen, dass es zwei­mal im Jahr einen „Berufs­er­kun­dungs­tag“ für alle Kin­der eines bestimm­ten Alters gibt – und dass die­se an einem die­ser zwei Tage an einer Akti­on in einem Berufs­feld teil­neh­men sol­len, das sie per­sön­lich inter­es­siert. Der zwei­te Berufs­er­kun­dungs­tag muss dann aller­dings in einem Berufs­feld statt­fin­den, das von dem jewei­li­gen Kind (bzw. eigent­lich: dem oder der Jugend­li­chen) als unin­ter­es­sant, fremd, weit weg bezeich­net wird. 

War­um blog­ge ich das? Weil ich mir selbst unsi­cher bin, wie es poli­tisch und wis­sen­schaft­lich am bes­ten wäre, mit dem Rei­fi­zie­rungs­ef­fekt umzu­ge­hen. Die­ser ist dann ein Pro­blem, wenn die Annah­me geteilt wird, dass an das wahr­ge­nom­me­ne Geschlecht gebun­de­ne sozia­le Erwar­tun­gen tat­säch­lich für einen gro­ßen Teil des geschlechts­spe­zi­fi­schen Ver­hal­tens zustän­dig sind („doing gen­der“). Die­se Annah­me erscheint mir sehr plau­si­bel. Ich kann jetzt wis­sen­schaft­lich beschrei­ben, wie die­se Kopp­lun­gen übli­cher­wei­se aus­se­hen, und kann z.B. sta­tis­tisch zwi­schen Män­nern und Frau­en als Grup­pen unter­schei­den. Gleich­zei­tig ist jede die­ser Beschrei­bun­gen zunächst ein­mal ein Bei­trag dazu, die Kopp­lung zwi­schen Geschlecht und sozia­ler Erwar­tung zu fes­ti­gen. Und umso mehr es nicht nur um Beschrei­bung und Ana­ly­se, son­dern auch um Inter­ven­ti­on geht – nicht nur wie hier bei der Berufs­wahl, son­dern auch z.B. bei Maß­nah­men wie der Teil­zeit­ar­beit als „Lösung“ für das Ver­ein­bar­keits­pro­blem „der Frau“ – des­to pro­ble­ma­tisch wird es, dass eine Ori­en­tie­rung an Geschlech­ter­ka­te­go­rien die­se stärkt. Alter­na­ti­ven dazu bie­tet die que­er theo­ry an – da scheint es mir bis­her aber an einer ska­lier­ba­ren poli­ti­schen Umsetz­bar­keit zu hapern.

In eigener Sache: Blogroll

Ich habe mei­ne Blogroll mal in den Word­Press-Inne­rei­en zwi­schen­ge­la­gert. Raus­ge­wor­fen hat­te ich sie ges­tern aus Platz­grün­den – und bin dann, ange­regt auch durch Hen­ning – ins Grü­beln gekom­men, ob eine Blogroll sinn­voll ist, wenn ja, was für eine, und wer da drauf ste­hen soll. Auch ein klei­ner Poll dazu war nicht son­der­lich aussagekräftig.

Letzt­lich will ich glau­be ich eine gut kura­tier­te Blogroll – sagen wir mal, nach den Kri­te­ri­en „lese ich tat­säch­lich“, „ist auch für ande­re span­nend“, „ist aktiv“ und „ist viel­leicht noch nicht allen bekannt“. Sagen wir mal, sor­tiert nach Punk­ten wie „Frei­burg“, „Grü­ne Poli­tik“, „Netz­po­li­tik“, „Wis­sen­schaft“ und „Sci­ence Fic­tion“ mit jeweils maxi­mal fünf Ein­trä­gen. Das wären dann auch schon wie­der 25 Links. Hmm. 

Jeden­falls: hier wäre jetzt Gele­gen­heit für euch, lie­be Lese­rIn­nen, mir 1. mit­zu­tei­len, ob eine Blogroll not­wen­dig ist, und wenn ja, was für eine, und 2. Blogs vor­zu­schla­gen, die den oben ste­hen­den Kri­te­ri­en ent­spre­chen und unbe­dingt auf­ge­nom­men wer­den soll­ten (Eigen­vor­schlä­ge sind auch ok, wenn gut begründet).