Autoverkehr im postfossilen Zeitalter ermöglichen

Dismanteled

Das ist jetzt nicht ganz ein­fach. Ich selbst habe ja bewusst kei­nen Füh­rer­schein und set­ze für Mobi­li­tät auf so Din­ge wie Stra­ßen­bah­nen, Fahr­rä­der, Zu-Fuß-Gehen und ICEs. Und ich bin Baden-Würt­tem­ber­ger, lebe also in einem Land (und mache da auch noch Poli­tik), in dem Unmen­gen an Steu­er­mit­teln und Arbeits­plät­zen von der Auto­in­dus­trie samt Zulie­fe­rern abhän­gen. Und dann berich­tet zum Bei­spiel Spie­gel Online dar­über, dass der Bun­des­ver­band der Grü­nen ein End­da­tum für Autos mit Ver­bren­nungs­mo­tor set­zen will. Und ich fin­de das auch noch gut.

Eigent­lich ist es ja ganz ein­fach. Wir haben ein mas­si­ves Pro­blem damit, dass der CO2-Gehalt in der Atmo­sphä­re immer wei­ter steigt. Das bedeu­tet: Hei­ße­re Som­mer, höhe­re Durch­schnitts­tem­pe­ra­tu­ren, schmel­zen­de Glet­scher und Pole, eine stei­gen­de Zahl an Unwet­ter­er­eig­nis­sen. Die Ursa­chen dafür sind bekannt: die Treib­haus­gas­emis­sio­nen aus Kraft­wer­ken und aus dem Ver­kehr (in Deutsch­land nach der Ener­gie­er­zeu­gung die zweit­wich­tigs­te Emis­si­ons­quel­le). Und Öl ist irgend­wann auch alle. Es gibt also eine Men­ge gute Grün­de, war­um moto­ri­sier­ter Indi­vi­du­al­ver­kehr in Zukunft eben nicht mehr mit Ver­bren­nungs­mo­to­ren lau­fen sollte.

Des­we­gen gibt es im Leit­an­trag „Ener­gie­wen­de ret­ten, Ver­kehrs­wen­de ein­lei­ten“ ab Z. 137 einen Pas­sus, in dem es dar­um geht, die deut­sche Auto­in­dus­trie zu ret­ten. Und dazu muss es ein kla­res tech­no­lo­gie­po­li­ti­sches Signal geben, ein Fade-Out mit End­da­tum für den Ver­bren­nungs­mo­tor. Ähn­li­che Dis­kus­sio­nen gibt es unter ande­rem in den Nie­der­lan­den, in Nor­we­gen und in Öster­reich. Ganz neu ist die Idee nicht, ab zum Bei­spiel 2030 kei­ne Autos mit Ver­bren­nungs­mo­tor mehr zuzulassen.

Mög­li­cher­wei­se gibt es auch ande­re Plä­ne, um die­ses Ziel zu errei­chen. Hof­fen dar­auf, dass der Markt es schon rich­ten wird und Elek­tro-Tes­las und auto­no­me Goog­le-Golfs mit E‑Antrieb irgend­wann so attrak­tiv sind, dass auch Volks­wa­gen, BMW, Daim­ler und Co. gar kei­ne Lust mehr haben, Autos mit Ver­bren­nungs­mo­tor anzu­bie­ten. Klappt bis­her nicht beson­ders gut, und die rich­tig gro­ßen Inno­va­tio­nen im Bereich der nach­hal­ti­gen Mobi­li­tät – vom Antrieb bis zum ver­netz­ten Ange­bot – schei­nen auch nicht unbe­dingt dort statt­zu­fin­den, wo der­zeit noch Geld mit dem Ver­kauf immer grö­ße­rer und schwe­rer Ver­bren­nungs­mo­tor-Autos ver­dient wird.

Dann gibt es die Mög­lich­keit, durch Prä­mi­en in den Markt ein­zu­grei­fen. Das macht die Bun­des­re­gie­rung, aber ist damit nicht wirk­lich erfolg­reich. Und war­um es kei­ne Prä­mie für ande­re Elek­tro­fahr­zeu­ge gibt – Pedelecs, BC100-Abos, … – ist mir bis heu­te auch nicht wirk­lich klar geworden.

Dann gibt es das Modell, das die EU umsetzt: Grenz­wer­te für CO2 (95 g ab 2020). Damit wer­den bestimm­te Autos mit Ver­bren­nungs­mo­tor vom Markt genom­men und es gäbe – ins­be­son­de­re dann, wenn die­se Grenz­wer­te mit der Zeit sin­ken wür­den – Anrei­ze auch für die Her­stel­ler, irgend­wann ganz weg von fos­si­len Roh­stof­fen zu kom­men. Aller­dings sind das Flot­ten­grenz­wer­te, und Elek­tro­au­tos in der Flot­te eines Her­stel­lers geben einen Bonus. Das geht zwar schon in Rich­tung Markt­steue­rung, ob damit aber ein Inno­va­ti­ons­tem­po erreicht wird, bei dem die deut­sche (und die baden-würt­tem­ber­gi­sche) Mobi­li­täts­in­dus­trie – par­don, Auto­in­dus­trie – auch in Zukunft noch vor­ne mit­spie­len kann, scheint mir sehr frag­wür­dig zu sein. Und ob die Her­stel­ler nicht viel­leicht doch schum­meln, ist seit dem VW-Skan­dal auch eine gro­ße Frage …

Was der Bun­des­vor­stand im Leit­an­trag vor­schlägt, geht dar­über hin­aus. Vor­bild, um eine umwelt­schäd­li­che Tech­no­lo­gie zu erset­zen, ist dabei die Ein­füh­rung des Kata­ly­sa­tors in den 1980er Jah­ren. Oder umge­kehrt: das Ver­bot von Autos ohne Kat ab 1989 bzw. 1993 in Deutsch­land, wie es die dama­li­ge schwarz-gel­be Bun­des­re­gie­rung erlas­sen hat, um die Stick­oxid­emis­sio­nen deut­lich zu ver­rin­gern, Stich­wort „sau­rer Regen“. Und das hat ganz gut geklappt.

Ein Aus­lau­fen­las­sen der Tech­no­lo­gie „Ver­bren­nungs­mo­tor“ in einem klar defi­nier­ten Zeit­fens­ter ist kom­ple­xer, es gibt kei­ne ein­fa­che Nach­rüst­mög­lich­keit – aber letzt­lich ist es die ehr­li­che Ant­wort auf den Bei­trag des Ver­kehrs zu Treib­haus­ga­sen und zum mensch­ge­mach­ten Kli­ma­wan­del. Und dar­um stim­me ich zu: wer die Auto­in­dus­trie erhal­ten möch­te, muss jetzt poli­tisch in den Markt eingreifen.

War­um blog­ge ich das? Weil’s zwar ganz und gar nicht „mein“ The­ma ist, ich im Sin­ne einer gelin­gen­den sozi­al-öko­lo­gi­schen Trans­for­ma­ti­on hier aber ganz kla­ren Hand­lungs­be­darf sehe. Und es eben nicht um ein Auto­ver­bot geht. Auf die BDK-Debat­te dazu bin ich gespannt.

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