Wie der Pandabär einmal dachte, Twitter sei eine Fußgängerzone

imageWas mich ja manch­mal etwas nervt, sind die­se bezahl­ten Unter­schrifts­samm­le­rIn­nen, die für den WWF – aber eben­so für ande­re Natur- und Umwelt­ver­bän­de – in Fuß­gän­ger­zo­nen Unter­schrif­ten und Mit­glied­schaf­ten ein­wer­ben. Ich kann zwar nach­voll­zie­hen, war­um es ratio­nal sein kann, einen Dienst­leis­ter damit zu beauf­tra­gen. Aber mir fehlt da etwas – nen­nen wie es authen­ti­sches Enga­ge­ment. War­um stel­len sich bei den gro­ßen Ver­bän­den mit vie­len zehn­tau­send (Förder-)Mitgliedern nicht die­se an den Info­stand in der Fuß­gän­ger­zo­ne? Aber viel­leicht den­ke ich da auch zu sehr aus einer Par­tei­lo­gik. Jeden­falls bin ich mir sicher, dass es einen Auf­schrei geben wür­de, wenn SPD oder GRÜNE pro­fes­sio­nel­le Dienst­leis­ter mit dem Stra­ßen­wahl­kampf beauf­tra­gen würden.

Twit­ter kann ein biss­chen wie eine Fuß­gän­ger­zo­ne wir­ken, das gebe ich ger­ne zu – Stim­men­wirr­warr, Öffent­lich­keit, das Durch­ein­an­der ganz unter­schied­li­cher Dis­kur­se in der eige­nen Time­line. Dem WWF fol­gen auf Twit­ter fast 45.000 Men­schen (@wwf_deutschland). Auch ich gehö­re dazu.

Heu­te mor­gen hat der WWF dann Twit­ter mit einer Fuß­gän­ger­zo­ne ver­wech­selt. Jeden­falls stel­le ich mir so unge­fähr den Gedan­ken­gang vor. Dazu ist es wich­tig, zu wis­sen, dass Twit­ter vier Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mo­di kennt. Ein nor­ma­ler Tweet kann von allen „Fol­lo­wern“ (und, so es sich nicht um einen geschütz­ten Account han­delt, auch von der Öffent­lich­keit) gele­sen wer­den. Er taucht in den Time­lines der Fol­lower auf. Dann gibt es zwei­tens Direkt­nach­rich­ten, die ich an jede und jeden, die oder der mir folgt, schi­cken kann. Die­se sind und blei­ben pri­vat. Die drit­te Kom­mu­ni­ka­ti­ons­form ist das Hash­tag – z.B. „#auf­schrei“ – das the­ma­tisch zusam­men­ge­hö­ri­ge Tweets über Tei­löf­fent­lich­kei­ten hin­weg bündelt. 

Als vier­tes, und dar­auf kommt es jetzt an, gibt es noch den „@-Reply“. Das sind zum einen Tweets, die mit einem @ und dem Twit­ter­na­men anfan­gen, zum ande­ren, all­ge­mei­ner, Tweets, in denen ande­re Twit­tern­de mit @ und ihrem Twit­ter­na­men ange­spro­chen wer­den. @-Replys ver­knüp­fen Tweets zu Dis­kus­sio­nen und machen Ange­spro­che­ne dar­auf auf­merk­sam, dass sie ange­spro­chen wur­den (dazu gibt es bei den meis­ten Twit­ter­cli­ents spe­zi­el­le Lis­ten und Hin­wei­se). Wenn das @ am Anfang des Tweets steht, sind sie für die ange­spro­che­ne Per­son sicht­bar – und, das ist hier wich­tig, in der Regel für alle, die bei­den fol­gen. Es ist also eine halb­öf­fent­li­che Ansprache.

Bei­spiel:

Pu schreibt „Ich brau­che drin­gend mehr Honig!“

Fer­kel ant­wor­tet „@Pu Komm doch zu mir zum Frühstück“

Ia folgt sowohl Pu als auch Fer­kel, sieht die­sen Aus­tausch also, und kann dann z.B. schrei­ben: „@Pu @Ferkel Ach men­no, wie­so kommt nie­mand zu mir zum Früh­stück?“. Das sehen dann Pu und Fer­kel – und alle, die Ia und Pu folgen.

(Die zwei­te Vari­an­te, einen @-Reply zu ver­wen­den, ist die Refe­ren­zie­rung einer Per­son, wenn also z.B. Fer­kel schreibt „Ich war heu­te mit @Pu lecker Honig frühstücken!“)

Zurück zum WWF in der digi­ta­len Fuß­gän­ger­zo­ne. Der mag sich gedacht haben, das ein ein­fa­cher Tweet bei sei­nen 45.000 Fol­lo­wern unter­geht. Statt des­sen fing er heu­te an, alle paar Sekun­den text­lich iden­ti­sche @-Replys abzu­set­zen. Jeden in der Fuß­gän­ger­zo­ne direkt anspre­chen, oder so (sie­he Bild). Gibt dann bei jedem und jeder so Ange­spro­che­nen ein klei­nes Pling auf dem Smart­phone. Aufmerksamkeit!

Dum­mer­wei­se sehen @-Replys eben nicht nur die Ange­spro­che­nen, son­dern alle, die bei­den fol­gen. Und beson­ders res­sour­cen­freund­lich ist das gan­ze auch nicht. Kurz­um: so vor­zu­ge­hen, gilt als unhöf­li­ches Ver­hal­ten, als Spam.

Das haben dann eini­ge dem WWF heu­te mor­gen auch mit­ge­teilt. Erfreu­li­cher­wei­se fiel die­se Kri­tik wohl auf frucht­ba­ren Boden, jeden­falls ver­sprach der WWF, sei­ne „Anspra­che“ bei Twit­ter zu über­den­ken. Ich bin gespannt, was dar­aus wird – und fra­ge mich, wel­chem grau­si­gen SEO-Hand­buch die Idee ent­nom­men wur­de, auf Twit­ter wie ein Spam­mer auf­zu­tre­ten, statt dort das Geapräch zu suchen.

War­um blog­ge ich das? Zur Archi­vie­rung des Gan­zen. Und weil es mich freut, dass der WWF – inso­fern ein posi­ti­ves Bei­spiel – schnell bereit war, aus der Sache was zu ler­nen. Ich fol­ge ihm jeden­falls weiterhin.

3 Antworten auf „Wie der Pandabär einmal dachte, Twitter sei eine Fußgängerzone“

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